Fritz Reuter
Hanne Nüte un de lütte Pudel
Fritz Reuter

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

                Den sülw'gen Abend satt Jehann
In'n Goren mit Fru Meisterin,
Vör Beiden stunn 'ne blanke Kann,
Un ut de Kann schenkt sei em in
Un reckt em ok de Waffeln hen:
»Na, Meckelnburger, drinken S' ut!
Un seggen S' mal, wo smeckt sei denn?« –
»»Heil prächtig,«« seggt uns' Hanne Snut,
Un drunkt sin Schockelor un packt
Den Teller sik vull Kauken vull,
»»Dit's noch nich un min Tähnen hackt.
Un wenn min Mutting ok woll wull,
Min Vader was partuh entgegen,
Dat in den Hus' würd Kauken backt.
So'n Kauken heww 'k meindag' nich kregen.«« –
Fru Meistern schenkt em wedder in:
»Denn was Ehr Vader woll recht hart?« –
»»Dat segg'n Sei nich, Fru Meisterin!
Hei slog mi woll den Puckel swart
Un was mi hellschen streng tau Tiden
Un kunn kein Leckermüler liden,
Doch heww 'k noch keinen Minschen funnen,
De mi so leiw un tru was sunnen.«« –
Hir würd Fru Meistern ehren Schörtenband
Verlegen üm den Finger win'n
Un süfzt un seggt: »Dat wir 'ne Schand!
So'n Minschen ward'n Sei vele finn'n. –
Ne, ne! De Öllern sünd tau hart,
Dat schellt und schellt un sleit un sleit,
Wenn mal so'n armes junges Hart
Nah'n lütten Mundsmack janken deit.
Dor was ik anners tau min Tid,
As mi min selig Mann hett fri't –
Ach Gott, ik was en junges Ding,
Un'n halw Johr heww 'k em jo man hatt –
Dor brukt dat man en halwen Wink,
Denn sorgt un lep ik all, un wat
Ik em von Ogen kunn aflesen,
Dat müßt nah sinen Willen wesen.
Ach Gott, dat sünd nu knapp twei Johr –
Ik weit dat noch, as wir dat hüt –
Dunn säd hei: »Kak uns Schockelor,
Ik heww dorup so'n Appetit.«
Un sein S', hir up dit itzig Flag –
'T was grad ok Sünndagnahmiddag –
Treckt hei mi noch up sinen Schot,
Un drünken Beid in Gottes Namen
In Leiw uns' Schockelor tausamen,
Un acht Dag' drup, dunn was hei dod.«
Un fung nu 'n Beten an tau plinsen
Un an tau süfzen, an tau günsen,
Un würd so trurig bi em sitten
Un läd, as müßt sei sik drup stütten,
De Hand up Hannern sine Schuller.
Den jammert dat, un trösten wull 'e,
Em würd weimmäudig ok tau Sinn:
»»Na, laten S' man, Fru Meisterin,««
Un strakt ehr äwer't glatte Hor. –
Herrgott, wo 's nu de Aderbor? –
»Ja,« seggt sei, »ik heww minen Ollen –
Ik heww em as en Prinzen hollen,
Un hei, hei het't mi ok vergullen,
Denn Hus un Feld un Smäd un Schün –
Sein S', Meckelnburger, All'ns is min;
Un up dit All kein Spirken Schullen.
Dat hett hei kort vör sinen End
För mi All set't in't Testament,
Dat hett hei Allens mit vermakt.«
Un rohrt dorbi ehr bittre Thran
Un hett ok gor tau kurlos dahn;
Un de oll Jung', de tröst't un strakt.
Sei höllt sik faster an em wiß,
Un hei rückt ranne in ehr Neg'. –
Ach Gott, wo woll dat Rabhaun is?
Dat't Rabhaun doch tau Höchten flög! –
»Ja,« seggt sei, »dat wull 'k All verdragen,
Doch dat 'k in minen jungen Dagen
So ganz allein stah in de Welt,
Sein S', Hanning, dat is taum Verzagen!
Wat helpt mi Gaud, wat helpt mi Geld?
Ja, wir ik olt, denn wull 'k nicks seggen,
Denn künn 'k min Geld up Zinsen leggen,
Doch nu in minen jungen Johren...!«
Un fängt nu düller an tau rohren
Un leggt vör idel Trurigkeit
Sik sacht in Hannern sinen Arm.
Un de oll Jung, de tröst't un ei't,
Un dorbi ward em gor tau warm –
'T is mäglich von de Schockelor.
Oh Rabhaun un oh Aderbor,
Nu is't de allerhöchste Tid! –
Un as sei liggt an sine Sid,
So trostlos tau em ruppe süht,
Dunn fohrt't em so dörch sinen Sinn,
Ob nich en Kuß sei trösten künn. –
Wat woll so'n Jung' von Küssen weit? –
Doch kik, de Slüngel bückt sik dal,
As wüßt hei lang' dormit Bescheid,
Un de Fru Meistern kickt tau Hög,
De Lippen sünd ganz in de Neg'....

