Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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Zehntes Kapitel

Herr Peter Ludwig, des Papstes natürlicher Sohn, in Hoffnung, gedachten Schatz zu erhalten, überredet seinen Vater, mit der äußersten Strenge gegen den Autor zu verfahren. – Er wird von dem Gouverneur und ändern obrigkeitlichen Personen verhört. – Treffliche Rede zur Verteidigung seiner Unschuld. – Peter Ludwig tut alles mögliche, ihn zu verderben, indessen der König von Frankreich sich für ihn verwendet. – Freundliches Betragen des Kastellkommandanten gegen ihn. – Geschichte des Mönchs Pallavicini. – Der Autor macht Anstalten zur Flucht. – Der Papst, ungehalten über das Fürwort des Königs von Frankreich, beschließt, den Autor in lebenslänglichem Gefängnis zu halten.

Herr Peter Ludwig, ein Sohn des Papstes, bedachte die große Summe, wegen welcher ich angeklagt war, und bat sogleich bei seinem Vater für mich um Gnade, unter der Bedingung, daß ich ihm ein Geschenk davon machte. Der Papst gewährte ihm seine Bitte und versprach zugleich, daß er ihm behülflich sein wolle, das Geld zu erlangen. So hielten sie mich acht Tage im Gefängnis, nach Verlauf derselben sie mich, um der Sache einige Gestalt zu geben, zum Verhör holen ließen. Man brachte mich in einen der Säle des Kastells. Der Ort war sehr ehrbar, und als Examinatoren fand ich daselbst den Gouverneur von Rom, Herrn Benedetto Conversini von Pistoia, der nachher Bischof von Jesi wurde, sodann den Fiskal, dessen Namen ich vergessen habe, und den Kriminalrichter, Herrn Benedetto da Cagli. Diese drei fingen an, mich zu befragen, erst mit freundlichen Worten, dann mit heftigen und fürchterlichen Ausdrücken; denn ich hatte zu ihnen gesagt: Meine Herren! schon über eine Stunde fragt Ihr mich über Fabeln und leere Dinge; Ihr sprecht hin und wider, ohne daß ich weiß, was das heißen soll. Ich bitte Euch, sagt, was Ihr von mir verlangt, und laßt mich aus Eurem Munde gründliche Worte hören und nicht eitel Fabeln und Geschwätze.

Hierauf konnte der Gouverneur, der von Pistoia war, seine grimmige Natur nicht mehr verbergen und versetzte: Du sprichst sehr sicher, ja allzu kühn! Dafür soll dein Stolz so klein wie ein Hündchen werden, wenn du meine gründlichen Worte hören wirst, die weder Geschwätz noch Märchen sind, wie du sagst, sondern eine Folge von Gründen, die du Mühe genug haben wirst, gründlich zu widerlegen. Und zwar wissen wir ganz gewiß, daß du zur Zeit der unglücklichen Verheerung von Rom gegenwärtig [und] in dem Kastell Sant Angelo warst und man sich deiner als eines Artilleristen bediente. Da du nun eigentlich Goldschmied und Juwelier bist und Papst Clemens dich vorher gekannt hatte, auch kein anderer von dieser Profession in der Nähe war, ließ er dich insgeheim rufen und vertraute dir dergestalt, daß er die Juwelen seiner Kronen, Bischofsmützen und Ringe durch dich ausbrechen und in die Falten seiner Kleider nähen ließ. Bei dieser Gelegenheit hast du für achtzigtausend Scudi heimlich entwendet. Dieses hat uns einer deiner Gesellen gesagt, gegen den du dich dessen im Vertrauen gerühmt hast. Nun erklären wir dir freimütig: schaffe die Juwelen oder ihren Wert herbei, so magst du alsdann frei wieder hingehen.

