Detlev von Liliencron
Poggfred
Detlev von Liliencron

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Erster Teil: Einkehr in Poggfred.

Erster Kantus: Der Aussichtsturm.

Motto:

O Boccaccio, göttlicher Schmetterling:
dies Häufchen Gemüse in Einer Schüssel,
das wär was gewesen für Deinen Rüssel,
wenn nicht auch Dir der Spaß verging!

Richard Dehmel.

        Dies ist ein Epos mit und ohne Held,
Ihr könnts von vorne lesen und von hinten,
Auch aus der Mitte, wenn es euch gefällt.
Ja, wo ihr wollt, ich mache nirgends Finten,
Klaubt euch ein Verslein aus der Strophenwelt!
So sucht ein Kind im Kuchen nach Korinthen.
    Ob sie euch schmecken, kümmert mich fürwahr nicht;
    So lest denn mit Geduld! Meintwegen garnicht.

Tut, drin zu lesen, wirklich wer den Schwur,
Ums Himmelswillen, nur nicht die »Gesänge«
Wie einer Zwiebelreihe tote Schnur
»Herunterhaun«, sonst kommt er ins Gedränge.
Denn das wär eine Elefantenkur,
Und gräßlich wirkte, opiumgleich, die Länge.
    Nein, wie gesagt, nur hier und dort ein Canto,
    Und ganz beliebig ausgehülst ex Quanto.

Und noch einmal, und noch ein drittes Mal:
Ich warne, bitte, flehe, ich beschwöre:
Lest nicht den Poggfred mit dem Lineal,
Verzehrt ihn nicht wie eine lange Möhre!
Es brächte jedem nur die größte Qual,
Wenn er sich regelrecht darin verlöre.
    Lest übereck, es soll euch nichts verbinden;
    Der »rote Faden« wird sich trotzdem finden.

Zwar wähl ich mir ein fremdländisch Gewand:
Ich greife zu Ottaven und Terzinen.
Doch werd ich dich, mein deutsches Vaterland,
Deshalb nicht weniger gewandt bedienen.
Die Stanze ist mir nur der Zellenstand,
Den Honig bringen meine heimischen Bienen.
    Und der Terzinen Sancta Trinitas
    Dämmt die Gedankenflut ins rechte Maß.

Ich möchte gern in alles Leben sehn
Und die Maschine unsrer Erde schildern,
Ihr Triebwerk bis ins zarteste Rädchen drehn.
Vermessenheit, auch nur in Umrißbildern
Die Welt auf einem Kohlblatt zu verstehn.
So muß ich schleunig meine Absicht mildern.
    Sogar von eines einzigen Menschen Qual
    Kennt selbst der liebe Himmel nicht die Zahl.

Und nähm die Ewigkeit den Gänsekiel:
Sie kann nicht eines Menschen Stunde schreiben.
Sie sähe nichts von seinem Kampf und Spiel,
Und sähe sie durch alle Fensterscheiben.
Gräbt sie ihm dann das letzte Erdenziel,
Wird er sich still dem Weltschoß einverleiben,
    Ohn daß er mehr aus seiner Daseinsfülle
    Ertastet hätte als der Seele Hülle.

Geheimnisvoll ist unser Tun und Handeln,
Geheimnisvoll verstummen wir ins Grab.
Und wenn wir noch so breit und spurig wandeln,
Wir schwanken nur am sichern Todesstab.
Und was wir binden auch, und was wir bandeln,
Geheimnis steigt wie Stein mit uns hinab.
    Ist unenträtselbar des Menschen Leben,
    Wie könnt ich seines Schicksals Aufschluß geben.

Na gut, was tu ich denn in die Behälter?
Erinnrung? Traum? Erlebnis? Phantasie?
Ich habe Angst, mein Blut wird täglich kälter,
Zum Teufel geht allmählich der Esprit.
Zusammen schab ich drum, eh immer älter,
Die schäbigen Reste meiner Poesie.
    Denn vor mir, eine greuliche Pagode,
    Hockt steif des Dichters »zweite Periode«.

Oh, da wirds eisig, »objektiv« wirds da,
Der Springinsfeld setzt ruhiger den Fuß
Und ruft nicht mehr sein lustiges Hurra.
Trübsinnig hört er fernen Sängergruß,
Am Ende kommt noch gar das Podagra,
Auf alle Farben fällt ein grauer Ruß.
    O Jemine, so sinkt die Kraft der Jugend,
    Verwandelt sich in wermutvolle Tugend.

