Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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Sechstes Kapitel

Der Autor ahmt türkische, mit Silber damaszierte Dolche nach. – Ableitung des Worts Groteske, von Zieraten gebraucht. – Des Autors Fleiß an Medaillen und Ringen. – Seine Wohltaten an Ludwig Pulci werden mit Undank belohnt. Leidenschaft des Pulci zu Pantasilea und tragisches Ende desselben. – Kühnes Betragen des Autors, der die Verliebten und ihr bewaffnetes Geleit angreift. – Der Autor entkommt und versöhnt sich mit Benvenuto von Perugia.

Wollte ich umständlich beschreiben, wie vielfach die Werke waren, welche ich für mehrere Personen vollendete, so hätte ich genug zu erzählen; gegenwärtig ist aber nur so viel notwendig zu sagen, daß ich mich mit Sorgfalt und Fleiß in allen den verschiedenen Künsten zu üben suchte, von denen ich oben gesprochen habe. Ich fuhr beständig fort, mancherlei zu unternehmen, und weil ich meiner merkwürdigsten Arbeiten zu erwähnen gedenke, so soll es von Zeit zu Zeit am gehörigen Orte und zwar balde geschehen.

Obgedachter Michelagnolo von Siena, der Bildhauer, verfertigte zu selbiger Zeit das Grabmal des letztverstorbenen Papstes Hadrian; Julius Romano, der Maler, war in des Marchese von Mantua Dienste getreten, und die andern Freunde begaben sich nach und nach dieser da-, der andere dorthin, je nachdem er zu tun hatte, so daß jene treffliche Gesellschaft fast ganz auseinanderging.

Zu der Zeit kamen mir einige kleine türkische Dolche in die Hände, wovon sowohl Griff und Scheide als auch die Klinge von Eisen war; zugleich fand sich auf diesem Gewehr das schönste Blätterwerk nach türkischer Art eingegraben und auf das zierlichste mit Gold ausgelegt. Eine solche Arbeit reizte mich gewaltig, auch in dieser Profession etwas zu leisten, die doch so verschieden von meinen übrigen war, und als ich sah, daß sie mir aufs beste gelang, fuhr ich fort, mehrere dergleichen Gewehre zu machen, welche schöner und dauerhafter als die türkischen selbst ausfielen, und zwar wegen verschiedener Ursachen. Erstlich, weil ich in meinem Stahl die Figuren tiefer untergrub, als es die türkischen Arbeiter zu tun pflegen; zweitens, weil jenes türkische Laubwerk eigentlich nur aus Arumsblättern mit einigen ägyptischen Blümchen besteht, die, ob sie gleich etwas weniges Grazie haben, dennoch auf die Dauer nicht wie unser Laubwerk gefallen.

Denn wir haben in Italien gar verschiedene Arten, und die Künstler selbst arbeiten verschieden. So ahmen die Lombarden den Efeu und wilden Wein nach, deren schöne Ranken sehr angenehm zu sehen sind; die Florentiner und Römer dagegen haben mit noch weit mehr Geschmack gewählt: denn sie bilden den Akanth mit seinen Blättern und Blumen, die sich auf verschiedene Weise herumschlingen, und zwischen gedachten Blättern werden gewisse Vögel und verschiedene Tiere angebracht, woran man erst sehen kann, wer guten Geschmack habe. Manches kann man auch von der Natur und den wilden Blumen lernen, zum Beispiel von denen, die man Löwenmäuler nennt, und was dergleichen mehr sein mag – da denn die trefflichen Goldschmiede ihre eignen Erfindungen hinzufügen.

