Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 1
Friedrich von Raumer

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Sechstes Hauptstück.

Nur die, allen gemeinsame Gefahr, hatte die Ansprüche der einzelnen gemäßigt, und kaum war jene verschwunden, so erhob sich innerer Zwist. Boemund verlangte den ausschließlichen Besitz Antiochiens auf den Grund des, vor der Übergabe mit ihm geschlossenen Vertrages; die Fürsten dagegen behaupteten: es hätten hiedurch die Ansprüche nicht aufgehoben werden können noch sollen, welche dem griechischen Kaiser, nach früherem Versprechen, auf die Eroberungen im ehemaligen römischen Gebiete zuständen. Von diesen Ansprüchen, entgegnete Boemund, dürfe nicht mehr die Rede seyn, da Alexius, ungeachtet des gegebenen Wortes, keineswegs Hülfe geleistet, sondern die Pilger zur Zeit der größten Gefahr, furchtsam den Türken preis gegeben hätte. Alle Fürsten thaten hierauf Verzicht auf eigene AnsprücheDaß Boemund als Herr und wohl ohne Rücksicht auf das Eigenthum der früheren Besitzer verfuhr, ergiebt sich auch daraus, daß er am 14ten Julius 1098 den Genuesern, für das Versprechen ihres Beistandes, eine Kirche und dreißig Häuser schenkte. Ughelli Ital. sacra IV, 846.; nur Raimund von Toulouse, welcher die Burg und die Schanze am Brückthore inne hatteWilh. Tyr. 728., konnte durch keine Vorstellung zur Übergabe derselben an Boemund vermocht werden; und selbst als Bruder Peter Bartholomäus behauptete: der heilige Andreas sey ihm nochmals 172 {1098} erschienenRaimund. Agol. 255-256. und lasse dem Grafen die Aussöhnung mit Boemund anbefehlen, blieb dieser unbewegt: – vielleicht am besten unterrichtet, welche Bewandtniß es mit den Erscheinungen Peters hatte. Jeder von beiden Fürsten wartete auf Gelegenheit, den anderen aus seinem Besitze zu vertreiben; während Hugo der Große und Graf Balduin von HennegauW. Tyr. 729.  Alb. Acq. 260.  Alberic. 169. nach Konstantinopel an Alexius gesandt wurden, um ihn ernstlich an die schleunige Erfüllung seiner Zusagen zu erinnern, weil sich die Fürsten sonst, bei längerer Zögerung, ihrerseits von allen Versprechungen für entbunden hielten. Graf Balduin erreichte Konstantinopel nicht, er wurde nach einem Gefechte mit den Türken in der Gegend von Nicäa, vermißt. Hugo dagegen fand ehrenvolle Aufnahme in der Kaiserstadt, obgleich sein Antrag, der unzureichenden Kräfte des griechischen Reiches halber, von Alexius abgelehnt wurde. Uneingedenk seiner Verpflichtung und seines Gelübdes, kehrte aber Hugo weder selbst zu den Pilgern zurück, noch gab er durch einen andern Nachricht von dem Erfolge seiner Sendung; sondern eilte nach Frankreich, längst ungeduldig, daß er, der Bruder eines großen Königs und dem Geschlechte nach der Erste, dennoch in Syrien weit geringeren Fürsten, an Macht und Einflusse nicht gleich stehe. Dies Verfahren minderte sehr den hohen Ruhm, welchen er durch viele tapfere Thaten bei den Pilgern erworben hatte: man nannte ihn den ausgesandten, nicht wiederkehrenden Vogel Noahs, und erst die spätere Übernahme eines zweiten Kreuzzuges befreite ihn von den Vorwürfen, die man selbst in seiner Heimath von allen Seiten über ihn aussprach.

Mit der Besitznahme von Edessa und Antiochien entwickelten sich unter den Führern ganz natürlich neue, jedem eigenthümliche Zwecke: denn so weit, als die Kraft reicht, reicht gewöhnlich auch die Thätigkeit; und wie der Erfolg oft den Vorsatz umstürzt, so muß er ihn auch oft erzeugen. 173 {1098} Jerusalems Befreiung blieb nicht mehr die einzige Hoffnung und das letzte Ziel, sondern der Wunsch eine eigene Herrschaft zu begründen reizte mehre Fürsten, selbst bis zum Aufgeben der ursprünglichen Plane. Die geringeren Pilger sahen dagegen in jeder Zögerung nur eine Folge der Eifersucht und der eigennützigen Absichten ihrer Anführer, und verlangten doppelt heftig den Aufbruch gen Jerusalem. Ein neues Übel hemmte indessen alle Thätigkeit. Aus verderblichen Dünsten der Luft, oder aus Unmäßigkeit, welche, nach langem Mangel, bei dem jetzigen Überflusse der Lebensmittel desto gefährlicher wirkte, erzeugte sich eine schreckliche Seuche. Vornehme und Niedere erkrankten und starben dahin, nicht in geringer Zahl, sondern zu TausendenAlb. Acq. 261 sagt es wären über 100,000 Christen umgekommen.; unter ihnen Graf Heinrich von Ascha, und von allen tief betrauert, Bischof Ademar von PuyEr starb den ersten August. Gesta Fr. 22, Gilo 251. Über eine ihm gesetzte Bildsäule, Fiorillo Kunstgesch. III, 42.. Dieser besaß in seltenem Vereine die Tapferkeit eines Ritters und die Milde eines Geistlichen, seine Beredsamkeit führte das Volk bald zum Gehorsam, bald befeuerte sie zu kriegerischen Unternehmungen; seine geistige Übermacht lenkte und einigte die Fürsten unter sich, und regelte ihr Betragen gegen die Menge. Wie Moses betrat er das verheißene Land nicht, und wurde mit großer Feierlichkeit in der Kirche des heiligen Petrus begraben, wo man die heilige Lanze gefunden hatte. Alle Christen folgten wehklagend seinem Leichenzuge.

Um diese Zeit sandten die Fürsten dem Papste Urban vollständige BerichteFulch. Carn. 344. über den bisherigen Erfolg ihrer Unternehmungen, und meldeten den Tod ihres geistlichen Führers; sie baten ihn, er möge, dem früheren Versprechen gemäß, an ihre Spitze treten und nach Antiochien eilen, wo Petrus der Apostel, zuerst die Würde eines Bischofes 174 {1098} bekleidet habe und in früherer Zeit der Name der Christen entstanden sey. Ihnen liege ob die Ungläubigen im Felde zu besiegen; aber Griechen, Syrer, Jakobiten und andere Ketzer in den Schooß der Kirche zurückzuführen, sey das würdigste Geschäft für das Haupt der Christenheit. – Urban, dem mit Recht schon früher die Oberleitung aller Angelegenheiten der christlichen Welt wichtiger erschien, als die Führung einer einzelen, wenn gleich sehr großen Unternehmung, wollte itzt noch weniger jenen Wünschen nachgeben, da er schon hoch bei Jahren und nach langer Unruhe, endlich zum ruhigen Besitze des römischen Stuhles gelangt war. Er schickte später Abgeordnete nach AsienMansi Conc. T. XX, p. 964., und ermahnte die Geistlichen, daß sie alle Christen wiederholt und mit Nachdruck zur Unterstützung des heiligen Landes auffordern möchten.

