Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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l. Aufzug.

Stube in einer Mühle.

Wiesenbauer. Hans. Peter. Casperl.

Wiesenbauer. Also – euern guten Vatern habn wir gestern begraben, tröst'n Gott. Ihr habt's Nix gspart, um ihm die letzte Ehr z' erweisen. Allen Respekt! Das Todtenmahl hat sich gwaschen und euer Vater tröst'n Gott, hätt gwiß sein Freud dran ghabt, wenn er's selber derlebt hätt. Ich hab nit leicht so an guten Affenthaler trunken und 's Voressen war ja, als wenn's die Engel im Himmel kocht hätt'n! Also – enka Vater (tröst'n Gott, daß er gstorben ist) enka guter Vater hat mir, als dem Gemeindvorsteher und zugleich sei'm alten Schulkameraden und Freund schon vorigs Jahr die Schrift geben – jetzt merkt's auf, Buabn! – und hat gsagt zu mir: »Wiesenbauer da gib ich dir die Schrift; die hebst mir auf bis ich gstorben bin (tröst'n Gott enkan Vätern). Das ist mein letzter Willen und bal' i gstorb'n bin und begraben, nacher laß'st meine drei Buben z'samköma und lest' ihna das Testament vor und was drin steht dabei bleibts. Und jetzt bhüt dich Gott hat er gsagt, enka Vater, trösl'n Gott, und ist zur Thür naus.›

Hans (weinend.) Der gut Vater, wenn er nur noch leben that!

Peter (weint.) Ja, tröst'n Gott, das war a braver Mann und a guter Vater. D' Mutter hat's a immer gsagt, wie's noch glebt hat, daß er so brav ist, wenn auch prügelt hat.

Casperl. Jetzt ist's vorbei, also lamentirt's nit a so und laßt's 'n Wiesenbauer lesen, was der Vater gschrieben hat

Wiesenbauer. Also setzt's Enk z'sam um den Tisch rum und merkt's auf. (setzt Brillen auf und liest:)

»Damit's keinen Disputat gibt und keinen Prozeß, wenn mich der Allmächtige aus dem irdischen Leben abberufen hat, so verordne ich Stephan Mehlstaub, Müller allhier, als meinen letzten Willen über mein frei eigenes Anwesen und sonstiges Eigenthum, wie folgt: Erstens: Der Hans und der Peter übernehmen das ganze Mühlanwesen und Alles was dazu gehört, bis Einer von ihnen heirathet, nachher soll er den Andern hinauszahlen mit 3000 fl. Zweitens: Der Casperl kriegt den alten Kater Muzl und 5 fl. Capital auf d' Hand. Und zum Schluß geh' ich euch meinen väterlichen Segen.« Unterschrieben: »Stephan Mehlstaub. Als Zeugen: Martin Huber, Tonibauer. Joseph Majer, Waldbauer; bestättigt vom Landgericht.« Da habt's es, jetzt wißt's wie's dran seid's.

Hans. Mir ist's recht. Gelt Peter, wir werd'n schon gut mitenand hausen?

Casperl. Mich hat der Vater am besten bedacht. Der Muzl war mir so das Allerliebst im ganzen Haus und fünf Gulden sind auch nit schlecht. (weint.)

Peter. Was flennst, Casperl? Der Vater, tröst'n Gott, wird sich halt gedacht haben, du bist der Gscheitst von uns; du wirst dir schon durch d' Welt helfen.

Casperl. Und warum nit? Mein' Kopf hab' ich auf'n rechten Fleck und das Ander werd'n wir schon seh'n.

Wiesenbauer. Mein Gschäft ist abgemacht. Der Willen Eures Vaters, Gott tröst'n, wird euch heilig sein: also bhüt Gott. Ich muß zum Essen z' Haus; die Bäurin wird schon auf mich warten.

Hans und Peter. Bhüt Gott, Wiesenbauer! (Wiesenbauer ab.)