Als ich diese Worte hörte, konnte ich mich des lauten Lachens nicht enthalten, und erst, nachdem ich mich eine Weile ausgeschüttet, sagte ich: Gott sei gedankt, daß ich das erstemal, da es ihm gefallen hat, mich gefänglich einziehen zu lassen, so glücklich bin, nicht etwa wegen einer geringen Sache verhaftet zu werden, wie es öfters jungen Leuten zu begegnen pflegt. Wenn auch alles wahr war, was Ihr sagt, so ist dabei nicht die geringste Gefahr für mich, daß ich etwa am Körper gestraft werden sollte; denn in jener Zeit hatte das Gesetz alle seine Kraft verloren, und ich könnte mich daher entschuldigen und sagen, daß ich als Diener diesen Schatz dem heiligen apostolischen Sitz aufgehoben habe, mit der Absicht, solche Kostbarkeiten einem guten Papste wieder zuzustellen oder demjenigen, der mir sie wieder abfordern ließ, wie es nun durch Euch geschähe, wenn sich die Sache so verhielte.

Hierauf ließ mich der rasende Pistojeser keine weitern Gründe vorbringen und versetzte wütend: Verziere du die Sache, wie du willst, Benvenuto! uns ist genug, das Unsere wiedergefunden zu haben, und mache nur geschwind, wenn wir nicht auf andere Weise als mit Worten verfahren sollen. Zugleich wollten sie aufstehn und weggehen, worauf ich zu ihnen sagte: Meine Herren! mein Verhör ist nicht geendet, deswegen hört mich an und dann geht, wohin es Euch gefällt. Sogleich nahmen sie wieder in völligem Zorne Platz, als wenn sie entschieden wären, nichts zu hören, was ich vorbringen könnte, ja sie verbargen eine Art von Zufriedenheit nicht, denn sie glaubten, alles schon gefunden zu haben, was sie zu wissen verlangten. Ich fing daher auf folgende Weise zu reden an:

Wißt, meine Herren, daß ich ungefähr zwanzig Jahr in Rom wohne und daß ich weder hier noch anderswo jemals eingekerkert worden bin.

