Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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II. Aufzug.

Nacht. Ein Kirchhof.

Der Totengräber gräbt ein Grab. Sassafras tritt nachdenkend ein.

Sassafras. »Contra vim mortis non herbula crescit in hortis.« Wider den Tod kein Kräutlein gewachsen ist. Ich weiß es wohl. Aber dennoch! Er nannte sich den Gewaltigsten auf Erden, weil ihm Alles unterliegen muß; allein es gibt doch noch einen Mächtigeren als ihn. Des Todes Gewalt ist auf dieses Leben beschränkt. Der Satan greift darüber hinaus; auch im Jenseits herrscht er, er ist also mächtiger. Wie? wenn ich mich mit diesem verbände? Zwei Feinde der Menschheit. Den Einen – den geringeren – bekämpfe ich; zu dem Andern will ich mich jetzt halten. Meine Seele will ich ihm verschreiben, dafür wird er mir wohl seinen Beistand nicht versagen. Bei den Gräbern haust er. Hier will ich ihn citiren.

(erblickt den Todtengräber)

Heda, guter Freund!

Todtengräber. Wer ruft mich?

Sassafras. Ich bin's. Du kennst mich ja.

Todtengräber. (kommt näher.) Ach! Herr Doctor Sassafras! freilich kenn' ich Euch. Wie kommt ihr selbst einmal hieher; gewöhnlich schickt Ihr mir nur Eure Patienten heraus.

Sassafras. Das ist eben kein Compliment, das du mir machst.

Todtengräber. Nehmt's nicht übel. Ich habe freilich nicht die rechten Manieren; allein bedenkt, daß ich hauptsächlich mit stummen Leuten Umgang pflege, die mir keine Antwort geben können, und denen ich eben sage, was mir gerade einfällt – wenn ich denn doch bisweilen schwatzen möchte.

Sassafras. Glaub's wohl, alter Bursch, und hab dir's auch nicht übel genommen. – Hör' aber, ich möchte dich was fragen. Da hast du ein paar Thaler; aber sag mir die Wahrheit.

Todtengräber. Danke, danke – hätt' aber keines Trinkgeld's bedurft. Ich sag' immer die Wahrheit; hab's ja allweil mit der allerlautersten Wahrheit zu thun, mit dem »Absterbens-Amen.« Da sind Lug und Trug zu Ende.

Sassafras. Es geht die Tage, daß es auf diesem Kirchhof nicht geheuer sei. Hast du jemals was bemerkt? Man erzählt sich, der böse Feind selber lasse sich bisweilen blicken.

Todtengräber. (hält den Finger an den Mund.) Laßt uns still reden. Man soll's nicht wissen und es soll nicht laut werden; – aber – aber 's ist halt doch so und läßt sich nicht leugnen. Dort hinter der Kapelle, im zerfallenen Kreuzgang ist eine Gruft, heißt das Teufelsloch: Wer den Muth hat – –

Sassafras. Findet dort, was er sucht.

Todtengräber. Ei wer wird aber auch den Teufel aufsuchen? Den muß man meiden. Oft in stillen Nächten, wenn ich schnell ein Grab zu schaffen habe, da hör' ich's poltern und ächzen, und 's wischt bisweilen Etwas über die Gräber hin; aber ich laß gewähren, kehr' mich nicht dran und bet' mein Vaterunser.

Sassafras. Ich habe Grund der Sache nachzugehen.

Todtengräber. Mag sein; solch gelehrten Herren, deren Ihr Einer seid, mag's belieben, geheimen Dingen nachzuforschen.

Sassafras. Man muß solchen Räthseln auf den Grund zu kommen suchen.

Todtengräber. Immerhin. Wünsch guten Appetit zur Lösung. Ich meinerseits verlang nicht darnach und 's wandelt mich keine Neugier an.

Sassafras. Hast recht, deinerseits.

(Die Thurmuhr schlägt eilf.)

Da schlägt's 11 Uhr. Meinst du, ich könnte was entdecken.

Todtengräber. Der Teufel ist alle Nacht los – mehr oder minder. Versucht's; aber wahrt Euch wohl, damit Eure Seele nicht Schaden leide.