Nein, nein! Noch nicht! Noch immer, kommts drauf an,
Sitz ich im Sattel zweiundsiebzig Stunden;
Noch immer pfeif ich auf Hans Biedermann,
An keine Regel, nur an mich gebunden.
Und was für Fallen mir der Schmerz ersann,
Noch hab ich stets die Rettungstür gefunden.
    Noch strömen meines Lebens rote Wellen;
    Wies fließt, so rinnts, versprudl ich meine Quellen.

Noch lieb ich, fleißig mich im Tanz zu drehn,
Mit Freunden um den Ehrenpreis zu schwimmen,
Mit hübschen Mädchen durch den Wald zu gehn,
Die höchsten Alpenspitzen zu erklimmen,
Früh auf dem Anstand tief im Tau zu stehn,
Wie Hagen über Hundsvolk zu ergrimmen.
    Ein altes Sprichwort sagt: lex mihi Ars!
    Ich sage lieber noch: lex mihi Mars!

Doch meinen Schlössern fern und fern der Stadt,
Inmitten zwischen Wiesen, zwischen Hecken,
Fremd aller Welt und alles Lebens satt,
Spielt einsam unterm Blumenflor Verstecken
Ein schlichtes Häuschen, wie ein weißes Blatt,
Das keine Lästerzunge kann belecken.
    Sein Name ist Poggfred, hochdeutsch Froschfrieden,
    Denn Friede ist den Fröschen hier beschieden.

Von einem Seitentürmchen seh im Kreise
Ich meine Haide, meine Wälder liegen.
Aus meinem Garten tönt die alte Weise,
Wenn Wind und Wetterstoß die Bäume biegen.
Mein Herd empfängt mich wie nach lästiger Reise,
Die wilden Wolken lass ich weiterfliegen.
    Willkommen, Einsamkeit, du vornehm Land,
    Wie sind mir deine Sterne wohlbekannt!

Und all die lieben Plätze rings umher
In Knick und Torfbruch, Brache, Teich und Moor.
Die Nacht verflüchtigt sich; und Lucifer,
Der letzte Stern, verbleicht im Morgentor.
Die Sonne trennt sich aus dem fernsten Meer,
Ein Reiher hebt sich schwer aus Schilf und Rohr
    Und schüttelt sich aus Flaum und Flunk den Tau;
    Der Tag ist da und zeigt ein mürrisch Grau.

Von jenem Turm aus sah ich diese Nacht
Die Erde, ja, die ganze Erde brennen.
Ein einziges Flammenchaos war entfacht,
Ich konnte Einzelheiten nicht erkennen.
Tief aus der wundervollen Feuerpracht
Erscholl ein Jammern, Fluchen, Schreien, Rennen.
    Die letzte Riesenlohe schoß herauf,
    Dann stürzten Tod und Leben wüst zu Hauf.

Und aus der Stille, aus dem Aschenkrug,
Als Qualm und Schuttstaub sich verzogen hatten,
Erschien ein Engel, dessen Rechte trug
Hochhaltend eine Fackel durch die Schatten.
Er nahm zum Himmel seinen graden Flug,
Als wollt er dort den Tatbericht erstatten.
    Ich sah ihn fliegen, schweben, höher steigen,
    Um sich vor Gottes Antlitz zu verneigen.

Und Gott trat vor aus einer Ätherlücke,
Rechts von ihm Christus, links saß Jupiter.
Und hinter ihm, auf einer rosigen Brücke,
Stand ungezählt der Heiligen frommes Heer.
Der Engel naht in hocherglühtem Glücke
Und überreicht den Rest der Erdenmär.
    Der Allerhalter beugt sich lächelnd nieder,
    Und nimmt die Fackel, und verschwindet wieder.

Das Türmchen hab ich selber aufgesetzt,
Es dient als Schmuck dem Häuschen und als Warte.
Bin ich in Poggfred, flattert windzerfetzt
Von diesem Türmchen meine Hausstandarte.
Wie hat es heimlich oft mein Herz ergetzt,
Wenn hin und her die Fahnenstange knarrte.
    Zuweilen murrt ein Donnern, fern und dumpf:
    Mein Nordsee-Küstenstrich kartaunt Triumph.