Darauf sagte der Häscher von Gouverneur: Und du hast hier doch Menschen umgebracht! Darauf versetzte ich: Das sagt Ihr und nicht ich! Denn wenn einer kam, Euch umzubringen, so würdet Ihr Euch schnell genug verteidigen, und wenn Ihr ihn erschlügt, würden es die heiligen Gesetze Euch nachsehen. Und nun laßt mich auch meine Gründe vorbringen, wenn Ihr dem Papst die Sache gehörig vorzutragen und ein gerechtes Urteil über mich zu sprechen gedenkt. Ich sage Euch von neuem: es sind ungefähr zwanzig Jahre, daß ich das wundersame Rom bewohnt und hier die größten Arbeiten meiner Profession vollendet habe; und weil ich weiß, daß Christus hier wohnet und regieret, so hätte ich mich darauf mit der größten Sicherheit verlassen, ja wenn ein weltlicher Fürst versucht hätte, mir einigen Schaden zuzufügen, so würde ich meine Zuflucht zu dem Heiligen Stuhle und zu dem Statthalter Christi genommen haben, damit er mich beschützt hätte. Wehe mir, wo soll ich nun jetzo hingehen? Zu welchem Fürsten soll ich mich wenden, der mich vor diesen schändlichen Absichten rette? Hättet Ihr nicht, ehe Ihr mich gefangen nahmt, untersuchen sollen, wo ich dann auch diese achtzigtausend Scudi verwahren könnte? Hättet Ihr nicht das Verzeichnis der Juwelen durchsehen sollen, das man bei unsrer apostolischen Kammer seit fünfhundert Jahren fleißig fortsetzt? Hätte sich dann irgendeine Lücke gefunden, so hättet Ihr meine Bücher und mich nehmen und die Vergleichung anstellen sollen. Ich muß Euch nur sagen: die Bücher, in welchen die Juwelen des Papstes und der Kronen verzeichnet stehen, sind noch alle vorhanden, und Ihr werdet finden, daß alles, was Papst Clemens besessen hat, sorgfältig aufgeschrieben ist. Das einzige könnte sein: als der arme Mann, Papst Clemens, sich mit jenen kaiserlichen Freibeutern vergleichen wollte, die ihm Rom geplündert und die Kirche geschmäht hatten, da kam einer zu dieser Vergleichshandlung, der, wenn ich mich recht erinnere, Caesar Iscatinaro hieß. Man hatte sich beinahe über alle Punkte mit dem bedrängten Papste vereinigt, der doch dem Abgeordneten auch etwas Angenehmes erzeigen wollte und einen Diamanten vom Finger fallen ließ, der ungefähr viertausend Scudi wert sein konnte. Iscatinaro bückte sich, ihn aufzuheben, worauf der Papst sagte: er möchte sich des Rings aus Liebe zu ihm bedienen. Bei diesem Fall war ich gegenwärtig, und wenn dieser Diamant fehlen sollte, so sag ich Euch, wo er hin ist, ob ich gleich überzeugt bin: auch dieses wird bemerkt sein. Und nun könnt Ihr an Eurer Stelle Euch schämen, einen Mann meinesgleichen so behandelt zu haben, der so vieles ehrenvoll für diesen apostolischen Sitz unternommen hat. Denn wißt nur: war ich jenen Morgen, als die Kaiserlichen in den Borgo drangen, nicht so tätig, so überrumpelten sie ohne Hindernis das Kastell. Niemand hatte mich dazu gedungen, und ich machte mich wacker an die Artillerie, welche von den Bombardierern und Soldaten ganz verlassen dastand. Ich sprach noch dabei einem meiner Bekannten Mut ein, der Raphael da Monte Lupo hieß und ein Bildhauer war. Auch er hatte seinen Posten verlassen und sich ganz erschrocken in eine Ecke verkrochen; ich weckte ihn aus seiner Untätigkeit, und wir beide allein töteten von oben herunter so viele Feinde, daß die Truppen einen andern Weg nahmen. Auch ich war es selbst, der nach dem Iscatinaro schoß, weil er in der Konferenz mit dem Papste ohne die mindeste Ehrfurcht sprach und als ein Lutheraner und Ketzer, wie er war, gegen Seine Heiligkeit eine grobe Verachtung zeigte. Papst Clemens ließ darauf eine Untersuchung anstellen und wollte den Täter hängen lassen. Auch ich war es, der den Prinzen von Oranien an den Kopf traf, als er die Laufgräben visitieren wollte. Dann habe ich der heiligen Kirche so viel Schmuck und Zierde von Silber, Gold und Juwelen und so viel schöne und treffliche Medaillen und Münzen gearbeitet. Und das soll nun die freche, pfäffische Belohnung sein, die man einem Manne zudenkt, der Euch mit so viel Treue und Anstrengung gedient und geliebt hat? Und geht nur, hinterbringt, was ich gesagt habe, alles dem Papste, sagt ihm, daß er seine sämtlichen Juwelen besitzt, und daß ich zur Zeit jener Verheerung von der Kirche nichts anders erhalten habe als hundert Wunden und Beulen. Ich habe immer auf eine kleine Vergeltung gehofft, die Papst Paul mir versprochen hatte: nun bin ich aber ganz klar über Seine Heiligkeit und über Euch, seine Diener!

Indessen ich so redete, hörten sie mir mit Erstaunen zu, sahen einander ins Gesicht und verließen mich mit Verwunderung. Alle drei zusammen gingen, dem Papste alles zu hinterbringen, was ich gesagt hatte. Der Papst schämte sich und befahl eiligst, man solle die sämtlichen Rechnungen der Juwelen durchsehen. Es fand sich, daß nichts fehlte, aber sie ließen mich im Kastell sitzen, ohne etwas weiter zu fragen. Herr Peter Ludwig besonders, als er sah, daß er so übel gehandelt hatte, suchte meinen Tod zu beschleunigen.

Diese Unruhe und Verwirrung dauerte nicht lange, als der König Franz schon mit allen Umständen vernommen hatte, daß der Papst mich so widerrechtlich gefangen hielt, und er gab seinem Gesandten an diesem Hofe, Herrn von Montluc, in einem Schreiben den Auftrag, er solle mich als einen Diener Seiner Majestät vom Papste zurückfordern. Der Papst, der sonst ein verständiger und außerordentlicher Mann war, betrug sich doch in dieser meiner Sache sehr unüberlegt und albern. Er antwortete dem Gesandten: Seine Majestät möchten sich doch nicht weiter meiner annehmen, ich sei ein wilder und gefährlicher Mensch, er habe mich einziehen lassen wegen verschiedener Totschläge und anderer solcher Teufeleien. Der König antwortete aufs neue: auch in seinem Reiche pflege man der besten Gerechtigkeit. Seine Majestät wisse die wackern Leute zu belohnen und zu begünstigen und ebenso die Übeltäter zu bestrafen. Seine Heiligkeit habe den Benvenuto gehen lassen, ohne nach dessen Arbeiten weiter zu fragen. Als er, der König, diesen Mann in seinem Reiche gesehen, habe er ihn mit Vergnügen in seine Dienste genommen und verlange ihn nun als den Seinigen zurück.

