Fritz Reuter
Hanne Nüte un de lütte Pudel
Fritz Reuter

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17.

                      De Nachtigal, de flüggt von dannen
Un lett Fru Meistern un Jehannen:
»Adjüs, Jehann, ik grüß von di!
Un tröst di Gott, Fru Meisterin,
Un äwer't Johr ward't beter sin!«
Un flüggt an eine Heck vörbi,
De olle Firburß liggt dor achter,
Un höhnschen achter Hannern lacht 'e:
»»Ja, gah du man so frank un fri,
So stolz un drist din jungen Weg',
Ik ward di doch für dine Släg
Mal steken einen schönen Sticken,
Wi heww'n en Häunken noch tau plücken.««
Un Nachtigal flüggt von em furt:
»För so en Kirl mag ik nich singen.«
Un ward behen'n von Urt tau Urt
De lütten, fixen Flägel swingen,
Un wo en Busch steit an 'ne Bek,
Un wo en heimlich still Verstek,
Dor singt s' ehr Lid so wunnersam:
Doch wo en Por sitt still tausam
Un drückt in Leiw sik tru de Hän'n,
Dor will ehr Singen gor nich en'n;
'T is grad, as künn sei von de Beiden
In alle Ewigkeit nich scheiden. –
Un just as bi den Aderbor,
Röppt Jeder: »Nachtigal is dor!
Nu ward de Hartensfreud' irst echt,
De hett dat richt'ge Frühjohr bröcht!«

