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Sechstes Kapitel

In die Villa zurückgekehrt, erkundigte sich Peter sofort bei Marietta, wer das hübsche braunäugige junge Mädchen gewesen sei.

»Die Signorina Emilia,« unterrichtete sie ihn sofort.

»Wahrhaftig?« fragte er.

» Ang!« machte Marietta mit dem charakteristischen, italienischen Kopfnicken; »die Signorina Manfredi, die Tochter des Duca.«

»Oh – –? Dann war der Duca vorher schon einmal verheiratet?« folgerte Peter harmlos.

» Che–e–e!« höhnte Marietta. »Verheiratet? Der?« Dann blinzelte und nickte sie Peter so verständnisinnig zu wie etwa ein Weltmann dem andern. » Ma molto poco! La mamma fù robaccia di Milano. Die Mutter war ein Milaneserfrüchtchen. Aber nach seinem Tod hat die Duchessa das Mädchen ins Schloß genommen – sie ist so gut wie adoptiert.«

»Das sieht aus, als ob Eure Duchessa das Herz am rechten Fleck hätte,« erklärte Peter.

» Già,« stimmte ihm Marietta bei.

»Der Kuckuck hole den rechten Fleck! Was nützt es, mir zu sagen, daß sie das Herz am rechten Platz hat, wenn doch der rechte Platz uneinnehmbar ist?«

Aber Marietta starrte ihn nur verwundert an.

Er hielt sich in seinem Garten auf, machte das Flußufer unsicher, pilgerte täglich nach dem Postamt im Dorf und beschäftigte sich mit allem Möglichen, nur nicht mit der Arbeit, um derentwillen er sich dieses stille Plätzchen zum Aufenthalt erkoren hatte. Aber eine ganze Woche verfloß, ohne daß er auch nur den Schatten der Duchessa gesehen hätte.

Trotz der Sonnenglut legte er am Sonntag die Meile zwischen der Villa und der Kirche nicht nur zu beiden Messen, sondern auch zur Vesper und zum Segen zurück.

Doch bei keinem der Gottesdienste war sie anwesend.

»Eine solche Heidin!« rief er entrüstet aus.


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