Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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Erstes Kapitel

Der Kardinal von Ferrara kommt aus Frankreich nach Rom zurück. – Als er sich mit dem Papst bei Tafel unterhält, weiß er die Freiheit des Autors zu erbitten.

So vergingen wenige Tage, als der Kardinal von Ferrara in Rom erschien, der, als er dem Papst seine Aufwartung machte, so lange bei ihm aufgehalten wurde, bis die Stunde des Abendessens kam. Nun war der Papst ein sehr kluger Mann und wollte bequem mit dem Kardinal über die Franzosereien sprechen, weil man bei solchen Gelegenheiten sich freier über viele Dinge als sonst herausläßt. Der Kardinal, indem er von der großmütigen und freigebigen Art des Königs, die er genugsam kannte, sehr ausführlich sprach, gefiel dem Papste außerordentlich, der sich, wie er alle Woche einmal tat, bei dieser Gelegenheit betrank, von welchem Rausch er sich denn gewöhnlich sogleich befreite, indem er alles wieder von sich gab.

Da der Kardinal die gute Disposition des Papstes bemerkte, bei welcher wohl eine gnädige Gewährung zu hoffen war, verlangte er mich von Seiten des Königs auf das nachdrücklichste und versicherte, daß Seine Majestät auf das lebhafteste nach mir begehre. Da nun der Papst sich nahe an der Zeit fühlte, wo er sich zu übergeben pflegte, auch sonst der Wein seine Wirkungen äußerte, so sagte er mit großem Lachen zum Kardinal: Nun sollt Ihr ihn gleich mit Euch nach Hause führen! Darauf gab er seinen besondern Befehl und stand vom Tische auf. Sogleich schickte der Kardinal nach mir, ehe es Herr Peter Ludwig erführe, denn der hätte mich auf keine Weise aus dem Gefängnis gelassen. Es kam der Befehl des Papstes und zwei der ersten Edelleute des Kardinals Ferrara; nach vier Uhr in der Nacht befreiten sie mich aus dem Gefängnisse und führten mich vor den Kardinal, der mich mit unschätzbarer Freundlichkeit empfing, mich gut einquartieren und sonst aufs beste versorgen ließ. Herr Antonio, der neue Kastellan, verlangte, daß ich alle Kosten nebst allen Trinkgeldern für den Bargell und dergleichen Leute bezahlen sollte, und wollte nichts von alledem beobachtet wissen, was sein Bruder, der Kastellan, zu meinen Gunsten verordnet hatte. Das kostete mich noch manche zehn Scudi.

Der Kardinal aber sagte mir: ich sollte nur gutes Muts sein und mich wohl in acht nehmen, wenn mir mein Leben lieb sei, denn wenn er mich nicht selbigen Abend aus dem Gefängnis gebracht hätte, so wäre ich wohl niemals herausgekommen; er höre schon, daß der Papst sich beklage, mich losgelassen zu haben.

Nun muß ich noch einiger Vorfälle rückwärts gedenken, damit verschiedene Dinge deutlich werden, deren ich in meinem Gedicht erwähne.

Als ich mich einige Tage in den Zimmern des Kardinals Cornaro aufhielt, und nachher, als ich in dem geheimen Garten des Papstes war, besuchte mich unter andern werten Freunden ein Kassier des Herrn Bindo Altoviti, der Bernhard Galluzzi hieß, dem ich den Wert von einigen hundert Scudi vertraut hatte. Er kam zu mir im geheimen Garten des Papstes und wollte mir alles zurückgeben; ich aber versetzte: ich wüßte meine Barschaft keinem liebern Freunde zu geben, noch sie an einen Ort zu legen, wo sie sicherer stünde. Da wollte er mir das Geld mit Gewalt aufdringen, und ich hatte Not, ihn zu bewegen, daß er es behielt. Da ich nun aus dem Kastell befreit wurde, fand sichs, daß er verdorben war, und ich verlor meine Barschaft.

Ferner hatte ich noch im Gefängnis einen schrecklichen Traum, als wenn mir jemand mit der Feder Worte von der größten Bedeutung an die Stirn schrieb und mir dreimal sagte, ich sollte schweigen und niemand nichts davon entdecken.

So erzählte man mir auch, ohne daß ich wußte, wer es war, alles, was in der Folge Herrn Peter Ludwig begegnete, so deutlich und so genau, daß ich nicht anders glauben konnte, als ein Engel des Himmels habe es mir offenbaret.

Dann muß ich noch eine Sache nicht zurücklassen, die größer ist, als daß sie einem andern Menschen begegnet wäre, ein Zeichen, daß Gott mich losgesprochen und mir seine Geheimnisse selbst offenbaret hat. Denn seit der Zeit, daß ich jene himmlischen Gegenstände gesehen, ist mir ein Schein ums Haupt geblieben, den jedermann sehen konnte, ob ich ihn gleich nur wenigen gezeigt habe.

Diesen Schein sieht man des Morgens über meinem Schatten, wenn die Sonne aufgeht, und etwa zwei Stunden darnach. Am besten sieht man ihn, wenn ein leichter Tau auf dem Grase liegt, ingleichen abends bei Sonnenuntergang. Ich bemerkte ihn in Frankreich, in Paris, weil die Luft in jener Gegend viel reiner von Nebeln ist, so daß man den Schein viel ausdrücklicher sah als in Italien, wo die Nebel viel häufiger sind; dessenungeachtet aber seh ich ihn auf alle Weise und kann ihn auch ändern zeigen, nur nicht so gut wie in jenen Gegenden.


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