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Andreas Hofer war mit seinen mächtigen Schritten schon halb den Berg hinunter, und nicht ein einziges Mal blickte er hinter sich, denn er war überzeugt, daß Elise Wallner ihm folge, und nur nach den Freunden, nach den Brüdern hin, waren seine Blicke und seine Gedanken gerichtet.
Aber Elise folgte ihm nicht. Sie schaute ihm nach, bis das dichte Gesträuch da unten sie seinen Blicken entzog, dann sank sie auf ihre Kniee nieder, und ihre beiden Arme gen Himmel erhebend, rief sie mit lautem, inbrünstigem Flehen: Heilige Jungfrau, schütze mich! Laß mein Werk gelingen für's liebe Vaterland!
Nun sprang sie empor, und rasch wie eine Gemse, kaum mit den Füßen den Boden berührend, eilte sie vorwärts auf der Höhe dahin dem Orte zu, wo drunten die Heuwagen standen.
Andreas Hofer indessen war in den Hohlweg hinabgestiegen, aus dem noch immer neue Schaaren der Tyroler vorwärts stürmten, obgleich sie immer wieder von den mörderischen Geschossen der Feinde zurückgedrängt wurden.
Wie die Tyroler die stolze imponirende Gestalt Hofer's, sein schönes liebes Haupt mit dem langen, prächtigen Bart erblickten, jauchzten sie laut auf, und seine Gegenwart schien ihnen neuen Muth zu verleihen. Mit Todesverachtung stürmten sie vorwärts. Andreas Hofer aber rief die tapfern Hauptleute seiner Schützen zu sich, und mit raschen kräftigen Worten theilte er ihnen die ersonnene List mit.
Das ist halt ein prächtiger und gar schlauer Einfall, sagte Anton Sieberer.
Der Heuwagen ist Euer trojanisches Pferd, mit dem Ihr wie Ulysses Euer Troja erobern wollt, rief der gelehrte Student Ennemoser, Hofer's junger Schreiber.
Weiß nit, wo Troja liegt, sagte Andreas Hofer ruhig, aber wo's Sterzinger Moos liegt, und was da geschehen muß, das weiß ich. Uebrigens sind keine Pferd' vor den Heuwagen, sondern Ochsen, und es kommt blos halt darauf an, daß die Kanonen nit den Führer von dem ersten Heuwagen gleich 'nunter schießen.
Sein Stündel ist aber sicherlich heut gekommen, und daß er heut noch in's Paradies gelangt, darauf kann er rechnen, rief Ennemoser. Aber schaut, was ist denn das für ein Gedränge da hinten im Hohlweg, und was schreien denn die Weiber so laut? Es klingt – ja wie Vivatrufen und lustiges Jubeln. Und jetzt fangen auch die Bursche an, und Alles stürzt vorwärts, als wär's das schwarze Meer, das da vorwärts braust.
In der That, die ganze Masse der Männer und Weiber, die sich da im Hintergrunde des Hohlwegs gesammelt hatte, stürmte jetzt vorwärts mit lautem Geschrei, eine einzige unermeßliche Woge, die mit Sturmesgewalt sich zu Andreas Hofer, und den neben ihm stehenden Hauptleuten heranwälzte.
Jetzt auf einmal theilte sich diese Woge, und in der Mitte all dieser jubelnden, schreienden Menschen, die jetzt die beiden Seitenwände des Hohlwegs hinan sich aufstellten, erschienen zwei jener breitstirnigen, braunrothen Stiere, wie sie in solcher Majestät, Schönheit und Kraftfülle nur in Tyrol und der Schweiz zu finden sind. Hinter diesen beiden Stieren kam der Wagen mit dem hochaufgethürmten Heu auf demselben.
Aber wer führte den Heuwagen? War's wirklich dieses liebliche holde Mädchen, das da auf dem Rücken des braunen Stiers schwebte, dessen Angesicht strahlte wie in Begeisterung, dessen Wangen glühten, wie die Morgensonne, dessen Augen wie die Sterne blitzten.
Ja, sie war's, Elise Wallner war's, die mit gottbegeistertem Muth sich auf den Rücken des Stieres geschwungen, und jetzt die von der Menschenmenge, den fort und fort krachenden Schüssen, stutzig und ängstlich gewordenen Thiere mit lautem Zuruf und Peitschenschlag vorwärts trieb.
