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Die Tragödie der libido sexualis

Es ist den Männern, zu ihrem Glück, noch nicht völlig klar geworden, in welches Hörigkeitsverhältnis sie sich durch die soziale Gleichstellung, durch diese gemachte »Kameradschaft« gebracht haben. Diese Kameradschaft paart sich mit einer Erotomanie, wie wir sie kaum je in solcher Fülle, Freiheit und Krankhaftigkeit gesehen haben. Erotomanie ist sozusagen gesellschaftsfähig geworden und kommt in »den besten Familien« vor.

Die Rechnung bezahlt der Hörige, der Mann.

In Holland erscheint ein offizielles Organ der »Union für Frauenfragen«, in dem sich ein bemerkenswerter Aufsatz über das Thema: »Luxusweib und Wirtschaftsfrau« befand. Das Blatt konnte zwar die Frage, ob und wie die Frau neben der Ehe sich wirtschaftlich betätigen soll, nicht endgültig lösen. Es polemisierte aber mit Recht gegen jene Kategorie von Frauen, die man in Rußland die »Nep«damen nennt, die »Gnädigen«, die sich um ihre Ehe nicht kümmern und die Mütter, die mit Vorliebe ihre mütterlichen Pflichten auf Bedienstete abwälzen, gleichwohl aber die Wahnidee haben, durch die Tatsache ihrer Verheiratung keine andern Pflichten zu haben als eben die, verheiratet zu sein. »De Wig« verurteilt die Einstellung, weil diese Damen wohl Arbeit außer dem Hause als eine Minderung des Familienlebens hinstellen, aber das Vergnügen außer dem Hause als durchaus erlaubt und berechtigt betrachten. Sie engagieren sich zu diesem Zweck Nurses und Kinderfräulein. »Aber«, fragt die Zeitschrift, »wer bezahlt diese meist kostspielige Übung? Der Mann. – Wäre es da nicht richtiger, die Frau verdiente selber das Geld für das Kinderfräulein? Und würde sich nicht ein Gesetz empfehlen, das das Halten eines Kinderfräuleins nur in Familien mit mehr als vier Kindern gestattet?«

Dies ist natürlich ein geschmackloser Vorschlag, der letzten Endes auf kommunistische Tendenzen hinausläuft. Denn in einem freien Staat – (angenommen, es würde einen solchen geben) – darf man dem Bürger nicht verbieten, zu leben, wie er es wünscht, auch wenn seine Handlungsweise nicht immer wirtschaftlich einwandfrei und ökonomisch ist. Denn der Bürger und die Frau und das Kind sind nicht nur Objekt für den Staat. Der Staat ist nicht Selbstzweck – wenn auch die unbegreifliche Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung schließlich dazu führen wird.

Aber dem holländischen Blatt war es nicht darum zu tun, die Frau der öffentlichen Wirtschaft unterzuordnen, sondern jene Drohnen von Frauen auszuschalten, für die man den schönen Namen »Luxusweibchen« gefunden hat. Diese Frauen, die nur der Hörigkeit der Männer leben und den Sexualrausch als Mittel zum Zweck betrachten, diese Frauen müssen in der Tat auf den Aussterbeetat gesetzt werden. Es ist nicht notwendig, daß eine große Anzahl von Frauen existiert, die nur die Textilindustrie ernähren und die vornehmen Modehäuser bereichern; die Gesetze für die Mode aufstellen, die Zerrüttung und Lebensnöte in die Familie tragen; die fast das gesamte Leben der Gesellschaft mit ihrem Drohnendasein vergiften und ihr Nichtstun umsetzen in verlogene Literatur oder falsche Doktrinen von der Ehe und dem Geschlechtsproblem.

Doch gegenwärtig ist diese Frage noch nirgends gelöst. Selbst in der Sowjetrepublik sieht man dieselbe verdammenswerte Erscheinung. Die russische Kaufmannsfrau bietet das gleiche betrübende Bild der ausgehaltenen Ehefrau wie die Westeuropäerin.

»Nur Charakterbildung und längere wirtschaftliche Selbständigkeit können hier Abhilfe schaffen,« meinte »De Wig«. – Ein Irrtum! Wirtschaftliche Selbständigkeit erzieht die Frau nicht zur Vernunft! Noch weniger zur Herzensbildung. Frauen, die ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit ins Feld führen können, bieten fast immer ein Bild der Unduldsamkeit und Unbotmäßigkeit. Das Geschwätz von der Ehe mit den gleichmäßig verteilten Rechten ist sehr interessant für Zeitungsaufsätze und Bühnendialoge. In der Praxis erweist sich die Theorie als unmöglich und dumm.

