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Zweites Kapitel.

Raschen Schrittes hatte Paula das Zimmer ihres Vaters verlassen, aber ihr Pfeifen, mit dem sie die mächtigen Hunde rief, klang nicht so munter, wie sonst, die Thiere fanden heute keine Liebkosung in Erwiederung ihrer gewaltigen Sätze, mit denen sie die Herrin begrüßten. Das zahme Reh blieb ebenso unbeachtet, wie die Elster, die gravitätisch ihr auf die Schulter flog. Sie schritt nachdenklich weiter. Fort sollte sie und sie kannte den eisernen Willen dessen, der es wollte, sollte fortan ein Weib sein, ein Unding war das lustige Wesen, das sie bis jetzt war, wenn sie jubelnd des Morgens ausflog, hinaus aus der dumpfen Lernstube, weg von der alten Französin, die sie sticken und dergleichen lehren wollte, hinaus in den frischen grünen Wald, oder über die freie endlose Ebene hinjagend auf schnellem Roß! Das sollte alles aufhören, sie sollte nun ein Weib, gar eine Dame werden, – wie ihr schauderte! Nur ein paar Mal war es geschehen, wenn Damen kamen, die in hochfrisirten gepuderten Haaren steif dasaßen und laut aufschrien, als ihre Hunde sich nahten, die von nichts sprachen, als von Kleidern, spöttisch ihren Anzug musterten und feine Stickereien hervorzogen. Wie war sie froh, wenn diese wieder fort waren und sie die lästigen langen Röcke wegwerfen konnte! Sie wollte aber jetzt auch diesen unbequemen Anzug nicht tragen, nein, keine Stunde früher, als es sein mußte; schnell ging sie in's Schloß zurück und kleidete sich um. So: nun war ihr wieder wohl, wie das so bequem saß und jede freie Bewegung erlaubte, alle düstern Gedanken schwanden, es war ja immer noch Zeit genug dazu, wenn die unerbittliche Nothwendigkeit eintrat. Aber sie mußte jemand haben, ihr Herz war zu voll, um sich mit den stummen Geschöpfen begnügen zu können. Wo war nur wieder Wilmos? in seiner Stube war er nicht, auch nicht bei der Mutter, denn bei der war der Vater, sie hatte ihn wenigstens gerade drinnen laut und aufgeregt sprechen hören.

Im Weiterschreiten kam sie an einer offnen Kapelle vorbei, die am äußersten Ende des Parkes stand. Richtig, da kniete Wilmos; in Gebet versunken, hörte er nicht, wie sie ihn leise anrief, seine ganze Seele schien im Gebet versenkt, sein bleiches Gesicht noch bleicher, seine glänzenden dunkeln Augen schwärmerisch zur Madonna erhoben. Endlich war er fertig, zögernd erhob er sich und sich mehrmals bekreuzigend verließ er endlich die Kapelle.

»Du hier, Paula,« rief er und ein Schein der Freude überflog sein Gesicht, »warum tratst du nicht ein und betetest auch, da dein Weg dich vorüberführte?«

»Weil mir scheint, daß man nur dann würdig ist, vor den Höchsten zu treten, wenn im Herzen sich keine anderen Gedanken regen – ein zerstreutes Gebet ist kein Gebet. Ueberhaupt brauche ich nicht in eine Kirche zu treten vor ein hölzernes Bild. Der Wald, in welchem die Häupter der Bäume gen Himmel ragen, das Feld, auf dem sich die Aehre wiegt, ist so gut ein Tempel als die Kirche. Komm mit, Wilmos,« fuhr sie fort, als dieser seine Schritte dem Hause zulenken wollte, »komm einmal lustig mit, und laß uns im Freien plaudern, es wird bald genug die Zeit kommen, wo wir getrennt sein werden.«

»Ja, getrennt,« entgegnete mit schwärmerischem Ausdruck der Bruder, »wenn der Herr uns abberuft, was jeden Tag sein kann, deswegen müssen wir schaffen, selig zu werden mit Furcht und Zittern.«

