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XX.
Klairant an Klaren.

Klara! – O, gieb du mir Worte, guter Gott! Die Liebe kann die geheimsten Empfindungen ausdrüken: sie hat Thränen, Umarmungen, Händedruk. Schmerz, Verzweiflung, und selbst der Tod ist für sie da, wenn sie sichtbar hervorbrechen will. Aber was hat die Dankbarkeit? Wie soll die Feder, wie die Zunge ihre Empfindung mahlen, welche die Seele so still mit ihren sanften Flügeln bedeckt? Welche Worte drüken den ruhigen, stolzen, allmächtigen Genuß des dankbaren Herzens aus? O, Klara, hier lieg' ich auf den Knieen, halte dein Bild in den gefaltenen Händen vor meine sanftbenezten Augen, und rufe den Segen Gottes über dich herab, weil ich selbst verzweifle, dich für die Ruhe meines Wesens belohnen zu können. Deine Liebe kann ich belohnen: denn ich liebe dich mehr, unaussprechlich mehr, als mich selbst; aber deine Großmuth, edle Klara, deine himmlische Großmuth – O, bei diesem Gedanken senkt sich der Himmel mit aller seiner Ruhe, seinen Seligkeiten langsam auf mich herab. Nein, der Ewige war nicht in den verzehrenden Flammen meiner Liebe, nicht in dem gewaltigen Brausen meines Schmerzens; aber in dem milden Säuseln deiner Großmuth und meiner Dankbarkeit ist er!

Mein Wesen hat sich umgewandelt; es lös't sich unter diesem Gefühle sanft auf; meine Seele vergeht in Zagen über diese Seligkeit; ein sanftes Sterben in himmlischem Entzüken stillt alle meine Begierden, alle meine Kräfte. Ich sinke in der ruhigen Fluth der Zufriedenheit langsam unter. Klara, du gabst mir deine Liebe; und kaum konnte mein Herz dieß Glük tragen. Ach, mußtest du auch noch die Seligkeit der anderen Welt in dies sterbliche Herz von Erde gießen? Hier kniee ich vor deinen Briefen, und vergehe unter der Last von Seligkeit, die deine Großmuth auf mich häuft.

Klara, was soll ich thun, dir zu danken? Nein, für meinen Dank ist dies Herz zu schwach, die Sprache zu arm, die Erde zu klein. Ich hebe meine Hände gen Himmel, und bete für Klaren; das ist alles, was ich vermag.

 

*

 


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