Mittlerweile drangen die Kreuzfahrer in Antiochien von neuem darauf, daß man so schnell als möglich die Stadt verlasse: denn nur hieher scheine Noth und Krankheit gebannt, mit der Entfernung werde hingegen die Gesundheit und vor allem die Gnade Gottes, für die rüstige Fortsetzung des noch unvollendeten Zuges wiederkehren. Dennoch waren die Fürsten nach ernstlichem Berathen einstimmig der Meinung: daß neue anstrengende Märsche, während der gewaltigen ungewohnten Hitze des SommersW. Tyr. 729., die Übel gewiß mehren, und dann alle ihren Tod durch Krankheiten, oder von der Hand der Feinde finden müßten. Erst wenn die Erschöpften, Kranken, Verwundeten sich erholt hätten, wenn neue Mannschaft aus Europa angekommen, wenn kühlere gesundere Witterung eingetreten sey, mit dem ersten November solle der Aufbruch Statt findenDen ersten November haben Order. Vit. 746, Hist. belli sacri 196, Gesta Franc. 22; den ersten Oktober dagegen Robert. Mon. 66, und W. Tyr. l. c..

175 {1098} Bei dem Ehrgeize der Fürsten, der Uneinigkeit aller feindlichen Herrscher und den Bedürfnissen der Menge, konnte jedoch diese Zwischenzeit nicht ohne mannichfache einzelne Unternehmungen verfließen. So wurde der Befehlshaber des türkischen Schlosses HasarAlb. Acq. 261.  Raimund. 157.  W. Tyr. 730. von seinem Oberherrn, Rodvan von Aleppo, wegen Ungehorsam mit Krieg überzogen, und konnte ihm allein so wenig widerstehn, als von irgend einem seiner Glaubensgenossen Beistand erhalten. Da trat einer von seinen Emirn zu ihm und sprach: »ich habe jüngst, als christliche Pilger gen Edessa zogen, das Weib eines Ritters Fulcher aus Bouillon erbeutet, und ihrer Schönheit wegen mir zugesellt. Sie kennt die große Gefahr, welche uns bedroht und räth, den Herzog von Lothringen, den mächtigsten unter den siegreichen Franken, um Hülfe anzusprechen.« – Durch die Furcht vor größeren Übeln wurde die Abneigung sich mit Christen zu verbinden leicht unterdrückt, und ein Syrer mit den nöthigen Vorschlägen an den Herzog abgeschickt. Dieser versprach indeß erst Hülfe nachdem sich der Sohn des Befehlshabers, zur Sicherung der Versprechungen, als Geißel stellte.

Inzwischen hatte aber Rodvan die Feste Hasar mit 40,000 Mann umlagert und die Franken wußten nicht, wie die nöthige Nachricht von dem geschlossenen Bündnisse dahin gelangen könne; als die türkischen Gesandten zu ihrem Erstaunen Tauben hervorzogen, ihnen Zettel unter die Flügel banden und dann mit der Versicherung fliegen ließen: daß hiedurch die Kunde gewiß zur Burg gelangen und der Emir in der Hoffnung des Entsatzes widerstehn werde. Gottfried forderte itzt den Grafen Raimund von Toulouse und Boemund auf, ihre Macht mit der seinigen zu vereinen: beide lehnten aber den Antrag ab, heimlich erzürnt, daß sich der Türke nicht an sie, sondern vorzugsweise an den Herzog gewandt hatte. Dennoch zog dieser ausAlb. Acq. 261.  W. Tyr. 731., 176 {1098} dem Beistande vertrauend, welchen ihm Balduin sein Bruder am Abend der ersten Tagereise mit 3000 Mann zuführte; allein genauere Nachrichten über die Stärke des türkischen Heeres zeigten noch immer, daß ein offener Kampf höchst gewagt sey. Deshalb sandte der Herzog Boten nach Antiochien zurück, und ließ an Boemund und Raimund nochmals sagen: »es ist Unrecht, daß ihr unter nichtigen Vorwänden Beistand versagt, da ich doch stets jede Gefahr zu eurem Besten willig übernommen habe. Eilt ihr nicht sogleich mit eurer Mannschaft herbei, so gilt mir die bisherige Freundschaft für gelöset, und ihr werdet mich unter euren Feinden wiederfinden.« Diese Drohungen, die Aussicht neues Ruhms und Erwerbes, vor allem aber das heftige Verlangen der Menge, bewog die Fürsten zum Aufbruche; sie vereinten sich mit Gottfried, und man zählte nun an 30,000 Kämpfer. Bei ihrer ersten Annäherung hob Rodvan sogleich die Belagerung Hasars auf, deckte mit der Hauptmacht die Straße von Aleppo und sandte 10,000 Reiter ab, die Christen zu umgehen und ihnen in den Rücken zu fallen. Auch wurden diese wirklich überrascht, und es fielen an 600 Pilger: dann aber sammelten sie sich von neuem, schlugen die Feinde in die Flucht und tödteten eine sehr große Zahl. Der Befehlshaber Hasars kam den Fürsten mit 300 schön gerüsteten Reitern entgegen, ließ sich auf die Kniee nieder, schwur, die Burg übergebend, den Christen Treue und dankte allen, besonders aber dem Herzoge, für seine Rettung. Dieser schenkte ihm dagegen einen künstlich mit Gold und Silber ausgelegten Helm und einen Harnisch, welchen früher Herebrand von Bouillon sein Verwandter getragen hatte.

Noch immer wüthete um diese Zeit die Seuche in AntiochienAlb. Acq. 263.. Deshalb wollte der Herzog, eingedenk der Todesgefahr, in welche ihn vor achtzehn Jahren zu Rom eine ähnliche Krankheit gestürzt hatte, nicht nach der Stadt 177 {1098} zurückkehren, sondern zog mit seinem Bruder gen Edessa, und nahm nach dessen Bewilligung die Burgen Tellbascher und Ravendan in Besitz. Ihm folgten viele, theils aus Neigung, theils aus gleicher Furcht vor den Krankheiten, theils in der Hoffnung von Balduin Geschenke oder andere Belohnungen zu erhalten. Bald nach der Ankunft Gottfrieds in Tellbascher, beschwerten sich christliche Armenier über die Bedrückungen, welche Pankratius und sein Bruder Korrovasilos unter mancherlei Vorwänden gegen sie ausübten. Der Herzog war beiden längst feindlich gesinnt, weil sie zur Zeit der Belagerung von Antiochien die für ihn bestimmten Geschenke Balduins aufgefangen und an Boemund überliefert hatten: er ergriff gern diese Gelegenheit zu ihrer Bestrafung, umlagerte, eroberte und zerstörte ihre Burgen, und ließ zwanzig gefangene Söldner blenden; diesmal Böses mit Bösem unchristlich vergeltend.