Dieser Schritt des Königs brachte mir großen Verdruß und Schaden, so ehrenvoll mir auch der Anteil war, den er an mir nahm; denn der Papst war in eine rasende Verlegenheit geraten, ich möchte nun, wenn ich hinging, die verruchte Nichtswürdigkeit erzählen, die sie an mir begangen hatten. Deswegen sann er nach, wie er mich, ohne seine Ehre zu verletzen, aus der Welt schaffen könnte.

Der Kastellan des Kastells Sant Angelo war einer von unsern Florentinern, mit Namen Herr Georg Ugolini. Dieser brave Mann behandelte mich auf das gefälligste von der Welt; und weil er das große Unrecht kannte, das mir geschah, ließ er mich auf mein Wort frei umhergehen. Ich hatte ihm, um diese Erlaubnis zu erhalten, Bürgschaft leisten wollen, allein er versetzte: er könne sie nicht annehmen, denn der Papst sei über meine Sache gar zu sehr entrüstet; auf mein Wort hingegen wolle er trauen, denn er höre von jedem, was ich für ein zuverlässiger Mann sei. Da gab ich ihm mein Wort, und er verschaffte mir zugleich die Bequemlichkeit, daß ich kleine Arbeiten machen konnte.

Nun bedachte ich, daß dieser Verdruß des Papstes, sowohl wegen meiner Unschuld als wegen der Gunst des Königs, doch vorübergehen müsse, und erhielt meine Werkstatt offen. Ascanio, mein Gesell, kam und brachte mir Arbeit. Vor Verdruß über das Unrecht, was mir geschah, konnte ich zwar wenig tun, doch machte ich aus der Not eine Tugend und ertrug so heiter, als ich konnte, mein widriges Geschick, indem ich mir zugleich alle Wachen und Soldaten des Kastells zu Freunden gemacht hatte.

Manchmal speiste der Papst im Kastell, und unter der Zeit waren die Tore nicht bewacht, sondern standen einem jeden frei, wie an einem gewöhnlichen Palast. Man fand alsdann nötig, die Gefängnisse mit mehr Sorgfalt zu verschließen; aber ich ward immer gleich gehalten und konnte auch zu solchen Zeiten frei herumgehen, öfters rieten mir einige Soldaten: ich solle mich davonmachen; sie wollten mir durch die Finger sehen, weil ihnen das große Unrecht bekannt sei, das mir geschehe. Darauf antwortete ich nur: ich habe dem Kastellan mein Wort gegeben, der ein so braver Mann sei und der mir so viel Gefälligkeit erzeigt habe.

