Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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Verwandlung.

Garten.

Bedienter bei Steinreich (tritt hastig ein)

Bedienter. Wenn die Welt nicht bald untergeht, so will ich nicht Peter heißen; da ich aber wirklich Peter getauft bin, so muß die Welt untergehn und warum muß sie untergeh'n? weil Dinge geschehen und Ereignisse vorfallen, welche auch dem außerordentlichsten Verstande, wie z. B. dem meinigen, gebieten, still zu stehen oder vielmehr, weil ein vernünftiger Mann, wie der alte Socrates, wenn ich nicht irre, zu sagen pflegte, sagen muß: »Nun »stehen die Ochsen am Berge.« Warum stehen aber die Ochsen am Berge? – – weil sie nicht hinauf- und hinüberkönnen. Im vorliegenden Falle des bevorstehenden Weltunterganges steht aber mein Verstand still, weil er die Umwandlungen und Verwandlungen, welche in diesem Hause vorgegangen sind, nicht begreifen kann, ohne daß ich etwa dabei meiner Begriffscapacität zu nahe treten und meine Bescheidenheit unterschätzen wollte. Erstens: Ist mein Herr, vormals ein harter Mann, in einen weichherzigen Wohlthäter verwandelt worden! o Mirakel! Zweitens: Ist Fräulein Marie, welche seit einiger Zeit in Schmerz und Thränen zerflossen, ja beinah aufgelöst war, seit ein paar Tagen wie umgewandelt und einer Blume sozusagen, zu vergleichen, die halbverwelkt den Kopf hing und durch einen Sommerregen erfrischt, von Neuem aufblüht; drittens – und dieses ist nicht minder außerordentlich verwunderlich – hat der Todtengräber – ich sage der Todtengräber – einen Brief gebracht, worüber Herr von Steinreich und Fräulein Marie in einen solchen Freudenjubel gerathen sind, daß – –

Steinreich, Marie'n und Schreiber an der Hand führend.

Steinreich. Gott sei gedankt! Er hat Alles zum Guten gelenkt!

Marie. Wie er immer zu thun pflegt, wenn es die Menschen auch nicht einsehen wollen.

Schreiber. Ich bin beinah verwirrt über die Umgestaltung meines Schicksals! Meine Marie!

Steinreich. Ja, bester Schreiber, Marie wird Ihre Frau und ihr beide seid meine lieben Kinder.

Schreiber. Ihrer Güte, Herr von Steinreich, weiß ich nickt dankbar genug zu sein.

Steinreich. Ihr Dank soll in der aufrichtigen Reue bestehen, daß Sie sich so weit vergessen konnten – –

Schreiber. Meinem Leben selbst ein Ende machen zu wollen!

Marie. Still davon! Diese Erinnerung sei begraben auf immer.

Steinreich. Ja begraben und vergessen! – Allein des Todtengräbers wollen wir nicht vergessen, dem wir die glückliche Lösung zu danken haben.

Marie. Er war das Werkzeug der göttlichen Vorsehung.

Steinreich. Und nun laßt uns Alles zu Eurer Vermählung vorbereiten; denn im Laufe dieser Woche noch soll sie Statt finden und, wenn Ihr wollt, so lade ich auch den Herrn Doctor Sassafras zum Hochzeitsschmause.

Bedienter. Die Einladung kann ich nicht besorgen. Denn der Doctor ist vom Schlag getroffen worden und seligen Endes verblichen!

Steinreich. Fürwahr! Da heißt es: Auch die Aerzte müssen sterben und »wider den Tod kein Kräutlein gewachsen ist«. – Kommt, Kinder, laßt uns zu Tische gehen!

Der Vorhang fällt.


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