Peter. So, und jetzt mach, daß d' aus'n Haus kommst, Casperl; da hast deine fünf Gulden und vergiß fein dein Muzl net.

Hans. Den kannst um's Geld seh'n lassen! Bei uns darfst nimmer bleiben und du hast dein Sach; mach nur daß d' aus'n Haus kommst. (Beide ab.)

Casperl (allein) Jetzt hab ich mein' Theil. Den Kater Muzl und 5 Gulden. Wenn mir der Vater nur wenigstens auch unsern Mülleresel vermacht hätt', so könnt' ich doch auf dem durch d' Welt reiten; aber der muß die Mehlsäck aus- und eintragen. Was fang ich aber an? Casperl, nimm dich z'sam!

(Muzl knurrt unter der Ofenbank.)

O mein Muzl, gelt? du denkst dir halt, wir verhungern alle zwei?

Muzl. Casperl!

Casperl. Oho, wer red't denn da?

Muzl. Casperl, ich bin's.

Casperl. Du bist's? Ja wer bist denn du du?

Muzl. Dein Freund Muzl.

Casperl. Halt mich zum Narren!

Muzl (hervorschleichend.) Nein, Casperl, ich bin derjenige, welche –

Casperl. Aber Muzl, kannst denn du deutsch reden?

Muzl. Nicht nur, sondern auch. Merke auf, was ich dir sage und habe keine Angst.

Casperl. No, brav! das ist ja eine Hexerei.

Muzl. Du kanntest mich bisher nur als den Kater Muzl. Während die Andern mich herumstießen und durchaus nicht respektirten, wie man, auch ohne ein Mitglied des Vereins gegen Thierquälerei zu sein, einen respektablen Kater aus altem Geschlechte achten sollte, hast du mich mit besonderer Rücksicht behandelt. Dafür bin ich dir dankbar.

Casperl. Aber, aber! was ist denn das?

Muzl. Unterbrich mich nicht, sonst vergesse ich, was ich dir sagen wollte; mein Gedächtniß ist etwas geschwächt und meine Sprachorgane sind außer Uebung, weil ich so lange nichts gesprochen habe. Höre: Ich bin eigentlich von Geburt aus nicht der Kater Muzl, sondern der Magier und Chemicus Professor Katzengold. In Folge meiner wissenschaftlichen Studien und chemischen Experimente hatte ich die Entdeckung machen wollen, daß nicht unser Herrgott die Welt erschaffen hat, sondern daß sie aus der bloßen Naturkraft von selbst entstanden ist, worüber alle Leute sehr erstaunt wurden und mich als einen höchst berühmten Gelehrten bewundert haben. Nun wurde ich aber so stolz und hochmüthig, daß es mit mir kaum mehr zum Aushalten war. Eines Tages befand ich mich in meinem Laboratorium und experimentirte gerade darauf los, einen Menschen zu fabriciren, einen sogenannten homunculus>, was schon der Doctor Theophrastus Paracelsus versucht hatte; da sprang plötzlich mit einem ungeheuern Knall die Retorte in Scherben und eine Stimme rief mir –

Casperl. Was für a Stimm?

Muzl. Eine mir gänzlich unbekannte Stimme rief mir zu: »Weh dir, Katzengold! Du bist ein Narr und »dein frevelhafter Hochmuth soll bestraft werden. »Du wirst von nun an in der Gestalt des Katers Muzl »auf Erden herumwandeln müssen und erst wieder »die menschliche Gestalt erhalten, wenn du den Rie- »sen Lüpel gefressen hast!« – Nun schwieg die Stimme; ich erwachte aus meiner Betäubung und befand mich als Kater in dieser Mühle. Das geschah schon zu Lebzeiten deines Großvaters. Denke dir die Verlegenheit und das unangenehme meinerseits!

Casperl. Das ist a schöne Gschicht; aber a bißl lang hat's dauert.