Elise Wallner, rief Andreas Hofer mit einem Ausdruck des Entsetzens, als der hochbeladene Wagen jetzt rascher zu ihm heranrollte.
Sie wandte ihr Haupt zu ihm hin, und ein wundervolles Lächeln verklarte ihr Angesicht. Grüßt meinen herzlieben Vater, rief sie, grüßt ihn von mir, wenn ich sterben sollt'!
Ich darf's nit leiden, daß sie das thut, es ist ihr sicherer und gewisser Tod, rief Andreas Hofer angstvoll. Laßt mich hindurch, ich muß hin, und sie herunter holen.
Nein, nein, Andreas, sagte Anton Sieberer. Laß sie nur. Die Tapferkeit des Mädels wird die jungen Bursche begeistern und zu großen Thaten anfeuern, und zum Uebrigen, wenn's denn doch einmal gestorben werden muß, ist doch das Leben von einem Mädel auch nit mehr werth, als das Leben von einem Burschen. Wir stehen halt allzumal in Gottes Hand.
Der liebe Gott und seine himmlischen Heerschaaren mögen sie beschützen, sagte Andreas Hofer, die Hand auf das Bild des heiligen Georgs legend, das seine Brust schmückte.
Jetzt, Ihr Bursche, rief Anton Sieberer, jetzt laßt Euch ritt beschämen von dem Mädel. Rasch marschirt hinter dem Heuwagen her, und wenn Ihr nah' genug seid, so tretet vor und schießt die Kanoniere nieder.
Zehn junge Bursche sprangen mit lautem Jubelruf vorwärts und stellten sich je zwei und zwei hinter dem Heuwagen auf, der schwer und langsam, wie eine ungeheure Lawine sich vorwärts bewegte.
Eine athemlose Stille trat jetzt ein. Aller Blicke folgten dem Wagen, Aller Herzen klopften, und richteten Gebete zum Himmel empor für die muthige Jungfrau, die ihn führte.
Jetzt tönte ein allgemeiner Schrei des Entsetzens, – eine Kanonenkugel war daher gefahren, grad' gegen den Heuwagen, der noch von der furchtbaren Erschütterung schwankte und bebte.
Aber nun vernahm man von der Vorderseite des Wagens ein lautes fröhliches Jauchzen. Mit diesem Jauchzen verkündete Elise Wallner den Ihren, daß die Kugel sie nicht getroffen, daß sie unversehrt geblieben.
Abermals krachten jetzt Schüsse, und abermals verkündete nachher das helle Jauchzen Elisens, daß sie nicht getroffen worden, daß die Kugeln nur wirkungslos in das fest zusammengepreßte Heu hinein gefahren.
Immer weiter vorwärts indeß rollte der Wagen hinaus auf die Ebene des Sterzinger Mooses. Selbst die Stiere schienen von dem Heldenmuth ihrer Führerin durchglüht zu sein, selbst sie trabten jetzt rascher vorwärts, gerade dem Feind entgegen, dessen Kugeln um sie her sausten, ohne sie zu treffen.
Jetzt aber hielt Elise sie an in ihrem muthigen Trabe, und ihr Haupt rückwärts wendend, rief sie: nur frisch auf, Ihr Bursche. Fürchtet Euch nur nicht vor den bairischen Dampfnudeln. Sie treffen uns nicht, und wir essen sie nit so heiß, als die Baiern sie uns schicken!
Und auf diesen Zuruf Elisens antworteten die jungen Schützen, die hinter dem Heuwagen daher kamen, mit fröhlichem Lachen: nein, wir fürchten uns nit vor den bairischen Dampfnudeln. Aber die Köche, die sie uns kochen; die wollen wir jetzt fortputzen.
Und den Stutzen schon an die Wange gehoben, sprangen sie je fünf und fünf zu beiden Seiten ihrer grünen Brustwehr hervor. Ehe noch die Baiern Zeit hatten, auf die zehn verwegenen Schützen zu zielen, krachten ihre zehn Schüsse, und neben den Kanonen sanken die Kanoniere zusammen.
Die Baiern stießen ein lautes Wuthgeschrei aus, und legten auf die Schützen an, aber diese waren schon laut jubelnd und pfeifend wieder hinter dem Heuwagen verschwunden, der immer weiter vorwärts rollte.