Solche Arbeiten werden von den Unkundigen Grotesken genannt, welche Benennung sich von den Neueren herschreibt, indem die aufmerksamen Künstler in Rom in manchen unterirdischen Höhlen dergleichen Zieraten fanden, weil diese Orte ehemals als Zimmer, Stuben, Studien, Säle und sonst gebraucht wurden, nun aber, da durch den Ruin so großer Gebäude jene Teile in die Tiefe gekommen sind, gleichsam Höhlen zu sein scheinen, welche in Rom Grotten genannt werden; daher denn, wie gesagt, der Name Grotesken sich ableitet. Die Benennung aber ist nicht eigentlich. Denn wie die Alten sich vergnügten, Monstra zusammenzusetzen, indem sie die Gestalten der Ziegen, Kühe und Stuten verbanden, so sollten auch diese Verbindungen verschiedener Pflanzen- und Blätterarten Monstra und nicht Grotesken genannt werden. Auf diese Weise machte ich solche wundersam zusammengesetzte Blätter, die viel schöner als die türkischen anzusehen waren.

Auch begab sichs, daß in dieser Zeit in einigen alten Graburnen unter der Asche gewisse eiserne Ringe gefunden wurden, von den Alten schön mit Gold eingelegt. In jedem war ein kleiner Onyx gefaßt. Die Gelehrten, die darüber Untersuchungen anstellten, behaupteten, daß man diese Ringe getragen habe, um in allen seltsamen Fällen des Lebens, sowohl glücklichen als unglücklichen, bei gesetztem Gemüte zu bleiben. Darauf machte ich verschiedene solche Ringe auf Verlangen einiger Herren, die meine großen Freunde waren. Ich nahm dazu den reinsten Stahl und grub und legte die Zieraten mit großer Sorgfalt ein; sie sahen sehr gut aus, und ich erhielt manchmal mehr als vierzig Scudi bloß für meine Arbeit.

Ferner bediente man sich zu jener Zeit goldner Medaillen, worauf ein jeder Herr und Edelmann irgendeine Grille oder Unternehmung vorstellen ließ und sie an der Mütze trug. Dergleichen machte ich viele, ob es gleich eine sehr schwere Arbeit war. Bisher hatte sie der große, geschickte Meister Caradosso, den ich schon genannt habe, verfertigt, und da gewöhnlich mehr als eine Figur darauf bestellt wurde, verlangte er nicht weniger als hundert Goldgulden. Nun empfahl ich mich gedachten Herren, nicht weil jener so teuer, sondern weil er so langsam war, und arbeitete für sie unter andern eine Medaille mit ihm um die Wette, worauf vier Figuren zu sehen waren, an welche ich großen Fleiß wendete.

Als die Herren beide Arbeiten verglichen, gaben sie meiner den Vorzug und behaupteten, sie sei schöner und besser als die andre, verlangten den Preis zu wissen und sagten: weil ich ihnen so sehr Genüge geleistet habe, so wünschten sie auch mir ein Gleiches zu tun. Darauf antwortete ich: die größte Belohnung, nach der ich am meisten gestrebt habe, sei, die Kunst eines so vortrefflichen Mannes zu erreichen, und wenn mir nach dem Urteil der Herren diese Absicht geglückt sei, so fände ich mich überflüssig bezahlt. Als ich darauf fortging, schickten sie mir ein so freigebiges Geschenk nach, daß ich sehr zufrieden sein konnte und meine Lust zu arbeiten dergestalt zunahm, daß die Folgen daraus entstanden, die man künftig vernehmen wird.

Nun muß ich mich aber ein wenig von meiner Profession entfernen, um einige unangenehme Zufälle meines mühseligen Lebens zu erzählen.

Man wird sich erinnern, daß ich oben, indem ich von jener trefflichen Gesellschaft und von den anmutigen Scherzen sprach, die bei Gelegenheit des verkleideten Knaben vorgekommen waren, auch einer Pantasilea gedachte, die erst eine falsche und beschwerliche Liebe zu mir zeigte, nun aber auf mich äußerst erzürnt war, weil sie glaubte, daß ich sie damals höchlich beleidigt habe. Sie hatte geschworen, sich zu rächen, und fand dazu Gelegenheit. Da ich denn beschreiben will, wie sich mein Leben in der größten Gefahr befand, und zwar verhielt es sich damit folgendermaßen.

