Detlev von Liliencron
Poggfred
Detlev von Liliencron

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Sechster Kantus: Professor Emil Wolff und der Dämon.

Motto:

Da kommen die großen Ströme her,
wo die Tiefen weinen vor eisigem Grausen.

Richard Dehmel.

                  Aus Trotz begönn ich gern auch diesen »Sang«
Mit Evchen wieder; doch es wär zu viel
Der Ehre diesem heftigen Lebensdrang.
Es stößt der Sturm ins süße Glockenspiel,
Ich höre schrillen Ton im Harfenklang:
Rauh, barsch und borstig kratzt mein Gänsekiel:
    Ich weiß, der Deutsche ist kein Don Juan,
    Ich weiß, der Deutsche ist ein Saufian.

»Und sie hieß« – nein, halt an, um Gotteswillen,
Das wird uns Landsleuten denn doch zu arg!
Erhängt ihn, gebt ihm Belladonnapillen,
Hinein mit ihm, hinein, marsch, in den Sarg!
Da mag er seinen Liebeshunger stillen,
Den nie er züchtiglich vor uns verbarg.
    Ich, ich der deutsche Leser, will durchaus:
    Bleib uns mit Amor endlich nun zu Haus!

Und auch der »Hamburgsche Correspondent«,
Am dreiundzwanzigsten November war es
Im Jahre dreiundneunzig, macht ein End
Mit mir und findet, daß im Repertoire es
Bei mir nicht lammfromm sei und nicht dezent,
Und wünscht, daß mir ergeh wie Abailard es:
    Ach, Heloise, ja, bin ich entmannt,
    Dann werd ich deutscher Dichter erst genannt.

Ein deutscher Dichter, Lyriker zumal,
Ich glaube, lieber wär ich Eckensteher,
Gefangner König, Buschmann in Transvaal,
Ein Sklave lieber, lieber Tütendreher,
Glutschürer, Stiefelknecht im Höllental,
Und lieber Vogelscheuche, Galgenweher,
    Als Lyrax, Lyrifax, Lyriculus,
    Des Vaterlands verlachtester Verdruß.

Und wenn sie noch darüber lachten. Nein!
Die alten Tanten müssen Anstoß nehmen;
Und Staatsanwalt und Büttel im Verein,
Doch sonst so klug, sie müssen es verfehmen,
Schwimmt nicht der Vers im süßesten Wasserwein
Und kann er der »Moral« sich nicht bequemen.
    Ohhh, diese »sittlichen« Poetenmäher;
    Ich kenne jemand, prüfen wir ihn näher!

Professor Doktor Wolff, Emil, so heißt er,
In Schleswig wohnt er, ist Magister dort;
In »Oberlehrerdramen« ist er Meister,
Gedichte leimt er auch, salbt Wort an Wort,
Wie jeder Deutsche, aus dem ältesten Kleister,
Mit allem Epigonensenf an Bord.
    Emil, Emil, kein Drache speit so giftig.
    Was tat ich dir? Ist deine Wut denn triftig?

Hochmütiger Bakelschwinger, kannst du nie,
Auch im Genuß nicht, den Präzeptor lassen?
Legst du die ganze Welt denn übers Knie,
Willst du den Herrgott selbst in Regeln fassen?
Laß andern doch ihr armes Tirili,
Und bleibe hübsch in deinen Schulstaubklassen!
    Zum erstenmal, durch dein Geschwätz, verlor
    Beinah ich, hols der Satan, den Humor.

Verleumdet hast du mich, das war nicht fein;
Lies schnell, was Mark Aurel darüber sagt.
Erst steckst du, ein Anonymus, mich ein,
Dann hat die Zeitung nicht mein Wort gewagt.
So recht! Das ist ein schön Vermaledein,
Ist Antwort dem verwehrt, der angeklagt.
    War denn die Angst so groß vor euern Leuten,
    Daß du, dein Blatt die Gegenstimme scheuten?

»Und sie hieß,« Freunde, und sie hieß Lisette,
Und war die Vielgeliebte meines Ahnen,
Ging demnach, Freunde, nicht mit mir zu Bette.
Aha, ruft ihr, ja, zeigst du solche Fahnen,
Dann mag das Holdchen heißen Henriette,
Lisette, gut, das lieben wir Germanen.
    Ein Mädel, unserthalb der Hottentotten,
    Wir wollen nur nicht deine eignen Lotten.

