Agnes Günther
Die Heilige und ihr Narr
Agnes Günther

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Siebzehntes Kapitel: Der ruhige Sommer auf dem Lande

Schon im Februar, als noch Schnee und Regen auf der Hochebene miteinander kämpfen, flattert auf dem Ecktürmchen von Schloß Brauneck die weißblaue Fahne. Finster liegt das Schloß mit seinen vier dicken Türmen unter den niedrigen jagenden Wolken. Die alten Tannen auf der Nordseite peitschen die Mauern mit ihren langen Armen. Rabenschwärme ziehen über den Park, und aus den Wäldern tönt das rauhe Bellen der Rehe. Ist das eine Jahreszeit, um in einem weitläufigen alten Bau zu wohnen, wo die Winde sich in den Galerien verfangen und nächtelang heulen und pochen und rasen, wo die Gänge finstere Rheumatismus-Gespenster entlassen, die sich auf den harmlos Dahinwandelnden stürzen? – Wo Kammerfrauen sich täglich über schlecht schließende Fenster, eisige Alkoven beklagen und bitteren Herzens sich erinnern, daß es in der großen Stadt Zentralheizungen, glänzende Läden, abendliche Theatervergnügen gibt? Der französischen Kammerfrau bemächtigt sich die Überzeugung, daß in dem Alkoven, in dem ihr Bett steht, quelqu'un s'est donné la mort, und verschwindet am achten Tag aus Brauneck. Auf der armen Fräulein Bergmann lastet die ganze Verantwortung, die Fürstin in den Stand zu setzen, in welchem sie sich der Welt zu zeigen wünscht. Schon beim zweiten Frühstück hat sie rote Augen, sie hat sehr nahe am Wasser gebaut, – aber dann kann sie sich erholen, denn das weitere ist Sache der Prinzessin, und ihren Augen sieht man nichts an. Das blaue Männlein muß sich freuen über Rosmarie, die nun so schön schweigen gelernt hat: sie kann es schier zu gut.

»Rosmarie, habe Geduld, nur noch die kurze Zeit, mein Kind, du wirst sehen, wie viel erfreulicher und besser alles werden wird,« sagt ihr der Fürst, »wir verlangen Opfer von Mama, und die müssen wir ihr zu erleichtern suchen.«

Es ist auch ein großes Opfer, das die Fürstin dem künftigen Erben von Schloß und Herrschaft Brauneck, Schweigen und Kirchhalden, und noch drei anderer nahrhafter und romantischer Schlösser und Güter bringen muß. Sie hat Berlin mitten in der Saison verlassen müssen, später wäre dem Fürsten eine Reise zu gefährlich erschienen, und der Erbe und zukünftige Herr von Brauneck wird nicht in der Fremde geboren, sondern in der Heimat. Und die lange Zeit soll die Fürstin liegen, der es am wohlsten auf dem Rücken ihres Pferdes, auf dem Kutschierbock und auf dem Schießstand ist. Arme Fürstin, wie eingekerkert und bewacht kommt sie sich vor bei aller Fürsorge, und wie nur je ein armer Gefangener seine Kerkermeister gehaßt hat, so haßt sie abwechselnd den Hofrat, den Fürsten, Rosmarie, – wer nur eben gerade an der Reihe ist.

»Die Zeit wird vorübergehen,« sagt der Fürst, wenn er sein blasses Kind ansieht; sie hat ja nun freilich all das nicht, was der Berliner Arzt für sie verlangte. Aber wo zwischen Himmel und Erde kann er ihr denn das verschaffen – schöne Ruhe, kleine Freuden, möglichst wenig seelische Erregungen! – Der Frühling wird schon Besserung bringen, er kommt nur so zögernd, und auf einen Sonnentag gibt's zehn frostige Regentage. Rosmarie könnte irgendwohin mit Miß Granger geschickt werden, aber bei der Erwähnung des Planes kommt die Fürstin außer sich. Nein, sie kann Rosmarie nicht entbehren, die Bergmann liest schändlich vor, bei allen rührenden Stellen schnüffelt sie, und es rührt sie schon, wenn sie liest: der Jüngling erblickte seine Vaterstadt im Abendglanze. Rosmarie kann wenigstens anständig vorlesen, wenn sie will, und mit wem soll sich die Fürstin denn sonst den ganzen langen Tag unterhalten? Man schlägt die zweitjüngste Schwester der Fürstin vor, diese kommt auch, reist aber schon nach einer Woche wieder ab, sie muß plötzlich einen Zahnarzt konsultieren. Aber Fräulein Bergmann vertraut es dem Nähröschen an, daß sie ein Gespräch der beiden Damen angehört hat, wobei die jüngere Schwester zur älteren sagte: »Meinst du, du könntest mit mir Katze und Maus spielen wie mit deiner einfältigen Rosmarie!«

Der Frühling kommt, und er ist unsäglich schön und herrlich, und Rosmarie kann ihn vom Fenster aus besehen. Es reicht gerade zu einem täglichen Gang in den Park und zu einer kurzen Fahrt ins Tal hinunter und wieder herauf. Die Fürstin kann nicht einmal in den Garten gebracht werden, es haben sich bei ihr allerhand beängstigende Symptome gezeigt, und so spielt sich ihr ganzes Leben in den Zimmern ab. Rosmarie hat die geschicktesten, sanftesten Hände, sie kann stundenlang vorlesen, sie kann in den Schlaf bringen durch leises Streichen über Stirn und Hände und kann wie ein Schemen hinausgleiten, wenn sie das erreicht hat. Rosmarie ist unentbehrlich geworden.

Die Felder glühen schon im frühen Juli in goldener Pracht, an den Spalieren röten sich die Birnen und Äpfel, und die Rosen verglühen an einem Tage. Und zuweilen ziehen schwere Gewitter herauf, und nie hat man von so viel Blitzschlag und plötzlichen Bränden gehört.

Heute ist wieder ein tiefblaugoldener Himmel, und am frühen Morgen ist es so still, daß sich selbst in des Fürsten Sommerstube kein Vorhang blähen will wie sonst fast immer auf der Bergeshöhe. Rosmarie sitzt auf ihres Vaters Lederdiwan, sie hat ihm eben den täglichen Rosenstrauß für seinen Schreibtisch gebracht. Der Fürst sieht sie an und seufzt. Sie verändert sich immer mehr, und es kommt ihm vor, als werde sie immer blasser.

