Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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II. Aufzug.

Gemach im Pallaste des Herzogs.

Muzl. Gummielastico.

Gummielastico Sie wollen also eine Audienz bei Sr. Durchlaucht?

Muzl. Aufzuwarten.

Gummielastico. Das wird sehr schwer sein, denn es darf nicht Jedermann zum Herzoge. Ueberdieß, ich habe nicht das Vergnügen, Sie zu kennen.

Muzl. Melden Sie mich immerhin. Ich bin Katzenbuckel, der Leibjäger des Grafen von Carabas.

Gummielastico. Legitimiren Sie sich; das könnte ein Jeder sagen.

Muzl (zieht ein Kaninchen aus der Tasche.) Ueberreichen Sie Sr. Durchlaucht dieß Kaninchen und ich werde willkommen sein.

Gummielastico. Ah – wenn es so ist, freut es mich ungemein, Ihre Bekanntschaft zu machen. Sie sind der Mann des Tages oder vielmehr Ihr Gebieter ist es. Warten Sie gefälligst einen Augenblick, ich werde gleich wieder da sein. (Ab mit dem Kaninchen.)

Muzl (allein) So ist die Welt! meine ehrliche Katzenphisionomie hat dem Kerl nicht genügt; als ich ihm aber das Kaninchen, den am Hofe beliebten Braten, unter die Nase hielt, zog er andere Seiten auf. Nun muß ichs aber gescheit anfangen, daß ich den Herzog ganz auf unsere Seite bringe und die Prinzessin für meinen Casperl bekomme.

Gummielastico (kommt wieder.) Sr. Durchlaucht geruhen, Sie zu empfangen, Herr von Katzenbuckel. Treten Sie ein.

(Muzl tritt durch die Nebenthüre ab)

Gummielastico (allein.) Geh nur hinein, verflixter Katzenbuckel. Während der Herzog nur an Kaninchenbraten und Rebhühnerragout denkt, spinne ich meine Intrigue mit Prinzessin Rosalinde an und habe ich meinen Zweck erreicht, so hole ich mir den versprochenen Lohn vom Riesen und brenne auf eine hübsche Manier durch. Gummielastico weiß sich immer gehörig durchzuwinden; er ist biegsam und schmiegsam. Holla, die Prinzessin! die kömmt mir gerade recht.

Prinzessin Rosalinde (tritt ein.) Wo ist mein durchlauchtigster Papa? Ich suche ihn; denn ich sollte mit ihm spazieren fahren.

Gummielastico. Das wird wohl für jetzt unterbleiben, gnädigste Prinzessin; denn Se. Durchlaucht Papa sind in wichtigen Staatsgeschäften begriffen.

Rosalinde. Gut, so will ich warten, bis die Staatsgeschäfte beendigt sind.

Gummielastico. Mir höchst erwünscht' erhabene Prinzessin; denn ich möchte das Glück haben, eine höchst wichtige Angelegenheit Ihnen zu Füßen legen zu dürfen.

Rosalinde. Mir? und welche?

Gummielastico. Schenken Dieselben mir gnädigst Gehör: Ich wage es mich, Ihrer Durchlaucht, in hohem Auftrage zu nahen. Der reichste Privatier des Landes, Herr von Lüpel, dessen Ahnen zu den ältesten Geschlechtern Europas gehören, in dessen Adern dynastisches obgleich mediatisirtes Blut rinnt, wünscht Ihre Hand zu besitzen und steht in diesem Briefe um Ihr Herz, welches er glücklich zu machen sich bestreben wird.

Rosalinde. Wie? welche Zumuthung! glauben Sie – –

Gummielastico (sie unterbrechend.) O ich glaube Alles, nur das nicht, daß Ihre Durchlaucht die Hand des mächtigsten Edelmannes von sich weisen könnten, der im Stande ist, alle Ihre Wünsche zu befriedigen.

Rosalinde. Welche Unverschämtheit! Ich sollte mich mit einem Manne vermählen, dessen ungeschlachte Gestalt allein schon jede Verbindung hindert. Ein Riese, dessen Brutalität allbekannt ist; ein Mensch ohne Lebensart, ohne Erziehung, ohne Bildung sollte Gatte einer Prinzessin werden?

Gummielastico. Ueberlegen Höchstdieselben wohl, was Sie sagen. Bedenken Sie den unermeßlichen Reichthum des Herrn von auf und zu Lüpel. Seine Schlößer, seine Ländereien! wer hätte Aehnliches aufzuweisen? Wenn er auch aus einem Riesengeschlechte stammt, so übersteigt doch seine persönliche Liebenswürdigkeit seine persönliche Statur. O lernen Sie ihn kennen und Sie werden für ihn begeistert werden!

Rosalinde. Schweigen Sie, Herr Gummielastico, mit diesen Phrasen, die mich blenden sollen. Niemals werde ich die Gattin des Riesen Lüpel. Von Ihnen aber ist es eine Verrätherei vis-à-vis meines durchlauchtigsten Papa's hinter seinem erhabenen Rücken, mir solche Anträge zu machen.

Gummielastico. Durchlauchtige Prinzessin – aber – –

Rosalinde. Still, der Herzog kömmt. Entfernen Sie sich.

Gummielastico (im Abgehen.) (Für sich.) Verdammte Geschichte! das hätte ich nicht vermuthet. (ab)

Herzog tritt mit Muzl im Gespräche begriffen ein.