Mißmuthig pfiff Paula ihrem Hunde. »Schaffen die Vögel mit Furcht und Zittern ihr Leben lang, daß sie selig werden?« entgegnete sie, »dürfen sie allein ihr Jubellied schmetternd hinaustönen lassen, und sich emporschwingend froh von Zweig zu Zweig hüpfen, darf der Mensch allein sich nicht freuen, daß er athmet in der schönen Natur, die Gott für ihn geschaffen hat? ich verstehe wohl von all dem nichts und meine, Gott habe die Menschen geschaffen, nicht, daß sie beständig vor ihm zittern und ihn fürchten, sondern daß sie ihn lieben, nicht, daß sie feige die Heiligen anrufen, weil sie sich fürchten, vor ihn selbst zu treten. Doch ich bin wohl ein sündiges, ketzerisches Mädchen und es ist am Ende gut, wenn ich in ein Kloster komme.«

»In ein Kloster du?« rief Wilmos erstaunt und schwärmerisch rief er aus: »so sind meine geheimsten Gebete erhört und auch deiner Seele Heil vorbereitet. Aber wer sagt es?«

»Der Vater will es so, und dann wirst auch du, was ja schon längst der Wille des Vaters ist, in eine Militär-Academie geschickt, um Soldat zu werden.«

»Ich Soldat!« sagte Wilmos leise schaudernd, »niemals! Der Jungfrau Maria habe ich mich geweiht, sie hat meine lange Zeit gekrümmten Füße gerade gemacht, sie hat mich gekräftigt, da ich noch, ein krankes sterbendes Kind, in der Wiege lag; ihr hat mich meine Mutter insgeheim geweiht mit heiligem Gelübde.«

»Dazu hatte die Mutter kein Recht,« brauste Paula auf, »du gehörtest dem Vater und nicht der heiligen Jungfrau.«

Entsetzt ob solcher Ketzerei bekreuzigte sich Wilmos. »Was that der Vater mit mir, wenn ich ein elender Krüppel geblieben wäre?«

Beschämt blickte Paula zu Boden, sie war wohl eine arge Ketzerin und hätte wieder strenge Strafe von Peter Anselmo verdient, wie ihr schon oft geworden über solche Aussprüche.

»Keine Gewalt der Erde wird mich je zwingen mit den Waffen in der Hand Menschen zu tödten,« sagte Wilmos und seine bleichen Wangen rötheten sich leicht.

»Aber,« versetzte Paula, »diese Menschen sind ja deine Feinde.«

»Liebet Eure Feinde, und thut wohl denen, die Euch fluchen!« sprach feierlich der Knabe, sich von der Moosbank erhebend, auf der sie sich niedergelassen, indem er die Hand gen Himmel erhob, »so sprach Einer, dem man mehr gehorchen muß, als dem Vater.«

»Warum aber läßt dann Gott die Kriege zu?« fragte verwirrt Paula.

»Uebrigens,« fuhr sie mit fester Stimme fort, auf einen Raubvogel deutend, der auf dem freien Platz über ihnen kreiste, daß die kleinen Singvögel verstummend sich zitternd bargen, »siehst du selbst, jedes Thier in der von Gott geschaffenen Natur hat seinen Feind, so auch die Menschen, und die Stärkeren sind da, um die Schwächeren dagegen zu schützen,« mit diesem Worte hatte sie die Flinte angelegt und von einem sichern Schuß getroffen lag der Vogel zu ihren Füßen. Schaudernd wandte sich Wilmos ab, Paula aber hob ihn an den Flügeln in die Höhe.

»Dieses böse Thier,« sagte sie, »hat schon und hätte noch viele meiner schönen, unschuldigen Singvögel getödtet, gerade so ist es mit den Menschen, immer wird es böse Menschen geben und immer hat es solche gegeben, die den andern Unrecht thun wollten, mußte sich nicht unsere edle Kaiserin selbst vertheidigen, sollte sie sich alles nehmen lassend« – rief sie erregt mit glühenden Wangen, »o, geschähen doch noch Wunder, ich würde statt deiner ein Knabe, und du könntest statt meiner ins Kloster, wie wohl wäre dem Vater und wie gern ließe die arme Mutter mich ziehen,« setzte sie mit einem leisen Seufzer hinzu.

