Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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Siebentes Kapitel

Madame d'Estampes muntert den Maler Primaticcio, sonst Bologna genannt, auf, durch Wetteifer den Autor zu quälen. – Er wird in einen verdrießlichen Prozeß verwickelt mit einer Person, die er aus Klein-Nello [Petit-Nesle] geworfen. – Beschreibung der französischen Gerichtshöfe. – Der Verfasser, durch diese Verfolgungen und durch die Advokatenkniffe aufs Äußerste gebracht, verwundet die Gegenpartei und bringt sie dadurch zum Schweigen. – Nachricht von seinen vier Gesellen und seiner Magd Katharine. – Ein heuchlerischer Geselle betrügt den Meister und hälts mit Katharinen. – Der Meister ertappt sie auf der Tat und jagt Katharinen mit ihrer Mutter aus dem Hause. – Sie verklagen ihn wegen unnatürlicher Befriedigung. – Dem Autor wirds bange. – Nachdem er sich gefaßt und sich kühnlich dargestellt, verficht er seine eigne Sache und wird ehrenvoll entlassen.

Nun hatte ich freilich mit einem andern Manne denselben Fall, wobei ich aber das Haus nicht ruinierte, sondern ihm nur seine Sachen hinauswarf. Bei dieser Gelegenheit war Madame d'Estampes so kühn, dem Könige zu sagen: Ich denke, dieser Teufel wird Euch einmal Paris umkehren! Darauf antwortete der König erzürnt: Er tut wohl, sich gegen jene Kanaillen zu verteidigen, die ihn an meinem Dienst verhindern wollen. Durch dergleichen Vorfälle wuchs die Raserei dieses grausamen Weibes immer mehr. Sie rief einen Maler zu sich, der in Fontainebleau wohnte, wo der König sich immer aufhielt; es war ein Italiener und Bologneser und ward gewöhnlich nur Bologna genannt, doch hieß er eigentlich Franz Primaticcio. Zu diesem sagte Madame d'Estampes, er solle von dem König die Arbeit verlangen, welche Seine Majestät mir zugedacht habe, sie wolle ihm mit ihrer ganzen Gewalt beistehen. Und so wurden sie einig.

Als Bologna diese Arbeit schon so gut als gewiß vor sich sah, erfreute er sich über die Maßen, ob es gleich seine Profession nicht war, sondern er nur, da er gut zeichnete, einige Arbeiter an sich gezogen hatte, die von unserm florentinischen Maler Rosso gebildet worden. Dieser wirklich sehr geschickte Künstler war schon tot, und was Bologna Gutes hatte, war aus der verwundernswürdigen Manier seines Vorgängers genommen.

Nun brachten sie Tag und Nacht dem König ihre künstlichen Argumente vor: bald lag ihm Madame, bald Bologna in den Ohren. Wodurch aber eigentlich zuletzt der König bewogen wurde, war die Geschicklichkeit, mit der sie einstimmig und wiederholt zu ihm sagten: Eure Majestät will, daß Benvenuto zwölf Statuen von Silber machen soll, und er hat noch nicht eine vollendet! Verwickelt Ihr ihn in ein so großes Unternehmen, so beraubt Ihr Euch aller übrigen Arbeiten, welche Ihr so sehr zu sehen wünscht. Hundert der geschicktesten Künstler könnten nicht so große Werke vollenden, als dieser wackre Mann begonnen hat; er ist voll vom besten Willen zu arbeiten, aber eben weil er so viel unternimmt, werden Eure Majestät ihn und die Arbeit verlieren. Durch solche und ähnliche Worte ließ der König sich bewegen, in ihr Begehren zu willigen, und hatte weder eine Zeichnung noch ein Modell zur Arbeit von Bolognas Hand gesehen.

In derselbigen Zeit erregte jener zweite Einwohner, den ich aus meinem Schlosse vertrieben hatte, einen Prozeß gegen mich, indem er behauptete, ich habe ihm zu jener Zeit, als ich ihn herauswarf, viele seiner Sachen gestohlen. Dieser Prozeß machte mir das größte Leiden und nahm mir so viel Zeit, daß ich mich öfters beinahe der Verzweiflung ergeben hätte und auf und davon gegangen wäre.

Sie haben die Gewohnheit in Frankreich, daß sie einen Prozeß für ein Kapital halten, sie mögen ihn nun mit einem Fremden oder mit einer andern Person anfangen, von der sie merken, daß sie nicht ganz mit dem Gang ihrer Rechtstreite bekannt ist. Sobald sie nun sich einigermaßen im Vorteil sehen, finden sie Gelegenheit, den Prozeß zu verkaufen; ja, manchmal hat man sie als Mitgift den Töchtern mitgegeben, wenn sie Männer heirateten, die ein Handwerk daraus machen, Prozesse zu kaufen.