Aber jetzt rollten aus dem Hohlweg auch die andern Heuwagen hervor. Auch den ersten derselben führte ein junges Mädchen. Von dem Heldenmuth Elisens begeistert hatte auch Anna Gamper, eines Schneiders Tochter aus Sterzing, muthig sich auf den Rücken des Stiers geschwungen, und trieb die Thiere mit dem hochbeladenen Heuwagen vorwärts. Diesem zweiten Wagen folgten, befeuert von dem glücklichen Erfolge der ersten Schützen, zwanzig junge mit Stutzen bewaffnete Bursche. Und hinter ihnen kam der dritte und der vierte Heuwagen und hinter jedem gingen zwanzig, dreißig Schützen, dicht an einander gedrängt, von der breiten Brustwehr, die der Heuwagen ihnen bildete, wohl gedeckt.
Die Kanoniere waren gefallen, die Kanonen also donnerten nicht mehr, trugen nicht mehr Tod und Verderben zu den Tyrolern hin, nur ihre Musketensalven krachten noch, aber sie trafen immer nur das Heu, nicht die muthigen Führerinnen der Ochsen, nicht die Schützen, die sich hinter dem Heu bargen, und nach jeder Salve des Feindes hervorsprangen, um jubelnd ihre Stutzen anzulegen und mit jedem Schuß einen der Feinde niederzustrecken.
Nun waren alle vier Heuwagen nahe genug heran gefahren, und jetzt mit wildem Geschrei stürzten die Tyroler, deren Zahl jetzt nahe an hundert betrug, hinter den Wagen hervor, mit umgekehrtem Gewehr sprangen sie, wilden Tigerkatzen gleich, auf die Carré's der Feinde los, warfen sich mit Kolbenschlägen über die überraschten, von dem plötzlichen Angriff wie gelähmten Baiern her.
Und nun tönte lautes Triumphgeschrei von dem Hohlweg daher. Die Tyrolerschaaren stürmten vorwärts in wildem Lauf, ihren Brüdern zu Hülfe, ihren Feinden zum Schrecken.
Ein furchtbares Gemetzel, ein wildes blutiges Getümmel entstand jetzt. Die Baiern, außer sich gebracht von dem furchtbaren, regellosen Angriff der Bauern, hatten ihnen keinen geregelten Widerstand mehr entgegenzusetzen, die Carré's lösten sich auf, wie von Entsetzen gelähmt hatten sie nicht mehr den Muth und die Kraft, den wüthenden Kolbenschlägen der Bauern auszuweichen.
Vergebens versuchte der Obrist von Bärenklau durch lautes Commandowort seine Soldaten wieder zu sammeln, vergebens machten diejenigen, welche auf seinen Ruf sich um ihn schaarten, mit ihm den verzweifelten Versuch sich durchzuschlagen. Die flammende Kampfeswuth der Tyroler überwältigte jeden Widerstand, machte jedes glückliche Entkommen unmöglich.
Ergebt Euch! donnerte Andreas Hofer den Baiern entgegen. Legt Eure Waffen nieder, und auf Gnade und Ungnade ergebt Euch!
Ein wüthender Schrei tönte von den bleichen Lippen des Obristen von Bärenklau, und er wollte vorwärts stürmen auf die frechen Bauern hin, die ihm solche Schmach zu bieten wagten. Aber seine eigenen Leute hielten ihn zurück.
Wir wollen uns nicht hinschlachten lassen, riefen sie außer sich vor Entsetzen, wir wollen uns ergeben, wir wollen unsere Waffen niederlegen.
Todesblässe überzog die Wangen des unglücklichen Officiers. So thut's denn, rief er. Uebergebt Euch und mich der Schande und Schmach! Ich habe nicht mehr die Kraft es zu hindern.
Und mit einem Seufzer, der mehr dem Schluchzen eines Sterbenden glich, sank der Obrist von Bärenklau, erschöpft von der Anstrengung und dem Verlust des Blutes, das ihm aus einer Schußwunde am Halse niederfloß, ohnmächtig zusammen.
Wir ergeben uns! Wir sind bereit unsere Waffen niederzulegen! schrieen die Baiern den Tyrolern zu, die noch immer mit Kolbenschlägen und nie fehlenden Schüssen in ihren Reihen wütheten.