»Du bringst ein Opfer, Rosmarie, und du hast so gar kein Vergnügen gegenwärtig – so wenig hast du von deiner schönen Jugend. Und doch bin ich froh, daß du Mama so unentbehrlich bist.«

Rosmarie lächelt ein wenig, ein Lächeln, das nur die Spitzen ihrer wunderschönen Zähne zeigt. Der Fürst wird unruhig, wenn er dies Lächeln sieht: es ist etwas darin, was ihm Gedanken macht. »Wir müssen etwas ganz Schönes für dich herausfinden, wenn nun der Sommer so hingeht. In Berlin bekommst du auch keine roten Backen. Weißt du, was ich denke? Wir suchen dir irgend einen schönen Ort an der Riviera heraus, ein Küstennest am blauen Meer, mieten dir und Miß Granger eine kleine Villa für den nächsten Winter. Da kannst du dann sehen, wie der Frühling eigentlich ist. Was meinst du? Wie geht es dir übrigens, keine Ohnmachten mehr?«

»Ich danke, Papa, – Ohnmachten, – ja hie und da einmal, wenn es so heiß ist, aber du brauchst dich nicht zu sorgen, ich erschrecke Mama nicht damit, ich gehe schon vorher, ich fühle es ja immer kommen. Mama hat ja so angegriffene Nerven und fürchtet sich vor Gewittern, – ich habe Sorge, ob wir nicht heute eins bekommen, so heiß, wie es schon ist.«

Sie erhebt sich und tritt zu ihrem Vater hin und legt ihm von hinten her ihre Arme um den Hals und küßt ihn auf die Wange und geht hinaus an ihr schweres Tagewerk. Sie denkt: Wie einsam ist der Mensch, wie sterneneinsam –, man liebt sich, man streckt die Hände nacheinander aus und kann sich doch nicht fassen, und jedes muß auf seinem Stern bleiben. –

Die Fürstin liegt in ihrem großen Himmelbett, das mitten im Zimmer steht. Um sie herum ist ein wahres Toilettenlager aufgehäuft, Fräulein Bergmann, die Klara und Rosmaries neue Jungfer, die Lisa, jedes trägt einen Arm voll Toilettensachen und legt sie irgendwo ab, auf dem Diwan, auf Stühlen, auf Kästchen, – fluchtartig sieht es aus. Jedesmal, wenn etwas Neues zum Vorschein kommt, muß es der Fürstin ans Bett gereicht werden, sie riecht daran und befiehlt: »Dieses auch.« Und dann wird das Schneiderkunstwerk wieder weggelegt. Rosmarie steht eine ganze Weile unbeachtet in dem Wirrsal seidener Röcke und Umhänge, bis die Fürstin ihr ruft: »Ich bitte dich, Rosmarie, rühre dich auch ein wenig, ich will doch nicht ewig in diesem Durcheinander liegen.«

»Guten Morgen, Mama, o gerne, wenn ich weiß, was ich soll, was geschieht denn? Darf ich dir nicht zuvor deine Kissen richten?« Sie tut's, und die Fürstin sagt: »Nun rieche einmal selbst ... Riecht es nicht unverschämt nach Rosen ... dem häßlichen Duft von alten Rosenblättern.«

»Doch, Mama, und es kommt von dem wunderschönen alten Schrank. Sie sagen, er sei innen mit Rosenholz gefüttert, Fräulein Berger ließ mich manchmal hineinriechen, als ich noch ein Kind war, das freute mich sehr.«

»Und ich hasse den Geruch. Er verträgt sich auch gar nicht mit meinem neuen persischen Parfüm, und wenn meine Kleider in den gräßlichen Kasten kommen, verlieren sie das, und die alten Rosen sind wieder da.«

»Dein neues Parfüm ist sonderbar, Mama, und stark, und freilich mit den Rosen vereinigt es sich nicht angenehm, zu laut find ich's. Willst du's nicht weglassen und bei den Rosen bleiben?«

»Ganz gewiß nicht, Rosmarie, und ich habe mich überzeugt, daß dem alten Kasten keine Raison mehr beizubringen ist, alles muß heraus und gelüftet werden, und der Schrank muß fort.«

»Aber der ist ja angewachsen, Mama.«

»Ach, dann haut man ihn ab!«

»Ist das nicht schade, es geht so viel hinein, er ist ein wahres Haus und so praktisch und bequem.«

»Ich sage, es ist ein Ungetüm, eine Arche, und der Geruch geht mir auf die Nerven, nimm ihn, wenn du ihn willst, Rosmarie, aber komme mir gefälligst nicht zu nahe, wenn du Kleider daraus trägst. Lisa, müssen Sie denn wie eine Kuh auf den Spitzen trampeln, Sie schleifen ja nach!«

Rosmarie atmet erleichtert auf. Nun ist Mama für den ganzen Tag versorgt und von der ungraziösen, langen, blassen, schlecht angezogenen, langweiligen Rosmarie abgelenkt. Die Fürstin kommandiert und besieht ihre Toiletten, und der tägliche furchtbare Kampf mit der Langeweile ist schon am frühen Morgen durch einen Sieg entschieden. Die Türe ins Vorzimmer wird zwar geschlossen, als die Diener kommen; vier reichen nicht, es müssen sechs, nein acht Leute sein, um den alten widerspenstigen Riesen von der Stelle zu rücken. Er ist wohl für eine Dame gebaut worden, die Veränderungen nicht liebte und an ihren Ruheplätzen im Garten Steinbänke anbringen ließ. Nicht einmal Füße hat das Ungetüm, es liegt mit seinen dunkel geschnitzten Leisten direkt auf dem Boden auf. Der Schrank gibt Unterhaltung für den ganzen Tag ab. Schlimm zerrissen sind freilich seine unteren Leisten, als er wie ein erschlagener Riese auf Rollen im Gang fortgeführt wird, in Rosmaries Reich hinüber. Das Gerumpel, das Gepuste der Männer, der bunte Kram, der nun so schwer unterzubringen ist, das alles affiziert Mamas Nerven nicht, im Gegenteil, sie ist dadurch ganz aufgemuntert. Nun macht Rosmarie die Türe weit auf in den Vorraum, in welchem der Schrank stand, und der zum Zimmer der Kammerfrau führt. Da sieht man, daß um den alten Herrn herum tapeziert worden ist. An der leeren Stelle ist eine graublaue Fläche mit einem zierlichen Rosenmotiv gemalt. Der Schrank hat so gut geschützt, daß die Farben noch ganz frisch sind.