Nur die Erziehung zum Verantwortungsgefühl von frühester Jugend an kann helfen. Wie denn die gesamte Frauenfrage ebenso wie die soziale Frage weder durch robuste Experimente, noch durch politische Umgestaltungen zu lösen sind.

Hippokrates, der große Mediziner des Altertums, sagt, das Leben der Frau sei eine ununterbrochene, niemals endende Krankheit. Wir dürfen hinzufügen: Es ist auch ein großes, niemals endendes Leid. In der Tat muß keine Kreatur so viel Leid erdulden wie das Weib. Das Tier, soweit es leidet, leidet nicht mit dem Intellekt. Die Frau aber kennt ihre Vorherbestimmung. Sie hat darüber hinaus die klare Erkenntnis von dem großen Drama, dem sie dient. Und dies ist die Tragödie des Weibes: Es dient, rein biologisch, ausschließlich der Fortpflanzung. Es ist beinahe willenloses Werkzeug der Natur. Diesen Zustand kann die Frau wissentlich nur dann ertragen, wenn sie sich einem höheren Zwecke dienstbar weiß, wenn sie imstande ist, den Akt der Geschlechtsvereinigung zu heiligen durch das Bewußtsein einer ethischen Liebe.

Wenn sie die Zeit der Schwangerschaft und die Schrecken der Geburt über das rein Animalische hinausheben kann.

Wir aber sind im Begriff, der Frau die reine Liebe zu nehmen. Armselig, wie wir mit unserer Zivilisationsspielerei geworden sind, bleiben wir außerstande, dem Weibe die primitive Form der Sklaverei, die ihr nun einmal von der Natur auferlegt ist, zu erleichtern. Denn welche gedrechselten Erklärungen wir auch immer für die physischen Vorgänge suchen, die Frau bleibt bestimmt, einfach Objekt zu sein bei Begattung und Gebären.

Bei dieser Erwägung beginnt die Tragödie unseres Zeitalters. Hier liegen die Gründe für die Sinnlosigkeit unseres Sexuallebens. Wir leugnen die Natur und beten die Unnatur an, und die Natur rächt sich. Wir sagen, die Frau sei gleichberechtigt mit dem Manne. Wir wollen das Sexualleben loslösen von der Ethik. Wir wollen die Frau aus ihren lebensnatürlichen Fesseln befreien und spielen Schöpfer – mit dem denkbar unzulänglichsten Werkzeug ausgerüstet. Oder glauben die Gelehrten, mit Affendrüsen das ungeheure Problem lösen zu können?

Wo liegt, in einem einzigen Fall nur, die Gleichheit der Frau mit dem Manne physisch oder psychisch begründet? Schon die erste Umarmung – und jede folgende – ruft bei der Frau eine ganz andere Wirkung hervor als beim Manne.

In der Tat: welche Pflichten gegenüber der Natur hat der Mann? Schon im Geschlechtsakt kommt der ungeheure Unterschied zum Ausdruck. Die passiv veranlagte Frau hat nicht immer, ja, sogar selten den Genuß einer Vereinigung. A. Forel hat in seinem Werk: »Die sexuale Frage« mit Recht besonders darauf hingewiesen, daß bei vielen Frauen der Geschlechtstrieb überhaupt fehle oder stark vermindert sei. Ja, manche Frauen empfinden den Geschlechtsakt geradezu als widerwärtig. Es ist klar, daß sich gerade bei diesen Anomalien herausbilden müssen.

Die Frauen aber, die ohne Befriedigung bleiben, befinden sich bei der Unwissenheit der meisten Männer sehr oft in einem Dauerzustand der Erregung, der schließlich zu krankhaften Äußerungen führen muß. Der Mann aber hat auf alle Fälle die Auslösung. Die Frau, schon in diesem Falle rein passiv erleidend, hat auch weiterhin nicht den geringsten Einfluß auf die Entstehung des Kindes. Das Sperma des Vaters, einmal in die Gebärmutter eingedrungen, ist nun Träger der neuen Art, die sich ohne Einfluß und Zutun der Frau in ihr entwickelt. Mit diesem Augenblicke trägt die weibliche Eizelle Segen oder Fluch.