Als ich nach Rom kam, fand ich daselbst einen jungen Menschen, der Ludwig Pulci hieß, Sohn desjenigen Pulci, dem man den Kopf abschlug, weil er sich seiner eignen Tochter nicht enthielt. Dieser junge Mensch hatte einen trefflichen poetischen Geist, schöne Kenntnisse der lateinischen Literatur, schrieb sehr gut und war über die Maßen schön und anmutig. Er hatte sich ich weiß nicht von welchem Bischof getrennt und stak tief in den französischen Übeln. Meine Bekanntschaft mit ihm schrieb sich noch aus Florenz her, wo man sich in Sommernächten auf den Straßen häufig versammelte und woselbst dieser Jüngling sich mit den besten Liedern aus dem Stegreif hören ließ. Sein Gesang war so angenehm, daß der göttlichste Michelagnolo Buonarroti, der trefflichste Bildhauer und Maler, immer ihn zu hören ging, sobald er ihn nur anzutreffen wußte; dabei waren ein gewisser Goldschmied Piloto und ich in seiner Gesellschaft.

Da wir uns nun nach zwei Jahren in Rom fanden, entdeckte er mir seinen traurigen Zustand und bat mich um Gottes willen: ich möchte ihm helfen! Mich bewegten seine großen Talente, die Liebe des gemeinsamen Vaterlands und meine eigene mitleidige Natur; ich nahm ihn ins Haus und ließ ihn heilen, so daß er, als ein junger Mensch, sehr bald wiederhergestellt war. Indessen studierte er sehr fleißig, und ich hatte ihn mit vielen Büchern, nach meinem Vermögen, versehen. Für diese große Wohltat dankte er mir oft mit Worten und Tränen und sagte: wenn ihm nur Gott die Gelegenheit gäbe, so wolle er sich gewiß erkenntlich bezeigen. Darauf gab ich zur Antwort: ich habe nur getan, was ich gekonnt, nicht was ich gewollt. Die Schuldigkeit der menschlichen Geschöpfe sei, einander zu Hülfe zu kommen. Er möchte nur die Wohltat, die ich ihm erzeigt, auch wieder einem andern erweisen, der seiner gleichfalls bedürfen könne. Übrigens solle er mein Freund sein und mich für den seinigen halten.

Darauf bemühte er sich um ein Unterkommen am römischen Hof, welches er auch bald fand. Er schloß sich an einen Bischof an, einen Mann von achtzig Jahren, den man den Bischof von Urgenis [von Gurk] nannte. Dieser hatte einen Neffen, Herrn Johannes, einen venezianischen Edelmann, welcher sehr große Vorliebe für die Talente des Ludwig Pulci zeigte und ihn unter diesem Scheine ganz und gar an sich zog, so daß beide zusammen in der größten Vertraulichkeit lebten. Ludwig konnte ihm daher nicht verschweigen, wie sehr er mir wegen so vieler Wohltaten verbunden sei; deshalb mich Herr Johannes wollte kennen lernen.

Nun begab sichs unter anderm, daß ich eines Abends gedachter Pantasilea ein kleines Essen gab, wozu ich viele meiner kunstreichen Freunde eingeladen hatte. Eben als wir uns zu Tische setzen wollten, trat Herr Johannes mit gedachtem Ludwig herein, und nach einigen Komplimenten blieben sie bei uns.