    Sei äwer nimmt ehr Standquartir,
Wo sei verleden Johr is west,
Un bugt sik dor en niges Nest,
Denn uns' lütt Fiken wahnt jo hir.
De irst Bekanntschaft, de sei süht,
Is Jochen un sin leiw Gemahl,
Wo s' hüppen mir ehr fixen Bein
De Arwten-Bedden up un dal
Un junge Arwten rute tein.
»So! diese noch und nun noch diese!«
Seggt Jochen un ward förfötsch trecken,
»Das soll uns heut' heil prächtig schmecken!
Ich bün en Freund von frisch Gemüse.« –
Dunn kümmt de Nachtigal un grüßt:
»»Gu'n Dag ok, Kinnings! Na, wo geit't.«« –
»Je,« seggt uns' Jochen, »as Du sühst;
Wenn man de Kopp noch baben steit.« –
Un Lotting süfzt: »»Ach Vaddersching,
Dit Johr güng't uns gefährlich slicht.
Wat Ein ok Sommers vör sik bring',
Des Winters geit't All in de Kratz.
Wi hewwen hungert, hewwen froren,
Un dortau kreg ik noch min Gicht,
Kunn mi nich rögen von den Platz;
Nu, Gott sei Dank! is doch uns' Goren
All wedder tämlich gaud beschickt,
Dat Ein sik af un an wat plückt,
Nu kän w' uns doch nahgrads verdoren.
Doch Sorg' un Noth heww'n w' drüm nich minner,
Heww'n wedder all uns' Nest vull Kinner.«« –
»All wedder!?« fröggt de Nachtigal, –
»»Wat wull'n wi nich!«« seggt trurig Lott,
»»Un denk Di, Vaddersch, söß ditmal!
Wo sall dat warden, leiwer Gott!«« –
»Ach, Lotting, mußt Dich nicht so haben!«
Röppt Spatz. »Vergrößer' nicht die Sache!
Der liebe Gott ernährt die Raben
Und zählt uns Sperlings auf dem Dache.
Zwar Kinder sind 'ne große Last,
Doch wenn man in die Zukunft sieht
Und die Erziehung richtig faßt
Und sie zur Dankbarkeit erzieht,
Dann werden Kinder auch in alten Tagen
Den Ältern ihre Schuld abtragen.
Als Beispiel stell ich Krischan hin;
Weil wir schon längst verhungert wären,
Hielt' Krischan nicht zu meinen Lehren
Und übte sie mit treuem Sinn. –
De Jung', de hett nich Sinesgliken! –
Denn sieh mal, Vaddersch Sängerin,
Der Jung' wohnt noch bei uns' klein Fiken
Und hat nach guter Kinder Art
Das Essen sich vom Mund gespart,
Und schob, was er ersparte, mit behendem Witze
Fürsichtig durch die Fensterritze.«
»»Ja, Vaddersching,«« föllt Lotting in,
»»Un wi, wi drogen't denn tau Nest.
Uns' Krischan, Vaddersch, is de best
Von all uns' velen leiwen Kinner;
De annern, de sünd von uns gahn
Un flogen in de Welt herinner;
Hei hett an uns dat Sinig dahn.«« –
»Dat is jo schön,« seggt Nachtigal,
»Nu äwerst, Kinnings, seggt mi mal,
Wo dat mit Fiken stahen deit.« –
»»Ih,«« antwurt't Lott, »»ik dank, dat geit.
Sei müßt tauirst sik hellschen placken,
De Bäcker satt ehr up den Nacken,
Un in dat irste halwe Johr
Föll ehr de Arbeit hart un swor,
Doch nu hett s't gaud. De Bäcker geit
Ehr frilich nah up Schritt un Tritt,
Doch wenn hei ehr ok folgen deit
Un ehr ok up den Brennen sitt
Un ümmer is üm ehr herüm,
Geit hei doch fründlich mit ehr üm.
Un Krischan seggt, dat kümmt ok vör,
Dat hei an ehre Kamerdör
Ganz lis' un sachten kloppen deit,
Wenn hei lütt Fiken binnen weit,
Des Abends lat, des Nachts sogor.«« –
»Ji sid doch recht en dämlich Por!«
Röppt Nachtigal. »Du dumme Spatz! –
Ja, klei den Kopp Di man un kratz! –
Büst süs mit allen Hunnen hitzt,
Wo is Din grote Klaukheit jitzt?
Büst jo so'n flotten Kavalir
Un pralst dormit, dat alle Damen
Di in de Arm rin flagen kamen,
Un hir?
Hir markst Du nich, dat uns' lütt Dirn
De slichte Bäcker will verführ'n?« –
»»De Aderbor,«« seggt Lott, »»het't ok all seggt,
Un ik säd't ok, Du dumme Klas!
Doch Du sädst ümmer, 't wir man Spaß.
Ach Gott, ik krig meindag nich Recht!««
»Hm, hm,« seggt Spatz, »es wäre möglich,
Daß ich vom Irrthum bin besessen;
Der schlechte Kerl, der folgt ihr täglich
Mit dumme Red' und plumpen Schmeicheln;
Erst gestern – bald hätt' ich's vergessen –
Wollt er ihr dreist die Wangen streicheln.« –
»»Un sei?«« fröggt Nachtigal dor mang. –
»Sie stieß ihn fort mit Angst und Grauen.
Ihr klares Auge starrte bang',
Als wenn wir Vögel Katzen schauen;
Er schien ihr fürchterlich verhaßt.« –
»»Na,«« seggt de Nachtigal, »»dor heww'n wi't nu!
Nu äwerst, Lott, un Jochen, Du,
Nu heit dat hellschen upgepaßt!
Un up't Gewissen bin ik't Jeden.
Ik möt nu mal mit Krischan reden.««
Un flüggt nah'n Bäckerhof un set't
Sik in den Win bi't Finsterbrett,
Wo Sparlings Krischan wahnen deit,
Un singt un lockt ok got tau säut:
»»Krischäning, min Sähning, kumm ruppe, kumm flink!
Ik bün jo Din Tanten, Din Päding jo bün 'k;
Vertell mi von dit un vertell mi von dat,
Krischäning, min Sähning, ik schenk Di ok wat.««
Un Krischan kamm denn ok tau Stell,
Ach Gott, wo let't den ollen Sell!
So plustrig sitt hei up sin Brett,
As wenn hei Darr un Fewer hett.
»»Herr Gott doch, Jung', wo sühst Du ut?
Wer hett Di denn den Start utreten?«« –
»Uns' oll gris' Katt, de ret em ut,
As s' mi mal Morgens wull upfreten.« –
»»Min lütte Jung', Du büst woll krank?«« –
»Ja, lewen dau 'k woll nich mihr lang.« –
»»Kumm rute in den Sünnenschin,
Denn ward Di bald vel beter sin.«« –
»Ne, Päding, ne, dat kann nich schein,
Denn sitt lütt Fiken ganz allein.
Sei hett an mi noch ümmer dacht,
Min Brod un Water nich vergeten,
Sei lock mi fründlich, strakt mi sacht;
Ik holl tau vel von't lütte Mäten.«
»»Je, Krischan, wenn dat ok so is,
Paß up! Di kriggt de Katt gewiß.«« –
»Un wenn mi denn ok kriggt de Katt,
Sei hett mi jo all einmal hatt,
Un frett sei mi,
Denn is't vörbi.
Ik bün min armes Lewen satt.
Doch so fix geit't nich mit dat Fangen,
Un vör de Katt deit mi nich bangen,
Kriggt mi nich wedder in ehr Klaben;
Hir is en Mus'lock achter'n Aben,
Dor flitsch ik rinne, wenn wen kümmt,
Krup unner dor un täuw so lang',
As't Uhr en frömden Tritt vernimmt;
För't Freten is mi grad nich bang'.« –
»»Du leiwer Gott!«« seggt Nachtigal,
»»Un lewst in ew'ge Angst un Qual,
Möst stun'nlang in'n Düstern luren.
Wat möt Di dor de Tid lang duren!«« –
»Ih dat segg nich! Dat drag ik woll:
De ganze Bähn is holl un boll,
Ik kann dor hübsch herümspaziren
Un mi dor nüdlich amüsiren.
Dat is dor ganz pläsirlich unnen,
Ik heww dor allerlei all funnen,
En brunen Rock, 'ne bunte West,
So hübsch, as Du s' nich seien hest,
Un in de Rocktasch krup ik rin,
Wenn mi ward kolt un frostig sin.
Ach dat is mal en warmes Nest!
Un in de Westentasch, dor fünn
Ik letzt en wunderschönes Ding:
'T is en halwen goldnen Ring,
Un't is so blink, un't is so blank,
Dor spel ik mit, ward Tid mi lang.« –
»»Wat's dit?«« röppt Nachtigal, »»wat's dit?
Wenn dor man nich wat achter sitt!
Nu hür, Krischäning, leiw lütt Jung',
Un wohr Din Red' un häud Din Tung',
Vertell dat Stück nich All un Jeden;
Ik möt irst mit den Kiwitt reden;
De Aderbor ok möt dat weiten.
Un nu, leiw Päding, nu adjüs!
Un häud un wohr Din Heimlichkeiten,
Un grüß lütt Fiken ok von mi,
Ik würd ehr hüt en Lid vörsingen
Un ehr vel Grüß von Hannern bringen.«« – –