Wandgemälde in der »Taverne de Paris«

Sie ist Trägerin eines unbekannten Schicksals. Und in diesem Schicksalhaften, in diesem Entrücktsein aus der Sphäre des persönlichen Wollens und Einflusses – liegt darin nicht der letzte Beweis von der absoluten Abhängigkeit der Frau von der Natur?

Verschämte Lüsternheit in U. S. A.
Famous Players

Es gibt eine Reihe von ärztlichen Autoritäten, die – auch wenn normale Auslösung fehlt – schon im bloßen Geschlechtsakt eine tiefe Erschütterung des ganzen weiblichen Wesens nachweisen. Es ist sicher, daß für die gesunde und normale Frau der Geschlechtsakt ebenso notwendig ist wie für den Mann. Die Vereinigung der Geschlechter löst in der Frau gewaltige, teilweise unbekannte Energien aus, die in ihrer Wirksamkeit deutlich bemerkbar werden. So ist der geschlechtliche Verkehr für die Frau, resp. das mannbare Mädchen fraglos eine Frage der Erhaltung der Gesundheit – die Unterdrückung zieht Störungen nach sich.

Der Staat kann ohne Liebe nicht bestehen – der Geschlechtsverkehr als solcher, die Betonung des reinen Lebensvorganges führt zu einer Ernüchterung des Weibes und schon des jungen Mädchens, die wieder zur Auflösung jener Bindungen beiträgt, die zwischen Ethik und Natur bestehen, und die allein die Gesellschaft bestehen lassen können.

Wenn dem jungen, mannbaren Mädchen die ethische Illusion genommen ist, wenn der Geschlechtsverkehr nur vom medizinischen Standpunkt aus betrachtet werden sollte, dann wird jene Nervenerschütterung der Frau zum Dauerzustand werden, die sich jetzt schon in den hysterischen Erscheinungen im öffentlichen Leben äußert.

Denn das stärkste Empfinden der Frau ist in dem Verlangen, befruchtet zu werden, verankert. Betäuben wir dieses Gefühl, suchen wir die Natur zu betrügen – gleichgültig ob uns Wirtschaftsnöte und soziale Unnatur dazu drängen –, unterbricht, unterbindet die Frau auf die Dauer die Möglichkeit der Empfängnis, oder unterbricht sie die Schwangerschaft, so entsteht ein armes, nervenkrankes Wesen, das, in die Majorität umgesetzt, jenes Gesicht zeigen wird, dem wir entsetzt in unserer Zeit in die Augen sehen. Wir verkennen nicht, daß das Wirtschaftsleben oft genug stärker ist als die wahre Erkenntnis. Aber dann muß man die Wirtschaftsentartung bekämpfen und nicht die Natur! Es ist ebenso lächerlich und verwerflich, die Frau auf die Dauer ihrer natürlichen Bestimmung entziehen zu wollen, indem man sie von ihren biologischen Pflichten wider besseres Wissen – oder im Namen der eigenen Unwissenheit – losspricht und ihr als Ersatz soziale Pflichten aufbürdet!

Die Frau, das komplizierteste Wesen der Schöpfung, in seinen monatlichen Erscheinungen psychologischen Veränderungen unterworfen, auf die der »logos« keinerlei Einfluß besitzt, will sich mit gleichen Pflichten und Rechten an die Seite des Mannes stellen. »Es gibt«, sagt S. S. Schicharow, »im Organismus der Frau wohl kein Organ, dessen regelmäßige Tätigkeit durch den Einfluß, den die Menstruation auf den ganzen Körper hervorruft, nicht erschüttert worden wäre und manchmal sogar ins Pathologische umschlüge!«

Und diese Frau will, unfähig, unter Vorherberechnung dieser Tage ein Amt abzulehnen – als Geschworene, als Richterin, ja, als Staatsanwältin auftreten!

Professor Kräpelin, der verdienstvolle Münchner Irrenarzt, hat aus seiner reichen Praxis heraus die Behauptung aufgestellt, daß 14 Prozent aller geistigen Störungen im Zeichen der Schwangerschaft entstehen!

Aber unsere Unentwegten wissen davon nichts. Und das Verhalten der Frauen, die ihre Pflichten als Mütter mit hundert andern würzen wollen, beweist teilweise nur zu sehr, wie falsch ihr Gesichtsfeld eingestellt ist.