Als das unverschämte Weib den schönen Jüngling sah, warf sie gleich die Augen auf ihn. Deswegen rief ich nach eingenommenem Essen sogleich Ludwig beiseite und sagte: wenn er bekenne, mir manches schuldig zu sein, so solle er sich auf keine Weise mit diesem Weibsbild einlassen. Darauf versetzte er: Wie, mein Benvenuto? haltet Ihr mich denn für unsinnig? Nicht für unsinnig, sagte ich, aber für jung! Dabei schwur ich, daß mir an ihr nichts gelegen sei, aber wohl an ihm, und daß es mir leid tun sollte, wenn er um ihrentwillen den Hals bräche. Darauf schwur er und bat Gott, daß er den Hals brechen möge, wenn er sich mit ihr einließe! Diesen Schwur mag er wohl von ganzem Herzen getan haben, denn dasselbe begegnete ihm, wie wir nachher vernehmen werden.

Leider entdeckte man bald an Herrn Johannes nicht eine tugendsame, sondern eine unreine Liebe zu dem jungen Menschen, denn dieser erschien fast alle Tage in neuen samt- und seidenen Kleidern; man konnte leicht erkennen, daß er seine schönen Tugenden abgeschafft und sich ganz dem Verbrechen ergeben hatte. So tat er denn auch, als wenn er mich nicht sähe noch kenne, denn ich hatte ihn einmal zur Rede gestellt und ihm seine Laster vorgeworfen, worüber er nach seinen eigenen Worten den Hals brechen sollte. Unter anderm hatte ihm auch Herr Johannes einen schönen Rappen gekauft und dafür hundertundfünfzig Scudi gegeben. Dieses Pferd war trefflich zugeritten, und Ludwig ließ es alle Tage vor den Fenstern der Pantasilea seine Männchen machen. Ich bemerkte es wohl, bekümmerte mich aber nicht darum und sagte vielmehr: jedes Ding wolle nach seiner Weise leben, und hielt mich an meine Arbeit.

Nun begab sichs einen Sonntag abends, daß uns Michelagnolo von Siena, der Bildhauer, zu Tische lud; es war im Sommer, und Bachiacca, von dem ich schon gesprochen habe, war auch geladen. Dieser hatte die Pantasilea mitgebracht, als ihr alter Kunde. So saßen wir zu Tische. Auf einmal gab sie Leibschmerzen vor, stand auf und versprach, sogleich wiederzukommen. Indessen wir nun aufs anmutigste scherzten und speisten, blieb sie etwas länger als billig aus. Ich horchte zufälligerweise, und es kam mir vor, als wenn ich auf der Straße ganz leise wispern hörte; ich hatte eben das Tischmesser in der Hand.

Da ich nah an dem Fenster saß, erhub ich mich ein wenig, sah den Ludwig mit Pantasilea zusammen und hörte jenen sagen: Wehe, wenn uns der Teufel Benvenuto sehen sollte! Darauf antwortete sie: Seid nur ruhig! hört, welchen Lärm sie machen! sie denken an ganz was anders als an uns. Kaum hatte ich diese Worte gehört, als ich mich zum Fenster hinaus auf die Straße warf und Ludwig bei der Jacke erwischte, den ich gewiß würde mit meinem Messer ermordet haben, wenn er nicht seinen Schimmel gespornt und mir die Jacke in der Hand gelassen hätte. So rettete er sein Leben und flüchtete mit Pantasilea in eine benachbarte Kirche.

Sogleich standen alle Gäste vom Tische auf, folgten mir nach und baten mich, daß ich doch weder mich noch sie um so einer Kreatur willen beunruhigen sollte. Da sagte ich: um der Dirne willen würde ich mich nicht gerührt haben, aber der schändliche Jüngling bringe mich auf, der mir so wenig Achtung bezeige. Und so ließ ich mich durch die Worte dieser trefflichen Männer nicht bewegen, nahm meinen Degen und ging hinaus auf die Wiesen; denn das Haus, in dem wir speisten, war nahe am Tore des Kastells, das dahinaus führt. Es dauerte nicht lange, so ging die Sonne unter, und ich kehrte mit langsamen Schritten nach Rom zurück.