Ferner haben sie noch eine andere häßliche Gewohnheit. Der größte Teil der Leute in der Normandie nämlich treibt es als ein Gewerb, daß sie falsch Zeugnis geben, so daß diejenigen, die einen Prozeß kaufen, sogleich vier oder sechs solcher Zeugen, nach Bedürfnis, abrichten. Weiß nun der Gegenteil nicht dasselbe zu tun, indem die Gewohnheit ihm nicht bekannt ist, so hat er gleich ein Urteil gegen sich. Mir begegnete beides, und indem ich die Sache für schändlich hielt, erschien ich in dem großen Saale zu Paris, um meine Gründe selbst vorzubringen. Da sah ich den Richter, einen Zivilleutnant des Königs, erhoben auf einem großen Richterstuhle; dieser Mann war groß, stark und dick und von dem finstersten Ansehn. Zu seiner einen Seite standen viele Leute, zur andern Prokuratoren und Advokaten, sämtlich in Ordnung, zur Rechten und zur Linken; einige traten auf und brachten ihm eine Sache vor. Die Advokaten, die auf der Seite standen, redeten manchmal alle zusammen, und ich war höchst verwundert, daß dieser seltene Mann, der ein wahrhaft plutonisches Ansehn hatte, mit merklicher Gebärde bald diesem, bald jenem zuhörte und gehörig antwortete, und weil ich immer gern alle Arten von Geschicklichkeiten gesehen und genossen habe, so schien mir dieser Mann so verwundersam, daß ich für vieles seinen Anblick nicht hingegeben hätte.

Der Saal war sehr groß und voller Menschen, daher war man besorgt, niemanden hereinzulassen, als wer darin zu tun hatte: die Tür war verschlossen, und es stand Wache dabei. Nun geschah es manchmal, daß die Wache einigen Personen widerstand, die sie nicht hereinlassen wollte, und durch ihren Lärm dem seltenen Richter beschwerlich ward, welcher äußerst zornig auf die Wache schimpfte. Dieser Fall kam öfters vor, und ich merkte besonders auf die Worte des Richters bei dieser Gelegenheit. Als nun einmal zwei Edelleute bloß als Zuschauer hereindringen wollten, tat ihnen jener Türhüter den stärksten Widerstand. Da sah der Richter hin und rief: Stille, stille! Satan, fort, stille! Und zwar klingen diese Worte im Französischen folgendermaßen: Paix, paix! Satan, allez, paix! Ich, der ich die französische Sprache sehr wohl gelernt hatte, erinnerte mich bei diesem Spruche eines Ausdrucks, welchen Dante gebraucht, als er mit Virgil, seinem Meister, in die Tore der Hölle tritt, und ich verstand nun den dunkeln Vers; denn Dante war mit Giotto, dem Maler, in Frankreich und am längsten in Paris gewesen, und wahrscheinlich hat er auch diesen Ort, den man wohl eine Hölle nennen kann, besucht und hat diesen hier gewöhnlichen Ausdruck, da er gut Französisch verstand, auch in seinem Gedichte angebracht. Nun schien es mir sonderbar, daß man diese Stelle niemals verstanden hat. Wie ihn denn überhaupt seine Ausleger wohl manches sagen lassen, was er weder gedacht noch geträumt hat.

Daß ich nun wieder von meinen Angelegenheiten spreche, so wurde mir durch die Kunst dieser Advokaten mehr als ein ungünstiges Urteil gegeben. Als ich nun keine Mittel sah, mir weiter zu helfen, nahm ich meine Zuflucht zu einem großen Dolche, den ich besaß; denn ich liebte von jeher, schöne Waffen zu haben. Nun griff ich zuerst den Prinzipal an, der einen so ungerechten Prozeß gegen mich angefangen hatte, und indem ich mich hütete, ihn zu ermorden, gab ich ihm so viel Stiche auf Arme und Schenkel, daß ich ihn des Gebrauchs beider Beine beraubte. Alsdann suchte ich den andern auf, der den Prozeß gekauft hatte, und auch den traf ich so, daß er die Klage nicht weiter fortsetzte, und dafür dankte ich Gott wie für jede andere Wohltat und hoffte dann, doch nun eine Zeitlang in Ruhe zu bleiben.