Allmählich kamen, bei der Sicherheit des Weges, täglich mehr und mehr Pilger von Antiochien nach Edessa, welche Balduin mit Gelde und Lebensmitteln unterstützte, und sich ihrer zu erfolgreichen Streifzügen gegen die benachbarten Türken bediente. Hingegen sahen die Bewohner Edessas mit Verdruß ihre Stadt durch eine so zahlreiche Einlagerung überlastet, die Fremden unterstützt auf Kosten ihres Vermögens, geehrt mit Zurücksetzung ihrer älteren Ansprüche. Besonders aber zürnten die zwölf Beisitzer des hohen Rathes, welche itzt alles Einflusses beraubt waren und die übereilte Erhebung Balduins bereuten. Deshalb knüpften sie heimlich Verständnisse an mit den TürkenW. Tyr. 732.  Alb. Acq. 264., brachten ihre Schätze in benachbarte Schlösser zu befreundeten Wächtern, und beschlossen den Fürsten heimlich zu tödten, oder mit Gewalt aus der Stadt zu vertreiben. Schon war die Ausführung nahe, als einer der Edeln, seys aus Anhänglichkeit an Balduin oder aus Furcht vor dem Mißlingen, diesem die Verschwörung entdeckte. Sogleich wurden 178 {1098} alle Theilnehmer gefangen genommen und mußten ihre, bereits aus der Stadt hinweggebrachten Güter wieder herbeischaffen, um dafür Lebensfristung zu erkaufen. Zwei der vornehmsten, welche schuldiger waren als die übrigen, ließ Balduin blenden; ärmere Theilnehmer hingegen, welche seine Milde nicht bezahlen konnten, verstümmeln und zur Stadt hinaus treiben.

Mit den gewonnenen Gütern verstärkte er seine Macht, und ward immer furchtbarer für die ganze Gegend; allein in demselben Maaße zeigten sich auch alle seine Umgebungen immer besorgter und feindseliger. So entfloh Taphnuz, dessen Tochter Balduin geheirathet hatte, von Edessa nach seinen entfernten Bergschlössern; aus Furcht, daß ihm wegen des zum Theil noch rückständigen Heirathsgutes, Marter oder Gefängniß auferlegt werden möchte. Auch Balak, welcher vorher Sarudsch besaß, gedachte listig auf Sicherung und Rache: denn seit der Ankunft so vieler Lateiner sah er sich zurückgesetzt, und die frühere Gunst des Fürsten ward täglich geringer. Er trat zu Balduin und sprach: »ich leide, o Herr, wegen meiner Anhänglichkeit an die Christen vielen Tadel und Verfolgung von meinen Glaubensgenossen, und sehe kein Mittel, sie zu versöhnen. Deshalb will ich, deiner Macht und Großmuth vertrauend, mit Weib und Kind und aller Habe nach Edessa ziehen, und dir Amacha mein festes Schloß übergeben.« Balduin nahm dies Erbieten freudig an, und eilte mit 200 Reitern zur Feste. Balak aber ersuchte ihn hier: nur mit geringer Begleitung in das Schloß zu kommen, weil im Falle des Einzuges aller, Gewaltthaten und Plünderung schwerlich verhütet werden möchten. Schon wollte Balduin dieser Bitte nachgeben, als ihn einige seiner Begleiter, Verrath ahnend, fast mit Gewalt zurückhielten und vermochten, zwölf Geharnischte vorauszusenden, und zu prüfen ob Gefahr vorhanden sey. Kaum waren diese in die Burg eingezogen, so wurden sie von der starken türkischen Besatzung ergriffen; nur zwei zogen sich kämpfend bis in ein Fenster zurück und riefen den Fürsten 179 {1098} zur Rettung herbei. Als dieser ankam fand er die Thore schon wiederum geschlossenW. Tyr. 733.  Alb. Acq. 265., und Balak wies alle Anerbieten einer gütlichen Lösung der Gefangenen zurück; die Erinnerung an seine früheren Versprechungen gering achtend, weil er wußte, daß das Schloß, welches auf einem unersteiglichen Felsen lag, mit Gewalt nicht erobert werden konnte. Betrübt über die Täuschung und den Verlust seiner Gefährten, zog Balduin nach Edessa zurück. Sechs von diesen wurden jedoch gegen Türken ausgewechselt, welche Fulbert, der Befehlshaber von Sarudsch bei einem Ausfalle gefangen machte; vier entflohen ihren nachlässigen Wächtern, zwei endlich wurden hingerichtet auf Balaks Befehl. Seit diesem Ereignisse traute Balduin den Türken nicht mehr; ja er ließ, aus übergroßer Furcht vor ähnlicher Gefahr, Balduk von Samosata tödten, weil dieser in sehr gerechter Besorgniß zögerte, sein Weib und seine Kinder als Geißeln nach Edessa zu bringen.

Während dieser Zeit hatte Boemund Cilicien durchzogenRaim. 146 erzählt, sehr unwahrscheinlich, daß ihm Tatikios im Namen des Kaisers Alexius, Tarsus, Mamistra und Adana abgetreten habe; siehe Kemaleddin bei Wilken II, Beil. 7. und daselbst normannische Herrschaft befestigt; vom Grafen Raimund war Albara eingenommen und grausam behandelt worden: größere Unternehmungen verhinderte die Zerstreuung der Fürsten und die, noch immer fortdauernde Seuche. Von ihr wurden unter anderen 1500 Deutsche hingerafft, welche aus Regensburg und den Rheingegenden aufgebrochen und nach glücklicher Seefahrt im Hafen des heiligen Simeon gelandet waren.

Mit Sehnsucht und Unruhe erwartete das Volk den Tag des Aufbruches! Endlich erschien der erste November, und die Fürsten trafen wieder in Antiochien ein; auch der Herzog von Lothringen, welcher auf dem Wege von Edessa mit zwölf Rittern, 150 Türken besiegt, dreißig getödtet 180 {1098} und dreißig gefangen genommen hatte. Diese letzten mußten, zur Freude der ChristenRaimund. de Agil. 158., die Köpfe ihrer erschlagenen Genossen auf Lanzen in die Stadt hineintragen. Alle Fürsten und Edlen versammelten sich nunmehr in der Kirche des heiligen Petrus, um über den ferneren Kreuzzug zu berathschlagen. Da traten zuvörderst diejenigen auf, welche in der Nähe der Stadt Burgen oder andere Besitzungen erworben hatten, und sprachen: »was soll aus Antiochien werden, wenn ihr hinwegziehet? wer soll die Stadt beschützen gegen die Türken? Wahrlich, nicht der griechische Kaiser, welcher schon entfloh als er nur von Feinden hörte; sondern Boemund, dessen Klugheit die Stadt gewonnen hat und dessen Tapferkeit sie erhalten wird.« – Hierauf entgegnete der Graf von Toulouse, welcher den befestigten Palast oder die Burg Bagi Sejans und die Schanze am Brückthore noch immer inne hatte: »wir haben dem griechischen Kaiser auf das Kreuz und die Dornenkrone unseres Herren und auf viele andere Heiligthümer feierlich geschworen, keine Stadt, keine Burg, welche ehemals zum römischen Reiche gehörte, ohne seine Zustimmung zu behalten oder zu vergeben; deshalb widerspreche ich jenem Antrage, damit uns nicht der Vorwurf und die Strafe des Meineides treffe.« Der Herzog von Lothringen und der Graf von Flandern, wünschten zwar heimlich daß Boemund die Stadt behalte; allein sie enthielten sich jeder ausdrücklichen Erklärung, um den Schein der Wortbrüchigkeit zu vermeiden. Desto heftiger zeigten sich diejenigen, welche für Boemund oder Raimund Partei nahmen, und nur mit Mühe hielt man sie von Gewaltthätigkeiten zurück. Das Volk aber, welches aus dem Streite neue Zögerungen entstehen sah, murrte, anfangs in der Stille, dann lauter, bis endlich die Kühnern im Namen aller auftraten und sprachen: »wenn die Fürsten aus Furcht, oder um irgend eines Eides willen, der keineswegs uns bindet, die Pilgerung nach Jerusalem 181 {1098} verzögern, so laßt uns einen Ritter zum Führer wählen, und mit Gottes Hülfe den Weg antreten. Weilen wir nicht schon seit Jahresfrist an dieser StelleUnd schon vier Monate nach der Einnahme Antiochiens, maxime propter discordias principum. Ann. Saxo zu 1098.? Sollen nach so vielen Tausenden noch mehre umkommen? Nur diejenigen mögen zum eigenen Verderben hier bleibenRaim. de Agil. 159 fast wörtlich so., denen das Gold des Kaisers und die Einkünfte Antiochiens mehr gelten, als das, ihrem Herrn und Heiland geschworene Gelübde. Will man unser Vorhaben hintertreiben, so laßt uns die Mauern der Stadt niederreißen, damit ihr Besitz den Fürsten unsicher, damit sie gezwungen werden zu der früheren Einigkeit zurück zu kehren, welche den Beistand Gottes und damit jeden Erfolg herbeiführte.«