Mein Ahn erzählt, daß beide, er und sie,
Daß ihre Liebe gar zu heiß gewesen.
Da hab er sich gesagt: Zum Nordpol flieh,
Um abzukühlen dort und zu genesen.
Gedacht, geschahs, daß ihm sein Wunsch gedieh:
Es führt ihn durch die Luft ein Zauberbesen,
    Und er erwacht und treibt allein im Eise,
    Auf einer großen Scholle ging die Reise.

Ich lasse besser selber ihn berichten
Von seiner wunderlichen Wikingfahrt,
Von dem, was er gesehn, von Spukgeschichten,
Von Abenteuern sonderlicher Art;
Denn täte ich den Kram zusammendichten,
Man würde rupfen Haare mir und Bart,
    Wenn ich es wagte, solchen Kohl zu schreiben.
    Mein Vorfahr, komm! Du sollst die Farben reiben.

Die Sonne sank, es schrumpft die letzte Helle;
Wie Blinkerart aufblitzt aus schwarzem Blut,
So blitzt aus dunkelrotem Meer die Welle.

Zuweilen zischt der Wind ein Wort der Wut,
Der erste Stern springt vor aus Himmelstüren,
Und über alles stülpt die Nacht den Hut.

Und auf dem dunkelroten Meere rühren
Geheimnisvolle weiße Berge sich,
Die Einsamkeit und Grausen mit sich führen.

Der Mond tritt vor aus fahlem Wolkenstrich.
Ich merkte bald: auf jener Berge einem
Fuhr ich, und einsam. Meine Stirn erblich.

Mich friert; ich kann nicht denken mehr, nicht weinen,
So fürchterlich droht mir der Todesschlund,
Selbst die Meduse kann nicht so versteinen.

Wohin ich trieb auf diesem Eisesrund?
Wie kann ichs wissen, wer gibt Auskunft mir?
Wahnsinn, zieh gnädig mich auf deinen Grund!

Entsetzen! Auf mich los watschelt ein Tier,
Ein großes Tier! Latscht es auf Gummischuhn?
Und eine Bärin ists in Zottelzier.

Ich spring ins Wasser, nein, was soll ich tun!
Da fällt mir eine Jägermäre ein:
Verstelle dich, die Leiche läßt sie ruhn.

Und sie kommt näher, nah, und wie ein Schwein
Beschnüffelt und beschnuppert sie mich armen,
Und legt sich brummend neben meine Pein.

Und schurrt mich an sich; Himmel, hab Erbarmen!
Und deckt mich zu mit ihren Vorderpfoten,
Daß ich an ihrem Pelze muß erwarmen.

So schlief ich unter ihren gütigen Poten,
Und träumte mild, von Paradiesespracht,
Von Freudenfeuern, die auf Zinnen lohten.

Am andern Morgen bin ich spät erwacht,
Auf einer Insel. Wo sind Eis und Schnee?
Wohin hat sich die Bärin aufgemacht?

Hier haucht die Hoffnung aus ihr langes Weh,
Denn solche Öde, solche »Ledernheit«
Sah ich noch nie. Lieb Leben du, ade!

Was muß ich sehn? Da wimmelts weit und breit.
Was sinds für Männer? sind das Lyriker?
Was soll die ängstliche Beweglichkeit?

Wie Knaben in der Pause, Plapperer,
So durcheinander; sie besprechen sich?
Ists gar das große Heer der Kritiker?

Djawoll, djawoll! sie sind es brüderlich!
Der eine hört den andern ab, ma foi;
Sie ochsen auswendig, das freute mich.

Der Marlitt »Werke«, ah, hurra, hurra,
Die müssen sie, eins nach dem andern, lernen,
Und Wort für Wort, o asa foetida!

Zuweilen schaun sie flehend zu den Sternen,
Ob nicht Erlösung kommen will. Nein, nein,
Sie dürfen niemals sich von hier entfernen.