Da sagte ich meinen Hausgesellen, besonders den Italienern: jeder solle um Gottes willen sich zu seiner Arbeit halten und mir einige Zeit aufs beste beistehen, damit ich nur sobald als möglich die angefangenen Werke zustande brächte; alsdann wollte ich nach Italien zurückkehren, denn die Schelmstreiche der Franzosen wären mir unerträglich. Und sollte ja der gute König einmal auf mich erzürnt werden, so könnte mir es sehr übel gehen, da ich zu meiner Verteidigung doch manche solcher Handlungen vorgenommen habe.

Unter den Italienern, welche ich bei mir hatte, war der erste und liebste Ascanio, aus dem neapolitanischen Städtchen Tagliacozzo, der andere Paul, ein Römer von sehr geringer Geburt, man kannte seinen Vater nicht. Diese hatte ich schon in Rom bei mir gehabt und sie mit nach Frankreich gebracht. Dann war noch ein anderer Römer, der gleichfalls Paul hieß, ausdrücklich mich aufzusuchen nach Paris gekommen. Sein Vater war ein armer Edelmann, aus dem Hause der Maccharoni; dieser verstand nicht viel von der Kunst, hielt sich aber äußerst brav in den Waffen. Ferner arbeitete ein Ferrareser bei mir, mit Namen Bartholomäus Chioccia, sodann ein anderer, ein Florentiner, der Paul Micceri hieß. Ein Bruder von diesem, mit dem Zunamen Gatta, war trefflich in der Feder; nur hatte er ein wenig zu viel ausgegeben, als er die Handlung des Thomas Guadagni, eines sehr reichen Kaufmanns, führte. Gatta richtete mir gewisse Bücher ein, in denen ich die Rechnung des großen allerchristlichsten Königs und anderer, für die ich Arbeit unternahm, einzuzeichnen pflegte. Nun führte gedachter Paul Micceri nach Art und Weise seines Bruders meine Bücher fort, und ich gab ihm dafür eine sehr gute Besoldung; so schien er mir auch ein gutartiger Jüngling, denn ich sah ihn immer sehr andächtig, und da ich ihn bald Psalmen; bald den Rosenkranz murmeln hörte, so versprach ich mir viel von seiner verstellten Güte.

Ich rief ihn beiseite und sagte zu ihm: Paul, liebster Bruder! du siehst, wie gut du bei mir stehst, und weißt, daß du sonst keine Aussicht hattest; auch bist du ein Landsmann, und ich vertraue dir, besonders, weil ich sehe, du bist andächtig und beobachtest die Gebräuche der Religion; das gefällt mir sehr wohl, und ich vertraue dir mehr als allen ändern. Deswegen bitte ich dich, sorge mir vor allem für diese beiden ersten Dinge, damit ich keinen Verdruß habe. Zuvörderst gib wohl auf meine Sachen acht, daß mir nichts entwendet wird, und du selbst rühre mir nichts an; dann habe ich da das arme Mädchen, die Katharine, die ich besonders wegen meiner Kunst bei mir habe, denn ohne sie könnte ich nichts vollbringen. Nun habe ich freilich, weil ich ein Mensch bin, auch sinnliche Vergnügungen mit ihr gepflogen, und es könnte geschehen, daß sie mir ein Kind von einem ändern brächte und mir einen Schimpf antät, den ich nicht ertragen würde. Wäre jemand in meinem Hause kühn genug, dergleichen zu unternehmen, so glaube ich gewiß, ich würde das eine wie das andere totschlagen; deswegen bitte ich dich, Bruder, stehe mir bei, und wenn du irgend etwas bemerkst, so entdecke mirs, denn ich schicke sie, die Mutter und ihren Verführer, an Galgen. Deswegen nimm dich vor allem selbst in acht!

Da machte der Schelm das Zeichen des Kreuzes, daß es ihm vom Kopf bis zu den Füßen reichte und sagte: Gebenedeiter Jesus! Gott bewahre mich, daß ich an so was denken sollte, denn ich bekümmere mich um dergleichen Zeug nicht. Und glaubt Ihr denn, daß ich die große Wohltat verkenne, die ich bei Euch genieße? Diese Worte sagte er auf eine einfache und liebevolle Weise, so daß ich sie ihm buchstäblich glaubte. Zwei Tage hernach, an einem Sonntage, hatte Herr Matthäus del Nassaro, auch ein Italiener, ein Diener des Königs und ein trefflicher Mann in meiner Kunst, mich und einige meiner Gesellen in einen Garten eingeladen; es war mir angenehm, mich nach jenen verdrießlichen Prozessen ein wenig zu erholen, und ich sagte zu Paulen, er solle auch mit mir gehn.