O Nordsee, Mordsee, o du Bild der Kraft!
Wie steht die Brandung an Norwegens Klippen!
Vom Raubzug kam der Wiking bärenhaft,
Die Robbenjacke panzert ihm die Rippen.
Wen bringt er mit in die Gefangenschaft?
Wen landet er? es scheinen edle Sippen.
    Prinzessinnen von Südsiziliens Thron
    Und einen jungen griechischen Königssohn.

Dort, wo der Fels weithin vorstößt ins Meer,
Steht ein Altar mit schwarzer Marmorplatte.
Die Platte glänzt, die Luft ist wolkenleer;
Viel gelbe, rote Rosen trägt der glatte
Geschliffne Stein, sie spiegelnd voll Begehr,
Als fühlt er seine Fracht, die farbensatte.
    Der Weihrauch steigt aus Becken rechts und links,
    Stümprig tönt die gestohlene Syrinx.

Geräte, Waffen, Purpur, Schmuck und Gold
Sind vor des Altars Stufen hingetragen.
Die Beute ists. Der listige Würfel rollt.
Gierige Blicke. Jubel. Mißbehagen.
Jetzt um die Weiber! Die fällt mir zum Sold,
Ich hab drei Dutzend Männer drum erschlagen!
    Nein mir! Und enggedrängt, ein Rudel Rehe,
    Erwarten sie des Schicksals süßes Wehe.

Nun bleibt der zarte Griechenknabe noch,
Sein schwarzes Auge düstert in die Menge:
Zu wem muß er, der Fürst, ins Sklavenjoch?
Da reckt sich einer tannhoch im Gedränge:
»Dem Häuptling, mir allein gehört er doch!«
Und wendet sich zu ihm mit milder Strenge:
    »Zwei Königssöhne, komm! ich blond, du dunkel,
    Zwei Sterne stehen wir im Kampfgefunkel.

Auf einem Drachen, sei mein Freund, zusammen
Besitzen wir die Welt zu Odhins Ehre!
Zwei Jarle sind wir, die von Göttern stammen;
Den einen schützt des andern Schlachtenwehre.
Zusammen wollen wir den Orlog rammen,
Zusammen pflücken wir die Siegesbeere!«
    Ein tausendstimmig Skaal brüllt durch die Ruder,
    Es blitzt der Humpen für den neuen Bruder.

So steh ich oft in Träumen auf den Deichen;
Wie hab ichs oft in Wirklichkeit getan.
Und angenagte, angeschwemmte Leichen
Seh ich, und manchen umgeschlagnen Kahn.
Und Trümmer, mörderische Schiffbruchzeichen,
Tanzen auf Wellenbergen im Orkan.
    Der Regen stürzt, die Nacht fällt wie ein Tuch;
    Der Sturm erstickt sogar Poseidons Fluch.

Doch was die Flut gebracht, die Ebbe nimmt
Und führt es wieder weg und sinkt und strebt.
Wie still es wird. Auf Wattenprielen schwimmt
Der Austerndieb; die Wimmermöwe schwebt.
Der Seehund wärmt sich, und das Meerweib stimmt
So süßen Sang an, daß mein Herz erbebt.
    Ein weißes Wölkchen kriecht, hoch, hoch, im Blauen;
    Ich kenne dich, du schwillst zu neuem Grauen.

Und wieder kommt die Flut. Erst rillt sie an;
In langen Strichen perlt sie, und bedeckt,
Im Anfang langsam, bald den leeren Plan,
Bis sie das altgewohnte Ufer leckt.
Sie steigt und steigt zu ihrer höchsten Bahn,
Hat alles Leben wieder aufgeweckt.
    Und Welle wächst aus Welle und zerfließt,
    Und bäumt sich abermals und drängt und gießt.

Hinein ins Boot! Mein alter Schiffer sitzt
Am Segel; ich, am Steuer, luge aus.
Schräg liegt der Dullbord. Wie die Woge spritzt!
Klatsch! eine Ladung über Hut und Flaus.
»Ree!« Flattern! steif und straff! Den Blick gespitzt,
Pfeilgrad durchschneiden wir den Wassergraus.
    Um uns die wilde See wie Berg und Tal,
    Ein einziger, aufgeregter, flüssiger Stahl.

