George Kennan
Zeltleben in Sibirien
George Kennan

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7. Kapitel.

Ich erinnere mich in meinem ganzen Leben keiner Reise, die mir zur Zeit selbst größeren Genuß und in der Erinnerung mehr Befriedigung verschafft hätte, als unser erster Ritt von 275 Werst durch den südlichen Teil Kamtschatkas. Die entzückende Naturschönheit, die Neuheit und Abenteuerlichkeit des Lagerlebens, das noch nie in diesem Grade empfundene Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit berauschten uns förmlich. Leichten Herzens wandten wir der Civilisation den Rücken und ritten in die Wildnis, indem wir unserem Übermut in Liedern und Jauchzen Luft machten, daß Berg und Thal davon wiederhallten. – Außer den Führern und Treibern bestand unsere Gesellschaft aus dem Major, dem Generalissimus der ganzen Expedition, dem jungen Amerikaner Dodd, den wir in Petropawlowsk engagiert, und mir selbst. Der beißende Sarkasmus, den Mithridates gegen das Heer des Lucullus geschleudert, – wenn sie als Gesandte kämen, wären sie zu zahlreich, wenn als Krieger, zu wenige – hätte auch auf uns gepaßt; aber Leistungsfähigkeit hängt nicht immer von der Zahl ab, und wir glaubten uns allen Hindernissen, die sich uns entgegenstellen könnten, gewachsen. Jedenfalls war es leichter, unsere kleine Gesellschaft vor dem Hungerleiden zu bewahren als eine größere.

47 Sonntag den 3. September wurden unsere Pferde beladen und nach einem kleinen Dorfe an der gegenüberliegenden Seite der Bucht vorausgeschickt, wo wir in dem Boote eines Walfischfängers zu ihnen stoßen wollten. Montag den 4. machten wir den russischen Behörden unsere Abschiedsbesuche, tranken eine übermäßige Menge Champagner auf unsere Gesundheit und unseren Erfolg und fuhren von der ganzen amerikanischen Kolonie in Petropawlowsk begleitet, in zwei Walfischbooten nach Awatscha ab. Von einer kräftigen Südwestbrise begünstigt, durchkreuzten wir die Bucht mit Sprietsegel und Klüver, fuhren pfeilschnell in die Mündung des Awatschaflusses ein und stiegen bei dem Dorfe gleichen Namens ans Land, um uns von unseren amerikanischen Freunden, Pierce Hunter und Fronefield zu verabschieden. Nachdem den Schutzheiligen der kamtschadalischen Erforschungsgesellschaft reichliche Trankopfer gespendet worden, stießen wir unter wiederholten Vivats vom Lande und fuhren mit Hilfe von Bootshaken und Rudern langsam flußaufwärts nach der Niederlassung Okuta. Die an solches Trinken durchaus nicht gewöhnte Schiffsmannschaft war mittlerweile in einem komischen Stadium der Unzurechnungsfähigkeit angelangt, in welchem sie abwechselnd kamtschadalische Lieder in gurgelnden Tönen sangen, die Amerikaner segneten und über Bord fielen, ohne gerade in hervorragender Weise zum Vorwärtskommen unseres schweren Bootes beizutragen. Wuschin zog mit charakteristischer Energie die armen Schelme an den Haaren aus dem Wasser, rieb ihnen den Kopf mit dem Ruder, um sie wieder zum Bewußtsein zu bringen, machte das auf den Sand gefahrene Boot wieder flott, arbeitete mit dem Bootshaken, ruderte, sprang ins Wasser, schrie, fluchte, kurz zeigte sich jedem Ereignis gewachsen.