Und unter ihnen, mit dem Glorienschein,
Stand Nicolai, und nicht weit davon
Hauptpastor Goeze; welch ein Stelldichein.

Doch wer schreibt dort ein wütend Distichon?
Professor Doktor Wolff, Emil, gewiß,
Er ists, er sucht just ein Epitheton.

Genug, ich lass ihn in Amphipolis,
In Sparta, Mantineia, in Athen
Und flüchte mich vor seinem Wanzenbiß.

Da stürzt ein Kritikaster, kein Mäcen,
Mit Zorn auf mich, und schreit mich tobend an:
»Der denkt Terzinen jetzt! könnt ihrs nicht sehn?

Hahhhh, Danten macht er nach, der Versemann;
Was Eignes können nie die Dichter bringen.
Fragt ihn nur aus, er eilt von hinnen dann.«

O je, wie komm ich weg aus diesen Schlingen.
Da fühl ich sanften Druck an meiner Hand,
Und konnte leicht mich in die Lüfte schwingen.

Und ließ mich nieder in ein Fabelland,
Auf einen weiten Rasen, der geschickt
Englisch geschoren war. Ich stand gebannt:

Kein irdisch Gras, so hatt ichs nie erblickt,
So frisch, so grün. Auf einer andern Welt
Muß ich wohl sein, die selig mich erquickt.

Und um den Rasen rings, wie hingestellt,
Durchsichtig blüht ein Birkenfrühlingsschmuck,
Den Saft und Kraft zu holdem Dasein schwellt

Ein Bächlein murmelt wo gluckgluckgluckgluck,
Erwartungsvoll will durch die Stille hin
Sich etwas regen; kommt das Männchen Puck?

Ich höre einer Drehorgel Beginn,
Fern, ferneher; der Zephyr trägt die Töne.
Sie spielt: Ich bin die kleine Kielerin.

Und aus den Bäumchen vor tanzt eine Schöne,
Unschuldig, nackt, mit höchst graziösem Pas,
Ein Kind, mit schwarzem Lockenkranzgekröne.

Sie wiegt und biegt sich, lacht: »Da bin ich ja.
Kennst du nicht deine erste Liebe mehr?
Ich elf, du zwölf, ich hieß Virginia.«

Ich staun entzückt ihr zu, doch hinterher
Sind andre Tänzerinnen bald erschienen,
Und sie verschwindet ohne Wiederkehr.

Ein Wogen ists von Braunen und Blondinen;
Sie winken mir und sind verschwunden schon.
Wer wirft zuletzt mir Kußhand zu von ihnen?

Die Landschaft bleibt, doch sitzt nun auf dem Thron
Der Sommer; meine Birken hängen steif,
Die Sonne brennt, der Frühling ist entflohn.

Und ernste Frauen kommen, früchtereif;
Sie gehn an mir vorbei mit großen Blicken,
Und sind verzittert wie ein Nebelstreif.

Kaum seh ich noch der letzten ruhiges Nicken,
Ich stütze meine Stirne in die Hand,
Ich fühls, Gedanken wollen mich umstricken:

Wen von den Frauen hab ich einst gekannt?
Doch blieb mir keine Zeit, viel nachzudenken;
Oktober hat die Fäden ausgespannt.

Wie sich der Birken braune Blätter senken.
Und auf die Wiesenflur sah ich hervor
Ein einzig Weib die sichern Schritte lenken.

Herb war ihr Angesicht, Herbst war ihr Flor;
So schritt sie kerzengrad an mir vorüber,
Bis sie sich auch am Waldessaum verlor.

Und um mich, in mir ward es wintertrüber
Und ganz allein, ich stand im Schneegestiebe,
Da spür ich einen zarten Nasenstüber:

»Ja, ja«, zirpt wer, »die Jugend und die Liebe.
Doch gibts auch andre angenehme Zeiten,
Als immerwährend Knospen, erste Triebe.

Noch eine Freude will ich dir bereiten:
Ein Bild aus wildester Erinnerung,
Es mag dir, ein Phantom, vorübergleiten.«

Und wieder um mich ist die Landschaft jung,
Die Birken blühen, Rasen treibt und Klee,
Darin sind Hürden, Hecken wie zum Sprung.