Die Dämmrung kommt. Wie schaurig wird die See.
Die Wellen poltern fort und fort, zerschäumen.
Schwermassige Nordseewolken! Herrlich! (»Ree!«)
Gebirgen gleich, mit goldnen Höhensäumen.
Ein schwarzer Vogel senkt die Fittiche
Und fliegt uns vor. Dem Tode zu? den Träumen?
    Der Himmel färbt sich immer abendblasser;
    Wohin das Auge reicht, nur Luft und Wasser.

O heilig Meer! Furchtbare Einsamkeit.
Hier fällt die Stickluft aller Erde ab.
In grenzenloser Abgeschiedenheit
Deckst du die Tiefe übers große Grab.
Begrabe auch die Wirren meiner Zeit,
Zieh in den feuchten Schlund den Haß hinab!
    Schick deine Brisenfrische Stirn und Sinnen;
    »Ree!« Flattern! Klar! Schon rundet sich das Linnen.

Ich hör die Brandung in den Schlaf herein;
Es schwankt mein Bett, es bangt mein Poggfredhaus.
Rüttelt der Sturm schon meinen Leichenstein?
Sinds Geister? Still, du mitternächtiger Graus!
Heda, was wollt ihr? Mahnen? Prophezeihn?
Ihr findet mich bereit zu jedem Strauß!
    »Froschfriede« heißt mein Schlößchen! Ruhig, Hunde.
    Bertouch, mein greiser Diener, macht die Runde.

Von meinen Ahnen einer hats gebaut,
Der zeitig schon die Menschen kennen lernte,
Der früh zurück sich zog aus Lärm und Laut,
Sich mit Behagen aus dem Klatsch entfernte;
Nie hat er vorm Alleinsein sich gegraut,
Schnitt gern sich einsamer Gedanken Ernte.
    Beim Glase hat er manche Nacht gesessen,
    Um Leid und Lebensschmerzen zu vergessen.

Das ist Philosophie; warum denn nicht?
Ein Trinker, der sich selbst nur hat beim Weine,
Der erst zur Ruhe geht beim Morgenlicht,
Das ihm die Nase tupft mit Glorienscheine.
Und heimst er Zipperlein auch ein und Gicht,
Und werden stöckrig endlich auch die Beine:
    Ihm hats behagt, es hat ihn nicht verdorben,
    Und am Burgunder ist er dann gestorben.

Ich wohn in meinem Jagdhaus freilich nur,
Wird mir einmal zu arg die wilde Welt.
Dann findet sie so leicht nicht meine Spur,
Ich hab ihr alle Schlüssel abgestellt;
Und abgestellt hab ich auch meine Uhr,
Daß sie mir nicht die kurze Zeit vergällt.
    Denn mehr als Wochen mag ichs mir nicht gönnen,
    Sonst fürcht ich, nicht ins Joch zurückzukönnen.

Doch die paar Wochen bin ich zu beneiden,
Mag nun Frau Holle ihre Kissen schütteln,
Mag mir der Sommermond Gesichter schneiden,
Mag mir der Sturm im Herbst die Fenster rütteln,
Mag Frühlingsregen blümen meine Weiden:
Stets wachen Riesen mit gewaltigen Knütteln
    Vor meiner Eingangspforte und begnaden
    Den, der es wagt, sich hierher einzuladen.

Eh noch die Sonne aus dem Meere steigt,
Wenn mir der Traum noch seine Männchen macht,
Wenn mir der Traum noch ferne Sterne zeigt,
Wenn mir im Traum ein Ungeheuer lacht,
In dunkler Wolke hold ein Engel geigt,
Hat ein Gefährt mir alles das gebracht,
    Was zu des Leibes Notdurft keiner mißt,
    Der, mir nichts dir nichts, Gast auf Erden ist.

Um zehn Uhr kommt ein Reiter angesprengt
Und springt vom Sattel und tritt ein bei mir,
Dem eine Tasche um die Schulter hängt,
Darin er Briefe birgt und Druckpapier;
Zuweilen ist sie übervoll gezwängt,
Daß schwer zu tragen haben Mensch und Tier.
    Oft, schließ ich auf und spreng ich Lack und Schnur,
    Verschüttet mich die deutsche Literatur.

