Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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II. Aufzug.

Platz in Allahbad. Der fönigliche Pallast.

Herbed (tritt ein.) So bin ich denn hier in den Mauern der Königsstadt. Ein armer Wanderer stehe ich vor den Pforten meines Pallastes, unerkannt noch, ein Fremdling; allein bald werde ich erkannt sein und die Weisheit wird auf dem Thron erhoben werden. Vergebens waren die schändlichen Bestrebungen meiner Feinde. Der Ring schützt mich und wie der Schimmer von dessen leuchtendem Steine mir entgegenglänzt, so werde ich auch in königlichem Schmucke herniederstrahlen und alle Völker werden vor mir im Staube liegen. Und nun will ich an die Pforte des Pallastes pochen, der mich bald als seinen Herrn aufnehmen soll. (Er pocht an die Pforte.)

(Von zwei Kriegern begleitet tritt Mebon heraus.)

Mebon. Wer klopft an des Königs Haus?

Herbed. Der König ist es selbst.

Mebon. Der König? – Du magst ein König sein; allein hier herrschest Du nicht.

Herbed. Ich weiß es, daß ein Betrüger sich der königlichen Gewalt bemächtiget hat; ich weiß es, daß der Verräther Moschopulos auf dem Throne sitzt.

Mebon. Wer wagt es, solch' eine Sprache zu führen? Weh Dir! Entferne Dich, oder ich lasse Dich von der Wache ergreifen und Deinen Frevel züchtigen.

Herbed. Erkenne mich! ich bin Herbed, eures vertriebenen Königs Sohn. Ja, ich bin der weise Herbed.

Mebon. Ein Betrüger bist Du; denn Herbed ist längst todt.

Herbed. Er lebt! Er lebt, um wieder in seine Rechte zu treten!

Mebon. Narren muß man unschädlich machen. Wachen, ergreift ihn! (Die Wache tritt gegen Herbed.)

Herbed. Zurück, ihr Sklaven, berührt mich nicht!

Mebon. Fort mit Dir!

Herbed. Wenn ich denn der Gewalt weichen muß, so führt mich zu Moschopulos.

Mebon. Feßelt ihn!

(Die Wache bindet ihm die Hände. Alle ab in den Pallast.)

Casperl (ein paar Stiefel tragend, tritt auf). Jetzt bin ich schon im Voraus überzogen, daß das ganze Publicus ungeheuer verwondert ist, weil ich mich hier unter die Indianer befind. Aber trotz aller Täuschung, trotz aller Unharschweinlichkeit, meine Herren und Damen, es ist doch so. Das Mißgeschick - nicht das Geschick einer Miß (denn ich bin keine) - hat mich in diese alte Gegend verschlagen, ich weiß gar nit wie? Das heißt: ich weiß schon wie? und das will ich Ihnen gleich verzählen, wenn's auch e bißl langweilig 'raus kommt. Von Geburt war ich nehmlich gar Nix, als der Casperl Larifari; allein allmählig drohte die Cultur des moderncn Zeitalters mich abzuschaffen, so daß ich mir nix dir nix z'nach und z'nach verhungert und verdurst wär'; aber so was halt der Casperl nit aus. Pumps dich! war mein Entschluß gefaßt und meine Fassung entschlossen. Die wirthshäusliche Bekanntschaft mit einem gebildeten Schustergesellen regte mich lebhaft an, trotz des Pechs, dessen Umgang mir bevorstand, trat ich in die stille Werkstätte eines sogenannten Schusters; ich war Schusterjunge und schwang mich (er hüpft ungeheuer in die Höhe) bald zum Gsellen oder besser gesagt zum »Jesellen« empor. Jetzt hat's aber gheißen: »Casperl auf d'Wanderschaft« - ja und denken's Ihna nur, da bin ich halt alleweil gwandert und gwandert bis ich ganz aus der Zeit 'naus marschirt bin zu die alten Indianer, und jetzt bin ich nach Erlangung einer persönlichen Conzession ohne Beeinträchtigung der hier zunftmäßigen Sandalienmacher gewichster Schuh- und Stiefelmacher und zwar königlich indianischer Hoflivreeschuster, insoferne ich der Dienerschaft Sr. Majestät des Königs Schomopulus Juchten- und andere Stiefel zu fabriciren die Lehre habe. (Athmet aus) So - jetzt wissens mein Lebensgschicht für heut, mit Respect zu melden. In diesem Augenblick bring ich dem Herrn Leibkutscher, der mit die vier Leiblöwen vom Bock aus fahrt, ein niglnaglnuglneues Paar Kappenstiefel. – Wer lauft denn da her auf mich?

Myrrha (stürzt sich ihm zu Füßen). Rette mich, Unbekannter, wenn Du Erbarmen hast!

Casperl. Wa – was wär denn das? Was woll'n S' denn, Mamsell?

Myrrha. Sieh dort, die zwei Elenden, welche mich verfolgen. Sie haben mich geraubt und wollen mich nun auf den Sclavenmarkt bringen, um mich zu verkaufen.

Casperl. Ha! was! Du, eine Gschlavin? Nein!

Zwei Türken treten rasch ein.

Erster Türk. Wart, Katze, wir kriegen Dich schon wieder!

Zweiter Türk. Her zu uns, Du gehörst uns.

Casperl. Oho, das war nit übel. Gestohln's Gut!

Erster Türk Gib sie los, oder Du fällst unter meinem Dolche!

Myrrha (zu Casperl beiseite) Sag ihnen, Du wollest mich als Sclavin kaufen.

Casperl (vornehm) Was kostet diese Geschlavin? Ich will sie kaufen.

Zweiter Türk. Wenn Du gut bezahlst, soll sie Dein sein. (zum ersten Türken) 'S ist besser wir verkaufen sie gleich.

Erster Türk Gib 100 Piaster und Du sollst sie haben.

Casperl 100 Pflaster? Ich bin ja kein Bader, der mit Pflaster handelt.

Myrrha O sage »ja,« damit ich gerettet sei.

Casperl Also Ja! 100 Pflaster. In einer Stund könnt Ihr's bei mir abholen. Dort unten logir ich, schaut's nur auf die Tafel an der Thür: »königlicher Hoflivréeschuhmachermoister.« In meiner Behausung werd ich Euch gehörig auszahlen.

Erster Türk Gut! 's ist recht. In einer Stunde komme ich, die Bezahlung zu holen. (beide Türken ab).

Myrrha Großmüthiger Menschenfreund, nimm meinen Dank! Ich will Dir treu als Sclavin dienen, da Du mich vor diesen Teufeln gerettet hast.

Casperl Mir ist's recht. Ich habe so grad keine Köchin. Kannst du kochen?

Myrrha Ich will Dir Datteln in Cocusnusmilch bereiten und rohe Feigen trocknen.

Casperl Was wär das? Hocuspocusmilch? Ohrfeigen? Kannst du keine Bratwürsteln braten?

Myrrha Nimm mich nur mit Dir. Du sollst gewiß mit mir zufrieden sein.

Casperl Ja, aber wer bist du denn eigentlich?

Myrrha Dieß ist ein Geheimniß; wenn ich aber sehe, daß ich Dir Vertrauen schenken darf, so sollst Du es einmal erfahren.

Casperl Also komm, geheimnißvolle Person! Ich will dich in meinen Schuster-Pallast führen. Die Stiefel da kann ich dem Herrn Leibkutscher später auch bringen. (Beide ab)


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