»Noch geschehen zuweilen Wunder, meine Tochter,« sprach wieder eine sanfte Stimme und Pater Anselmo stand vor ihnen, »die Wege und Mittel sind oft wunderbar, deren sich Gott bedient, seine heiligen Zwecke zu erreichen.«

Ein Blitz leuchtete in ihren Augen auf: ein Gedanke schoß durch ihren Kopf – gleich einem Funken, der durch ein leises Anhauchen zur Flamme lodern konnte! Wer wußte es? – das Mädchen hing stumm den Raubvogel an die Flinte und schritt mit den Andern heimwärts.

Bei ihrer Mutter so leise als möglich eintretend, wurde sie von dieser freundlicher als sonst zu sich gerufen, sie durfte ihr erzählen, wo sie gewesen, was sie gethan, ja, was die Mutter seit Jahren nicht that, sie zog sie zu sich heran und ihr die dunkeln Locken aus der Stirne streichend, küßte sie dieselbe. » Du bist eben mein wilder Knabe – mein freier Vogel, der dem Mutternest davon fliegen möchte, wenn er nur könnte! Armer Vogel, wie wird dir sein, wenn man dich ins finstere Käfig einsperrt?«

»Er wird ihn öffnen und hinausfliegen,« rief Paula, entzückt, verwirrt von der Zärtlichkeit einer Mutter, die meist nur kalte Worte für sie hatte und welche sie trotzdem mit der ganzen Leidenschaftlichkeit liebte, mit der oft starke Wesen an den schwächeren hängen.

Einige Tage darauf schied der Graf – nur wenige Leute auf dem Herrenhofe zurücklassend; ein zitternder Klang in der Stimme, als er beim Abschied seine Gemahlin küßte, verrieth seine Bewegung, er ahnte vielleicht, daß er sie niemals wieder sehen würde.

Mit seinem Sohn hatte er noch ein ernstes Gespräch, dessen Inhalt ihn zu befriedigen schien, noch bleicher wie sonst stand Wilmos vor dem Schloß, während Paula krampfhaft schluchzend an dem Vater hing.

»Mädchen – wilde Hexe,« sagte dieser, »ich kenne dich ja nicht, was ist dir?«

»Vater, Vater,« rief diese, »vergieb mir, – ich kann nicht ins Kloster!«

»Füge dich in das Unvermeidliche, Mädchen,« entgegnete ihr Vater, sich von ihr losmachend, »und werde, was du bist, ein Mädchen.« Damit schwang er sich auf das Pferd und galoppirte der vorausmarschirten Truppe nach. Lange starrte Paula dem Vater nach; ein Ausdruck fester Entschlossenheit war den Thränen gewichen, und an Stelle des kindisch übermüthigen Trotzes, der offnen Lustigkeit trat der tiefe Ernst eines gefaßten Entschlusses.

War schon vorher eine Veränderung in dem Wesen des Mädchens bemerkbar gewesen, so wurde sie von jetzt an immer auffallender. Wie finstere Wolken glitt es zuweilen dahin über den bisher so offnen Ausdruck ihres schönen Gesichtes, fragend, ja fast Hülfe suchend, ruhte ihr sonst nur lachendes Auge auf dem Einen oder Andern ihrer Umgebung. Ihr Pferd wieherte, vergebens zu munterm Ritte lockend; unbemerkt sprangen die Hunde an ihr empor, sie wandte sich von ihnen, um stundenlang den ernsten Worten Pater Anselmo's zu lauschen, und träumend bei der kränklichen Mutter zu sitzen, glücklich in der Liebe, welche diese ihr mit einem Mal zuwandte.

Zwei Mächte kämpften in ihrer Seele und trübten den sonnenklaren Frieden derselben.

So vergingen Tage und Wochen, da trat sie eines Morgens wie gewöhnlich bei ihrer Mutter ein, bleicher als sonst lag dieselbe auf dem Ruhebett, Pater Anselmo hatte sie soeben verlassen, sie war allein, nur im Nebenzimmer saß unbeachtet und still jedes Winkes gewärtig die Französin.