Die deutsche Literatur, was wird mir weh!
Doch hab ich jetzt von ihr nicht zu berichten,
Nur das noch zu erzählen, daß als Fee
Mein alter Kammerdiener seine Pflichten
Bei mir versieht vom Kaffee bis zum Tee,
Und der versteht, bonnes grâces, nichts von Gedichten.
    Grüß Gott, Poggfred! Den Namen lass ich laufen;
    Sollt ich ihn etwa Veilchentälchen taufen?

Heut hatt ich meine Flinte umgehangen,
Um ins Gehege auf die Jagd zu gehn.
Als über eine Blöße ich gegangen,
Fand ich an einem Birkenstämmchen stehn
Steif einen Clown mit buntbemalten Wangen,
Wie wir im Zirkus alle ihn gesehn,
    Wenn er uns Pudel vorführt oder Schweine
    Mit andern schönen Künsten im Vereine.

Er blies auf einer Flöte, die er quer
Den Lippen hielt, aus Mozarts Don Juan
Das Menuett. Da, aus den Büschen her,
Erschienen Hand in Hand, wie ganz im Bann,
Cäsar und Hannibal in Waffenwehr,
Fritz und Napoleon, als Viergespann.
    Sie kamen in der Tracht herangezogen,
    Wie wir schon früh sie sehn auf Bilderbogen.

Sie waren hager, häßlich, schmächtig, klein,
Der Korse auch, wie zu Marengos Tagen.
Die tanzten nun und mußten Bein an Bein
Im Rokokogetrippelschritt sich plagen,
Und schauten mürrisch und verdrießlich drein,
Und fanden an der Sache kein Behagen.
    Der Clown blies ruhig seine Melodie,
    Und wie ein Affe folgte das Genie.

Ich bog mich vor, verwirrt, erstaunt, erstarrt,
Und ich sah Cäsar, und ich sah sein Glück,
Und wie er in Kleopatra vernarrt,
Und wie er sich vom Himmel riß ein Stück,
Wie Brutus an der Säule auf ihn harrt,
Und wie der Göttliche sank ins Nichts zurück.
    Ich dachte seiner ungeheuern Schulden,
    Und seine Gläubiger mußten sich gedulden.

Des großen Königs Auge flammt empor,
So sah er bei Kolin wohl in die Runde,
Und wie er einritt durch das Kränzetor
Nach sieben Jahren, mit der Kraft im Bunde.
Ich sah, wie er den letzten Blick verlor,
Den letzten Hohnblick, mit verzerrtem Munde
    Nach Mark Aurelens Büste stur gewendet;
    So hat der größte Preußenheld geendet.

Der Imperator stand vor Moskaus Flammen
Und schaute noch einmal zurück ins Feuer,
Und seine Grenadiere ließ er rammen
Den Totensteg nach Frankreich, kein Bereuer.
Er rafft bei Waterloo sein Ich zusammen
Und hat sein letztes Pulverabenteuer.
    Und auf Sankt Helena benagt sein Herz
    Ein Rattenvölkchen ohne Scham und Schmerz.

Den Punier sah ich auf dem Elefanten
Im roten Byssusturm, und eine Binde
Verdeckt das linke Auge dem Giganten.
Er streckt den Arm im scharfen Alpenwinde
Und zeigt den Weg, den lichtblau überspannten;
Der Himmel lächelt seinem Sonntagskinde.
    Er öffnet seinen Onyxring zum Trunke;
    Verfolgt, gequält erlischt ein Götterfunke.

Der Narr fiel ans dem Menuett indessen
In einen Marsch und wilden Schlachtenton.
Nun muß sich Hannibal mit Cäsarn messen
Und Friedrich boxen mit Napoleon;
Und, interessant, mit Fauststoß und Finessen
Sucht jeder Lorbeer sich und Ruhmeslohn.
    Der Brandenburger schlug den Franzenstreiter,
    Die andern stritten unentschieden weiter.

Da schrie dem Clown ich zu: Halt ein, du Schuft!
Und riß das Pfeifchen ihm von seinen Zähnen.
Weg da! Halt ein! Und alles schwand in Duft;
Erschöpft muß ich mich an ein Bäumchen lehnen.
Rings um mich her wards still wie Grab und Gruft,
Und nichts mehr ließ mich jenes Spukbild wähnen.
    Nur schwang den Krückstock noch der alte Fritze:
    Laß er hinfüro solche Schelmenwitze!


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