Trara, ein Jagdhorn, und en cavalier
Sprengt aus den Birken eine Reiterin.
Die Peitsche wirft sie, fängt sie auf: Gardez!

Ihr Herrenhut grüßt lachend zu mir hin.
Zwei Doggen, rechts und links, ein Edelpaar,
Begleiten sie mit stummem Mördersinn.

Und wenn sie springt, springt mit gesträubtem Haar,
Doch immer lautlos, ohne Hals zu geben,
Zugleich die Dogge, ihre Sklavenschar.

Ein wundervolles Bild: dies tolle Leben:
Das Weib, der Scheck, die beiden stummen Hunde,
Wie sie den Plan, im Kreise stets, durchbeben.

Da plötzlich tritt ein Mann in ihre Runde,
Er hebt den Arm, der einen Hammer hält:
»Aschtoret!« klingts und »Thor!« aus einem Munde.

»Laß mich, Aschtoret, wieder in die Welt!«
Doch sie: »Nie lass ich, Thor, dich von mir ziehn.«
Der Hammer fliegt, die schlanke Lilie fällt.

Es strömt ihr Blut, der Mann liegt auf den Knien,
Zu Boden rissen ihn die beiden Doggen;
Er schreit, er wehrt sich, sie zerreißen ihn.

Die Pulse wollen mir, der Herzstrom stocken;
Komm, Winter, rasch! Schnee, hüll mich ein, geschwind
Und es begraben mich viel tausend Flocken.

Doch wunderbar, im weißen Wirbelwind:
Ist das mein letzter süßer Erdentraum?
Noch einmal machte mich die Schönheit blind:

Madonna unter dem Akazienbaum.
Er steht in Blüte, heiße Jahreszeit,
Der Himmel blaut bis an den Meeressaum.

Und meine Herrin, hoch gebenedeit,
Säugt unser Töchterchen, die kleine Abel,
Und strahlt von rührendster Holdseligkeit.

Der ganze Garten weihraucht venerabel,
Und alle Blumen müssen sich verneigen;
Weit, weither tobt, tollt, grollt die Sündenbabel.

Weh, durch des Julis mittagliches Schweigen
Stößt jäh ein Lärm ins Horn, und Pforten schlagen,
Gestampf und Kiesgeknirsch, ein geller Reigen.

Barbaren – Menschen – nahn auf Sichelwagen,
Die Pfeile überschütten schon den Platz,
Und nackte Schwerter drohn und Spieße ragen.

Der Mutterbrust entreißen sie den Schatz;
Ich bin an ihrer Seite blitzgeschwind,
Doch bin verloren in der Hufenhatz.

Es trägt mich in die Luft ein jäher Wind
Und läßt mich nieder, fern in Felsenschlüften,
Da stürz ich hin und weine wie ein Kind.

Wie still ists hier in diesen finstern Klüften.
Hoch muß ich sein, vielleicht in Gottes Sphären;
Von unten tief dringt Grabgesang aus Grüften.

Und über mir schwebt über Land und Meeren
Ein Riesenvogel; dessen Flügel reichen
Von Pol zu Pol, gekrümmt wie Krebsesscheren.

Doch seiner Kraft und seines Schmuckes Zeichen
Sind an den Enden festgekeilt im Eise,
Er kann die Sonnenbahnen nicht erreichen.

Und darum sucht er gierig seine Speise
In unsern volkbesetzten Erdentalen
Und weidet Menschen, Kinder bis zum Greise.

Er sättigt sich im Dunstkreis unsrer Qualen,
Die unaufhörlich in den Gründen grausen,
Aus tränenüberströmten Opferschalen.

Es schwillt herauf zu mir ein dumpfes Sausen
Und Stampfen, wie von Hunderten Geschwadern,
Die rasend durch den Morgennebel brausen.

Und Feuer, Qualm und Schreien, Zank und Hadern,
Das alles lähmte albschwer mir die Glieder,
Ein Strom von Gift durchströmte meine Adern.

Ich schloß die Augen, offen sind sie wieder,
Und wieder seh ich jenen Vogel schweben;
Doch schiel ich nur, halboffen sind die Lider.