Schon war es Nacht und dunkel, und die Tore von Rom noch nicht geschlossen. Gegen zwei Uhr ging ich an dem Hause der Pantasilea vorbei und hatte mir vorgesetzt, wenn ich Ludwig bei ihr fände, beiden etwas Unangenehmes zu erzeigen. Da ich aber daselbst nur eine Magd antraf, die Candida hieß, ging ich nach meiner Wohnung, legte die Jacke und die Scheide des Degens weg und kehrte zu jenem Hause zurück, das hinter den Bänken an der Tiber lag. Gegenüber war der Garten eines Wirtes, der sich Romolo nannte, und zwar mit einer starken Hagebuttenhecke eingefaßt; in diese versteckte ich mich und wartete, daß das Mädchen mit Ludwig nach Hause kommen sollte.

Nach einiger Zeit kam mein Freund, der gedachte Bachiacca. Er mochte sichs nun vorgestellt, oder es mochte ihm jemand meinen Aufenthalt verraten haben, genug, er rief mich ganz leise: Gevatter! denn so nannten wir einander im Scherze. Er bat mich um Gottes willen und sagte fast weinend: Lieber Gevatter, tue doch dem armen Mädchen nichts zuleide, denn sie hat nicht die mindeste Schuld! Darauf versetzte ich: Wenn Ihr Euch nicht sogleich hinwegpackt, so schlage ich Euch diesen Degen um die Ohren. Mein armer Gevatter erschrak, und es fuhr ihm in den Leib, so daß er nicht weit gehen konnte, ohne den Forderungen der Natur zu gehorchen.

Der Himmel stand voll Sterne, und die Hellung war sehr groß. Auf einmal hörte ich einen Lärm von mehreren Pferden, die hüben und drüben vorwärts kamen. Es waren Ludwig und Pantasilea, begleitet von einem gewissen Herrn Benvenuto von Perugia, Kämmerer des Papstes Clemens. Sie hatten noch vier tapfre Hauptleute aus gedachter Stadt bei sich, nicht weniger einige brave junge Soldaten; es mochten mehr als zwölf Degen sein.

Da ich das merkte, betrachtete ich, daß kein Weg vor mir war zu entkommen; ich wollte in der Hecke verborgen bleiben, aber die Dornen stachen und hetzten mich so, daß ich fast einen Sprung zu tun und zu fliehen dachte. Zu gleicher Zeit hatte Ludwig die Pantasilea um den Hals gefaßt und sagte: Ich will dich doch in einem Zug fortküssen, und wenn der Verräter Benvenuto darüber rasend werden sollte. Nun ärgerten mich die Worte des Burschen um desto mehr, als ich schon von den Hagebutten zu leiden hatte. Da sprang ich hervor und rief mit starker Stimme: Ihr seid alle des Todes! Der erste Hieb meines Degens traf die Schulter Ludwigs, und weil sie den armen Jungen mit Harnischen und anderm solchen Eisenwerk überblecht hatten, tat es einen gewaltigen Schlag. Der Degen wandte sich und traf die Pantasilea an Nase und Mund. Beide Personen fielen auf die Erde, und Bachiacca, mit halbnackten Schenkeln, schrie und floh. Sodann wendete ich mich mit Kühnheit gegen die andern. Diese wackern Leute, die den großen Lärm vernahmen, der im Wirtshaus indessen entstanden war, glaubten, es sei ein Heer von hundert Mann daselbst, und legten tapfer die Hand an den Degen. Indessen wurden ein paar Pferdchen unter der Truppe wild und warfen ihre Reiter, die von den bravsten waren, herab, und die übrigen ergriffen die Flucht. Ich ersah meinen Vorteil und entkam mit großer Schnelligkeit diesem Handel, von dem ich Ehre genug davontrug und das Glück nicht mehr als billig versuchen wollte.

