Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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IX. Skulptur

1. Erzguß

Um in Erz zu gießen, macht man zweierlei Arten von Formen.

Bei der ersten geht das Modell verloren, indem man es als Kern benutzt. Es wird in Ton so groß gearbeitet, als der künftige Guß werden soll. Man läßt es um einen Finger breit schwinden und brennt es. Alsdann wird Wachs darüber gezogen und dieses sorgfältig ausbossiert, so daß dadurch das ganze Bild seinen ersten Umfang wiedererhält. Hierüber wird eine feuerfeste Form gemacht und das Wachs herausgeschmolzen, da denn eine Höhlung bleibt, welche das Erz wieder ausfüllen soll.

Die andere Art zu formen ist folgende.

Das Modell von Ton erhält einen leichten Anstrich von Terpentinwachs und wird mit feinen Metallblättern überlegt. Dieses geschieht deshalb, damit die Feuchtigkeit dem Modell nicht schade, wenn darüber eine Gipsform gemacht wird.

Diese wird auf die noch übliche Weise verfertigt und dergestalt eingerichtet, daß sie in mehrere Hauptteile zerfällt, so daß man bequem etwas Wachs oder Teig hineindrücken kann, so stark, als künftig der Guß werden soll.

Hierauf wird das Gerippe zur Statue von eisernen Stangen und Drähten zusammengefügt und mit feuerbeständiger Masse überzogen, so lange, bis dieser Kern jene eingedrückte Oberhaut berührt, weshalb man immer Form und Kern gegeneinander probieren muß. Sodann wird jene Oberhaut aus der Form genommen, Form und Kern werden wechselseitig befestigt, und der Raum, den die Oberhaut einnahm, wird mit Wachs ausgegossen.

Nun wird die Gipsform wieder abgenommen und das neue wächserne Grund- und Musterbild durchaus überarbeitet. Sodann werden wächserne Stäbe von Glied zu Glied geführt, je nachdem künftig das Metall durch verschiedene Wege zu zirkulieren hat, indem alles, was künftig in der Form hohl bleiben soll, an dem Modell von Wachs ausgearbeitet wird. Über diese also zubereitete wächserne Gestalt wird eine feuerbeständige Form verfertigt, an welcher man unten einige Öffnungen läßt, durch welche das Wachs, wenn nunmehr die Form über ein gelindes Feuer gebracht wird, ausschmelzen kann.

Ist alles Wachs aus der Form geflossen, so wird diese nochmals auf das sorgfältigste getrocknet und ist alsdann, das Metall zu empfangen, bereit; das erste Modell aber, welches völlig imstande geblieben, dient dem Meister und den Gesellen bei künftiger Ausarbeitung des Gusses, welcher folgendermaßen veranstaltet wird.

Man gräbt eine Grube vor dem Ofen, weit und tief genug. In diese wird die Form mit Flaschenzügen hineingelassen, an die untern Öffnungen der Form, durch welche das Wachs ausgeflossen, werden tönerne Röhren angesetzt und nach oben zu geleitet. Der Raum um die Form in der Grube wird mit Erde nach und nach ausgefüllt, welche von Zeit zu Zeit festgestampft wird.

Wie man damit weiter heraufkommt, werden an die obern in der Form gelassenen Öffnungen gleichfalls tönerne Röhren angelegt und solche nach den Forderungen der Kunst miteinander verbunden und zuletzt in einen großen Mund vereinigt, welcher etwas über die Höhe des Hauptes zu stehen kommt. Alsdann wird ein Kanal von dem Ofen bis zu gedachtem Munde abhängig gepflastert und das im Ofen geschmolzene Erz in die Form gelassen, wobei es denn sehr viel auf das Glück ankommt, ob sie sich gehörig füllt.

Den Bau des Ofens, die Bereitung und Schmelzung des Metalls übergehen wir, als zu weit von unsern Zwecken entfernt. Wie denn überhaupt die technischen Kunstgriffe in diesem Fache in den neuern Zeiten vollkommener ausgebildet worden, wovon sich der Liebhaber aus mehrern Schriften belehren kann.

2. Marmorarbeit

Cellini nimmt fünferlei Arten weißen Marmor an, von dem gröbsten Korn bis zum feinsten. Er spricht alsdann von härtern Steinen, von Porphyr und Granit, aus denen gleichfalls Werke der Skulptur verfertigt werden; dann von den weichen, als einer Art Kalkstein, welche, indem sie aus dem Bruch kommt, leicht zu behandeln ist, nachher an der Luft verhärtet. Ferner gedenkt er der florentinischen grauen Sandsteine, welche, sehr fein und mit Glimmer gemischt, besonders in der Gegend von Fiesole, brechen und gleichfalls zu Bildhauerarbeiten gebraucht werden.

