Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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II. Aufzug.

Zimmer auf Schloß Hohenburg.

Casperl. Mich heißen's den Thorwartl und das ist wohl wahr, daß ich am Burgthor mein Stübl hab und die Schlüssel zum auf- und zusperren; aber was? Ich bin eigentlich Alles und Alles auf 'm Schloß. Wenn ich nit da wär, so ging nichts z'sam in dem Haus, seit der Herr Ritter selig abg'fahren ist. Hat die gnä' Frau ein' Zweifel, ein Anliegen, da heißt's nur immer: »Wo ist der Casperl?« Ich bin der Casperl oben und unten, hinten und vorn, links und rechts, rechts und links und besonders zeichn' ich mich durch meine Kouraschi aus; denn ich lauf immer gleich aus Aengsten davon; wenn's aber was z' essen gibt, hau' ich tüchtig ein und im Keller drunten ganz besonders da bin ich wirklich ein Held und fürcht' gar nix, als wenn der Wein ausgegangen ist.

Lied.

Ich bin der Casperl »Ueberall,«
Und nirgends darf ich fehlen;
Die Menschheit wäre nicht complett,
Wär ich nicht auch zu zählen.

Ich bin der Casperl »Da und dort,«
Man kann mich nicht entbehren;
Komm ich wohin, so heißt es gleich:
»Kannst' dich zum Teufel scheeren!«

Ich bin der Casperl »Lauf davon«
Und geh gleich meiner Wege,
Wo's etwa nicht ganz sauber ist;
Denn ich lieb nicht die Schläge.

Ich bin der Casperl »Guckinsglas,«
Weil immer Durst ich habe;
Ein jeder Mensch, sei's wer es will,
Hat eben seine Gabe.

Ich bin der Casperl – –

(Man schellt unten an der Hausglocke.)

No', was ist denn das für eine Manier, daß man mich unterbricht, bevor ich meine Arie ausg'sungen hab? (schaut zum Fenster hinaus) Was gibt's da unten? Wer ist da?

Stimme von Außen. Zwei arme Pilger bitten um Einlaß.

Casperl. Bettelvolk! wir haben selber nir.

Stimme von Außen. Wir kommen aus dem gelobten Lande. Wir haben Hunger und Durst.

Casperl. Ah, wenn vom Durst die Red' ist, bin ich auch dabei. Aufgemacht, Tonerl! – Die Kerls seh'n aber curios aus. Die geh'n in graue Schlafröck spazieren.

Der schwarze Dietrich und Wolf, als Pilger verkleidet, treten ein.

Casperl, Dietrich, Wolf.

Casperl. Wer sind wir? woher? wohin – Bettelleut?

Dietrich. Wir sind arme Pilger und kommen aus dem gelobten Lande.

Casperl. Das könnt jeder sagen.

Wolf. Ihr seht's ja an unserer Kleidung, gestrenger Herr, daß wir Pilger sind.

Casperl (für sich). Gstrenger Herr? Aha, die halten mich für was besonders. (Laut und vornehm thuend.) Ja, ja! solches Volk belästiget uns bisweilen.

Dietrich. Wir wollten auf Schloß Falkenburg, haben uns aber verirrt, weil wir der Wege unkundig sind.

Casperl. Und da hat man so bei Gelegenheit wo Anders zusprechen wollen? nicht wahr? man kann überall was mitnehmen.

Wolf. Ach! gestrenger Herr, wir sind müd' und matt. Verzeiht; wir hofften hier etwas ruhen zu können.

Casperl. Meintwegen! aber der gnädigen Frau muß ich's doch melden. Wart's nur a Bißl, ich bin gleich wieder da. (ab)

Wolf. Der Bursche scheint mir ein Narr!

Dietrich. Gleichviel; wir sind auf der Burg und können für die Absichten unseres Freundes Ulrich von der Wart hinlänglich auskundschaften. Die Knappen des Ritters sind seit dessen Tod entlassen. Das sagte man uns ja schon unten in der Dorfschenke.

Dietrich. Ein Ueberfall fände wohl nicht viel Widerstand; aber zuvor müßen wir doch mit dem Falkenburger fertig werden. Der ist zu gefährlich.

Wolf. Allerdings und die Hohenburgerin selbst soll uns dazu verhelfen, an unserem Erzfeinde Ritter Theobald Rache zu nehmen.

Dietrich. Still sie kommt.

(Frau Rosalinde tritt ein.)

Rosalinde. Ihr seid Pilger, wie man mir vermeldet hat und kömmt vom heiligen Grab. Seid mir gegrüßt, wenn ihr euch bei mir laben wollt, so laß' ich's gern geschehen.

Dietrich. Ihr seid allzugnädig, edle Frau. Wir wollen nicht lang zur Last fallen.

Wolf. Eigentlich wollten wir auf die Falkenburg, um den Ritter Theobald aufzusuchen, welchem wir von dessen Bruder aus Palästina Botschaft zu bringen haben.

Rosalinde. Das wird ihm lieb sein.

Dietrich. Leider haben wir aber keine gute Kunde zu vermelden; denn Ritter Friedrich von der Falkenbürg ist vor einem halben Jahre zu Jerusalem an der Pest gestorben.

Rosalinde. Das thut mir leid; er war ein so wackerer Herr, wie sein Bruder Theobald. – Nun geht hinab, gute Männer. Ich habe meinem Knappen befohlen, euch einen Imbiß zu geben; dann könnt ihr weiter wandern. In vier Stunden seid ihr auf der Falkenburg.

Wolf. Gott vergelt' euch die Milde, edle Frau; aber wir hätten noch ein Anliegen. Wir sind der Gegend hier unkundig und möchten doch noch vor sinkender Nacht nach Falkenburg gelangen.

Dietrich. Wolltet Ihr nicht so gnädig sein, uns den Weg zeigen zu lassen?

Rosalinde. Das kann gern geschehen. Mein Caspar soll mit euch gehen, bis zum Fußpfade, von wo aus ihr auch ohne sein Geleit vom Wege nicht mehr abirren könnt.

Dietrich. Der Himmel lohn' euch, edle Frau, was Ihr an armen Pilgern Gutes gethan.

Rosalinde. Und grüßt mir Ritter Theobald freundlichst, und auch dessen Frau und Fräulein. Ich hoffe, sie bald bei mir zu sehen. Lebt wohl! (ab.)

Wolf. Alles geht gut. Zum Scheine lassen wir uns den Weg zeigen. Unsere Leute erwarten uns im Tannenthal, wo der Pfad vorbeiführt.

Dietrich. Laß uns gehen. Heute Nacht schon soll die Falkenburg in Flammen stehen. (Beide ab.)


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