Und er erhob sich unter Wolkenbeben;
Gelöst ist jetzt sein Flügelpaar vom Eise.
Ach, könnt ich mit ihm in sein Ätherleben!

Als er nun zog die ungeheuern Kreise,
Fand ich von ihm mich mit emporgetragen
Und rauschte mit ihm seine Weltenreise.

Ich sah die Sterne durcheinanderjagen,
Als ob im Himmel goldne Kugeln schnellen,
Wie Gaukler tun an Sommerjahrmarktstagen,

Auch wie in warmen Nächten durch die Wellen
Ein Nachen leuchtend furcht auf Funkenschäumen,
Die rings das Boot mit ihrem Glanz erhellen.

Mein Auge starb in überhellen Räumen.
Und da saß Mose, der Gesetzegründer,
Umrahmt von purpurblauen Nebelsäumen.

Titanenkräftig blickt der Gotteskünder,
Ein erster Heiland aus dem Menschenpfuhle;
Mit seinen Brauen bändigt er die Sünder.

Und jetzt: ein Nordlicht krönt das Himmelsthule:
Der Nazarener wars im Lichterscheinen –
Tief tauchte der Koloß von seinem Stuhle.

Unsagbar war die Milde, die dem Reinen
Das schöne, heimatstille Antlitz prägte;
Nach Innen sah ich seine Schmerzen weinen.

Doch hinter ihm, als er sich fortbewegte,
Schritt grinsend, blutbespritzt der Menschenschnitter,
Des roter Mantel scharf die Erde fegte.

Im Wolkensaal unzählige Gewitter,
Ein Feuermeer im ganzen Weltenkreise;
Dann sank die alte Nacht, ein bleiern Gitter.

Ich fuhr erschrocken auf nach dieser Reise,
Und fand mich auf der höchsten Alpenspitze,
Verlassen und allein wie eine Waise.

Verlassen? Stand nicht auf dem Platz der Blitze,
An eine Fahnenstange festgebunden,
Ein Mann, ein Schemen, auf dem Donnersitze?

Erwartet der hier seine letzten Stunden?
Den Tod? Umschrien vom Sturm, von Kannibalen?
Am Folterpfahl die letzte seiner Wunden?

Wer bist du? rief ich. »Du – und deine Qualen,
Dein Leib und deine Seele! Siehst dus nicht?
Dein Leben mußt du hier zurückbezahlen.«

Da trat ich zu ihm hin, wie dicht ans Licht,
Und starr ihn an, und steh wie eine Säule:
Dann sollst du, Satan, mit mir ins Gericht!

Er aber reißt sich los mit Wutgeheule,
Und wirft mich nieder, würgt mich, kniet auf mir;
Wir kämpfen, doch er knebelt mich im Knäule.

Ich fühle seines heißen Atems Gier,
Stoßweise schreit er rasend auf mich ein,
Indessen er mich anglotzt wie ein Tier:

»Nie gabst du deinem Glück ein Stelldichein,
Vom Leichtsinn ließest du dich stets betören,
Des Weibes Keuschheit war dir leerer Schein.

Charakter fehlte dir, Dir zu gehören;
So wars ein jämmerliches Schwanken nur,
Und Wahnsinn mußte endlich dich zerstören.«

Fern ließ zu mir empor ein Ordensschwur
Den Hohenfriedeberger Marsch erschallen,
Da sprang ich auf, als hätt ich Kraft vom Ur,

Und ließ den Teufel in die Gründe fallen,
Daß klatschend er von Zacke zu Zacke schlug,
Im Echo muß ein greulich Wort verhallen:

»Selbstmörder –« – Schuld aus eignem Lug und Trug
Das Los von dem, der niemals Halt erklommen;
Die Sinne schwanden mir wie Rauch im Zug.

Doch eh mein Geist den schwarzen Weg genommen,
Fühlt ich von weichen Armen mich umschlungen,
Und eine süße Stimme sprach: »Willkommen!

Jetzt hast genug du mit dir selbst gerungen;
Hier reicht ein reines Weib dir Trost und Treue,
Die Liebe hat den bösen Feind bezwungen.«

Und himmlisch quoll das Tränenlied der Reue.


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