Muzl. Nun scheint es, daß meine Strafzeit bald abgelaufen sein soll; denn ich bin hinlänglich gedemüthigt und diese Nacht ging mir wieder ein Licht auf. Auf einem Strahle des Mondscheins las ich die Worte:

Katzengold wach auf, wach auf!
Lies heut aus der Sterne Lauf:
Hast den Stolz du überwunden,
Wirst der Strafe du entbunden.
Diene nur dem Casperl treu,
Wirst vom Katzenpelz dann frei!

Und nun stehe ich dir zu Diensten, verfüge über mich. Vielleicht kann dir meine Katzenschlauheit nützlich sein.

Casperl. Hast jetzt ausgredt?

Muzl. Ja!

Casperl. Was fang ich mit deiner Katzenschlauheit an? da werden wir alle zwei nit fett davon.

Muzl. Vor Allem laß mir um deine fünf Gulden ein paar Stiefel machen, damit ich bequemer laufen kann; ich werde schon was ausspekuliren.

Casperl. Ich möcht lieber was auspockuliren, aber probiren wir's, wenn du der Gescheitere bist und verlassen wir nun dieses mehlstaubige Haus und begeben wir uns in die freie Natur; da brauch ich doch keinen Staub zu schlucken, wenn's auch keine Mehlspeis gibt.

Muzl. Zuvor aber zum Schuhmacher.

Casperl. Ja, der Schuhmacher soll dir ein paar Stiefel machen. (Beide ab)

Hans (tritt ein.) Also jetzt war ich der Herr im Haus – der Müller. Ich bin der ältere und der Peter muß mir in Allem folgen. Und wenn er nit parirt, so werd' ich 'n schon so cujoniren, daß er gern geht, wenn ich ihm das Seinige 'nauszahl. Und so hätt's eigentlich der Vater selig in's Testament 'neinschreiben sollen; denn zwei Herren thun niemals gut. Ich bin aber der ältere, also steht's mir zu, und heut werd' ich gleich s' Regieren anfangen. Zuvor geh ich aber in's Wirthshaus und trink a Maß Bier. (ab.)

Peter (tritt ein.) Das gfallt mir net, daß der Vater – Gott tröst'n – die Sach in seim Testament nit glei richtig gmacht hat. Wir zwei soll'n jetzt mitanand Hausen. Das thut's net. Einer von uns muß naus aus'n Haus und ich will den Hans schon a so schicaniren, daß er gern geht, wenn ich ihm seine 3000 ft 'nauszahl und nachher bin ich allein Herr in der Mühl und so werd's wohl kommen müßen. Jetzt will ich aber zum Wirth geh'n und ein' Maß Bier trinken; nachher werd'n wir schon sehn, wie's weiter kommt. (ab)

Der Mülleresel (tritt ein.) Jetzt bin i schon 12 Jahr Esel in der Mühl und bin alleweil zfrieden gwesen und der alt' Müller, Gott hab'n selig, hat mich auch recht gern ghabt und hat die Schläg an mir nit gespart; aber die neue Einrichtung will mir gar nit gfallen, daß ein jeder commandiren will. Tagt der Hans zu die Mühlknecht »schütt's auf,« – so schreit der Peter »hört's auf« Packt mir der Ein' die Mehlsack auf, so reißt mir's der Ander wieder runter; z'vor hat mich der alt Müller allein prügelt jetzt schlagen gleich zwei auf mich 'nein. Doppelte Schläg, aber nur ein einfachs Futter! das Leben halt ich net lang aus. Der Hans und der Peter sind in's Wirthshaus; ich will mir auch einmal einen lustigen Tag machen und im Krautgartl a bißt reviren, damit ich einen guten Bißen krieg; alleweil Disteln und alleweil Disteln – des wird mir auch z'monoton. Die Mühlknecht schlafen alle, denn die Herrn san nit z'Haus, also ist Niemand bei der Hand, der mich aus'n Gartl jaget und auf ein halbes dutzend Krautköpf geht's auch nit z'samm!

(ab.)


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