»Nun muß also tapeziert werden,« entscheidet die Fürstin.

»Ist das nicht schade, Mama, das hübsche alte Rosenmotiv könnte doch fortgesetzt und der ganze Raum so bemalt werden.«

»Gemalte Wände, das hat kein Mensch.«

»Sieh doch, wie die Tapete häßlich dagegen aussieht.«

»Es ist alter Kram, Rosmarie, und darum gefällt es dir.«

»Es ist eine Türe da, das Geranke ist hier auf Leinwand gemalt. Da muß das Schloß sein.«

»Rosmarie, komm augenblicklich daher, die Türe bleibt zu. O Gott, warum muß ich in einem solchen gräßlichen Haus wohnen, überall Gänge und geheime Türen, und wer weiß, vielleicht steckt ein Skelett dahinter. Man sagt, in allen alten Schlössern sei irgendwo etwas Lebendiges eingemauert, du hast mir doch über das Bauopfer vorgelesen. Wenn das nun dahinter steckte! – Gott, darum habe ich den Schrank mit seinem alten Geruch so gehaßt!«

»Mama, Herr Domänenrat hat mir gesagt, es steckten überall Gänge in den Mauern, aber von Skeletten hat er mir nie etwas gesagt. Gewiß ist dahinter nichts Grauliches. Soll ich Papa oder den Herrn Domänenrat holen? Und sollen die nachsehen, daß du dich beruhigen kannst?«

»Nein, nein! Wenn die etwas fänden, und ich hätte die ganze Zeit neben einem Ermordeten gewohnt. – Der Geruch war doch nicht nur nach Rosen. Ich kann nicht dableiben, ich muß umziehen: wenn ich nur das alte Geranke mit seinen Dornen da sehe, bin ich überzeugt, daß dahinter etwas Gräßliches verborgen ist.«

»Mama, wenn nun nichts Schlimmes da wäre, so bist du beruhigt, während, wenn wir es nicht wissen, du dir alles mögliche Schreckliche ausdenken kannst. Mir sieht das Rosenmotiv recht schön und freundlich aus. Soll ich nicht mit Vater –«

»Rosmarie, ich verbiete dir!«

»Dann mußt du ja immer in der Angst bleiben, arme Mama.«

Die Fürstin sagt ergeben: »Ich habe es vom ersten Tage an gewußt, daß es ein Spukschloß ist, schier so schlimm wie Schweigen. Daß du mir nicht an die Türe gehst! Ich sehe voraus, du machst auf und eine Ladung alter Särge poltert herunter.«

»Mama, ich kann ja die Türe zumachen, dann siehst du nichts Schlimmes.«

»Aber ich hör's.«

»So bringen wir dich in deinen Salon, da hörst du nichts und siehst nichts, und wer weiß, was wir für Schätze finden. Einen Pack alte Spitzen für dich, Brokat zu einer Prachtweste für Vater.«

»Glaubst du, ich wollte das alte Zeug. Damit laßt mich in Frieden.«

Rosmarie sagt nichts mehr und beschließt, morgen in aller Heimlichkeit, solange Mama schläft, den Gang öffnen zu lassen. Jetzt ist's zu spät, der Fürst ist auf die Jagd gefahren, und über alledem ist's Abend geworden. Und zum Glück beruhigt sich die Fürstin wieder, denn nun gibt's einen anderen Grund zur Aufregung. Kommt ein Gewitter oder nicht? Und der Fürst ist jetzt auf dem Anstand. Die Fürstin seufzt. Wer da auch sein könnte, in der Halbdämmerung, den Finger am Hahn, das Jagdfieber im Blut. – Dort zwischen dem hohen Riedgras regt es sich, ein feiner gehörnter Kopf. – Gräßlich, dazuliegen bei der Schwüle in den heißen Kissen, mit Aussicht auf noch drei weitere Monate.

Rosmarie wird auch ängstlich, sie hat nur wenige Bissen gegessen, Vater wird allein essen müssen, wenn er kommt. Sie kann Mama nicht verlassen. – Wie sie sich herumwirft in den Kissen.

»Soll ich nach dem Herrn Hofrat schicken?«

»Er sagt doch nur: Mehr Ruhe – Ruhe ... Oh, wie ich das Wort hasse.«

Die Luft ist bleischwer geworden, die weiten Fensterflügel stehen offen, ein fernes Wetterleuchten. Wie dunkelgrüne eherne Massen liegen die Wipfel der Bäume unter den Fenstern ...

Ein langer, müder, bleierner Abend, zuweilen grollt ferner Donner, es wetterleuchtet, und man kann die dunkeln schweren Vorhänge nicht herunterlassen, sonst wird die Schwüle unerträglich. Rosmarie sitzt immer noch da mit ihrem Band Militärhumoresken, die so niederdrückend auf sie wirken, daß der Gedanke an die möglicherweise hinter dem Rosengeranke verborgenen Särge fast erheiternd dagegen ist. Es ergreift sie ein tiefer Abscheu gegen Leutnants und Majors und Burschen und Stiefelappelle, aber Mama kann immer noch nicht einschlafen, so furchtbar erregt wie sie ist. Rosmarie hat zwar lange schon die schwere Kunst gelernt, vorzulesen und den Inhalt gleichsam an sich vorbeigleiten zu lassen und sich selbst noch ein Seelenendchen zu bewahren. – Heute abend versagt sie, ihre Kraft ist am Ende. Die Schwüle hat den leisen Druck an ihrem Herzen gesteigert. Schlimmer darf es nicht werden. Sie fragt: »Mama, erlaubst du, daß ich meine Haare herunterlasse, der Kopf tut mir so weh von den vielen Nadeln, und wenn du ein klein wenig still liegen kannst, so will ich sehen, ob ich dich nicht in den Schlaf streichen kann.«

»Tue es,« sagt Mama ungnädig, »ich weiß nicht, was du hast, meine Nadeln quälen mich nie.«

Rosmarie läßt ihre langen Zöpfe herunterfallen, schwer liegen sie auf ihren Schultern, und ihr junges, blasses Gesicht ist eingerahmt von den weichen, goldenen Wellen. Sie geht nach dem Fenster und blickt in den schwarzen Park hinaus, kein Laut, kein Hauch regt sich draußen, da plötzlich flammt ein greller, blauweißer Blitz auf, der ihre ganze hohe, weiße Gestalt umloht wie ein Bild auf goldenem Grunde.