    Mit einem Mal,
As wenn en Blitz dortwischen slög,
Fohrt Hanne up, as ut en Drom:
»»Fru Meisterin, de Nachtigal!«« –
Un ut den bläu'nden Appelbom,
Dor schallt herun en säutes Lid,
Dat wedder dörch de Seel em tüht,
As dunn taumal,
As hei an hennen Afschidsdag
Vör Jochen sine Husdör lag. –
As wenn so'n Waldhurn in de Firn
Weimäudig klagt, so klingt dat dal,
As wenn sin leiwe lütte Dirn
Em grüßt taum allerletzten Mal,
As wir all Glück un Freud' verfollen,
Un't süll up Irden nicks mihr hollen.
Un denn mal wedder liggt dat hell
Up den Gesang as Morgengläun,
Wenn klore Flauthen Well up Well
Dörch't gräune Land gen Morgen tein.
Un nu tauletzt, nu klingt dat Lid
Un jucht tau Höcht mit hellen Schall,
As wenn't all in den Himmel süht,
Den true Leiw mal arben sall.
Wat Jeder ahn un Keiner weit,
Dorvon giwwt Nachtigal Bescheid. – –

    Jehann steit dor, kickt vör sik dal,
'Ne gruglich Angst, 'ne bittre Qual
Snert em dat frische Hart tausamen:
Wo is dat schein? Wo is dat kamen?
Wat hett sei seggt? Wat hett hei dahn?
Un as em de Gedanken kemen,
Dunn föllt up sine Seel so'n Schämen,
Hei kann de Ogen nich upslahn.
Un as hei sik besinnt nahgraden,
Ligg't em so düster up den Sinn,
As hadd hei Gott un Welt verraden.
Sin ollen Öllern fall'n em in,
Un wat sin Vader tau em säd,
As hei tauletzt em segen ded:
»Gedanken gläu in helle Ess',
Un sünd sei rein von Slack un Slir,
Denn fat Din Wark mit Tangen an.
Holl wiß! Holl wiß, min Sähn Jehann!
Un smäd Din Wark in frischen Fü'r!«
Un sin Gedanken, de sünd gläut
Un Scham un Gram un Trurigkeit,
Nu sünd sei rein von Slack un Slir,
Nu smäd din Wark in frischen Fü'r!
Hei kickt tau Höcht: »Fru Meisterin,
Ik weit... ik bün...
Ik heww sir grotes Unrecht dahn.
Ik möt bi Sei ut Arbeit gahn.« –
Dat arm lütt Wiwken kickt em an,
As künn s' kein Wurt von em verstahn.
»Fru Meistern,« röppt nochmal Jehann,
»Ik möt ut Ehren Hus' herut.
Ik heww tau Hus 'ne leiwe Brud,
De lat ik nich un kann s' nich missen;
De Vagel sung s' mi in't Gewissen.« –
De lütt Fru Meistern sitt un weint,
Ehr Hart is bet taum Dod bedräuwt,
Sei het't mit em so ihrlich meint,
Sei hett den Jungen würlich leiwt,
Ehr stumme Mund, de spreckt kein Wurt,
Sei wen'nt sik af un winkt em furt;
Un as Jehann sik af deit wen'n,
Dunn folgt s' so kurlos ehre Hän'n,
Doch as hei von de Gorenpurt
Noch einmal tau ehr räwer kickt,
Dunn is't ehr glückt,
Dunn hett s' 't verwun'n,
Ehr gaudes Deil hett s' wedder fun'n,
Un springt tau Höchten, rasch entslaten,
Un rod von Schämen äwergaten
Geit sei em nah un redt em an:
»»So gah nich von mi furt, Jehann!
Un kann't nich sin un sall't nich sin,
Denn will'n wi doch in Freden scheiden,
Unn wenn ik Di mal helpen künn,
Denn ward ik girn de Hand Di beiden.
Un nu adjüs! Wi bliwen Frün'n.««
Jehann drückt ehr de Hand un geit,
Un sin Fru Meisterin, de steit
Noch lang', wo sei tausamen stün'n,
Un kickt em nah den Weg entlang.
Un oftmals steit s' nah Johr un Dag
Up dit sin letztes Scheidelflag,
Dat lütte Hart von Weimaud krank.

    Wi Minschenkinner sein de Fläg'
Woll girn mal wedder, wo de Lust
In hellen Flammen ut uns slög,
Doch jenne stillen Truerstäden,
Wo mal uns dröp en grot Verlust,
Wo mal dat Minschenhart hett leden,
De holl'n uns wiß, un ümmer wedder
Tein s' uns up ehre Gräwer nedder.


 << zurück weiter >>