Dieser Mensch antwortete mir: Wahrhaftig, es wäre ein großer Fehler, das Haus so allein zu lassen! Seht, wieviel Gold, Silber und Juwelen darin sind, und da wir uns in einer Stadt von Spitzbuben befinden, so muß man Tag wie Nacht Wache halten. Ich will einige Gebete verrichten, indem ich das Haus bewahre; geht nur ruhig und macht Euch einen guten Tag! ein andermal mag ein anderer diesen Dienst tun. Nun ging ich mit beruhigtem Gemüt mit Paul, Ascanio und Chioccia, mich in gedachtem Garten zu vergnügen, und wir waren den größten Teil des Tages daselbst sehr lustig. Als es gegen Abend kam, überfiel mich eine böse Laune, und ich gedachte jener Worte, die mir der Unglückliche mit unendlicher Einfalt gesagt hatte. Da stieg ich zu Pferde und begab mich mit zwei meiner Diener auf mein Schloß. Ich ertappte Paulen und die abscheuliche Katharine fast auf der Tat, denn als ich ankam, rief die französische kupplerische Mutter: Paul und Katharine, der Herr ist da! Da sie nun beide erschrocken herankamen und ganz verworren vor mich traten und weder wußten, was sie sagten, noch wo sie sich hinwenden sollten, so sah ich ganz deutlich, daß sie das Verbrechen begangen hatten.

Da ward meine Vernunft durch den Zorn überwältigt, ich zog den Degen und beschloß, sie auf der Stelle beide zu ermorden. Er floh, und sie warf sich auf die Knie und schrie um alle Barmherzigkeiten des Himmels. Ich hätte gern den Burschen zuerst getroffen, konnte ihn aber sobald nicht erreichen; indessen hatte ich denn doch überdacht, daß es besser sei, beide wegzujagen: denn da ich kurz vorher verschiedene andre Dinge der Art vorgenommen hatte, so wäre ich diesmal schwerlich mit dem Leben davongekommen. Deswegen sagte ich zu Paulen, als ich ihn erreichte: Hätten meine Augen gesehen, du Schelm, was ich glauben muß, so stach ich dir den Degen zehnmal durch den Leib! Mache, daß du fortkömmst, und bete, du Heuchler, dein letztes Paternoster unter dem Galgen! Darauf jagte ich Mutter und Tochter weg mit Stößen, Tritten und Faustschlägen.

Sie dachten darauf, sich zu rächen, und hielten einen Rat mit einem normannischen Advokaten. Der gab an, sie solle sagen, ich habe mich mit ihr auf italienische Weise vergnügt (das heißt: gegen die Natur), und sagte dabei: Sobald der Italiener das vernimmt und die große Gefahr bedenkt, so gibt er Euch ein paar hundert Scudi, damit Ihr nur schweiget! denn die Strafe ist groß, die in Frankreich auf dieses Vergehen gesetzt ist. Und so wurden sie einig, verklagten mich, und ich ward gefordert.

Leider, je mehr ich mir Ruhe suchte, desto größer ward die Plage. Da mir nun das Glück täglich auf verschiedene Weise zuwider war, überlegte ich, was ich tun sollte: ob ich mit Gott fortgehen und Frankreich dem Henker lassen sollte, oder ob ich auch noch diesen Streit bestehen und zeigen könne, daß Gott mich nicht verlassen würde. Nachdem ich eine lange Zeit hierüber zweifelhaft gewesen war, entschloß ich mich fortzugehen, um nicht mein böses Glück so lange zu versuchen, bis es mir den Hals bräche. Als ich nun völlig entschlossen war, sorgte ich, diejenigen Sachen, die ich nicht mitnehmen konnte, an einem guten Orte unterzubringen, die kleinern aber so gut als möglich mir selbst und meinen Dienern aufzupacken. Doch vollbrachte ich dieses Geschäft mit großem Verdruß. Nun war ich allein in einem gewissen kleinen Studierzimmer geblieben; denn nachdem meine Gesellen mir zugeredet hatten, ich sollte nun mit Gott davongehen, so sagte ich zu ihnen, sie sollten mich nur allein lassen, denn ich wollte die Sache auch nun einmal mit mir selbst überlegen. Zwar hatte ich mich schon überzeugt, daß sie zum größten Teil recht hatten, denn wenn ich nur frei und außer dem Gefängnis blieb und dem Sturm ein wenig Platz machte, so konnte ich mich beim Könige besser entschuldigen, indem ich ihm diesen boshaft eingeleiteten Handel schriftlich erklärte, und so war ich, wie gesagt, auch entschlossen. Aber als ich weggehen wollte, faßte mich etwas bei der Schulter, und da ich mich umkehrte, sagte mir eine lebhafte Stimme: Benvenuto! tue, wie du pflegst, und fürchte dich nicht. Sogleich entschloß ich mich anders und sagte zu meinen italienischen Gesellen: Nehmt tüchtige Waffen und kommt mit mir! Gehorcht allem, was ich euch sage, und denkt an nichts anders, denn ich will erscheinen. Wenn ich mich entfernte, so gingt ihr den andern Tag alle in Rauch auf; deswegen gehorcht und kommt mit! Da sagten meine Bursche mit einer Stimme: Da wir hier sind und von dem Seinigen leben, so müssen wir mit ihm gehn und, solange der Atem in uns ist, ihm beistehn in allem, was er gut findet, denn er hat es besser getroffen als wir. Fürwahr, sobald er weg wäre, würden uns seine Feinde sämtlich verjagen. Laßt uns die großen Werke betrachten, die er hier angefangen hat, Werke von so großer Wichtigkeit, die wir ohne ihn niemals endigen können, und seine Feinde würden sagen, er habe sich fortgemacht, weil er mit solchen Unternehmungen nicht habe zustande kommen können. Und so sagten sie noch viele große und bedeutende Worte.