Wohl, so legt die Waffen nieder, rief Andreas Hofer mit mächtiger Stimme. Tyroler, haltet ein! Wenn sie sich ergeben, soll kein Haar mehr auf ihrem Haupt gekrümmt werden, denn alsdann sind sie nit mehr unsere Feinde, sondern unsere Menschenbrüder! Legt Eure Waffen nieder, Ihr Baiern!
Die Tyroler, gehorsam den Befehlen ihres Ober-Commandanten, hielten inne in ihrem mörderischen Wüthen, und starrten nur noch mit finstern Blicken die verhaßten Feinde an.
Ein Moment des Schweigens, der athemlosen Stille trat ein, dann hörte man die bairischen Officiere mit zitternder Stimme commandiren: die Waffen niederlegen!
Und mit Bereitwilligkeit gehorchten ihre Untergebenen. Dreihundert und achtzig Soldaten und neun Officiere streckten hier auf der Ebene des Sterzinger Mooses vor den Tyrolern die Waffen, und ergaben sich auf Gnade und Ungnade. Gallerie der Helden: Andreas Hofer. S. 31.
Die Tyroler, als sie das sahen, jubelten hell auf vor Entzücken, Andreas Hofer hob den freudestrahlenden Blick zum Himmel empor. Ich danke Dir, mein Herr und Gott, sagte er, mit Deiner Hülf' ist's uns gelungen! Das ist das erste Liebesopfer, welches wir dem Landel und unserm lieben Kaiser Franz darbringen! Es lebe Tyrol und unser Kaiser Franzel!
Es lebe Tyrol und unser Kaiser Franzel! riefen die Tyroler mit lautem Jubeln und Jauchzen.
Stumm, mit niedergeschlagenen Augen, mit beschämten Mienen standen die Baiern da, während die flinken Tyrolerbursche mit geschäftiger Eile die niedergelegten Waffen sammelten und auf einem der Wagen, von dem man schnell das Heu heruntergestoßen, aufluden.
Was soll nun geschehen mit unseren Gefangenen, den Baiern? fragte Anton Sieberer den Ober-Commandanten Andreas Hofer. Wir können sie doch unmöglich mit uns führen?
Das können wir nit; auch werden uns die Feinde keine Zeit dazu lassen, erwiderte Andreas Hofer. Der Anton Wallner hat mir melden lassen, daß ein starkes Corps Baiern und Franzosen von der Mühlbacher Klause her im Anmarsch ist. Sie dürfen uns hier in der Ebene nit begegnen, denn für uns ist's nit gut, mit den Soldaten auf der Ebene zusammenzutreffen. Da sind sie stärker als wir. Aber in den Bergen sind wir ihrer Herr! Lasset uns aber in die Berg' wieder hinaufsteigen; das sind die Festungen, die der liebe Herrgott für's Landel gebaut hat, und wenn der Feind da vorüberzieht, so werden wir ihn angreifen und uns seiner erwehren.
Und die Gefangenen wollen wir mit uns nehmen in die Berge, Commandant?
Nein, das wollen wir nit thun, denn wir können sie da nit wohl hüten, und sie würden uns von dannen laufen. Nein, die Gefangenen wollen wir nit mit uns nehmen, sondern wir wollen sie alle mitsammen nach dem Schloß Steinach bringen, zur Baronin von Sternberg. Sie gehört zu uns mit Leib und Seele, sie liebt's Landel und den Kaiser. Die wird die Gefangenen wohl hüten, und aus dem großen Thurm, dem Wolfsthurm, der da auf der Höh liegt, und den Ihr von hier aus schauen könnt', werden sie nit fortlaufen können.
Aber, wer soll die Gefangenen hinbringen nach Schloß Steinach? Sollen wir Alle dahin ziehen und sie abliefern, ehe denn wir weiter ziehen?
Nein, nein, Anton Sieberer. Wir haben nit Zeit dazu. Müssen hier die Leichen rasch begraben, und Alles beiseit schaffen, damit der Franzos, wenn er kommt, nit merkt, was hier geschehen ist, und nit ahnt, daß wir in der Nähe sind. Es sollen also nur dreißig von uns die Gefangenen nach Steinach bringen.
Dreißig nur, Commandant? Wird das genügen für dreihundert achtzig Gefangene? Wenn die unterwegs die Unsern überfallen, so werden sie sie überwältigen, denn es kommen ihrer zwölf auf Jeden von den Unsern.
Das ist wahr, sagte Andreas Hofer verlegen, was fangen wir also nur an, um die Gefangenen besser zu transportiren?