»Rosmarie,« ruft die Fürstin ängstlich, »nun kommt das Wetter doch!«

Einen Augenblick erfüllt ein Brausen und Heulen die Luft, die dunkeln Vorhänge schlagen in die Höhe wie Riesenflügel fremder Vögel, es klirrt und rauscht und dröhnt, als werde in dem ganzen Bau jedes Stück Holz lebendig und wollte noch einmal mittun im wilden Windestanz, dann wieder tiefe Stille. Ist das Gewitter schon vorüber? Nach dem wilden Lärm ist die Stille noch bedrückender. Und die Nacht lauert draußen wie ein gespenstiges Ungeheuer.

Der Fürst kommt herein, gute Nacht sagen.

»Ja, Rosmarie, bist du noch auf? Du siehst aus wie ein Marmorbild. Geh gleich zu Bett! – Charlotte, du kannst sie doch entbehren?«

»Einen Augenblick noch ... Gott, ich weiß gar nicht, warum sie noch so lange herumstand. Ihre Unterhaltungsgabe ist heute geringer als je. Gehst du zu Bett?«

»Ja, wir werden in der Nacht wohl eine Störung bekommen, da geh ich mir vorher noch ein wenig Schlaf holen. Rosmarie, in zehn Minuten bist du drüben.«

»Schrecklich, daß du das sagst, Fried. Nun werde ich kein Auge zutun können. O diese Braunecker Gewitter.«

»Zu ängsten brauchst du dich nicht, Charlotte, denke daran, wie lang der alte Kasten schon steht und wie viele Gewitter er schon ausgehalten hat. Wenn irgend etwas ist, so laßt mich rufen, bitte.«

Der Fürst geht und wendet sich an der Türe noch einmal um. Wie die Rosmarie heute aussieht, wie aus einem Bilde, und doch hat er nichts Ähnliches gesehen. Ein Lied kommt ihm in den Sinn.

»Da nahm die Königstochter
Vom Haupt ihre goldene Kron'.«

Warum ihm das nun gerade einfällt. Aus welchem Liede war das?

»Sie konnten zusammen nicht kommen –
Das Wasser war viel zu tief,« –

summt es in ihm weiter. Welch sonderbare Wege gehen die Gedanken. –

Rosmarie setzt sich wieder an der Fürstin Bett, zum Umfallen müd ist sie, aber so kann sie Mama nicht verlassen. Sie kennt nur zu gut das unruhige Flackern in den schönen braunen Augen. Sie versucht mit sanften Händen über Mamas Stirne zu streichen oder den Rücken hinabzuführen, aber heute ist's umsonst, die Gewitterangst hält die Fürstin lebendig ... oder ist's das Geheimnis hinter der Rosenwand. Ächzend und stöhnend wirft sie sich herum. Und nun ist's, als schössen an dem schwarzen Himmelsrand – man hat einen so weiten Horizont auf der Bergeshöhe – überall Lichtgarben empor. Totenstill ist's, und doch wallt und webt die Luft von zuckenden Lichtern, bald erscheint in der Ferne ein gelbes Weizenfeld und verschwindet wieder, ein Dorf, ein Kirchturm, dann ist's eine dunkle Waldkuppe, deren Rücken von blauen Flammen umspielt wird. Die Vorhänge kann man nicht schließen, die Schwüle wird immer bleierner. Hat Rosmarie geschlossen vor dem wilden Lichterspiel da draußen, so ruft die Fürstin: ich ersticke, – und sie muß wieder öffnen.

»Darf ich zu Bett gehen, Mama, und dir Fräulein Bergmann schicken?«

»O Gott, kannst du denn schlafen in einer solchen schauerlichen Nacht, Rosmarie! Andere Mädchen tanzen die ganze Nacht und sind um zwei Uhr morgens noch höchst vergnügt, und wie läßt du jetzt schon den Kopf hängen! Du bist ja gewiß unendlich salzlos und langweilig, und deine Zöpfe gehen auf, aber Fräulein Bergmann ist noch schrecklicher. Sie schnüffelt ja gleich, wenn man ihr einmal ein schnelles Wort sagt. Aber was hilft's, wenn man sie fortschickt, irgend eine ferne, fixe Person, die ein wenig Schick hat, bliebe doch nicht in diesem Waldwinkel. Wer bleibt denn hier, wen haben wir hier denn? Mit dem einzigen vernünftigen Menschen im Umkreis, bei dem man nicht vor Langeweile starb, wenn er den Mund auftat, hat man sich um deinetwillen überwerfen müssen ... das heißt, er kommt nicht mehr, aus guten Gründen.«

»Mama, sprich lieber von etwas anderem, von mir, wenn du willst!«

»Gott, ich weiß ja, du hast immer noch dein altes tendre ihn. Er lachte dich aus mit deinen kindischen Ideen ... die letzte Szene. Wie unangenehm du ihm warst! Gott, ich muß lachen, wenn ich daran denke, und es ist ein Glück, daß es noch etwas zum Lachen gibt in einem Hause, wo hinter Kleiderschränken Skelette und Särge stecken. – Wie er dich abschüttelte, wie einen Käfer, und sein Gesicht! – Starr vor Schrecken über das verrückte Gänschen.«

Rosmarie steht da wie ein Bild aus Gold und Marmor. Sie ist ja wehrlos. Es ist ihr, als stünde sie an einem Schandpfahl, und man risse ihr die Kleider vom Leibe, daß die unbarmherzigen Augen all ihre geheimen Wunden sähen. Und ihre Augen werden langsam dunkel ... es sind keine grauen Augen mehr, sie sind samtdunkel, und das Blondhaar umgibt ihr Antlitz, als bewege es ein leichter Luftzug, und ist doch keiner zu fühlen. Die Fürstin sieht sie an, und ihr Lachen, mit dem sie die Szene vollends ausgedeutet hat, erlischt.

