Mirok Li
Iyagi
Mirok Li

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36. Der Durst nach dem Leben

Eine buddhistische Erzählung

Ein Schüler fragte Buddha, wie stark der Durst des Menschen nach dem Leben sei. Buddha antwortete:

Ein Holzarbeiter traf im Wald einen grimmigen Löwen, der nach Menschenblut trachtete. Der Mann dachte: der Löwe ist zu groß und zu gewaltig; es hat keinen Sinn, daß ich versuche zu fliehen. Besser wäre es, gleich zu sterben, als sich vergeblich zu bemühen zu entlaufen. Er lief aber doch und kletterte auf einen Baum, auf den ihm der Löwe nicht nach konnte. Auf dem Gipfel des Baumes war aber eine große Schlange; sie wollte den Flüchtling beißen. In seiner Angst rutschte er tiefer und tiefer, bis er in den Brunnen fiel, der unter dem Baum war. Glücklicherweise konnte er sich gerade an einem Stein der Brunnenwand 197 festhalten. Es gab aber keine Möglichkeit, aus diesem Brunnen zu entkommen; draußen wartete der Löwe, ihn zu verschlingen; auf den Baum konnte er nicht zurück, weil ihn die Schlange beißen würde; das Wasser im Brunnen aber war so tief, daß er hinunterspringend sicher ertrunken wäre. So klammerte er sich an dem Stein der Brunnenwand fest. Zwei Tage war er schon im Brunnen unten. Da entdeckte er, daß von oben, von einem Bienenstock, von Zeit zu Zeit einige Tropfen herunterfielen. Er streckte seine Zunge danach aus und fing immer richtig den Honigtropfen auf. Mit jedem Honigtropfen aber kam eine Biene herunter und stach ihn in die Zunge. Er spürte große Schmerzen. Trotzdem fing er jeden Tropfen auf, um nur nicht verhungern zu müssen.

Dies alles vermag der Mensch zu ertragen, nur um noch am Leben zu bleiben. So groß ist der Durst nach dem Leben. 199

 


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