Es war schon lange nach Mittag, als wir Petropawlowsk verlassen, und dank der Unzuverlässigkeit unserer kamtschadalischen Schiffsmannschaft und der häufig vorkommenden Sandbänke überraschte uns die Nacht eine ziemliche Strecke unterhalb Okutas. Wir 48 wählten einen Punkt, wo das Ufer trocken und zugänglich war, zogen unser Boot ans Land und trafen Vorbereitungen zu unserem ersten Bivouak. Wuschin stampfte das hohe nasse Gras zusammen, schlug unser kleines Zelt auf, bedeckte den Boden mit Bärenfellen, improvisierte einen Tisch und ein Tischtuch aus einer leeren Lichterkiste und einem Handtuche, machte Feuer, bereitete Thee und stellte uns in Zeit von zwanzig Minuten ein warmes Nachtessen vor, das seiner kulinarischen Geschicklichkeit alle Ehre machte. Nach dem Nachtessen saßen wir rauchend und plaudernd ums Feuer, bis der letzte Tagesschimmer im Westen verblich, und dann streckten wir uns, in wollene Decken gehüllt, auf den Bärenfellen aus und lauschten dem leisen Geschnatter einer halbwachen Ente im Schilf und dem einsamen Ruf eines Nachtvogels auf dem Fluß, bis der Schlummer sich auf unsere Lider senkte.

Der Tag graute im Osten, als ich erwachte. Der Nebel, der eine Woche lang in dichten Wolken die Berge umzogen, war verschwunden, und mein erster Blick durch die offene Zeltthüre fiel auf den großen, weißen, kegelförmigen Wiliutschinsk, der sich im Dämmerlicht gespensterhaft vor mir erhob. Während sich der rote Schein im Osten vertiefte, schien die ganze Natur zu erwachen. Zahllose Gänse und Enten schnatterten im Schilfdickicht des Ufers; von der benachbarten Küste klang der eigentümlich klagende Schrei der Seemöwe an unser Ohr, und aus dem klaren, blauen Himmel kamen die melodischen Töne der wilden Schwäne, welche landeinwärts nach Nahrung flogen. Ich wusch mein Gesicht im klaren, kalten Flußwasser und weckte dann Dodd, damit er die Berge bewundere. Unmittelbar hinter unserem Zelte erhob sich, in ein ununterbrochenes Schneegewand gehüllt, der kolossale Korjazk zu einer Höhe von zehntausendfünfhundert Fuß. Die Strahlen der aufgehenden Sonne umwoben schon seinen Gipfel mit rosigem Lichte, während der Morgenstern langsam über seinem östlichen Abhang erblaßte. Ein wenig nach rechts war der große Vulkan Awatscha, aus dessen 49 zerklüftetem Gipfel sich eine vergoldete Dampfwolke, wie ein Banner erhob, und der Roselskoi, der aus drei Kratern schwarzen Rauch hervorstieß. Weit die Küste hinab, ungefähr dreißig Meilen entfernt, stieg der scharfe Gipfel des Wiliutschinsk empor, auf dessen Spitze der Morgen bereits seine Wachtfeuer entzündet, und hinter demselben die nebelhaften blauen Umrisse des Küstengebirges. Flockige Nebelwölkchen schwebten hier und da über die Seiten der Berge dahin und verschwanden. Der warme rosige Hauch zog sich immer tiefer die schneeigen Abhänge der Berge herab, bis sich auf einmal eine Flut von Licht in das Thal ergoß, unser kleines Zelt wie ein wildes Rosenblatt färbte, jeden Tautropfen in einen glitzernden Edelstein, und das stille Wasser des Flusses in eine gleißende, leuchtende Masse flüssigen Silbers verwandelte.

Romantisch bin ich nicht, doch muß ich sagen,
Daß es Momente giebt, da ich empfinde;
Natur vermag bald laut und bald gelinde
Die Saiten unseres Herzens anzuschlagen.
Und thöricht wär' es, wenn ich mir verhehle
Musik noch schlummert mir in tiefster Seele.