Herzog. Sieh da, meine Tochter! Theure Rosalinde, wir werden demnächst das Vergnügen haben, den Grafen Carabas an unserm Hofe zu sehen. So eben lasse ich dem liebenswürdigen Cavalier durch seinen Vertrauten, Herrn Katzenbuckel, die Einladung zukommen.

Muzl. Ich beeile mich, meinem Herrn und Gebieter die beehrende Botschaft zu hinterbringen und er wird nicht ermangeln, sich baldigst bei Sr. Durchlaucht einzufinden. (ab.)

Rosalinde. Ist es Ihnen gefällig, jetzt spazieren zu fahren?

Herzog. Etwas später, mein liebes Kind. Wir haben vorerst noch einen Handel zu schlichten, der uns durch unsern Staatsrat! in Vortrag gekommen ist. Eine Streitsache zweier Müllersöhne, welche bis zur höchsten Instanz gelangt ist, worüber nur dem Herzog in Person zu entscheiden vorbehalten bleibt. Entferne dich nun. Ich werde dich später rufen lassen.

Rosalinde. Ich folge Ihren Befehlen. (ab.)

Herzog. Gummielastico!

(Gummielastico tritt ein.)

Herzog. Man laße die streitenden Partheien ein.

Gummielastico. Sogleich, Euer Durchlaucht. (ab.)

(Hans und Peter unter Verbeugung treten ein)

Herzog. Ihr seid also die Zwei, welche von dem Herzog den Rechtspruch über ihren Streit wollen?

Hans. Peter. Ja, Euer Durchläuftigkeit, mir san's.

Herzog. Ich kenne Eure Sache aus den Acten. Warum könnt Ihr nicht miteinander auskommen? Warum respectirt Ihr den letzten Willen Euers Vaters nicht?

Hans. Ich hab allen Respect vor'n Vatern selig seim letzten Willen und wie's uns der Wiesenhauer vorglesen hat, aber ich will mein Sach haben und ich besteh auf meinm Recht, weil ich der Aelter' bin.

Peter. Und ich halt auch das Testament in Ehren, wie's uns der Wiesenbauer vorglesen hat, aber ich will auch mein Sach haben und will auch net z'kurz kömma und von die Prügel, die mir mein Bruder geben hat, ist nix im Vatern sein Testament gstanden.

Hans. 's Maul haltst. Ich hab dich grad nauszahln woll'n wie's 'n Vatern sein letzter Willen gwesen ist, aber du hast net mögen.

Peter. Aber deßwegen hät's keine Schläg braucht, verstanden?

Hans. Du hast auch dreingschlagen; wie soll nacher an Ausgleichung möglich sein?

Herzog. Still da! Ich weiß Alles. Ihr seid ein paar eigennützige Starrköpfe. Niemand kennt sich bei euch aus. Jeder von euch behauptet Recht zu haben und Ihr habt beide Unrecht. Wo ist der unparthei'sche Zeuge, den Ihr mir vorführen wollt und der über den Streit Aufschluß geben kann?

Hans. Draußen steht er, Euer Durchläuftigkeit.

Peter. Wenn's gfällig ist, führ' ich 'n 'rein.

Herzog. Nur herein damit! wir wollen hören und dann Urtheil sprechen.

(Peter geht hinaus und holt den Mülleresel herein.)

Esel. Ya, Ya!

Herzog. Das ist ja ein Esel als Zeuge!

Hans. San schon oft Zeugen vor Gericht Esel gwesen, so kann auch amal an Esel an Zeugen abgeben.

Herzog. Die Wahl der Zeugen ist Sache der streitenden Partheien, also kann ich als Herzog selbst nichts dagegen haben; denn so will es der Civilprozeß und das mündliche Verfahren. (Zum Esel.) Also, weißt du was von der Angelegenheit?

Esel. Ya, Ya!

Herzog. Gut! Ist es wahr, daß sich die beiden Müllersöhne Hans und Peter geprügelt haben?

Esel Ya, Ya, Ya!

Herzog. Gut! Es haben also beide gegenseitig das Ihrige bekommen und keiner kann dem Andern einen Vorwurf machen?

Esel Ya, Ya.

Herzog. Gut! Also hört: Ich will in meinem Lande Frieden haben – Erstens. Zweitens: Wenn Ihr nicht Ruhe gebt, so werde ich anordnen, daß jeder von euch von Amtswegen noch seine Portion extra bekommt, und drittens: bleibt es dabei, wie euer Vater es in seinem Testamente anbefohlen hat. Verstanden? Jetzt geht ruhig nach Hause und ich hoffe, daß der Streit geschlichtet ist.

Hans und Peter. Ja, wir san schon zufrieden, Euer Durchläuftigkeit. Der Esel hat schon recht.

Herzog. Ich will Ruhe und Frieden haben, punctum,

(geht ab.)

Hans. Siehst es Peter? jetzt wissen wir's, wie's sein soll.

Peter. Mir is 's recht, Hans; und 's bleibt dabei.

Hans. Jetzt geh'n wir mitnand in's Wirthshaus und trinken a Maßl.

Peter. Ja, ich bin dabei. Das ist aber gscheiter Herr!

Hans. Und a guter Herr, gelt, Peter?

Esel. Ya, Ya!

Peter. So gehn wir halt alle drei; und jetzt woll'n wir brüderlich und in Frieden mitanand hausen, bis Einer von uns heirath't und nacha wissen wir so, was gschegn muß nach'n Vatern sein letzten Willen.

Esel. Ya, Ya.

(Alle ab.)


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