Durch solche Worte geschreckt, brachen Raimund von Toulouse, Herzog Robert von der Normandie und bald nachher auch Boemund aufNach Raim. de Agil. zogen nur diese gen Marra, nach W. Tyr. 734 und Alb. Acq. 266 aber, alle Fürsten; doch sollen Gottfried und der Graf von Flandern nach vierzehn Tagen wieder in Antiochien eingetroffen seyn. und zogen gen Marra, welche Stadt Raimund Piletus, ein provenzalischer Ritter, schon im JuliusBalder. 123.  Alb. Acq. 266.  Hist. belli sacri 197.  Gilo 250.  Orderic. Vital. 747. bei einem von den vielfach unternommenen Streifzügen, angegriffen hatte. Die Einwohner schlugen ihn aber damals mit bedeutendem Verluste zurück, spotteten itzt, – stolz wegen dieses Erfolges und ihren starken Mauern vertrauend –, über die anrückenden Christen, und zeigten ihnen höhnisch verstümmelte oder verunreinigte Kreuze. Bei dem Mangel von Belagerungszeug und Lebensmitteln konnte man aber nichts entscheidendes beginnen, und während einige Pilger mit dem Bau des ersten beschäftigt warenGilo 252., irrten die meisten umher und wühlten in der Erde nach eßbaren 182 {1098}Wurzeln und Kräutern, oder sie kehrten gen Antiochien zurück. Erzählungen von neuen Erscheinungen der Apostel Andreas und Petrus befeuerten nur wenige; ja Boemund und die Normannen verlachten sogar diese HülfsmittelRaim. de Agil. 160.. Nach Beendigung des Baues der Belagerungswerkzeuge erfolgten zwar heftigere Angriffe auf die Stadt; allein aus der benachbarten Gegend hatten sich viele Tausende, die Streifzüge der Christen fürchtend, mit ihren Gütern nach Marra geflüchtet, und alle widerstanden tapfer, weil sie wußten was von den Pilgern, im Fall einer Eroberung zu befürchten sey. Doch erstiegen diese, bei einem allgemeinen Sturme, der einen ganzen Tag hindurch dauerte, am Abende mehre Stellen der Mauer, und nur um der einbrechenden Nacht willen hemmten die Fürsten den Kampf. Die ärmeren Pilger, welche die Thore besetzen mußten damit kein Türke entfliehe, erwarteten aber nicht den Morgen, sondern drangen beutegierig in die niedere Stadt und raubten was ihnen zunächst in die Hände fiel. Darüber erschreckt, sammelten sich die reicheren Bewohner in der Burg, und erhielten von Boemund das Versprechen seines Schutzes; die ärmern hingegen versteckten sich in unterirdische Höhlen und wähnten thöricht, dies gewähre ihnen Sicherheit vor den Christen. Als diese mit Anbruch des Tages, am 12ten December 1098, in Marra einrückten, erschien ihnen die Stadt menschenleer und sie wandten sich zuerst zum plündern; sobald aber hiebei nichts mehr zu gewinnen war, trieben sie die Bewohner durch Dampffeuer aus den Höhlen hervor und tödteten alle, ohne auch nur eines einzigen zu schonen. Selbst diejenigenGuib 527.  Robert. Mon. 70.  Balder. 125 scheinen den Tod derselben Boemund beizumessen, jedoch ohne Wahrscheinlichkeit. Ihm waren die Lebenden, welche sich aus der Gefangenschaft lösen mußten, gewiß lieber. Nach Kemaleddin bei Wilken II, Beil. 7, kamen 20,000 Männer und Weiber in Marra um., welche sich in die Burg 183 {1098}gerettet hatten, erlagen größtentheils ihrer Wuth, und nur wenige wurden gefangen nach Antiochien geführtDie Einnahme fällt auf den 12ten December 1098, doch wird auch der eilfte, dreizehnte und zwanzigste genannt. Balder. 125.  Order. Vit. 748.  Kemaleddin l. c..

Der Graf von Toulouse gedachte itzt die Stadt dem Bischofe von Albara zu übergebenW. Tyr. 735.; allein Boemund, welcher mehre Thürme besetzt hielt, wollte nur einwilligen, sofern Raimund allen Ansprüchen auf Antiochien entsage. Als dieser hierauf durchaus nicht eingehn wollte, eilte Tankred, dem Auftrage seines Oheims gemäß, von Marra nach Antiochien, verkleidete die seinen, versteckte ihre Waffen und wurde von den arglosen Wächtern in Raimunds Thürme eingelassenRadulph. Cadom. 173.. Kaum aber waren die Normannen hier der Zahl nach übermächtig, so zogen sie die Schwerter und vertrieben des Grafen Besatzung mit Gewalt. Die Nachricht von dieser That kam erst nach Marra, als Boemund schon von dort weggezogen war: und das Volk hatte um so weniger Neigung, die Beleidigungen zu rächen, welche Raimund widerfuhren, weil anfängliche Dürre, spätere Regengüsse und die Überzahl der versammelten Menschen, eine so furchtbare Hungersnoth erzeugtenBalder. 126.  Rob. Mon. 70.  Raim. de Ag. 161.  Albert. Acq. 267.  Fulch. Carnot. 396.  Hist. belli sacri 201.  Radulph. Cad. 172.  Annal. Saxo zu 1198.  Henric. Huntind. 377.  Martene thesaur. I, 282., daß, nach dem einstimmigen Berichte der Geschichtschreiber, selbst das Fleisch der getödteten Feinde zubereitet und gegessen wurde. Solcher Noth und den hieraus entstehenden Krankheiten zu entgehen, drangen die Pilger heftig auf die Fortsetzung der Wallfahrt. Graf Raimund berief deshalb alle Fürsten nach Rugia zur Berathung über die in dieser Hinsicht nöthigen Maaßregeln; allein bald wandte sich das Gespräch auf den 184 {1098} alten Streit über den Besitz AntiochiensRob. Mon. 68.  Hist. belli sacri 199., und noch immer zögerten die Fürsten, durch einen bestimmten Ausspruch die Sache zu beendigenInterim fiet aliquid, sagten sie. Balder. 125.. Raimund bot ihnen endlich große Summen Geldes, wenn sie nur sämmtlich und schnell den Weg nach Jerusalem antreten wollten: sie verweigerten dies aber unter allerlei ungenügenden Vorwänden und waren heimlich dem Grafen abgeneigt, weil es schien als setze er den Vortheil der lateinischen Fürsten, dem Vortheile des griechischen Kaisers nach. – Sobald die geringeren Pilger in dem benachbarten Marra erfuhren, daß sich die Versammlung der Fürsten in Rugia wiederum fruchtlos zerschlüge, so zürnten sie aufs höchste, und ungeachtet aller Ermahnungen des Bischofes von Albara, ungeachtet der Drohungen und Züchtigungen ihrer Vorgesetzten, rissen sie, selbst unter dem Beistande der Kranken und Schwachen, die Mauern und Festungswerke der Stadt nieder, damit kein Grund bleibe zum Zögern, keine Aussicht auf eine feste Ansiedelung. – Über diesen Frevel zürnte Raimund nach seiner Rückkunft anfangs sehr heftig, dann erschien ihm der unbezwingbare Eifer der Pilger als Ausdruck des göttlichen Willens und er versprach, nach vierzehn Tagen die Wallfahrt mit ihnen anzutreten. Bis dahin half ein kühner Zug in die benachbarten Besitzungen der Feinde, dem drückendsten Mangel an Lebensmitteln ab.