Ich deklamierte gerade diese Verse in schwungvollster Weise, als Dodd, der nie seiner Begeisterung für Naturschönheiten erlaubte, den Anforderungen seines Magens ins Gehege zu kommen, aus dem Zelt auftauchte und mein Selbstgespräch mit ironischer Feierlichkeit unterbrach, indem er sagte, wenn ich imstande sei, meinen Geist zur Betrachtung materieller Dinge herabzustimmen, er die Ehre habe, mir kund zu thun, daß das Frühstück bereit sei; sein Rat wäre, die Musik in meiner Seele noch ein wenig schlummern zu lassen, es würde dies gewiß weniger Nachteil bringen, als wenn das Frühstück kalt werde. Die Folgerichtigkeit dieses Argumentes, von einem verlockenden Eßgeruch aus dem Zelte unterstützt, war unwiderleglich. Ich folgte ihm, konnte aber nicht umhin, während des Mahles meinem Entzücken über die herrliche Scenerie Ausdruck zu verleihen. Nach dem Frühstück wurde das Zelt 50 abgebrochen, alles eingepackt und eingeladen, und dann ging's weiter flußaufwärts in unserem Walfischboote. Noch hatte kein Nachtfrost die üppige Vegetation gedrückt; hohes, wildes Gras mit den mannigfaltigsten Blumen gemischt, erstreckte sich bis an des Flusses Rand; Fünffingerkraut und Alpenrosen bedeckten in großer Menge das Ufer und streuten ihre gelben und rosigen Blumenblätter auf das klare, stille Wasser; gelbe Akelei neigte sich bis auf die Flußoberfläche, welche das graziöse Bild derselben neben dem des majestätischen Vulkans widerspiegelte; hier und da entfaltete sich in trauriger Einsamkeit eine der schwarzen Kamtschatka-Lilien, die mit niedergeschlagenem Blick und im Trauergewand irgend ein unbekanntes, vernichtetes Blumendasein betrauerte.

Auch tierisches Leben fehlte nicht vollständig im Bilde. Wilde Enten mit langgestreckten Hälsen schossen in schnellem, wagerechtem Flug an uns vorüber; das Geschnatter von Gänsen drang, durch die Entfernung gemildert, von den höheren Abhängen der Berge an unser Ohr; dann und wann erhob sich ein aufgeschreckter Adler von der einsamen Warte eines hervorspringenden Felsen in die Luft und stieg in weiten Kreisen höher und höher, bis er zuletzt nur noch einen beweglichen Punkt gegen den weißen, schneebedeckten Krater des Awatscha bildete. Nie hatte ich ein Bild von so wilder, ursprünglicher Einsamkeit erblickt, wie das, welches das fruchtbare, schöne, von rauchenden Vulkanen und schneebedeckten Bergen eingeschlossene Thal darbot; es strotzte von tierischem und vegetabilischem Leben und war doch weltabgeschieden, unbewohnt und scheinbar unbekannt. Gegen Mittag verkündete das Bellen von Hunden, daß wir uns einer Niederlassung näherten. Nach einer plötzlichen Biegung des Flusses kam das kamtschadalische Dorf Okuta in Sicht.