»Die Bedürfnisse des Geistes, das Interesse für Studium und Beobachtung, alles verschwand, als ich die süße Last empfand, bevor seine ersten Regungen mir sein Dasein verkündeten ...« so schrieb die männliche George Sand von ihrer Mutterschaft! A. W. Nemilow schreibt in seiner Broschüre: »Die biologische Tragödie der Frau«: »Mann und Frau, das ist dasselbe wie ein Kurzsichtiger und ein Weitsichtiger. Auf demselben Platz im Theater sitzen, ist für beide nur eine formale Gleichheit. Das gleiche trifft für das Verhältnis des Staates der Frau gegenüber zu. Das ganze Leben ist der männlichen Hälfte der Menschheit angepaßt (wofür nicht der Mann verantwortlich zu machen ist, wie vielfach in völliger Verkennung der Dinge behauptet wird, sondern die natürlichen Vorgänge und Bedürfnisse, die alle auf den Mann eingestellt sind. Der Verf.). Die Gleichberechtigung der Frau mit dem Manne entspricht der Erlaubnis für den Kurzsichtigen, sich mit dem Weitsichtigen auf eine Bank zu setzen: die Position des Kurzsichtigen ist für den Weitsichtigen kein Vorteil!«

Die Frau ist nicht geschaffen, den Platz einzunehmen, den ihr heute der durch Zivilisation ermüdete Mann einräumt – wobei er aus den schwersten Geschlechtskonflikten nicht herauskommt. – Für diesen sinnlosen Zustand macht die Frau den Mann verantwortlich. Sie übersteigert sich in erotischer Beziehung – zum Ausgleich ihrer Unzufriedenheit und ihrer Hilflosigkeit dem Arbeitsproblem gegenüber. Unsere Zeit »schwimmt« sozusagen in Erotik. Aber es ist nicht der gesunde Eros, der kraft- und lustspendend über die Erde geht. Es ist eine sinnlose, krankhafte Erotomanie, ein heilloser Wirrwarr von Komplexen, der die Menschheit narrt. Geilheit umgibt Mann und Weib zu jeder Stunde, in jeder Situation. Schlager, aus der sexuellen Erregung geschrieben und komponiert, Revuen, Nackttänze, Zoten überall. Und ein ewiges kindisches Gezanke über Ehe, Probeehe, Kameradschaftsehe, freie Ehe – jeder meint dasselbe und sagt etwas anderes. Die Frau, völlig verwirrt, mit Rechten ausgestattet, die ihr mehr schaden als nützen, die ihr viel mehr nehmen als geben, sucht sich für den Diebstahl an ihrer Phantasie und ihrer Illusion durch krampfhaft gesteigerte Geschlechtlichkeit zu entschädigen. Der Mann, entnervt durch den Existenzkampf und undisziplinierte Erotik, versagt der Frau gegenüber als Einzelwesen, als der Mann. Das Weib, von den Dämonen einer Unkultur gelockt und gepeitscht, nimmt den Mann als Masse und schlägt allen Voraussetzungen einer Liebe ins Gesicht.

Josephine Baker Kommt!

Glorifikation der Negertänzerin

Jubel auf Lesbos »Endlich ein Vollweib«
Simplicissimus

Oberparfümeur braunen Teint auflegen
Arnold

 

Die Folge: Eifersuchtsdramen, Selbstmorde, Geschlechterhaß, Geschlechterkampf – und ein verlogener, feiger, den Genuß erschleichender und mit literarischen Sentenzen vergifteter, höriger Mann.

Revue des Monats

Selten ein höriges Weib. Dafür jede dritte Frau der Hysterie untertan, ohne Wissen um das eigene Ziel, eine Despotin aus Laune, wo Geschlechtliches ihr Macht gibt, brutal und ohne jede verstandesmäßige Milderung ihrer verirrten Instinkte.

So ist es.

So soll und wird es aber nicht bleiben.

Daß es so weit gekommen ist, daran trifft in hervorragendem Maße die Literatur die Schuld. Es ist nicht wahr, daß die Dichter, daß Literatur und Kunst Ausdruck ihres Zeitalters sind. Wie die Kunst, wie die Literatur ihre Ideen ausdrückt, die Form, dies ist gebunden an die Ausdrucksfähigkeit des Zeitalters, in dem die Künstler leben. Aber die »unverstandene Frau« als Schlagwort war eine Folge von Ibsens »Nora«.