Der erste aber, der ihnen Mut machte, war der römische Jüngling Maccharoni. Er rief noch einige Deutsche und Franzosen, die mir wohlwollten, und wir waren zehen in allem. So machte ich mich auf den Weg, entschlossen, mich nicht lebendig einfangen zu lassen. Als ich vor die Kriminalrichter kam, fand ich Katharinen mit ihrer Mutter, und da ich unvermutet hinzutrat, sah ich, daß sie mit ihrem Advokaten lachten. Ich fragte mutig nach dem Richter, der, aufgeblasen, dick und fett, höher als die andern auf einem Tribunal stand. Der Mann sah mich drohend an und sagte mit leiser Stimme: Zwar ist dein Name Benvenuto, doch diesmal wirst du übel ankommen. Ich vernahms und sagte noch einmal schnell: Fertigt mich ab! sagt, was ich hier zu tun habe! Darauf wendete er sich zu Katharinen und sagte: Katharine! nun erzähle alles, was du mit Benvenuto vorgehabt hast. Sie sagte darauf: ich habe auf italienische Weise mit ihr gelebt. Hörst du, Benvenuto, sagte darauf der Richter, was Katharine sagt? Ich versetzte darauf: wenn es geschehen wäre, so wäre meine Absicht gewesen, Kinder zu zeugen, wie es andere auch täten. Der Richter aber sagte: Keineswegs! denn sie bekennt eben, daß es dir nicht um Kinder zu tun war. Darauf sagte ich: Das muß also eine französische und keine italienische Manier sein, da Ihr sie kennt und ich nicht. Zugleich verlangte ich, sie solle genau die Art erzählen, was ich mit ihr begangen habe. Nun sagte die liederliche, schändliche Dirne alles klar, wie sie sichs vorgenommen hatte. Ich ließ sie dreimal alle Punkte einen nach dem ändern wiederholen, dann sagte ich mit lauter Stimme: Herr Richter, Stellvertreter des allerchristlichsten Königs! ich fordere Gerechtigkeit, denn ich weiß, daß das Gesetz beide Teile zum Feuer verdammt. Diese bekennt das Verbrechen, und ich weiß nichts davon, und diese ihre kupplerische Mutter verdient wegen mehr als einem Verbrechen das Feuer. Ich fordere Gerechtigkeit! Diese Worte wiederholte ich so oft und laut und rief immer nach Feuer für sie und die Mutter und sagte zum Richter: wenn er sie nicht in meiner Gegenwart gefänglich einzöge, so würde ich zum König laufen und ihm die Ungerechtigkeit seines Kriminalrichters anzeigen. Da ich nun so lärmte, mäßigten sie nach und nach ihre Stimmen, und ich ward nur immer lauter. Da fing die Dirne mit der Mutter zu weinen an, und ich rief immer zum Richter: Feuer, Feuer! Als nun diese dicke Memme sah, daß die Sache nicht so ablief, wie er gedacht hatte, so fing er mit sanften Worten an, die Schwäche des weiblichen Geschlechts zu entschuldigen. Da konnte ich mich rühmen, eine große Schlacht gewonnen zu haben, und ging, murrend und drohend, aber sehr zufrieden, in Gottes Namen weg; doch hätte ich gern fünfhundert Scudi gegeben, wenn ich nicht hätte erscheinen müssen. Nun dankte ich Gott von Herzen, daß ich aus dieser Not entronnen war, und kehrte mit meinen jungen Leuten fröhlich nach dem Kastell zurück.


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