Ein kamtschadalisches Dorf liegt gewöhnlich auf einer kleinen Erhöhung am Ufer eines Flusses oder Stromes, von Gruppen von Pappeln und gelben Birken umgeben und von hohen Hügeln gegen den kalten 51 Nordwind geschützt. Die ganz unregelmäßig zerstreut liegenden Häuser sind sehr niedrig und aus Baumstämmen errichtet, welche an den Enden vierkantig beschnitten und gekerbt sind; etwaige Ritzen werden mit trockenem Moos ausgestopft. Die Dächer sind mit langem, grobem Gras oder mit übereinandergehenden Streifen von Tamariskusrinde gedeckt; an den Enden und Seiten hängen dieselben weit über. Die Fenster werden wohl gelegentlich aus Glas, häufiger aber aus durchscheinenden Fischblasen hergestellt, die mit Fäden aus getrockneten und zerkleinerten Renntiersehnen zusammengenäht sind. Die Thüren sind fast quadratisch, und die Kamine bestehen aus langen, geraden, im Kreis zusammengestellten und mit einer dicken Lehmschicht überzogenen Pfählen. Hier und da stehen zwischen den Häusern ein halbes Dutzend höchst eigentümliche, architektonische Vierfüßler, »Bologans« oder Fischvorratshäuser. Es sind dies konische Zelte, die auf vier Pfosten errichtet werden, um ihren Inhalt vor den Hunden zu schützen; sie gleichen kleinen Heuschobern, die auf vier Beinen davonzulaufen versuchen. Hohe viereckige Gestelle mit horizontalen Stangen befinden sich neben jedem Hause, und an denselben sind Tausende von Lachsen zum Trocknen aufgehängt; Fischgeruch, der die ganze Atmosphäre erfüllt, läßt auf Beschäftigung und das Hauptnahrungsmittel der Kamtschadalen schließen. Ein halbes Dutzend ausgehöhlte Boote liegen umgekehrt auf dem sandigen, abschüssigen Ufer und sind mit großen, hübsch geknüpften Schlagenetzen bedeckt; an jedes Haus lehnen sich zwei oder drei lange, schmale Hundeschlitten, und wenigstens hundert Wolfshunde liegen in Zwischenräumen an lange, schwere Pfähle gebunden, schnaufend in der Sonne und schnappen bösartig nach den Fliegen, welche sie in ihrer Ruhe stören. Im Mittelpunkt des Dorfes, mit der Front nach Westen, erhebt sich in der ganzen Glorie der kamtschadalisch-byzantinischen Baukunst die allgegenwärtige griechische Kirche in auffallendem Gegensatze zu den rohen, primitiven Blockhäusern und konischen »Bologans«, über welche sie den geistlichen Schutz ihres 52 glänzenden, goldenen Kreuzes ausbreitet. Dieselbe ist gewöhnlich aus sorgfältig geschnittenen Balken errichtet, dunkelziegelrot angestrichen, mit grünem Eisenblechdach versehen und von zwei zwiebelförmigen Zinnkuppeln überragt, auf deren himmelblauem Grunde sich goldene Sterne abheben. Das eigentümlich Malerische dieser farbenstrotzenden Gebäude inmitten roher Blockhäuser in ursprünglicher Wildnis läßt sich schwer beschreiben. Die kamtschadalischen Niederlassungen unterscheiden sich durch ihre Ausdehnung und ihre Kirche; gemeinsame, charakteristische Züge aller sind die grauen Blockhäuser, konischen »Bologans«, trocknenden Fische, Wolfshunde, Boote, Schlitten und Fischgerüche.