{1099} Als noch einmal wiederholte Vorstellungen des Grafen von Toulouse über die Gefahr eines vereinzelten Aufbruches, sowohl bei den Häuptern als bei den Geringern, ohne Erfolg blieben, so ließ er am 13ten Januar des Jahres 1099 die Stadt Marra niederbrennenBalder. 127.  Tudeb. 807.  Alberic. 173., führte die seinen, 10,000 Fußgänger und 350 Reiter nach Kapharda, und ging in bloßen Füßen vor dem Heere her, zum Beweise seiner Demuth und seiner Anerkenntniß der Heiligkeit des Gelübdes. 185 {1099} Über die Nachricht von dem Aufbruche Raimunds geriethen die Fürsten in Sorgen und eilten nach Kapharda; allein eine viertägige Berathung führte wiederum zu keinem gemeinsamen Beschlusse und nur Tankred und Robert von der Normandie schlossen sich, jeder mit vierzig Rittern und einer bedeutenden Zahl Fußgänger an den Grafen von Toulouse anRobert. Mon. 70.  Raim. 165.; hiezu nicht allein durch die Erinnerung an ihr Gelübde bewogen, sondern auch durch Raimunds Versprechen baarer Unterstützung.

Die furchtsameren Bewohner des vorliegenden Landes waren unterdeß entflohen und hatten ihre Güter in Sicherheit gebracht; wogegen die kühneren mit ansehnlichen Geschenken der Pilger Gunst gewannen, sich jeder Feindseligkeit enthielten und gern die verlangten Lebensmittel verkauftenW. Tyr. 736.. Hiedurch entstand allmählich Überfluß in dem Heere des Grafen und täglich kamen mehre an, welche die Zahl seiner Mannen verstärkten. Über Cäsarea und Hama erreichte man Emesa, und hier schlugen einige vor: man solle nach dem, am Meere belegenen, Gibellum ziehen und es belagernGibel, Gabala; weil aber diese Unternehmung, wie Tankred erinnerte, manche Schwierigkeit zeigte und ganz von dem Wege nach Jerusalem ablenkte, so wandte man sich lieber gen Arka und hoffteW. Tyr. 737., einem Einverständnisse mit gefangenen Christen gemäß, Tripolis wo nicht zu erobern, doch zu brandschatzen. Auf dem Wege nach dieser Stadt wurden die Pilger von den Türken auf manche Weise beunruhigtDen 2ten Februar war das Heer in der Gegend von Kamela., und besonders litten die Schwachen und Kranken im Nachzuge von ihren Angriffen, bis sich eines Tages der Graf Raimund mit mehren Rittern in einen Hinterhalt 186 {1099} legte, die Türken überfiel, schlug, und ihnen die gemachte Beute wiederum abnahm. Bald nachher erreichten die Christen ein fruchtbares Thal, und zerstreuten sich um Lebensmittel aller Art herbeizuholenRaim. de Agil. 162-163.. Sie wurden aber überfallen und zurückgejagt, bis ihnen ihre übrigen Genossen zu Hülfe kamen und die Türken in ein festes, auf einem sehr hohen Felsen belegenes Schloß trieben, wohin nur ein einziger schmaler und äußerst steiler Bergpfad führte. Dennoch wagte man den Angriff, und schon hatte Raimund, vorkämpfend fast die Höhe des Berges erreicht, als viele, auf Raub und Beute bedacht, ins Thal hinab eilten und dadurch den Grafen und die geringe Zahl seiner ausharrenden Begleiter zwangen, sich unter großen Gefahren zurück zu ziehen. Nachdrücklich tadelte Raimund in einer berufenen Versammlung dieses Betragen und alle versprachen, künftig niemals von der Belagerung einer Burg, vor deren Einnahme abzulassen. Dem gemäß wollten die Pilger am anderen Morgen den Kampf erneuen; allein die Feinde hatten in der Nacht die Flucht ergriffen, und menschenleer fand man das Schloß.

Auch die benachbarten Orte ergaben sich nunmehr dem Grafen von Toulouse, und er pflanzte überall seine Fahne auf, damit kein anderer von den lateinischen Fürsten an der vollständigen Besitzergreifung zweifele, oder die Einwohner feindlich behandele. Auch der Fürst von Tripolis überschickte große Geschenke; der Friede ward ihm jedoch nur auf den Fall zugesichert, daß er ein Christ werde: denn Graf Raimund hoffte entweder die ansehnliche StadtDe la Roque Voyage I, 38, 216, und die Kupfer in der Voyage pittoresque de la Syrie. und das hier sehr fruchtbare und schöne Land für sich zu gewinnen, oder doch wenigstens durch Drohungen weit größere Summen zu erpressenGesta Franc. 25.  Robert. Mon. 71.  Gilo 257.  Accoltus IV, 279.. Deshalb zog er vorwärts 187 {1099} nach Arka und sandte eine starke Abtheilung unter Tankred gen Antaradus, welcher die Einwohner schon am ersten Abend nach einem leichten Gefechte zurücktrieb, und in der Nacht so viele Wachtfeuer anzünden ließ, daß jene, getäuscht über die Zahl der anrückenden Franken, schleunig entflohen und ihre Stadt mit allen Gütern den Christen preis gaben. Vor Arka vereinigte sich Tankred wiederum mit dem Grafen von Toulouse und man begann die Belagerung dieses, 5000 Schritte vom Meere entlegenen Ortes, obgleich ihn seine natürliche Lage und künstliche Befestigungen, gleich sehr schützten. Hiezu bewogen mehre Gründe: die Bitte der daselbst gefangenen Christen; die HoffnungRaim. de Ag. 163.  Robert. Mon. 72.  Accoltus l. c., daß die Einnahme, nach so manchem größeren Erfolge, nicht ausbleiben könne, oder der Fürst von Tripolis, erschreckt über den längeren gefährlichen Aufenthalt der Pilger, günstigere Bedingungen anbieten werde; endlich die Gewißheit, daß man nicht, ohne große Gefahr, noch weiter ins Land der Feinde vorrücken und sich von den übrigen Fürsten trennen dürfe.

