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Schlußkapitel.

Das Versöhnungsmahl war eine große, feierliche, etwas steife Angelegenheit. Wolopoff und verschiedene Funktionäre der Organisation in Genf nahmen daran teil. Es wurden Reden in französischer, bulgarischer und deutscher Sprache gehalten, und erst, als der Sekt und die Begeisterung verschiedenen Teilnehmern zu Kopf stieg, wurde es lebhafter und freier. Gegen Mitternacht erhob sich dann General Petroff, klopfte an sein Glas und setzte zu der dritten Rede an, mit der er die Versammlung an diesem Abend bescherte.

»Wir haben heute abend über unser Volk gesprochen, über unsere Sache und über unsere Zukunft. Wir hoffen, daß sie sich glücklich weiterentwickelt und die Versprechen erfüllt, die sie uns gibt. Ich glaube daher, daß ich nun auch über eine Familienangelegenheit sprechen kann, die mein Herz mit Freude erfüllt und wohl auch bei Euch, meine Freunde, den hellsten Widerklang finden wird. Das Schicksal, das uns zu diesem guten Ende geführt hat, brachte zwei junge Menschen zusammen, deren Wege sich wohl nie gekreuzt hätten, wenn es nicht ein Land namens Thrazien gäbe. Meine Tochter Sophie hat den Mann gefunden, den sie liebt, und der durch den Mut, mit dem er sich unserer Sache zur Verfügung stellte, bewiesen hat, daß er kein Unwürdiger ist. Mit tausend Freuden habe ich die Zustimmung zu ihrer Verlobung gegeben und bitte Sie nun, meine Freunde, mit mir anzustoßen auf das Wohl der Verlobten, meiner Tochter Sophie und des Herrn Richard Roland.«

Alle sprangen auf. Gläser klangen. Nur einer saß da, als traute er seinen Ohren nicht. Pawel Petroff. Sophie, in der richtigen Vorahnung der Dinge, die da kommen mußten, hatte ihm Margot als Tischdame gegeben. Margot war es daher wieder, die die Situation rettete.

»Stehen Sie auf und schreien Sie auch Hurra!« flüsterte sie ihm zu.

»Aber ich denke doch – – –«

»Denken Sie nicht, sondern schreien Sie mit den andern Hurra! Ich werde Ihnen nachher alles erklären. – – –«

Da stand Pawel Petroff gehorsam auf und schrie auch. Stieß mit dem Bräutigam und der Braut an und fühlte sich auf einmal selbst als ein ungeheuer glücklicher und mit der Welt zufriedener Mensch.

Später dann, als man sich in verschiedenen Gruppen zum schwarzen Kaffee zusammenfand, saß er mit Margot in einer stillen Ecke, daß Sophies diplomatisches Geschick ihnen dieses diskrete Plauderplätzchen verschaffte, merkten sie nicht. Sie waren auf einmal viel zu sehr mit sich beschäftigt.

»Und die Erklärung?« verlangte er mit höchst auffallender Energie.

Sie gab die gewünschte Erklärung. Halb ernst, halb lachend. Er hörte sie an, ohne eine Miene zu verziehen.

»Und was machen Sie jetzt?«

»Ich werde Herrn Roland die zweitausend Pfund zurückschicken, die er mir überwiesen hat, und mich wieder in mein Büro setzen. Ich habe einen Chef, mit dem ich sehr zufrieden bin, und im übrigen werde ich meinen Erinnerungen leben.«

»Wie lange gedenken Sie das zu tun?«

»Wie kann ein gescheiter Mensch so dumm fragen?«

»Ist das eine Antwort?«

»Soll auch keine sein.«

»Ich werde nach Berlin kommen und sie mir holen – –«

Margot widersprach nicht.

*


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