In dieser unmäßigen Unordnung hatten sich einige Soldaten und Hauptleute selbst mit ihren Degen verwundet. Herr Benvenuto, der Kämmerer, war von seinem Maultiere herabgestoßen und getreten worden, und ein Diener, der den Degen gezogen hatte, fiel zugleich mit seinem Herrn und verwundete ihn übel an der Hand. Das war Ursache, daß dieser auf seine peruginische Weise schwur: Bei Gott, Benvenuto soll den Benvenuto Lebensart lehren!

Nun trug er einem seiner Hauptleute auf, mich herauszufordern. Dieser war vielleicht kühner als die andern; aber weil er zu jung war, wußte er sich nicht zu benehmen. Er kam, mich in dem Hause eines neapolitanischen Edelmanns aufzusuchen, der mir bei sich gern eine Zuflucht erlaubte, teils weil er einige Sachen meiner Profession gesehen und zugleich die Richtung meines Körpers und Geistes zu kriegerischen Taten, wozu er auch sehr geneigt war, bemerkt hatte. Da er mir nun nach seiner großen Liebe recht gab und ich schon hartnäckig genug war, erteilte ich jenem Hauptmann eine solche Antwort, daß es ihm wohl gereuen mochte, vor mich getreten zu sein.

Wenige Tage darauf, als die Wunden Ludwigs, der Pantasilea und anderer sich einigermaßen geschlossen hatten, wurde gedachter großer neapolitanischer Kavalier von Herrn Benvenuto, bei dem sich die Wut wieder mochte gelegt haben, ersucht, zwischen mir und Ludwig Frieden zu stiften. Dabei ward erklärt, daß die tapfern Soldaten, die nichts weiter mit mir zu tun hätten, mich nur wollten kennen lernen. Der Herr antwortete darauf: er wolle mich hinbringen, wohin sie verlangten, und würde mich gerne zum Frieden bewegen; aber man müsse von beiden Seiten nicht viel Worte machen, denn eine umständliche Erklärung würde ihnen nicht zur Ehre gereichen. Es sei genug, zusammen zu trinken und sich zu umarmen; er wolle das Wort führen und wolle ihnen mit Ehren durchhelfen. So geschah es auch.

Einen Donnerstag abends führte er mich in das Haus des Herrn Benvenuto, wo sich alle die Kriegsleute befanden, die bei dieser Niederlage gewesen waren; sie saßen noch alle zu Tische. Im Gefolge meines Edelmanns waren dreißig tapfere, wohlbewaffnete Männer, worauf Herr Benvenuto nicht vorbereitet war. Der Edelmann trat zuerst in den Saal und ich nach ihm. Darauf sagte er: Gott erhalte Euch, meine Herren! Hier sind wir, Benvenuto und ich, den ich wie meinen leiblichen Bruder liebe. Wir kommen hierher, um alles zu tun, was Euch beliebt. Herr Benvenuto, der den Saal nach und nach mit so vielen Personen gefüllt sah, versetzte darauf: Friede wollen wir und nichts weiter! Ferner versprach er, daß der Gouverneur von Rom und seine Leute mir nichts in den Weg legen sollten. So war der Friede gemacht, und ich kehrte sogleich zu meiner Werkstatt zurück.

Nicht eine Stunde konnte ich ohne den gedachten Edelmann leben: entweder er schickte nach mir, oder er kam, mich zu besuchen. Indessen war Ludwig Pulci geheilt und ließ sich alle Tage auf seinem Rappen sehen. Einst, als es ein wenig regnete, sollte das Pferd seine Künste vor Pantasileens Türe sehen lassen; es strauchelte und fiel und stürzte auf den Reiter: er brach den Schenkel des rechten Fußes und starb im Hause der Pantasilea in wenig Tagen. So war der Schwur erfüllt, den er so ernstlich vor Gott getan hatte, und so sieht man, daß der Höchste die Guten sowie die Bösen bemerkt und einem jeden nach seinen Verdiensten geschehen läßt.


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