Will man wissen, wie ein Dichter, ganz subjektiv eingestellt, den Typus einer Frau seiner Zeit aufdrängen kann, ohne daß dieser Typus in dieser Zeit überwiegt – wie ein Literat sein Zeitalter zu beeinflussen vermag, Typen schafft, die erst nach seinen Gestalten »gesehen«, entdeckt werden, die also ganz relativ zu bewerten sind, der erinnere sich Strindbergs.

Dieser »Vamp« Strindbergs, dem der absolut hörige, beinahe hilflose Mann mitleiderregend gegenübersteht, ist eine ganz willkürliche Verallgemeinerung eines Typs, der seit Strindberg nicht öfter auftrat als früher, aber in überwiegendem Maße zum »Vamp« geformt wurde.

Hat Strindberg die Frauen studiert? Konnte er auf Grund von Erlebnissen mit verschieden gearteten Frau, einen geltenden Durchschnittstyp schaffen – einen guten oder einen bösen, je nach seinem Blute, nach seiner Empfänglichkeit und seinem »Mannfühlen«.

Nein! er hat nur einen Typ kennengelernt, den abscheulichsten, verworfensten, wenn man ihm selber Glauben schenkt, schenken muß. In der »Beichte eines Toren« treten sie auf: Frauen von solchen abnormen Instinkten, daß man die Wahl des Dichters und das tragische Zusammentreffen von Menschen, die einander so unähnlich sind, nur staunend bewundern kann. Da sind Frauen, die folgende »Vorzüge« besitzen:

Im Joch.
»Geschlecht und Gesellschaft«
W. Schertel

»Sexuelle Perversitäten, die sich auch den Hausmädchen gegenüber äußerten, Männersucht, der oft der Nächste der Beste ist, Habgier, Eifersucht, Tücke, Trägheit, Verständnislosigkeit für hohe Regungen, Verlogenheit, Trunksucht, Unfähigkeit für die Aufgaben der Mutterschaft und der Häuslichkeit, dabei klettenhafte Zudringlichkeit und sinnesverwirrende Heuchelei, alles in einem weiblichen Unhold vereinigt, das heimlich die Nahrung des Gatten von seinem Teller stiehlt, um sie dem Lieblingsköter zu geben!«

Díaz de la Peña (Narcisse)

Die moderne Literatur hat – seit Weininger – fraglos ganz erheblich dazu beigetragen, die Stellung der Frau zu erschüttern und sie selbst vollkommen zu verwirren. Es ist falsch, zu behaupten, Kunst sei nur Kunst, und das Theater dürfe jedes Thema, auch den Inzest, künstlerisch behandeln. Abgesehen davon, daß über den Wert einer Literatur stets die Meinungen verschieden sein können, ist immer nur eine Minderheit im Besitz jener Voraussetzungen, die der intellektuelle Dichter als Selbstverständlichkeit betrachtet. Es gilt hier, statt langer Erörterungen, die Folgerung des Sprichworts: »Dem Reinen ist alles rein« – aber dem Nichtreinen?

Weininger, der nicht Mann und Frau kennt, sondern nur M und W – Mannbegriff, Weibbegriff, sagt:

»Das Geistige im Weibe sind seine Anteile am M. Das M im Weibe ist das, was sich emanzipieren will. W ist nichts als Sexualität. M ist Sexualität und noch etwas darüber. Bei W sind Denken und Fühlen geschieden, für M sind sie auseinander zu halten ...

Nährende Muse.
Michel Fingesten

Der sexuelle Typus W liefert zwei verschiedene Grundrichtungen: die Dirne und die Mutter. Der absoluten Dirne liegt nur am Manne, der absoluten Mutter nur am Kinde! In der Liebe projiziert der Mann seine Sehnsucht, das, was für ihn höchste Vollendung bedeutet, in das Weib. Bei W sind die Wesenheiten der Liebe ganz verschieden. Für die Mutter ist der Koitus Mittel zum Zweck.