Unter andern war ein tapfrer und geistreicher Soldat, der zu mir sagte: Wisse, mein Benvenuto, daß ein Gefangener nicht verbunden ist und sich auch nicht verbinden kann, sein Wort zu halten oder irgendeine andere Bedingung zu erfüllen. Tue, was ich dir sage: fliehe vor diesem Schurken von *** und vor dem Bastard, seinem Sohn, die dir auf alle Weise nach dem Leben stehen! Aber ich, der ich lieber sterben wollte, als daß ich dem würdigen Kastellan mein Wort gebrochen hätte, ertrug diesen ungeheuren Verdruß, so gut ich konnte, in Gesellschaft eines Geistlichen aus dem Hause Pallavicini, der ein großer Prediger war. Man hatte ihn als einen Lutheraner eingezogen; er war ein sehr guter Gesellschafter, aber als Mönch der ruchloseste Kerl von der Welt, der zu allen Arten von Lastern geneigt war. Seine schönen Gaben bewunderte ich, und seine häßlichen Laster mußte ich aufs höchste verabscheuen. Auch unterließ ich nicht, ihn darüber ganz freimütig zu tadeln und zu schelten, dagegen wiederholte er mir immer: ich sei als Gefangener nicht verbunden, dem Kastellan mein Wort zu halten. Darauf antwortete ich: als Mönch sage er wohl die Wahrheit, nicht als Mensch; denn wer Mensch und nicht Mönch wäre, müßte sein Wort unter allen Umständen halten, in die er geraten könnte, und so wollte ich auch mein einfaches und tugendsames Wort nicht brechen. Da er hieraus sah, daß er mich durch seine feinen und künstlichen Argumente, so geschickt er sie auch vorbrachte, nicht bewegen konnte, gedachte er mich auf einem andern Wege zu versuchen. Er schwieg viele Tage ganz von dieser Sache, las mir indessen die Predigten des Bruder Hieronymus Savonarola und machte so eine vortreffliche Auslegung dazu, die mir viel schöner vorkam als die Predigten selbst und mich ganz bezauberte. Ich hätte alles in der Welt für den Mann getan, nur nicht, wie schon gesagt, mein Wort gebrochen. Da er nun sah, daß ich vor seinen Talenten eine solche Ehrfurcht hatte, fing er an, mit guter Art mich zu fragen: auf welche Weise ich mich denn hätte flüchten wollen, wenn mir die Lust dazu gekommen wäre? und wie ich, wenn man mich enger eingeschlossen hätte, das Gefängnis hätte eröffnen wollen? Diese Gelegenheit wollte ich nicht vorbeilassen, um diesem klugen Manne zu zeigen, daß ich auch Geschicklichkeit und Feinheit besitze; ich sagte ihm, daß ich jedes Schloß, selbst das schwerste, gewiß eröffnen wolle, und besonders die von diesem Gefängnisse sollten mich nicht mehr Mühe gekostet haben, als ein Stückchen frischen Käse zu verzehren. Der Mönch, der mein Geheimnis zu erfahren wünschte, verspottete mich und sagte: Die Menschen, die sich einmal in den Ruf gesetzt haben, daß sie geistreich und geschickt sind, rühmen sich gar vieler Dinge; wollte man sie immer beim Wort halten, so würde manches zurückbleiben, und sie würden einen guten Teil ihres Kredits verlieren. So möchte es auch wohl Euch gehen: Ihr sagt so unwahrscheinliche Dinge, und wenn man die Ausführung verlangte, würdet Ihr wohl schwerlich mit Ehre bestehen.

Das verdroß mich von dem Teufelsmönche, und ich antwortete, daß ich immer viel weniger verspräche, als ich auszuführen verstünde. Das, was ich wegen der Schlüssel behauptet hätte, sei eine geringe Sache; mit wenig Worten solle er vollkommen einsehen, daß alles wahr sei. Darauf zeigte ich ihm unbesonnenerweise mit großer Leichtigkeit alles, was ich behauptet hatte. Der Mönch, ob es gleich schien, als wenn er sich um die Sache nichts bekümmere, lernte mir als ein fähiger Mann alles in der Geschwindigkeit ab.

Nun ließ mich, wie ich schon oben erwähnt habe, der wackre Kastellan des Tages frei herumgehen, auch ward ich des Nachts nicht wie die übrigen eingeschlossen. Ich konnte dabei in Gold, Silber und Wachs arbeiten, was ich wollte, und so hatte ich auch einige Wochen mich mit einem Becken für den Kardinal von Ferrara beschäftigt; zuletzt verlor ich über meinem eingeschränkten Zustande alle Lust und arbeitete nur, um mich zu zerstreuen, an einigen kleinen Wachsfiguren. Von diesem Wachs entwandte mir der Mönch ein Stück und führte das alles wegen der Schlüssel damit aus, was ich ihn unbedachtsamerweise gelehrt hatte. Er nahm zum Gesellen und Helfer einen Schreiber, namens Ludwig, einen Paduaner; allein als man die Schlüssel bestellte, tat der Schlösser sogleich die Anzeige. Der Kastellan, der mich einigemal in meinem Zimmer besucht und meiner Arbeit zugesehen hatte, erkannte mein Wachs und sagte: Wenn man schon diesem armen Benvenuto das größte Unrecht von der Welt getan hat, so hätte er sich doch gegen mich solche Handlungen nicht erlauben sollen, da ich ihm alle mögliche Gefälligkeit erzeigt habe. Gewiß, ich will ihn fester halten, und alle Nachsicht soll aufhören! So ließ er mich mit einigem Unmut einschließen, und mich verdrossen besonders die Worte, welche mir seine vertrautesten Diener hinterbrachten, deren einige mir sehr wohl wollten und sonst von Zeit zu Zeit erzählten, wie sehr der Herr Kastellan sich zu meinem Besten verwendet habe. Nun aber hinterbrachten sie mir, daß er mich einen undankbaren, eitlen und treulosen Menschen schelte.