»Du siehst so sonderbar aus, Rosmarie.«

»Ich weiß nicht, Mama, vielleicht, weil ich leide, ich habe heute einen Druck an meinem Herzen.« »Den habe ich wahrhaftig auch und mache keine solchen Gespenstergesichter. Rosmarie, du paßt zu dem alten Schrank und dem Gang dahinter! Gott, wie siehst du aus, als hättest du schon im Grabe gelegen. Wie eine gräßliche, geisternde Ahnfrau siehst du aus! Oh, wie ich dieses Brauneck hasse! Das ist nun mein Leben, hier liegen und auf die Gnade warten. Hätt' ich euch doch nie gesehen. Ich werde sterben daran, und ihr werdet euch freuen. – Nein, das habe ich nicht gesagt. – Leben will ich, hört ihr, leben! Die gräßliche Last abschütteln und wieder ein Mensch sein! Ihr habt euch zu bald gefreut, wenn ihr glaubt, ihr habt mich zu eurer Sklavin gemacht!«

»Mama, ich bitte dich, – fasse dich, ich muß gehen, glaube mir's, ich kann doch niemand deine Worte hören lassen.«

Ein blendender, züngelnder Blitz, ein Donnerschlag, als ob die Erde erbebte, wie eine Riesenwolke fährt der Sturm wieder über das Land, die dunkeln Vorhänge schlagen an die Decke. An die festen Türme wirft sich der Wind mit Riesenarmen, als wollt er sie umfassen und in die Tiefe stürzen, sie, die ihm so lange getrotzt. Um die Galerien jauchzt und tobt und klatscht und rast der Troß der Winde; in die Kamine stürzen sich die Windbuben und heulen, wenn sie nicht gleich wieder heraus finden. Blaue Flächen reißt Blitz auf Blitz aus dunkeln Wolkenbergen. Jedes von den hundert Fenstern klirrt und hat seine eigene Stimme in dem Chaos. Die Fürstin hat sich schreiend in die Kissen geworfen: »Rosmarie, die Fenster ...« Rosmarie tastet nach der elektrischen Klingel, da schlagen aus ihr blaue Flammen heraus und einen Ton gibt es nicht. Das Fenster kann sie nicht schließen, dagegen liegt ein breiter Windbub, lacht und bläst seinen feuchten Atem herein, – was können Rosmaries zarte Arme dagegen. Der Windbub faßt ihr langes Haar, daß es in die Lüfte fährt wie ein goldenes Sturmsegel, und wirft es ihr lachend wieder um den Kopf und wickelt sie darin ein und reißt es wieder auseinander. Gellend ruft die Fürstin: »Was machst du, Rosmarie, schließe zu, rufe die Leute, ich will dich nicht sehen. Du bist gräßlicher als alles, ein Gespenst bist du mit deinen lebendigen Haaren ... O wie ich dich hasse, wie ich euch alle hasse, wie ich das Schloß hasse, das mich noch töten wird. Geh doch, geh ... Ich fürchte mich vor nichts mehr, wenn ich nur dich nicht sehen muß. Du bist's! Du steckst hinter allem, du bist der Geist dieses verfluchten Schlosses hier, das mich quält und nach meinem Leben verlangt.«

Rosmarie wankt nach der Schwelle; nein, nicht Fräulein Bergmann, ihren Vater will sie rufen ... In ihren Ohren siedet's und braust's. Der tolle Sturm im Kampf am Fenster hat ihr fast den Atem genommen und den Druck am Herzen entsetzlich verschlimmert. Sie verfehlt die Richtung in dem so plötzlich veränderten Vorzimmer, das nur zuweilen die grellen Blitze erleuchten, sie hat die Hand an jenes Rosengeranke gelegt, ob ihre zitternden Finger einen Riegel berührt haben oder nicht, sie weiß es nicht. Endlich hat sie den Ausgang gefunden. Kaum ist sie im Gange, so kracht ein brüllender Donnerschlag hernieder, der selbst in dem steinernen Riesenleib des Schlosses ein Zittern und Beben verursacht. Das Klirren und Poltern und den gellenden Schrei hinter ihr verschlingt das furchtbare Getöse. In der Sommerstube ist noch Licht, vielleicht ist ihr Vater schon dort. Aus seinem Schlafzimmer muß er durch die Sommerstube kommen. Mit ihrer letzten Kraft kann sie eben noch die Türe öffnen, und als sie keinen Menschen, auch nicht den Leibjäger ihres Vaters dort findet, auf die Alarmglocke drücken, dann sinkt sie ohnmächtig neben dem Lederdiwan zu Boden. Schon stundenlang hat sie mit eisernem Willen dagegen angekämpft, nun entschwindet ihr alles. – – –

Sie erwachte erst, als ein graues Morgenlicht ins Zimmer fiel. Sie erhob sich mühsam mit großen Schmerzen in ihren Gliedern und wankte in ihrer Mutter Zimmer. Im Vorzimmer saß eine Diakonisse, die stand auf und schob sie sanft hinaus.

»Gehen Sie hinüber, Prinzessin, ich bringe Nachricht –«

Sie ging in ihr eigenes Zimmer. Halb betäubt setzte sie sich auf ihr Bett. Da hörte sie draußen Stimmen.

»Ja, es war ein Knabe, und jetzt ist wohl keine Aussicht mehr. Die Fürstin ... sie kommt über den Berg, ja, eine kräftige Natur ... in einer Beziehung gewiß.«

Rosmarie ließ sich mit einem tiefen Seufzer auf ihr Bett gleiten und streckte sich aus.