Diese wurden von den in Antiochien zurückgebliebenen PilgernWilh. Tyr. 738. allmählich immer heftiger getadelt, daß weder die Kraft des ersten Gelübdes, noch das heldenmüthige Beispiel des Grafen von Toulouse und seiner Begleiter, ihren unnützen Zögerungen ein Ende mache; sie wurden endlich gezwungenAlbert. Acq. 268., am ersten März des Jahres 1099 von Antiochien nach Laodicea aufzubrechen. Bis dahin begleitete Boemund das Heer, dann kehrte er nach Antiochien zurück, weil diese neue Erwerbung gegen die Feinde geschützt werden müsse. In Laodicea, der einzigen syrischen Stadt, welche noch den Griechen gehörte, fand man Guinimer und die Friesen, – deren schon bei der Eroberung von Tarsus Erwähnung geschehen ist, – in gefänglicher Haft, weil sie nach ihrer frühern räuberischen Sitte die Stadt angegriffen 188 {1099} hatten. Sie wurden auf Bitten des Herzogs von Lothringen befreit, welcher Guinimern zum Befehlshaber der christlichen Flotte ernannte, die, jeden Bedarf mit sich führend, dem Meeresufer entlang das Heer begleiten sollte.

Mit 25,000 MannDiese Summe hat W. Tyr. l. c. Alb. Acq. 268 nur 20,000 Mann. (denn nur so viel waren, nach Abzug der in Antiochien zurückbleibenden und der unter dem Grafen von Toulouse vorausgerückten Pilger, von dem ungeheuren Heere noch übrig), umlagerte man Gibellum. Vergeblich bot der Befehlshaber dieser Stadt dem Herzoge für den Abzug große Geschenke, vergeblich hoffte er auf Entsatz aus Damaskus; da rettete ihn die Ungeduld der PilgerAbulf. zu diesem Jahre, vergl. Wilh. Tyr. 738. und eine Botschaft des Grafen von Toulouse des Inhalts: der Sultan von Bagdad nahe an der Spitze eines großen Heeres um die Niederlage Korbogas zu rächen, weshalb die Fürsten sich schleunig mit ihm vereinen möchten, weil bei längerer Trennung unfehlbar eine Abtheilung nach der anderen besiegt würde. Sogleich brachen die Pilger auf und zogen über Valenia, Maraklea und Antaradus gen Arka. Hier aber war unterdeß Streit entstanden zwischen Tankred und dem Grafen von Toulouse. Dieser nämlich zögerte mit der Auszahlung der versprochenen Summen, und jenen verdroß es, einem Söldner gleich, vom Grafen Befehle zu empfangen und darüber oft den Tadel seines Oheims Boemund anhören zu müssen. Deshalb eilte er dem nahenden Heere entgegen, trat ganz auf die Seite des Herzogs von Lothringen und erzählteDie Nachricht von dieser Bestechung haben bloß Alb. Acq. 269 und W. Tyr. Es schweigen dagegen Robert. Mon. 72, Hist. belli sacri 204, Gilo 259, Tudeb. 808, Guib. 529, Order. Vit. 759, und versichern, daß Raimund wirklich den Anfall der Türken gefürchtet habe. Nach Raim. de Agil. verbreiteten die Saracenen das Gerücht, um den Belagerten in Arka Erleichterung zu verschaffen.: der Graf von Toulouse habe die Nachricht von dem Vorrücken eines türkischen Heeres 189 {1099}ersonnen, weil ihm die Bewohner von Gibellum große Summen versprochen hätten, wenn er auf irgend eine Weise das Aufheben der Belagerung bewirke. Die Fürsten zürnten sehr über diesen angeblichen Betrug, bezogen ein getrenntes Lager und nahmen keinen Theil an der Einschließung von Arka: so daß der Befehlshaber von Gibellum nicht ohne allen Grund fürchtete, sie möchten sich zum zweiten Male gegen seine Stadt wenden. Diese Gefahr abzuwehren, übersandte er beträchtliche Geschenke, bei deren Vertheilung jeder Anführer damit er das meiste erhalte, die Türken wie schon öfter zu überreden suchte, er sey das Haupt aller übrigen. Bald ging dieser Neid auch auf das geringere Volk über: denn die Provenzalen hatten bei Gelegenheit ihrer Züge ansehnliche Besitzthümer gewonnen, wogegen die anderen Pilger durch Mangel jeder Art gedrückt wurden. Seinerseits läugnete Raimund beharrlich den Empfang irgend einer Geldsumme aus Gibellum, und behauptete: daß er dem, von den Saracenen wahrscheinlich zum Besten der Belagerten in Arka, verbreiteten Gerüchte von der Annäherung eines großen türkischen Heeres, wirklich Glauben beigemessen habe. Nach Vergleichung aller widersprechenden Berichte darf man den Grafen keineswegs unbedingt anschuldigen, er habe die Fürsten wissentlich getäuscht: wenn er aber vielleicht zu voreilig um Hülfe bat, deren er zwar nicht gegen das türkische Heer, wohl aber zur besseren Führung der Belagerung von Arka bedurfte; so hätten die Fürsten über eine List, durch welche sie offenbar ihrem Hauptziele, der Einnahme Jerusalems näher kamen, nicht aus bloßem Eigennutze übermäßig zürnen sollen. Dieser Zorn verringerte sich indeß, als Raimund seine von Natur große Kunst der Überredung, durch Geschenke an die Führer, besonders an den Herzog von Lothringen unterstützte, und zugab daß das ganze Volk gezehntet werde; wobei natürlich die Provenzalen, als die reicheren, vor allen anderen beitragen mußten. Ein Viertel dieser Hebung erhielten die Bischöfe, ein Viertel die Geistlichen bei welchen die Pilger Messe hörten, 190 {1099} die Hälfte endlich empfing Peter der Einsiedler zur Vertheilung an die Armen und Kranken unter den Geistlichen und dem übrigen Volke. Nunmehr bezogen die Wallbrüder ein gemeinsames Lager und schienen in Eintracht die Belagerung von Arka fortsetzen zu wollen, als sich plötzlich neuer Streit erzeugte. BoemundRad. Cadom. 174, 179., dem Grafen von Toulouse feindlich gesinnt, hatte nämlich schon in Antiochien behauptet: »als man beim Nachgraben die heilige Lanze auf keine Weise finden konnte, stieg Petrus Bartholomäus in die Tiefe hinab, stieß eine alte verrostete arabische Lanzenspitze in den Boden und zog sie dann, von der Dunkelheit des Ortes und dem Gedränge der Menschen begünstigt, wiederum hervor. Graf Raimund ist nicht unkundig des Betruges, benutzt ihn aber, um sich bei der leichtgläubigen Menge Ansehn zu verschaffen.« Damals wurden diese Behauptungen, größerer Bedrängnisse wegen, nicht näher geprüft; jetzt aber trat Arnulf, der Kapellan Roberts von der Normandie, an die Spitze der Zweifelnden und erhöhte ihren Unglauben, indem er aus der Geschichte bewies: die Lanze könne niemals in Antiochien vergraben worden seyn. Andererseits versammelten sich die Vertheidiger der Ächtheit jener LanzeRaim. de Agil. 167., forderten Arnulf vor und fragten ihn, warum er Zweifel hege? Dieser antwortete kurz: weil auch Bischof Ademar von Puy gezweifelt habe. Da erhub sich Desiderius, ein Priester, und sprach: »wisse, daß mir Bischof Ademar nach seinem Tode mit dem heiligen Nikolaus erschienen ist und erzählt hat: »ich sitze zwar im Chore neben diesem Heiligen und bin nicht verdammt worden, allein weil ich sündlich an der Ächtheit der heiligen Lanze gezweifelt hatte, wurde ich durch die Hölle geführt wo mir, wie du siehest, die rechte Seite des Bartes und des Haupthaares versengt ward. Ich werde Gott erst klar schauen können, wenn mir diese Haare wieder gewachsen sind.« Kaum hatte 191 {1099} Desiderius seine Worte geendet, so trat Ebrard, ein zweiter Priester auf, und sagte: »wisse, daß in einem syrischen Evangelium des heiligen Petrus geschrieben steht: es werden Christen in Antiochien eingeschlossen, aber von der Macht ihrer Feinde errettet werden, durch die Kraft der heiligen Lanze.« Ein dritter fuhr fort: »ich sprach den Apostel Markus, er kam von Alexandrien und eilte nach Antiochien, wohin Christus alle seine Jünger berufen hatte, um mit ihnen gegen die Türken zu fechten.« – »Mir (hub ein vierter an), erschien die heilige Jungfrau und verkündete die Rettung ihres Volkes auf den fünften Tag; an diesem Tage ward die heilige Lanze gefunden.« – Arnulf, mit diesen und ähnlichen Erzählungen bedrängt, erwiederte, um nur von den überlästigen Geistersehern loszukommen: er glaube gern alles und jedes. Als er aber am folgenden Tage öffentlich wegen seines Unglaubens um Verzeihung bitten sollte, behauptete er zuvörderst: hiezu sey die Erlaubniß seines Herren des Herzoges von der Normandie nothwendig; und flocht dann in seine Ausreden und Entschuldigungen so viel spöttische Worte ein, daß Petrus BartholomäusWilh. Tyr. 739., von Natur beschränkten Verstandes und vom Zorne übereilt, auftrat und sprach: »wenn so viel Zeugnisse nicht Glauben finden, so erbiete ich mich, zum Beweise der Ächtheit der heiligen Lanze, mit ihr durch das Feuer zu gehen.« Gern nahmen beide Parteien dies Erbieten an, und man errichtete von trockenen Ölbäumen zwei Holzstöße vierzehn Fuß lang und vier Fuß hoch, zwischen denen nur ein schmaler Gang hindurchführte. Am Nachmittage des stillen Freitages versammelten sich die Fürsten und das Volk, an vierzig tausend. Petrus trat leicht bekleidet hervor, trug die heilige Lanze in den Händen und ein Priester sprach itzt mit lauter StimmeRaim. de Agil. 168.: »wenn Gott der Allmächtige mit diesem Manne von Angesicht zu Angesicht geredet und der 192 {1099} heilige Andreas ihm die heilige Lanze gezeigt hat, so möge er unversehrt durchs Feuer gehen; sind aber seine Worte Lügen, so verbrenne er zusammt der Lanze!« Die Holzstöße wurden angezündet, Petrus kniete nieder, beichtete dem Bischofe von Albara seine Sünden, bekräftigte wiederholt die Wahrheit seiner Aussagen und schritt dann in die hochlodernden Flammen. Sobald ihn das Volk am anderen Ende der Scheiterhaufen mit der heiligen Lanze hervortreten sah, brach es in lauten Jubel aus, drängte sich gewaltsam herzu, wollte den neuen Heiligen berühren und von seinen Kleidern Stücke besitzenGuib. 530.  Alb. Acq. l. c.  Gesta exp. Hier. 571.  Fulch. Carn. 392. Nach Radulph. Cadom. 179, stürzte Peter, so wie er heraustrat, vom Feuer beschädigt zu Boden und starb am nächsten Tage.; mit Mühe wurde der zu Boden gerissene durch seine Freunde errettet! Ob er nun gleich schon am folgenden Tage, – Betrüger oder betrogen –, starb, so behaupteten dennoch manche beharrlich, sein Tod sey nicht Folge des Brandes, sondern jener gefährlichen Gunstbezeugungen der Menge; die meisten aber glaubten nicht mehr an die Ächtheit der heiligen Lanze, und verspotteten die Provenzalen, welche nicht aufhörten sie zu verehren. Arnulf floh vor ihren Verfolgungen und dem Hasse des Grafen von Toulouse, zu seinem Herren dem Herzoge Robert von der Normandie.