Er strich sich, wie er das in Momenten der Aufregung zu thun pflegte, mit rascher Handbewegung seinen Bart, und ließ seine Augen unruhvoll umherschweifen. Auf einmal blitzten seine Augen höher auf, und ein Lächeln durchleuchtete sein Gesicht.
Ich hab's, sagte er heiter. Schau' nur, Sieberer, schau' da drüben hin? Was siehst da?
Die Weiber, die mit uns gezogen sind, und welche die Elise Wallner und die Anna Gamper herzen und küssen für ihre Heldenthat.
Und die Weiber sollen unsern dreißig Schützen helfen, die Gefangenen nach Steinach zu transportiren. Auch die Weiber haben jetzt ein Herz voll Muth und einen Arm voll Kraft, und wissen den Stutzen wohl zu führen für's Vaterland und den Kaiser. So sollen sie sich von den Waffen nehmen, die wir erobert haben, und sollen mit dreißig Mann von den Unsern die Gefangenen zur guten Baronin von Sternberg transportiren. He, Liesel Wallner, Liesel Wallner!
Hier bin ich, Commandant, rief Elise, mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen zu Andreas Hofer hineilend.
Er streichelte ihr lächelnd die Wangen. Bist ein gar tapferes und braves Mädel, sagte er, und wir Alle werden's nimmer vergessen, was Du heute gethan hast, und das ganze Tyrolerland soll's erfahren, was für ein prächtig und beherztes Mädel Du bist. Aber ich will Dich auch noch extra belohnen, Liesel, will Dich zum Hauptmann machen über eine Compagnie, und alle die Weiber da sollen zu Deiner Compagnie gehören.
Und was befiehlt der Herr Commandant, daß ich mit meiner Compagnie Weiber anfangen soll? fragte Elise Wallner.
Hauptmann Liesel, sollst mit Deiner Compagnie und dreißig Tyroler Schützen die dreihundert und achtzig Baiern nach Schloß Steinach transportiren. Waffen nehmt Ihr Euch von dem Wagen da, den Hauptmann Liesel so heldenmüthig gegen den Feind geführt hat. Getraust Du Dich, die Gefangenen sicher nach Steinach abzuliefern?
Ich getrau's mir, Commandant, ich werd' die Gefangenen dahin bringen. Dann aber möcht' ich wieder hingehen zu meinem Vater. Denk' wohl, daß er sich um mich ängstigt und auch gern wissen möcht', wie's hier bei Euch aussieht, und's wird ihn halt gar mächtig freuen, wenn ich ihm Grüß' bringen kann vom lieben Andreas Hofer.
So geh' denn, herzliebes Kind, sagte Andreas Hofer freundlich, indem er ihr zärtlich zunickte, und ihr zum Abschiedssegen die Hand auf das schöne, jugendfrische Haupt legte. Geh' mit Gott und grüß' Deinen Vater, und sag' ihm, daß mein Herz voll Freuden ist, denn ich seh' wohl, daß der liebe Herrgott und die heilige Jungfrau mit uns sind, und uns den Segen geben! D'rum wollen wir auch nimmer verzagen, und allzeit tapfer und froh streiten für unsere liebe Freiheit und unsern lieben Kaiser. Geh', Liesel, führ' mir die Gefangenen gen Steinach, und dann kehr' heim zu Deinem Vater!
Elise küßte ihm die Hand und sprang fort, und rief die Weiber zu sich, um ihnen Andreas Hofer's Befehl mitzutheilen. Sie nahmen ihn jubelnd auf, und stürzten zu dem Wagen hin, um sich mit Waffen zu versehen. –
Eine halbe Stunde später sah man auf der Fahrstraße, die nach Schloß Steinach führte, einen seltsamen Zug sich dahin bewegen. In langen Colonnen, gesenkten Hauptes, düsterer, beschämter Miene, waffenlos, zog eine lange Linie Soldaten daher. Ihnen zu beiden Seiten aber, mit hochgehobenen Häuptern, stolzen, triumphirenden Mienen, einen Stutzen oder einen Degen geschultert, schritten die Weiber daher, dann und wann begleitet von zwei Tyroler Schützen, die mit den grollenden und scharf aufmerksamen Augen des Schäferhundes die stille, schweigende Heerde beobachteten, die in ihrer Mitte dahin zog.