»O Vater, du solltest nicht trauern. Wird dich ein Kind glücklich machen, das dir der Haß gebracht hat!« –

Als die Sonne schon hoch an einem verweinten Himmel stand, ging Rosmarie in die Sommerstube zu ihrem Vater, mit ihren leisen schwebenden Schritten. Der hatte sie hereinkommen hören, wandte ihr aber den Rücken zu und drehte sich auch nicht um. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte: »Sei nicht mehr traurig, lieber Vater.«

Der Fürst fuhr herum. – O Gott, wie sah er aus. Als ob er geweint hätte, übernächtig, verstört, ein finsterer Zorn lag auf seiner Stirn. Wie nur sein finsterster Ahn je geblickt haben mochte, wenn er seinen Todfeind vor sich sah.

»Ich begreife nicht, wie du es wagen kannst, mir unter die Augen zu kommen! Laß deine Kammerjungfer packen, ich habe an Tante Helen depeschiert, daß du kommst. Hier in Brauneck kannst du nicht sein um deiner armen ... der Fürstin willen, und ich will dich auch nicht sehen.«

»O Vater, was soll ich – warum – ich war ohnmächtig lange, ich – ich habe hier gelegen.«

»Was redest du? Hast du dich hier versteckt, nachdem dir dein Streich gelungen?«

Rosmarie richtete sich auf: »Nun will ich hören, was ich getan haben soll!«

»Das weißt du selbst, und es ist so schändlich, daß ich es nicht wiederholen werde... Gehe jetzt und mache dich fertig. Mama wird erst ruhig sein, wenn du aus dem Hause bist. An Tante Helen habe ich geschrieben, ihr magst du sagen, was du zu deiner Entschuldigung vorbringen kannst. Ich weiß, daß Mama dich gereizt hat, sie hat es selbst zugegeben, aber diese Tat, diese schändliche Tat! Und du kommst herein, und ich sehe die Freude darüber in deinem Gesicht. Du kannst es nicht ableugnen, was ich selbst gesehen habe. Geh jetzt, oder du zwingst mich, mein eigenes Zimmer zu verlassen.«

Rosmarie erhob ihr totenblasses Haupt und ging zur Türe hinaus, ohne sich umzusehen; auch in ihr flammte der alte Braunecker Zorn. Eine Stunde später rollte der Wagen hinaus, und Rosmarie befand sich auf der Reise. – – –

Die Lichter der Villa Helena leuchteten durch das kleine Vorgärtchen, das sie von der Lichtentaler Allee trennte. Das Coupé hielt, und Rosmarie und Miß Granger stiegen aus, ein fetter Diener führte sie hinauf in ein freundliches Sälchen, wo Tante Helen lachend und rundlich stand und ihre blasse Nichte in Empfang nahm. »So, Rosmarie, da haben wir dich ja recht plötzlich. Und das ist Miß Granger. How do you do? All right, come along. Miß Granger, Sie haben einen Brief meines Bruders, der mich mächtig interessiert. Du, blasse Jungfrau im Mondenschein, machst einstweilen Toilette, nicht gar so prächtig, wir machen es uns hier Gott sei Dank recht bequem, und kommst dann herunter. Da ist ja deine Lisa, sie kann dir helfen ...«

Rosmarie ging hinauf in ein hübsches Gastzimmer, und Lisa bürstete ihr Haar und half ihr in das weiße Abendkleid. Wohl mochte die Tante sagen, blasse Jungfrau. – Dann erscholl die Glocke zum Zeichen, daß angerichtet sei und sie erwartet werde. Tante Helen empfing sie mit einem merkwürdig gespannten Gesichtsausdruck und aß für ihre Verhältnisse auffallend wenig.

»Etwas Ähnliches wäre sehr günstig für meinen Appetit, gegen den ich immer erfolglos ankämpfe ... oder nein, doch lieber nicht.«

Rosmarie berührte kaum die Speisen und brachte nur mühsam die nötigsten Angaben über ihre Reise heraus. Da erhob sich die Tante.

»Ich glaube, wir verzichten auf weiteres ... Rosmarie, komm mit in meinen Schmollwinkel.«

Das war ein reizendes kleines Gemach mit Flügeltüren auf einen Balkon, der gerade über Rosenbeeten schwebte. Die Türen standen offen, und allerhand freundliche Geräusche, ferne Musik, Wagenrollen, Stimmen der Menschen, das Rauschen seidener Kleider, Zigarettenduft drangen herauf.

»Ja, so läßt es sich leben, ein wenig über dem lieben Nächsten und doch nicht durch dicke Mauern und tiefe Gräben von ihm getrennt ... Wie bist du nur auf einen solchen hirnverrückten Gedanken gekommen, du Unglückskind! Verstand habe ich dir nie viel zugetraut, aber so viel Bosheit auch nicht. Was hast du eigentlich gewollt mit dieser Farce mitten in der Nacht?«

»Tante Helen, du mußt mir sagen, was ich getan haben soll. Den ganzen Tag warte ich darauf.«