Bei Statuen in Lebensgröße ging man folgendermaßen zu Werke. Man machte ein kleines Modell mit vieler Sorgfalt und arbeitete, teils aus Ungeduld, teils im Gefühl seiner Meisterschaft, öfters gleich nach diesem die Statue im großen aus dem Marmor heraus.

Doch wurden auch nach gedachtem kleinen große Modelle verfertigt und diese bei der Arbeit zum Grunde gelegt; doch auch alsdann arbeitete man noch leichtsinnig genug, indem man auf den Marmor die Hauptansicht der Statue mit Kohle aufzeichnete und sofort dieselbe nach Art eines Hochreliefs herausarbeitete. Zwar erwähnt Cellini auch der Art, eine Statue von allen Seiten her zuerst ins Runde zu bringen, er mißbilligt sie aber. Und freilich mußten ohne genaues Maß bei beiden Arten Fehler entstehen, die man bei der ersten, weil man noch Raum in der Tiefe behielt, eher verbessern konnte.

Ein Fehler solcher Art ist der, welchen Cellini dem Bandinello vorwirft, daß an der Gruppe von Herkules und Kakus die Waden der beiden Streitenden so zusammenschmelzen, daß, wenn sie die Füße auseinander täten, keinem eine Wade übrigbleiben würde. Michelangelo selbst ist von solchen Zufällen nicht frei geblieben.

Die Art also, nach Perpendikeln, mit welchen das Modell umgeben wird, die Maße hineinwärts zu nehmen, scheint zu Anfange des sechzehnten Jahrhunderts unbekannt gewesen zu sein. Wenigstens will Cellini sie selbst erfunden haben, als er in Frankreich nach kleinern Modellen einen ungeheuern Koloß zu fertigen unternahm. Seine Vorrichtungen dazu verdienen erzählt zu werden.

Erst machte er mit großer Sorgfalt ein kleines Modell, sodann ein größeres von drei Ellen. Um solches schlug er einen waage- und senkrechten Kasten, in welchem das Maß der vierzig Ellen, als so groß der Koloß werden sollte, in verjüngtem Maßstab aufgezeichnet war. Um sich nun zu versichern, daß auf diesem Weg die Form ins Große übertragen werden könne, zeichnete er auf den Fußboden seines Saals ein Profil des Kolosses, indem er jemanden die Maße innerhalb des Kastens nehmen und aussprechen ließ. Als auf diese Weise eine Silhouette gut gelang, schritt er weiter fort und verfertigte zuerst ein Gerippe in der Größe des eingekasteten Modells, indem er einen geraden Stab, der durch den linken Fuß bis zum Kopfe ging, aufstellte und an diesen, wie ihm sein Modell nachwies, das Gerippe der übrigen Glieder befestigte. Er ließ darauf einen Baumstamm, vierzig Ellen hoch, im Hofe aufrichten und vier gleiche Stämme ins Gevierte um ihn her; diese letzten wurden mit Brettern verschlagen, woraus ein ungeheurer Kasten entstand. Nun ward nach dem kleinen Modell des Gerippes das große Gerippe innerhalb des Kastens ausgemessen und aufgebaut. Die Figur stand auf dem linken Fuße, durch welchen der Pfahl ging, den rechten Fuß setzte sie auf einen Helm, welcher so eingerichtet war, daß man in denselben hineingehen und sodann die ganze Figur hinaufsteigen konnte.

Als nun das Gerippe auf diese Weise zustande war, überzog man solches mit Gips, indem die Arbeiter die Maße des kleinen Kastens in den großen übertrugen. So wurde in kurzer Zeit durch gemeine Arbeiter dieses ungeheure Modell bis gegen die letzte Haut fertig gebracht und sodann die vordere Brettwand weggenommen, um das Werk übersehen zu können.

Daß der Kopf dieses Kolosses völlig ausgeführt worden und zu artigen Abenteuern Anlaß gegeben, erinnern wir uns aus der Lebensbeschreibung unsers Verfassers; die Vollendung aber des Modells und noch mehr der Statue in Erz unterblieb, indem die Kriegsunruhen von außen und die Leidenschaften des Künstlers von innen sich solchen Unternehmungen entgegensetzten.


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