Die Dirne nimmt insofern eine Sonderstellung zu ihm ein, als ihr der Koitus der Selbstzweck ist. In der Liebe projiziert der Mann sein Ideal eines absolut wertvollen Wesens, das er innerhalb seiner selbst nicht zu isolieren vermag, auf ein anderes menschliches Wesen, und das und nichts anderes bedeutet es, wenn er dieses Wesen liebt. Ganz anders das Empfinden der Frau. Für sie ist das Bedürfnis, koitiert zu werden, das Heftigste, das ihr Seelenleben kennt. Ja, der Wunsch, daß überhaupt koitiert werde, stellt den einzigen Inhalt ihres Wunschlebens dar. Im Koitus liegt die tiefste Heruntersetzung, in der »Liebe« die höchste Erhebung des Weibes. Daß das Weib den Koitus verlangt und nicht die Liebe, bedeutet, daß es heruntergesetzt und nicht erhöht werden will.«

Das ist eine persönliche Auffassung, und wir alle haben Gedankenfreiheit. Aber das Urteil ändert sich, wenn man bedenkt, daß solche – subjektivste – Behauptungen einer Generation von Männern Evangelium war. Diese Männer haben nicht gezögert, die Frau mit der Quelle bekannt zu machen, aus der sie ihre groteske Weibverachtung schöpften. Der Teil der Frauen, der über sich selbst noch nicht im Klaren war, wurde von solchem Intellektualismus rettungslos infiziert.

Dieser Geschlechterhaß mußte sich auswirken. Wenn du mich so siehst, wenn ich so sein soll, sagte sich das Weib teils bewußt, teils war es nur Regung im Unterbewußtsein –, dann bist du, Mann, nicht das, wofür du dich ausgibst. Denn warum, du Herrlicher, zieht dich die Dirne im Weibe an wie das Gold Alaskas den Abenteurer? Warum bist du hörig den – deiner Meinung nach – gemeinsten Weibinstinkten? Warum gehen alle an der »Lulu« zu grunde? Warum streckst du flehend deine gierigen Hände aus nach der Büchse der Pandora? Um dein eigenes wertvolles Wesen aus dieser »Büchse des Unheils« zu projizieren? Haß erzeugt Kampf. Kein anderer als Weininger hat den Geschlechter- und Geschlechtskampf so gefördert, brutalisiert wie er. Wedekind war sein Schüler. Aber Lulu ist in Ewigkeit nicht das Weib, sondern ein Weib, ein Typ. Die Tatsachen lehren es, und die paar entarteten Luxusweibchen vom »Berliner Kurfürstendamm« oder dem »Bayrischen Platz« – um nicht international zu sprechen – entscheiden nichts.

Aber Tatsache bleibt auch, daß 90 Prozent der Männer sich nur durch den Lulutyp begeistern lassen; daß die Frau, die bereit ist, dem Mann ihr besseres Selbst auszuliefern, instinktmäßig Theater spielt, spielen muß, um »Ihm«, der das Dirnchen sucht, Freuden vorzutäuschen, die er nur bei einer Lulu finden kann.

Darum sind heute ungezählte Frauen »auf Lulu frisiert«, weil sie das Männchen erkannt haben, und weil man ihnen in der Presse, in der Kunst und in der Literatur immer wieder das Märchen von der »angeborenen« Dämonie des Weibes einimpft und sie auf die »mondäne Sphinx« verpflichtet.

Ein Wunder, wenn, bei vorhandenen Anlagen – und jedes Wesen trägt die guten und die bösen Lose in einem Beutel –, ein Wunder, frage ich, wenn aus dem Theater Wahrheit wird?

Ein Wunder, wenn der Mann zum Sklaven einer Theaterpuppe herabsinkt, der er die Büchse der Pandora erst aufgezwungen hat?

Und warum übt der Narzißtyp unter den Frauen den größten Reiz auf den Mann aus – dieses rein egozentrisch eingestellte Weib, das nur sich selbst anbetet und mit dem eigenen Körper einen Kultus treibt, der dem des Eros nicht nachsteht?

Warum verzehrt sich der Mann nach diesem frigiden Geschöpf, dessen kalte Schönheit keine Liebe kennt? Wir werden auf den Narzißtyp – sowohl unter dem weiblichen wie unter dem männlichen Geschlecht – noch zurückkommen. Denn die Narzißmenschen stellen die reinsten Typen der »Herren« und »Herrinnen«.

Spiel mit Satyren.
Félicien Rops

Ein Narzißweib kann nicht lieben. Ihm ist es Lust und Liebe, Eros und libido, wenn es geliebt wird. In ihm schlummern die verhängnisvollsten Triebe des Sadismus, den die Hörigkeit des andern Geschlechtes entfesselt.

Schaffgotsch


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