Sassafras. Ich fürchte Nichts. Der Teufel hat noch Keinen bei lebendigem Leib gepackt. Nur mit der Seele hat er's zu thun. (ab.)

Todtengräber. Das ist noch die Frage, lieber Herr – oho, er ist schon fort! Die Doctoren sind doch kuriose Leute, und den Doctor Faust hat ja doch der Satan geholt, wie ich gehört! – Man soll nicht freveln; man soll dem bösen Feind aus dem Weg gehen und soll ein guter Christ sein!

Was geht's mich an? – Das Grab dort muß am frühesten Morgen fertig sein. Also frisch an die Arbeit, damit ich noch ein paar Stündlein schlafen kann!

(gräbt wieder fort und singt)

Was kümmert mich die ganze Welt,
Ich laß den Leuten Ehr und Geld;
'S ist Alles nur ein eitler Schein,
Ein Jeder muß in's Grab hinein.

Auf diesem meinem Gartenfeld,
Ist Jedem wohl sein Grab bestellt:
Alt oder Jung, Arm oder Reich –
Hier liegen sie beisammen gleich.

Ob König oder Bettelmann –
Im Leben Keiner bleiben kann,
Zu Jedem kömmt die Todtenpost
Und Alle werden Würmer-Kost.

Bedächten sie's zu rechter Zeit,
So gäb's wohl minder Haß und Streit;
Denn hier hört alle Zwietracht auf,
Wenn sie da ruhen allzuhauf.

Wer weiß, wie lang ich's hier noch treib,
Bis selber fallt in's Grab mein Leib;
Und muß ich endlich auch hinein,
Sei gnädig, Gott, der Seele mein.

So, die Arbeit ist gescheh'n; jetzt darf ich ruhen. Also gut Nacht, ihr da drunten. Ruht sanft bis ihr aufersteh'n müßt! Ich sollte wohl auf den Herrn Doctor warten; das wäre schicklich, aber ich mag nicht. In dieß sein Geschäft will ich mich nicht mischen. Gott schütz' ihn und mög' ihm seine Neugier nicht anrechnen! Kuriose Leute, die gelehrten Herren! Ei, Ei! (geht ab.)

(Der Teufel tritt ein. Ihm folgt Dotter Sassafras.)

Sassafras. Steh einmal! höllischer Geist! O sa miha aseffonila!

Teufel. Warum hast du mich gerufen? Was willst du?

Sassafras. Warum fliehst du mich? Elesiamini, elesiamini!

Teufel. Du hast Gewalt über mich, aber 's ist bald Mitternacht. Wenn der Tag anbricht, muß ich fort.

Sassafras. Aha, du fürchtest das Licht.

Teufel. Mein Element ist die Nacht. Also schnell, zur Sache: was begehrst du?

Sassafras. Ich suche deine Hülfe gegen den Tod, der mein Wirken beschränken will und mir mit sich selbst bedroht.

Teufel. Wie? ich sollte gegen meinen besten Freund zu Feld zieh'n? Den Tod laß ich immer gewähren, je mehr desto besser; denn er liefert mir meine Beute.

Sassafras. Ich verlange deinen Beistand nicht umsonst. Ich verschreibe dir meine Seele, wenn du mir ein Mittel gibst, den Tod nur auf einige Zeit festzuhalten. Mittlerweile erreiche ich meinen Zweck, berühmt und reich zu werden.

Teufel. (lacht). Das wäre wohl ein höllischer Spaß, wenn ich einmal meinem Cameraden einen Possen spielte; und du willst mir deine Seele überlassen? Was ist sie werth?

Sassafras. Immer so viel, daß du einen guten Braten daran hättest. Vielleicht mehr als ein Dutzend Anderer; denn ich verkaufe dir eine tüchtige Portion Seligkeit.

Teufel. So sei's denn! Diesen Morgen noch findest du auf deinem Studiertische unsern Vertrag. Unterschreib' ihn mit deinem Blute und er wird dann von meinem Boten abgeholt werden. (versinkt)

Sassafras. Ich hab's gewagt! – werd' ich's nicht bereuen? jacta est alea! (stürzt ab.)


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