    So kümmt heran de Junimand.
Spatz un sin Lotting, gaud vermahnt
Von Nachtigal, de passen alle Tid
Den ollen Bäcker up den Deinst. –
Eins Morgens seggt uns' Spatz: »Wat meinst?
Ik möt woll mit ehr rute hüt,
Sei sall dorhinnen ganz allein
Bi'n letzten Kamp dat Fauder heu'n.« –
»»Ja,«« seggt uns' Lott, »»dat dau man, Jochen,
Un lat sei jo nich ut de Ogen.«« –
Un as lütt Fiken mit ehr Hark
Un'n Etendauk geit äwer'n Mark,
Dunn hüppt uns' Jochen langs de Däker
Un schimpt herunne up den Bäcker
Un makt en Larm un schüll un schüll:
So'n Dummerjahn, so'n Lüderjahn,
So'n Deigap, de müßt früh upstahn,
De em 'ne Näs' andreien süll!
Un as lütt Fiken äwer't Feld
Un dörch dat gräune Kurn hentüht,
Dunn hüppt uns' Jochen an ehr Sid
Un schellt un schellt
Up alle Welt,
Un schimpt up Juden un up Christen:
Ob sei nich wüßten,
Dat, wer sik blot mal unnerstünn
Un rögt sei mit en Finger an,
Up wat gefaßt sik maken künn,
Denn dat ded ehr lütt Fiken sin.