Um diese Zeit trafen Gesandte des griechischen Kaisers in dem Lager von Arka ein, und beschwerten sich um so lebhafter, daß Boemund Antiochien gegen den ursprünglichen Vertrag für sich in Besitz genommen habe, da ihr Herr im nächsten Julius mit einem großen Hülfsheere anlangen werde. Man antwortete auf ihre Klage: daß Alexius selbst den Vertrag zuerst gebrochen und weder Mannschaft, noch eine Flotte gesandt, noch für Lebensmittel gesorgt habe. Ob man nun aber die von dem Kaiser versprochene Hülfsmacht erwartenWilh. Tyr. 741., oder ohne Rücksicht auf seinen Beistand 193 {1099} den Zug fortsetzen solle, darüber waren die Meinungen getheilt. Der Graf von Toulouse stimmte für das Verweilen: denn das geschwächte Heer der Pilger bedürfe einer ansehnlichen Verstärkung, wenn es den Türken fortdauernd siegreich widerstehen solle; außerdem hegte er in der Stille den Wunsch, daß die Kreuzfahrer in der Zwischenzeit Arka und Tripolis erobern und ihm dann so übergeben möchten, wie Boemund Antiochien empfangen hatte. Alle übrigen Fürsten behaupteten dagegen, jede Zögerung schwäche und zerstreut das HeerFulch. Carnot. 396.; man müsse, zur Vermeidung des Mangels, um die Zeit der früh eintretenden Ärnte vorrücken und könne überhaupt, wie die Erfahrung hinlänglich bewiesen habe, den Worten des griechischen Kaisers nicht vertrauen. Beide Meinungen wurden mit dem größten Eifer vertheidigt, und selbst Gewaltthätigkeiten nur mit Mühe vermiedenAccolt. IV, 288..

Als der Befehlshaber von Tripolis von dem neuen Zwiste der Fürsten Nachricht erhielt und sah, daß hie Belagerung von Arka keineswegs fortrückte, so verweigerte er nicht allein die früher angebotenen Geschenke, sondern führte auch seine Soldaten in das Feld, zum offenen Kampfe gegen die Christen. Diese, allen gemeinsame Gefahr, zwang alle zur Einigung und zu gemeinsamem Widerstande; und ob man gleich eine Besatzung im Lager lassen und auf ungünstigem Boden mit den Tripolitanern kämpfen mußteDen 10ten April 1099. W. Tyr. l. c.  Balder. 128.  Raim. 16.  Accolt. IV, 290., so blieb dennoch den Kreuzfahrern dadurch der Sieg, daß sie eine Abtheilung ihrer Reiterei den Feinden in den Rücken sandten.

