Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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Putzlmaier (allein). Das ist wieder eine schwierige Commission. Also: Wenn Nichts gschieht, nachher gschieht Nichts und wenn was gschieht, so gschieht was. Also aufgepaßt, Putzlmaier! Aber das Hersitzen ist mir zu langweilig. Ich will mich unterdessen a bißl mit dem Zauberbuch unterhalten; vielleicht kann ich mir auch einmal einen Geist herzitiren. (blättert) Pfui Teufel! Das sind abscheuliche Kribes Krabes. (blättert weiter) Ah ! das laß ich mir gfall'n, da ist ein wunderschöner Gockel abgemalt. (liest)

Kikeriki, kikeriki erschein,
Wenn du der bist, den ich mein'.

Ein Knall. Gockelhahn fliegt herab und legt ein großes goldenes Ei nieder, das er in den Krallen hält.

Gockelhahn.

Großer Zauberer, du hast befohlen.
Dieses Ei ist nicht gestohlen;
Ich bring es her, leg dir's zu Füssen,
Frau Gackerakack laßt dich schön grüßen!

(fliegt ab.)

Putzlmaier. Ab! Ah! – Das ist aber schön! Ein goldenes Ei! Das gfallt mir. Was muß denn da drinnen sein? Das könnt eine hübsche Portion Eierspeis geben. Aber's Eierbecherl müßt schon so groß sein, wie ein Halbseimerfaßl. Da sag ich vorderhand meim' Herrn nichts davon.

Stimme aus dem Ei. Macht's auf! ich erstick!

Putzlmaier. Aha! da rührt sich was. Ist vielleicht ein kleines goldenes Gockerl drin?

Stimme. Tausendnochemal! macht's auf! ich erstick!

Putzlmaier. Ja, wie kann ich denn aufmachen?

Stimme. Nimm das Zauberstaberl und schlag dreimal auf das Ei, so wird es zerspringen.

Putzlmaier. Nein, nein! da trau ich nit. Da könnt der Spadifankerl drinstecken. Ich will's lieber meinem Herrn melden, (ruft) Herr Negrocepherl, kommen 's heraus; aber geschwind, sonst erstickt der Teufel.

Negrocephalus (kömmt.) Was gibt's da? – Aha! das Ei. Brav, brav, der Gockl hat Wort ghalten.

Putzlmaier. Jetzt nehm S' nur gschwind ihr Spazierröhrl und tipfen S' e bißl drauf; aber z'vor absentir ich mich, denn mit dem verdächtigen Eierdotter will ich nichts z'thun haben.

Negrocephalus. Geh Er nur, wenn Er Furcht hat. Ha, ha, ha! Ein Zauberer wie ich fürchtet dergleichen nicht.

Putzlmaier. Ghorsamer Diener! (ab.)

(Negrocephalus betrachtet das Ei ängstlich von allen Seiten.

Stimme (im Ei.) Aufgmacht, sag ich!

Negrocephalus (fährt voll Schrecken zurück.) Ei der tausend! was ist das?

Stimme. Aufgmacht, oder ich brich durch!

Negrocephalus. Der Putzlmaier hat doch nicht so Unrecht. Weiß's der Deixel, ob nit der Deixel da drin steckt! Jedenfalls muß ich mich sicher stellen. (eilt ans Zauberbuch und ließt):

Steckt im Ei dieß oder das,
Ich verbitt' mir jeden Spaß;
Denn wenn ich einen Geist citir'
Verlang ich Anstand und Manier.
Lieber Geist, ich bitte dich,
Sei so gut und mir versprich,
Daß, wer du auch immer bist,
Du mich nicht verschlingst und frißst.
Beim großen König Salomo,
Und wenn es so ist, sag es so.

Stimme. Ich thu keim' Menschen was. Aufgemacht, ich halt's nimmer aus!

Negrocephalus. (mit dem Zauberstab an das Ei tretend.)

Eh ich die goldne Hülle sprenge,
Die dir, wie du mir sagst, zu enge,
Sollst du bei allen Geistern schwören,
Und daß vernehmlich ich's kann hören.

Stimme. Ich schwör's, ich schwör's.

Negrocephalus. (berührt das Ei mit dem Zauberstab)

So öffne dich, du goldnes Haus;
Versteckter Geist, tritt nun heraus!

(zugleich salvirt er sich hinter's Zauberbuch)

Unter knallendem Feuerwerk öffnet sich das Ei. Eine mit bunten Lappen verhüllte Gestalt erhebt sich daraus.

Negrocephalus.