    So kamen s' nah de Heuwisch ran,
Un Fiken, de ward flitig heu'n
Un ward de Swaden kihr'n un wen'n
Von ein En'n bet taum annern En'n,
Un smitt de lütten Höp vonein
Un ward s' hübsch utenanner streu'n,
So drad de Wisch is drög von Dau.
Un Jochen, de kickt flitig tau
Un set't sik baben in 'ne Wid,
Dat hei den Weg entlangt süht,
Un ward biher nah Wörm un Rupen
Bald linksch, bald rechtsch herümmer glupen
Un snappt verluren üm sik rümmer
Bald nah 'ne Fleig, bald nah en Brümmer.
Sin Jagd is äwerst man sihr zeitlich,
Un makt hei mal en lütten Fats,
Denn smeckt hei em nich mal wat lecker.
Dit stimmt em denn nu sihr verdreitlich,
De ganze Jagd hett keinen Grats,
Denn sin Gedank is bi den Bäcker. –
Nu kümmt de Kirl! Dor kümmt hei, dor!
Un knapp ward Jochen em gewohr,
Dunn rögt sik in em Grull un Grimm,
Hei künn 'ne Murddaht glik begahn,
Hei künn sik mit den Düwel slahn.
Un grad in desen Ogenblick, dunn brummt 'ne Imm,
So'n recht oll fett', em üm de Uhren rüm;
Swabb! snappt hei tau:
Wat hest tau brummen, Racker, Du?
Süh, Krätending, ik heww Di nu.« –
Dat oll lütt Worm, dat krümmt sik sihr
Un bidd't un deit un geit tau Kihr:
»»Ach, Jochen, Jöching, lat mi lewen!
Ach, Jöching, dau Pardun mi gewen!
Ach, Jochen, Jöching, lag mi gahn!
Ick heww Di nicks tau Leden dahn.«« –
»Dorvon, Karnalli, swig mi still!
Brummst Du des Nahmiddags nich ümmer,
Wenn ik en beten slapen will,
Mi üm de Näs' un Uhren rümmer?« –
»»Ach, Jochen, Jöching, hew Erbarmen!
Süh, ik un ok uns' ganze Swarm,
Wi will'n Di in den Slap nich stüren!«« –
»Dat,« seggt uns' Jochen, »lett sik hüren,
Un ik künn mi binah bedenken
Un künn Di schir dat Lewen schenken,
Wenn Du hüt deist, wat ik Di heit.«
Un flustert ehr mit lise Stimm
In't Uhr den heimlichen Bescheid.
»»Ja woll, dat will ik!«« seggt de Imm.

    De Bäcker is nu ranne gahn,
Un as em Fiken kamen süht,
Mag sei de Ogen nich upslahn.
De Bäcker is recht fründlich hüt,
Irst lawt hei Fiken ehren Flit,
Un wat s' för Arbeit för sik bröcht,
So kreg hei bald sin Heu taurecht;
Sei wir 'ne lütte fixe Dirn,
'Ne lütte flitige Perßohn,
Un wenn s' noch bet tausamen wir'n,
Denn gew hei ehr ok högern Lohn.
Drup fängt hei an tau spaßen an
Un brukt so'n slichte, häßlich Würd,
Dat Jochen sik nich hollen kann;
Hei schellt herunne tau de Ird:
»Du Dummerjahn, du Lüderjahn!
Glik lettst Du uns' lütt Fiken gahn!«
Un uns' lütt Fiken gütt dat äwer,
As leg sei in en hitzig Fewer;
Vör hellen Schimp ehr Backen gläun,
Sei weit nich, wo sei hen sall sein.
Un drister ward de Kirl, un dranger
Makt hei sik an dat Kind heranner.
Wo is de Smädjung'? Wo is Hanner? –
Un banger ward dat Kind un banger;
Versteit sei ok dorvon kein Wurd,
So fäult sei doch, dat unner so'n Spaß,
As unner Blaumen, unner Gras,
De Sün'n, as gift'ge Adder, lurt.
Sei will sik flüchten von em furt,
Dunn grippt hei tau un höllt sei wiß
Un will sei küssen up den Mund.
Dunn röppt de Spatz: »Entfahmte Hund!
Weitst nich, dat uns' lütt Dirn dat is?
So, Imm, nu is dat Tid, nu kumm!«
Un de lütt Imm flüggt – brum, brum, brum –
Grad up den Bäcker sine Näs'
Un giwwt em dor en Meisterstich.
De olle Spitzbauw flüggt taurügg;
De Kuß, de hett em nich gefollen
Un Spatz kann sik nich länger hollen
Un lacht un röppt: »Du alter Schurke!
Sag mal, wie schmeckt Dir diese Gurke?»


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