Die Bewohner dieser Niederlassungen Süd-Kamtschatkas sind eine dunkelbraune Rasse, die unter der Mittelgröße der andern sibirischen Eingeborenen zurückbleibt und sich durch charakteristische Merkmale von den Nomadenstämmen der weiter im Norden lebenden Korjäken und Tschutschken scharf unterscheidet. Die Männer werden im Durchschnitt fünf Fuß drei Zoll groß, haben breite, platte Gesichter, hervorstehende Backenknochen, kleine tiefliegende Augen, keinen Bart, langes, schlichtes, schwarzes Haar, kleine Hände und Füße, sehr feine Glieder und Tendenz zum Hervortreten des Unterleibes. Vermutlich sind sie centralasiatischen Ursprungs, stehen aber mit keinem der anderen mir bekannten sibirischen Stämme in naher Beziehung und unterscheiden sich wesentlich von den Tschutschken, Korjäken, Jakuten und Tungusen. Da sie feste Wohnsitze haben, fiel es den Russen viel leichter, sie zu unterwerfen, als ihre nomadischen Nachbarn, und der civilisierende Einfluß russischen Verkehrs ist bei ihnen in erhöhtem Grade zur Geltung gekommen. Beinah ganz allgemein haben sie Religion, Sitten und Gebräuche ihrer Eroberer angenommen, und ihre sehr merkwürdige Sprache wird immer weniger gebraucht. Es wäre leicht, ihren Charakter in negativer Weise zu schildern. Sie sind nicht unabhängig, selbstbewußt und rauflustig wie die Tschutschken und Korjäken; auch nicht geizig oder unehrlich, 53 außer wo sie es von den Russen gelernt haben; von Argwohn und Mißtrauen besitzen sie eher das Gegenteil, und in Bezug auf Gastfreundschaft, Großmut, Zuverlässigkeit und Gutmütigkeit unter allen Umständen kenne ich nicht ihresgleichen. Als Rasse sind sie am Aussterben. Seit 1780 haben sie sich um die Hälfte vermindert; häufig wiederkehrende Hungersnot und Epidemien raffen so viele dahin, daß die wenig Überlebenden schließlich in der zunehmenden russischen Bevölkerung der Halbinsel ganz aufgehen werden. Ihr Aberglauben und die ihnen eigenen Gebräuche sind schon ganz in Vergessenheit geraten, nur ein gelegentliches Opfer, mit dem sie in Gestalt eines Hundes irgend einen bösen Geist zu versöhnen suchen, weist auf ihr ursprüngliches Heidentum hin. Ihr Hauptnahrungsmittel ist der Lachs, der in ungeheurer Zahl im Sommer in diesen nördlichen Flüssen zum Laichen eintrifft und zu Tausenden aufgespießt oder in Schlagenetzen und Reusen gefangen wird. Von diesen an der Luft ohne Salz getrockneten Fischen leben während des langen, kalten nordischen Winters die Kamtschadalen samt ihren Hunden. Während des Sommers ist ihr Speisezettel mannigfaltiger. Klima und Boden der Flußthäler in Süd-Kamtschatka gestatten den Anbau von Roggen, Kartoffeln und Rüben, und die ganze Halbinsel ist überaus reich an Tieren. Renntiere und schwarze und braune Bären schweifen auf den moosigen Ebenen und in den grasbedeckten Thälern umher; in den Bergen begegnet man nicht selten wilden Schafen und einer Art Steinbock, und Millionen und aber Millionen von Enten, Gänsen, Schwänen in unzähligen Arten umschwärmen jedes Flüßchen, jeden kleinen Sumpfsee des Landes. Diese Wasservögel werden während der Mause in großen Mengen in organisierten Treibjagden gefangen. Fünfzig bis fünfundsiebzig Mann in Booten jagen eine ganze Herde dieser Vögel auf einem schmalen Fluß stromaufwärts, an dessen Ende ein großes Netz zu ihrem Empfange bereit gehalten wird. Sie werden alsdann mit Keulen getötet, ausgenommen und als Wintervorrat eingesalzen. Thee und Zucker sind von den 54 Russen eingeführt worden und haben günstige Aufnahme gefunden. Der jährliche Verbrauch eines jeden dieser Artikel beläuft sich auf der Halbinsel Kamtschatka allein auf 20 000 Pfund. Das Brot wird jetzt aus Roggen zubereitet, den die Kamtschadalen selbst ziehen und mahlen; vor der Niederlassung der Russen im Lande war der einzige Ersatz für Brot eine Art gebackener Teig, welcher der Hauptsache nach aus den zerkleinerten Knollen der roten kamtschadalischen Lilie bestand. Die einzigen Früchte des Landes sind Beeren und eine Art wilde Kirschen. Von diesen Beeren giebt es übrigens fünfzehn bis zwanzig verschiedene Arten; die wichtigsten sind: Heidelbeeren, gelbe Zwergmaulbeeren und Preiselbeeren. Die Eingeborenen pflücken dieselben im Spätherbst und machen sie für den Wintergebrauch gefrieren. Kühe werden in fast allen kamtschadalischen Niederlassungen gehalten, und Milch giebt es immer im Überfluß. Ein Nationalgericht aus saurer Milch, gebackenem weißem Käse und süßem Rahm mit Zucker und Zimmet bestreut, wäre würdig, auf einer civilisierten Tafel zu erscheinen.

Aus dem Vorhergehenden ist wohl zu ersehen, daß das Leben in einer kamtschadalischen Niederlassung in gastronomischer Hinsicht gar nicht übel ist. Ich habe im Thale des Kamtschatka Eingeborene gesehen, die so behaglich lebten und sich kaum weniger Luxus gestatteten, wie neun Zehntel der Kolonisten an den Grenzen unserer westlichen Staaten und Territorien. 55

 


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