»Ich habe mich nach dir gesehnt, meine Tochter,« nahm die Kranke nach dem gewöhnlichen Morgengruß das Wort, Paulas kräftige Hände in ihre durchsichtigen Hände nehmend und sie zu sich herabziehend! »Schwere Träume beängstigen mich des Nachts, dein Anblick senkt neue Kraft, frischen Muth in mein Seele.«

Verwirrt von der ungewohnten Zärtlichkeit senkte Paula ihr Antlitz auf die abgemagerte Hand der Mutter, sie an ihre Lippen ziehend, während die Gräfin leise fortfuhr: »Ich war nach langem Wachen in dieser Nacht eingeschlafen, da war mir's, als stände ich in einem großen finstern Wald, allein mit meinem Wilmos an der Hand – der Sturm heulte und knickte die Bäume, daß sie uns zu zerschmettern drohten. Vor mir in hellem Strahlenglanz stand mein Ziel – ein leuchtendes Thor – aber verschlossen. Mit der Kraft der Verzweiflung erhob ich meine Stimme und rief der gebenedeiten Jungfrau, der ich meinen Knaben geweiht in heiligem Gelübde, ihr wollte ich ihn bringen, jedoch die finstern Mächte ließen es nicht zu. Eine schreckliche Gestalt hatte ihre Krallen nach Wilmos ausgestreckt und drohte ihn von mir zu reißen.«

Die Gräfin schloß, wie überwältigt von dem Entsetzlichen, die Augen, öffnete sie jedoch sogleich wieder, und sie in fieberhafter Angst auf Paula richtend, die starr vor sich nieder sah, fuhr sie fort: »Da erschienst du, meine Paula« – erschreckt sah diese auf – »du erschienst, deine Augen flammten in heiligem Feuer, deine Hand hielt ein Schwert – nicht achtend der drohenden Gefahr stelltest du dich zwischen das Ungeheuer und deinen Bruder: es entfloh vor dir, die Dunkelheit wich und du führtest uns dem geöffneten Thore zu, unter dem die Heilige erschien, die Arme segnend ausgebreitet.« Erschöpft schwieg die Gräfin.

»O Mutter, Mutter,« rief Paula nach einer kurzen Pause leidenschaftlich, »könnte ich dir Wilmos erhalten, und wäre es mit Hingabe meines Lebens!«

»Paula,« flüsterte kaum hörbar ihre Mutter, sie an sich pressend, »du kannst es, kannst nicht nur Wilmos der Kirche, der er sich geweiht, erhalten, du kannst deiner Mutter die Thore der Seligkeit öffnen, die der Wortbrüchigen verschlossen bleiben, aber nicht durch deinen Tod, Mädchen, durch dein Leben, durch die Gaben, die Gott selbst dir verliehen!«

Stumm blickte Paula vor sich nieder. Sah sie den schwindelnden Abgrund, der sich vor ihr öffnete, oder sah sie das lockende Bild der Freiheit, das Andere vor ihr aufgebaut? – Ungestüm wandte sie sich endlich ab, und mit den Händen das Gesicht bedeckend, über das sich allmälig eine dunkle Gluth gezogen hatte, rief sie aus: »O, könnte es geschehen, ohne den Betrug, ohne die Lüge, vor der mein ganzes Inneres zurückschaudert!«

Zärtlich zog die Gräfin die Tochter wieder an sich. »Ist das nicht Lüge,« hauchte sie, »wenn du im Kloster mit den Schwestern betest, während dein Herz sich dagegen auflehnt und du dich hinaussehnst nach Freiheit? Ist das nicht Lüge vor dem Höchsten und ein Frevel an dem Allerheiligsten?«

Wieder starrte Paula vor sich nieder. O, daß ein Blitz niedergefahren und ihr das Dunkel erhellt und den Weg gezeigt! Athemlos unter halbgeschlossenen Wimpern beobachtete sie die Gräfin.

Da wurden Beide durch Pferdegetrappel im Hof aus ihren Gedanken aufgeschreckt; Paula trat ans Fenster: »Eine Ordonnanz aus Agram,« sagte sie halblaut – gleich darauf brachte ein Diener einen Brief. Die Gräfin hatte ihn kaum erbrochen, als sie mit einem durchdringenden Schrei zurücksank, dann sich mit übermenschlicher Kraft aufraffend, klammerte sie sich an ihre Tochter: »Paula, Paula,« rief sie mit halb erstickter Stimme, »rette ihn – sie kommen, ihn zu holen, meinen armen, kränklichen Knaben!« und wieder sank sie zurück. – Todtenblässe überzog ihr Antlitz, die Lippen wurden blau und ein krampfhaftes Zittern durchzuckte den zarten, gebrechlichen Körper.