Bei den meisten erhöhte dieser Erfolg den Wunsch nach Jerusalem aufzubrechen so sehr, daß die Fürsten in raschem Entschlusse das Lager vor Arka in Brand steckten, gen Tripolis zogen und den Grafen von Toulouse, der sich 194 {1099} von allen verlassen sah, zwangen ihnen wider Willen zu folgen, nachdem er drei Monate und einen Tag vergeblich Arka belagertOrder. Vit. 751., die umliegende Gegend geplündert, dabei aber auch manchen seiner Begleiter eingebüßt hatte. Für 15,000 GoldstückeHist. belli sacri 225., funfzehn Pferde, die Freilassung von 300 christlichen Gefangenen und für einige andere Geschenke, erhielt der Befehlshaber von Tripolis das Versprechen: man werde weder diese Stadt, noch Arka, noch Biblus feindlich behandeln; und so groß war das Zutrauen nach diesem Friedensschlusse, daß die fränkischen Fürsten den Befehlshaber von Tripolis in seinem Palaste besuchtenRob. Mon. 73. Der 4ten Mai brach man von Tripolis auf..

Nunmehr ward berathen, welcher Weg nach Jerusalem einzuschlagen sey? Morgenwärts von Tripolis, bis gen Damaskus, streckte sich der hohe Bergrücken des LibanonDe la Roque voyage I, 148 seq.; zwischen diesem und einer zweiten Bergkette, dem Antilibanon, liegt das fruchtbare Thal welches die Alten Cölesyrien, oder das hohle Syrien nannten. In diesem Thale würde man leicht alle Bedürfnisse für das Heer gefunden haben; allein die große Schwierigkeit mit Lastthieren über den Libanon zu ziehen, und der Wunsch sich nicht von der christlichen Flotte zu entfernen, entschieden für den Weg längs dem Meere. Mit jener von Guinimer geführten FlotteRaim. de Ag. 173.  Gilo 223.  Alb. Acq. 270., hatten sich überdies Venetianer, Pisaner, Genueser, Griechen, besonders aber Engländer vereinigt, die schon um die Zeit der Belagerung Antiochiens in diesen Gegenden angelangt waren und den Hafen des heiligen Simeon besetzt hatten. Das Heer zog also, geleitet von einem Saracenen, den der Befehlshaber von Tripolis gestellt hatte, über Biblus und Maus nach Berytus, und empfing auch hier Geschenke, zur Abwendung aller Feindseligkeiten. Nur 195 {1099} die Bewohner Sidons, wohin man am folgenden Tage kam, griffen zu den Waffen; und da wurde von den Pilgern mit Gewalt mehr genommen, als ihr Bedürfniß erheischte. Am nächsten Morgen überstiegen die Kreuzfahrer beschwerliche BergrückenW. Tyr. 742., ließen Sarepta rechts liegen, gingen über den Leontes und erreichten Tyrus. Eine Nacht lagerten sie in den schönen Gärten, welche diese Stadt umgaben, zogen dann bis in die Ebenen von Akkon oder Ptolemais, und schlossen hier mit dem Befehlshaber den Vertrag: daß diese Stadt den Christen übergeben würde, wenn sie Jerusalem einnähmen und sich daselbst zwanzig Tage im Besitze hielten, oder die Ägypter zurückschlügen. Auf dem Wege von Akkon nach Cäsarea stürzte eine Taube, welche ein Habicht verwundet hatte, aus der Luft herab und ward von den Christen ergriffen; sie trug ein Schreiben des Befehlshabers der ersten Stadt an den Befehlshaber der letzten, des Inhalts: »suche dem dummen, zänkischen, zuchtlosen Geschlechte so viel zu schaden als möglichRaim. l. c.; es wird dir leicht werden, sobald du nur willst.« Auf den Grund dieser Äußerungen entstanden jedoch keine Feindseligkeiten, das Heer feierte vielmehr am 29sten Mai, ruhig bei Cäsarea das Pfingstfest, ließ Antipatrida und Joppe zur rechten am Meere liegenAlberic. 174.  Gesta Franc. 26., und erreichte über Eleutheria und Lidda oder Diospolis, die, von ihren Bewohnern verlassene Stadt Ramla. Drei Tage stärkten sich hier die Pilger und zogen dann bis Nikopolis, welches vor der römischen Beherrschung Emaus genannt wurde.

Einige machten itzt den VorschlagW. Tyr. 743, 744.: man solle nicht die Belagerung Jerusalems unternehmen, sondern vorher Ägypten erobern; weil sich auf diese Weise ein größeres dauerndes Reich stiften lasse, und die Unterwerfung der 196 {1099} vereinzelten Landschaften leicht werde, sobald die Hauptmacht gefallen sey. – Allein der fromme Wunsch Jerusalem zu besitzen, überwog jeden andern umfassenderen Plan; und vielleicht war das Heer wirklich unzulänglich zur Ausführung des eben erwähnten. – Auch trafen um diese Zeit Boten von den Christen in Bethlehem ein und baten, ihnen schleunige Hülfe zu senden, damit nach Jerusalem ziehende Türken nicht ihre neu erbaute, sehr schöne Kirche zerstören möchtenSie hatte (oder eine später erbaute?) sehr schöne marmorne Säulen, Fußböden und Arbeiten in Mosaik. Descript. terrae sanctae Handschrift in Bern.. Von hundert auserwählten Rittern begleitetAuch Balduin von Burg, nach Gesta expugn. Hier. 572., erreichte Tankred mit der Morgenröthe die Stadt, und freudig kamen ihnen die Bewohner entgegen, sangen Hymnen und Psalmen, führten alle zu Marias WohnungMan nahm es aber Tankred sehr übel, daß er seine Fahne auf der Kirche befestigt hatte. Raim. de Agil. 176. und zeigten die Krippe wo das Kind lag, welches die Welt erlöset hat. Gläubig knieten und beteten die Ritter, dann eilten sie gen Jerusalem. Weit allen übrigen voraus aber war Tankred und wagte sich bis zu den MauernRadulph. Cad. 180.  Hist. belli sacri l. c., bis jenseit des Thales Josaphat zum Ölberge; erst als mehre Saracenen den Ritter erblickt hatten und ihm nachsetzten, begab er sich zu seinen Begleitern zurück. Auch in dem großen Heere war man ungeduldig über jeden Augenblick längerer Zögerung, und schon in der Nacht vom fünften auf den sechsten Junius brach Gaston von Biterre mit dreißig Begleitern auf gegen die Stadt. Er erbeutete eine Heerde, war aber bereits von Saracenen, welche aus Jerusalem herzueilten, auf einem Hügel eingeschlossen, als unerwartet Tankred mit den seinen erschien und die Feinde verjagte. Sobald die Ritter zum großen Heere zurückkamen und verkündeten, daß sie Bethlehem gesehen und Jerusalem, ergriff alle Pilger ein unbeschreiblicher Eifer; rastlos eilten 197 {1099} sie vorwärts, jeder wollte die vorliegende Anhöhe zuerst ersteigen, jeder zuerst die heiligen Orte erblickenLe Bruyn voyage II, 170.. Endlich erreichte man den Gipfel des Berges und erkannte in der Ferne Jerusalem. Da fielen alle auf ihre Knie, küßten den Boden, erhuben Lobgesänge und weinten Thränen der Freude und der WehmuthNoch jetzt überrascht, rührt und entzückt der Anblick Jerusalems auf dieser Stelle, minder fromme Pilger und Reisende bis zum Niederknieen und bis zu Thränen. Clarke I, 2, 524.; sie vergaßen aller Leiden um solches Lohnes willen; sie vergaßen, daß unzählige Feinde den Einzug in die heilige Stadt verhindertenAlb. Acq. 273.  Alber. 175.  Order. Vit. 752.  Gesta Fr. 26.  Balder. 180.  Oliv. Schol. hist. reg. p. 1358.! 198

 


 


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