»Da lies den Brief deines Vaters, wenn es dich nach seinem Urteil gelüstet.«

Und Rosmarie liest. »Ich bin aufs tiefste erschüttert und empört, ja ein Entsetzen hat sich meiner bemächtigt. Rosmarie hätte heute nacht beinah den Tod zweier Menschen verschuldet. Meinen Sohn habe ich verloren; was darin für mich liegt, kannst du mir ja nachempfinden. Charlotte ist, wie der Arzt jetzt hofft, gerettet. – Rosmarie ist von ihrer Mutter gereizt worden, das gibt Charlotte selbst zu, um einer alten Sache willen ... Ein schweres Gewitter kam hinzu; Charlottes Nerven sind ja leider durch das lange Liegen recht herunter. Am Tage war durch das Hin- und Herrücken des alten Rosenschranks, du kennst ihn ja, eine Tür in einen Gang frei geworden. Aus irgend welchen Gründen fürchtete sich Charlotte vor diesem Gang und sprach darüber mit Rosmarie. Als das schwere Gewitter immer mehr Charlottes Nerven angriff, muß Rosmarie es darauf angelegt haben, ihre Mutter zu erschrecken und zu ängsten. Da nun Charlotte sie flehend bat, immer wieder, ihr Fräulein Bergmann zu holen, sei Rosmarie an jene Gangtür, die frei geworden, getreten, und habe den Riegel vorgezogen. Dann erst sei sie gegangen, aber nicht zu Fräulein Bergmann oder zu mir, so daß Charlotte bei ihrer Aufregung und Furcht in dem entsetzlichen Wetter ganz verlassen war. Es krachte die alte Tür auf. Der Sturm fuhr hinein und drückte ein morsches Fenster mit bleigefaßten Scheiben ein, das sich hoch oben in dem Gang befand. Das stürzte klirrend und polternd herunter, und dazu fuhr eine Staubwolke heraus. Charlotte hielt in ihrer erregten Phantasie, – Rosmarie hatte ihr irgend welche Schauergeschichten vorgelesen – den Lärm für den Einsturz von Särgen. Genug davon, Du wirst Dich nicht wundern, daß Fräulein Bergmann, die endlich doch von selbst kam, Charlotte in Krämpfen fand. So nahm das Unglück denn seinen Verlauf! Du wirst fragen, warum ich bei einem so schweren Gewitter nicht gleich zu Charlotte, deren Ängstlichkeit ich doch kenne, geeilt bin. Beim ersten Schlag schon war der Blitz in den Glockenturm gefahren, und Krüger weckte mich mit der Nachricht. Wir hatten mit allen Leuten zu tun, die schon heftig glimmenden Balken zu löschen. Noch eins muß ich Dir sagen. Rosmaries Benehmen am Morgen, als sie das Unglück schon in seinem ganzen Umfange erfahren haben mußte, war mehr als seltsam. Sie versuchte nicht einmal Trauer zu heucheln! – Es ist mir, als hätte ich zwei Kinder verloren. Rosmarie muß ich aus dem Hause schaffen. Ich bitte Dich, versuche doch, auf sie einzuwirken ...«

Rosmarie legte das Blatt auf den Tisch und starrte vor sich hin. –

»Rosmarie ... unüberlegt, trotzig, zornig, wild in Haß und Liebe, das alles – aber gemein, grausam, feig ...! Die Arme in ihrem Elend daliegen lassen und mit ihr Spott treiben. Nein, so sind die Braunecker nicht. Die Familiensimpelei ist nicht mein Fall, aber so weit muß man sein eigenes Blut kennen. Was antwortest du, Rosmarie?«

»Mein Vater hat recht, wenn er sagt, er habe zwei Kinder verloren ...«

»Rosmarie, du gibst es zu! Du solltest dich so von deinem Zorn haben hinreißen lassen, um – nein ... Warum denn? Du warst ja als Kind eine richtige Traumliese, und eigensinnig wie – nun wie ein alter Braunecker Eckschädel, aber dieses niederträchtige ... Rosmarie, laß mich doch nicht ganz die Seele aus dem Leibe reden! Mein armer Bruder! Sie haben dich doch nicht so entsetzlich verdummt, daß du nicht wüßtest, um was alles es sich besonders für deinen Vater handelt!«

Rosmarie hob ihre schweren, starren, müden Augen: »Doch, ich weiß ... alles!«

»Rosmarie, was soll ich deinem Vater schreiben? Verteidige dich doch! Wenn deine Mutter in irgend etwas übertrieben hat, so wehr dich! Daß sie alles frei erfunden! – Nein, so angesichts des Todes, das ist unmöglich. Erzähle mir, wie es war!«

»Das hilft ja doch nichts mehr, Tante Helen. Sie werden es mir nicht glauben ... Du hast gelesen, wie mein Vater über mich denkt ...«

»Das ist geschrieben im ersten Schmerz und Schrecken, Rosmarie. Das Blut kühlt auch wieder ab. Dein Vater, so höflich er ist, kann seinen Zorn haben, so gut wie einer von uns! So wehr dich doch, Rosmarie! Was du verlierst ...«

»Was ich verloren habe, weiß ich ... Meine Ehre habe ich verloren. Wie kann ich mich verteidigen, wenn Mama und mein Vater das von mir glauben wollen. Kann ich beweisen, daß ich jene Türe nicht geöffnet habe, daß ich Mama nicht vorher mit meinen Augen und Haaren erschrecken wollte! Ihr müßtet mir euer Vertrauen schenken! Ich will kein geschenktes Vertrauen, das man jederzeit wieder zurücknehmen kann, wenn noch einmal die falsche Türe aufspränge ...«

Die Tante warf sich ganz erschöpft in einen Fauteuil und jammerte: »Gott, ich bin keine Katastrophen mehr gewöhnt! Seit ich ganz aus dem alten Brauneck gezogen ... Ich kann sie nicht mehr ertragen, sie bekommen mir nicht, die Katastrophen ...«

»Laß mich in mein Zimmer gehen, Tante Helen, ich bitte dich, ich bin müde, müde, – ich ...«

»Soviel habe ich jetzt doch herausgebracht, Rosmarie, daß du die Sache bestreitest. Ich muß ein Wort an meinen armen Bruder schreiben, heute nacht noch. – Nur noch eins, Rosmarie ... Dein Verhältnis mit deiner Mutter, – ich weiß, es war nie sehr warm, von beiden Seiten nicht; ihr seid Gegensätze ...«

»Ich hasse sie, hasse, hasse, mein Herz ist ganz ausgebrannt vom Haß! Und Haß tut weh. Ich habe gehaßt in jener Nacht ...« Rosmarie verbarg ihr Gesicht in ihre Hände... »Oh, mein armer Garten! Giftblumen, wilde rote, Dorngeschlinge, Brennesseln. Sie haben mich so weit gebracht, daß er es trägt. Nein, wie darf ich das sagen. Es ist mein Garten! Und wenn Vater da hineinsieht. – Er glaubt, daß ich ehrlos sei, ehrlos ...«

Prinzessin Helen hat sich erhoben und beugt sich über Rosmarie, die wie zerbrochen über ihrem Stuhl liegt. Ihr rundliches Gesicht zuckt und sieht kläglich, fast kindlich drein in ihrem Schmerz. Endlich schüttelt sie sich zusammen; das in langen Jahren, die auch ihre verschwiegenen Schmerzen gehabt hatten, erworbene Phlegma kommt ihr zu Hilfe.