Aus dem offenen Brief las Paula die Anzeige, daß in den nächsten Tagen der kommandirte Offizier eintreffen werde, um Graf Wilmos Simonitch in die Militär-Academie zu geleiten. Einen Moment blieben ihre Augen auf das verhängnißvolle Papier gerichtet, dann sandten sie einen langen Blick voll heißer Liebe auf die Mutter, und mit raschen Schritten trat sie an den Schreibtisch. Mit der Feder in der Hand sah sie noch einmal wie zögernd zu dem Bild des Vaters, das über dem Schreibtisch hing, empor; ein finsterer Ausdruck der Entschlossenheit und des Trotzes flog über ihre Züge – wie sehr glichen sie dem Gesicht, das mit demselben Ausdruck eisernen Willens drohend auf die Tochter herabsah! – Dann setzte sie sich nieder und schrieb in fliegender Hast, mit den ihr eigenen kräftigen Schriftzügen: »Wilmos Graf von Simonitch wird sich morgen am 12. dieses zur Weiterreise in Agram melden.« »Mutter,« flüsterte sie hierauf, leise an das Ruhebett tretend, und die zarte Gestalt in ihre Arme nehmend, legte sie ihr blühendes Antlitz an deren bleiche Wangen, »Mutter erwache, dein Sohn soll gerettet sein!« drückte einen leidenschaftlichen Kuß auf die farblosen Lippen und sie der Französin übergebend, stürzte sie mit dem Ruf: »Gott helfe mir, ich kann nicht anders!« zum Gemach hinaus. –

* * *

Noch war der Tag nicht angebrochen; tiefe Stille herrschte im Herrenhaus und seiner Umgebung, nur unterbrochen durch das Pfeifen des Morgenwindes und das zeitweilige Winseln oder kurze Aufheulen der großen Kettenhunde, die böse Träume zu haben schienen und keine rechte Ruhe fanden in dieser Nacht. Harrend stand Janos mit zwei gesattelten und bepackten Pferden im Hof, als die schwere eichene Hausthüre sich langsam in ihren Angeln drehte und ein Knabe mit Pater Anselmo darunter erschien. »Was du thust,« sagte leise der Priester, und die dunkeln Augen in ihren tiefen Höhlen schienen durch die Nacht zu leuchten in fanatischem Feuer, »das thust du für die heilige Kirche und deine Mutter.« Der Knabe beugte sich tief über die Hand des Priesters, und, ohne ein Wort zu erwiedern, trat er allein festen Schrittes zum Hause heraus, dessen Thüre sich mit dumpfem Klang hinter ihm schloß. – Er beachtete nicht den kalten Novembersturm, der ihm einen feinen gefrorenen Regen ins Gesicht trieb, er hörte nicht das Toben und Heulen der Hunde, die wie toll ihre Ketten zu zerreißen suchten, sondern schritt rasch auf die Pferde zu, die ihm munter entgegenwieherten und ungeduldig mit den Füßen stampften. Noch einmal wandte er sich unter dem großen Thorbogen um: War es das dämmernde Tageslicht, vereint mit dem Mond, der noch am Himmel stand, der das sonst blühende Gesicht des Knaben bleich erscheinen ließ? Oder war es eine eisigkalte Faust, die in sein Herz griff, als er hinausritt zum Vaterhaus und die Stimme seines an Wahrheit gewöhnten Gewissens ihn noch einmal warnte vor der ungeheuern Lüge? – Als wolle er alle Gedanken daran verjagen, schüttelte er die dunkeln Locken aus dem Gesicht, hüllte sich fester in seinen Mantel und trieb sein Pferd an, dem anbrechenden Tag entgegen, indessen finstere Wolken über den Mond hinjagten, der sein mildes Licht scheu dahinter barg.

Stumm folgte Janos, blind und taub für alles Andere, als den Befehlen seines Herrn. »Janos, merke dir's,« hatte man ihm gesagt, »dies ist künftig dein Herr, Wilmos Graf Simonitch.« Hätte man ihm gesagt: »Dies ist Satanas der Fürst der Hölle, folge ihm, wohin er dich führt und schweige,« er wäre gefolgt bis ins hellste Feuer, denn es galt ihr, die einst seine Unschuld bezeugt, sein Leben gerettet!

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