Da nun einer dieser Leute mir auf eine etwas harte und unschickliche Art diese Scheltworte ins Gesicht sagte, fühlte ich mich beleidigt in meiner Unschuld und antwortete: ich hätte niemals mein Wort gebrochen, und ich wollte das mit der ganzen Kraft meines Lebens behaupten, und wenn er oder ein anderer wieder solche ungerechte Worte gegen mich brauchte, so würde ich ihn auf alle Fälle der Lügen strafen. Er entrüstete sich darüber, lief in das Zimmer des Kastellans, brachte mir das Wachs und meine Zeichnung des Schlüssels. Als ich das Wachs sah, sagte ich ihm: wir hätten beide recht; allein er solle mir eine Unterredung mit dem Herrn Kastellan verschaffen, und ich wollte ihm eröffnen, wie sich die Sache befände, die von größerer Bedeutung sei, als sie glaubten. Sogleich ließ der Kastellan mich rufen. Ich erzählte den ganzen Vorfall, der Mönch ward enger eingeschlossen und bekannte auf den Schreiber, der dem Galgen sehr nahe kam. Doch unterdrückte der Kastellan die Sache, die schon bis zu den Ohren des Papstes gekommen war, rettete seinen Schreiber von dem Strick und ließ mir wieder so viel Freiheit als vorher.

Da ich sah, daß man sich bei diesem Falle mit so vieler Strenge benahm, fing ich doch auch an, an mich selber zu denken, und sagte bei mir: wenn nun ein andermal eine solche Verwirrung entstünde und der Mann traute mir nicht mehr, so würde ich ihm auch nicht mehr verbunden sein und möchte mir wohl alsdann ein wenig mit meinen Erfindungen helfen, die gewiß besser als jene Pfaffenunternehmung ausfallen sollten. So fing ich nun an, mir neue, starke Leintücher bringen zu lassen, und die alten schickte ich nicht wieder zurück. Wenn meine Diener darnach fragten, so sagte ich: sie sollten still sein, denn ich hätte sie einigen armen Soldaten geschenkt, die in Gefahr der Galeere gerieten, wenn so etwas herauskäme, und so hielten sie mir alle, besonders aber Felix, die Sache geheim. Indessen leerte ich einen Strohsack aus und verbrannte das Stroh im Kamine, das in meinem Gefängnis war, und fing an, von den Leintüchern Binden zu schneiden, ein Dritteil einer Elle breit; und als ich so viel gemacht hatte, als ich glaubte, daß genug sei, mich von der großen Höhe des Turms herunterzulassen, sagte ich meinen Dienern: ich habe genug verschenkt, sie sollten nun, wenn sie mir neue Leintücher brächten, die alten immer wieder mitnehmen. Und so vergaßen meine Leute gar bald die ganze Sache.

Die Kardinale Santiquattro und Cornaro ließen mir die Werkstatt zuschließen und sagten frei heraus: der Papst wolle nichts von meiner Loslassung wissen, die große Gunst des Königs habe mir mehr geschadet als genutzt. Denn die letzten Worte, welche Herr von Montluc von Seiten des Königs dem Papste hinterbracht habe, seien gewesen, er solle mich in die Hände der ordentlichen Hofrichter geben, und wenn ich gefehlt habe, solle man mich züchtigen, aber habe ich nicht gefehlt, so verlange die Vernunft, daß er mich loslasse. Diese Worte hatten den Papst so sehr verdrossen, daß er sich vorsetzte, mich niemals wieder freizugeben. Was den Kastellan betrifft, der half mir von seiner Seite, so gut er konnte.


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