Was ist das für eine kuriose Figur,
Kunterbunte Lappen seh ich nur:
Blau und gelb und grün und roth,
Ist das eine neue Geistermod'?
Wer bist du sprich? Ich frage dich.

Die Hülle fällt und Casperl springt aus dem Ei.

Casperl.

Ich bin's, der in der bunten Hülle prangt,
Und den sich alle Welt verlangt.

Negrocephalus. Unverschämt! Scandalos! Einen Geist hab ich mit meiner magischen Gewalt citirt und aus dem goldenen Ei springst du heraus? Welche Frechheit!

Casperl. Als ob ich kein Geist wär!

Negrocephalus. Ja, aber welcher? Gleich hinaus mit dir!

Casperl. Oho, das geht nit so gschwind, alter Zauberer! Wissen S' denn, wer ich bin?

Negrocephalus. Ich weiß's schon. Ein Hanswurst!

Casperl. O, Sie langweiliger Schafskopf!

Negrocephalus. Impertinenter Flegel! Ich werd' ihn gleich wieder hinauszaubern.

Casperl. Nix da! geh'n S' nur e bißl auf d' Seiten, damit ich Platz hab und mich an das hochgeöhrte Publicus wönden kann.

Hochgeöhrtestes Publicus!

Ich habe die Oehre, mich Ihnen als möglichst guten Humor vorzustehlen. O, der Humor oder die Humores – sind was werth! Denn die Humores, welche nach lateinischer Explucation so viel wie eine Art von Feuchtigkeiten bedoiten, sind jene floiden Kräfte, die uns den Dorst zu stillen pflögen, wölchen Dorst der Casperl Larifari absolutaliter nicht leiden kann, weshalbiger derselbe bedoitend zu trinken gewohnt ist. Doch lassen wir diesen zarten Punkt beiseite und reden wir von dem Humor in der einfachen Zahl. Diesen guten Humor möchte ich dem hochgeöhrtesten Publicus mitgebracht haben; ich möcht' Ihnen damit e bißl die langweilige Zeit vertreiben. Auch hab ich noch einige Ueberbleibseln von einer halben Portion sogenannter romantischer Poesie im Sack, die ich auf'm Tandlmarkt selber um 12 Kreuzer gekauft hab und die meinen alten guten, guten Freund, den Herrn Clemens Brentano, Gott hab'n selig, umgebracht hat. Eine herrliche, miserabelverkannte Verlassenschaft, die er mit in's Grab hat nehmen wollen; aber eh' er gstorb'n ist, hat er's doch wieder da lassen und hat sich gedacht: Vielleicht klaubt's doch noch eine sympathetische Seele auf! – Ha! diese sympastetische Seele hat sich gefunden und die Comödienstückl, die ich da mitgebracht hab, enthalten den Abdruck des Ausdrucks des Eindrucks eines Mondscheinstrahles aus der romantischen Zeit, wo die Ritter noch beim helllichten Tag herumgritten sind und die Zauberer noch als solche haben gelten können. Aber jetzt machen die Ritter keine Kreuzfahrten mehr, sondern lassen sich lieber ein Dutzend kleine Kreuzl'n anhängen und die Zauberer, die uns einen blauen Dunst vormachen, sind auch noch da, aber das geht Alles auf natürliche Manier her und – – – Aber ich bitt um Verzeihung! beinah hält' ich mich vom Stoff hinreißen lassen. Nehmen S' halt vorlieb mit dem, was Ihnen der Casperl Larifari ganz ghorsamst gebracht hat und wenn S' gfälligst umblätteln, so können S' selber lesen, was er im Sack hat, nehmlich: Ein Büchl, folgenden Inhalts:

Anmerkung des Setzers.

Ich kann dem verehrten Leser meine Beobachtung nicht vorenthalten, daß, abgesehen von der abgeschmackten Erscheinung des Casperl, das gold'ne Ei eine viel geeignetere Verwendung bei feierlichen Gelegenheiten finden könnte. Wäre es z.B. nicht sehr hübsch, wenn bei einem Geburts- oder Namenstagfeste aus dem Ei eine Bouteille guten Weines erschiene, die man dann dem Gefeierten überreicht, oder bei Verlobungen 2 brennende Herzen in Transparent mit den Namenszügen der Verlobten u. dgl. m. Ich kann meine Verwunderung nicht unterdrücken, daß dem Herrn Verfasser nicht dergleichen zu Ehren des Lesers eingefallen ist, und daß er den läppischen Casperl Larifari aus dem Ei erscheinen läßt.



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