»Rosmarie, Kind, geh zu Bett. Du hast die Türe nicht aufmachen wollen, soviel habe ich doch herausgehört. Wenn es mir schon lieber wäre, du hättest alles rund und deutlich gesagt. – Fräulein Bergmann, warum hast du sie nicht geholt?«

»Ich wollte sie nicht hören lassen, was Mama sprach.«

»Waren das so schlimme Dinge – das sollte dein Vater wissen ... das ist doch ein Grund – was sagte sie denn?«

»Wie kann ich das jetzt Vater sagen? Nie kann ich das, sie sagte die schlimmen Dinge, und ich dachte sie ... Nichts davon, Tante Helen, nein.«

»Närrchen, du bist im Unglück, nicht sie!«

»Ich will es nicht sagen, nein. Ich will das doch nicht sein, wofür sie mich halten.«

»Wie du willst, Rosmarie, denn schließlich kann deine Mutter das auch bestreiten, und deine Sache wird dadurch nicht besser. Nein, vielleicht hast du recht. Nun, sagen wir, Mama sei so erregt gewesen, daß du lieber gleich nach deinem Vater gegangen wärest. O Gott, die Sache hat doch ein Loch, Rosmarie: nun, vielleicht merken sie es nicht, du kannst ja auch den Kopf verloren haben. Geh zu Bett, arme Rosmarie, heute nacht erlösen wir dich nicht mehr, ich weiß jetzt doch, was mein armer Bruder zuerst wissen muß.«

Eine Tragödie in ihrer hübschen, kleinen, molligen Villa. Prinzeß Helene sieht nicht einmal im Theater Tragödien an, wo man doch das beruhigende Gefühl haben kann, daß die Heldin, so tot sie auch daliegt, sich nachher zu einem mehr oder weniger bescheidenen Souper erhebt ... Die rundliche Dame weiß nicht ein und aus mit ihrer blassen apathischen, schweigenden Nichte. Denn auch am nächsten Tage hat Rosmarie keine weiteren Worte über die Vorgänge in jener Nacht gefunden. Warum sie an jenem Morgen ihrem Vater nicht mit dem Mitgefühl begegnet war, das sie jenem großen Schmerz doch schuldig war, darüber schweigt sie auch. Und das treibt den Stachel immer wieder in ihres Vaters Herz.

Zum großen Glücke erholt sich die Fürstin rasch, ja mit fast unerwarteter Schnelligkeit. Es ist, wie wenn ihre Natur von einem unheimlichen Druck befreit wäre. Sie geht nach Wiesbaden zur Kur und blüht dort auf wie eine Rose.

Rosmarie blüht nicht auf. Sie hat öfters die schweren Ohnmächten, die Tante Helens Entsetzen sind. –

Sie läßt einen bedeutenden Nervenarzt, der zugleich Leiter eines Sanatoriums ist, kommen, und Rosmarie wird ihm vorgeführt. Der kluge und feine Geheimrat, der so viele menschliche Nöten und Leiden kennt, steht ja bald, daß in diesem weißen, apathischen Kinde irgend eine Feder zersprungen sein muß, eine Krankheit, gegen die weder er noch andere Ärzte ein Mittel haben. Vielleicht ist ihr eine Liebe, die ihren Eltern nicht paßte, genommen worden, doch sieht sie fast zu jung und zu passiv kühl aus für eine große Leidenschaft. Und Prinzessin Helen suggeriert ihm das hilfreiche Wort: Luftveränderung. Rosmarie soll den Winter in Italien zubringen, und Prinzessin Helen will sie in langsamen Etappen dahin begleiten. Miß Granger geht ja auch mit und Lisa und Prinzeß Helens erprobte Frau Waren und der fette Diener. »Miß Granger ist eine Mehlamsel,« klagt die Brauneckerin in einem Briefe an ihren Bruder, »aber schließlich ist sie hochanständig und in einem Alter, wo der Mensch seine meisten Dummheiten gemacht zu haben pflegt. Für Rosmarie hat sie nichts Aufmunterndes, aber wer hat das? Ich habe es süß und bitter, kalt und heiß, zart und grob bei ihr versucht, sie hört alles an, und läßt man sie einen Augenblick allein, so fällt sie ganz zusammen.«

Auf der Reise lebt Rosmarie fast ein wenig auf, hie und da fliegt sogar ein rasch wieder schwindender Rosenschein über ihr Gesicht, und sie äußert einen Wunsch, was Prinzessin Helen alles sofort nach Brauneck berichtet. Es ist noch viel zu früh im Jahre, als sie an die sonnenheiße, ausgestorbene Riviera kommen, die Stechmücken leben noch alle, und die Villen und Hotels stehen mit geschlossenen Läden tot und öde da, und ein fußdicker Staub liegt auf allem.

In Bordighera, wo es immer noch verhältnismäßig am grünsten ist, findet Prinzessin Helen alles Wünschenswerte beisammen. Eine kleine Villa mit Marmorbalkon und Treppe in einem verlassenen, sehr großen Garten. Darin wird Rosmarie installiert. Tante Helen mietet eine mit den besten Zeugnissen versehene Köchin, die etwas Französisch versteht, und ein Hausmädchen, das nur Italienisch kann, das über Rosmaries Anblick so erstaunt ist, daß es den Finger in den Mund stecken und sie regungslos anstarren muß.

Leider sind alle Stechmücken noch lebendig und haben eine unheimliche Freude an dem Braunecker Blut. Tante Helen steht wie tätowiert aus, und beinahe hätte sich ein schweres Unglück ereignet.

Eines Abends stieg nämlich die rundliche Dame mit einer Kerze in der Hand zwischen den Musselinvorhängen ihres Bettes herum, um nach den dort verborgenen Untieren zu suchen. Dabei kam sie mit dem Licht den dünnen Vorhängen zu nahe, zwischen denen sie doch eingeschlossen war, und diese fingen hellauf zu brennen an. Die Dame schrie auf, Rosmarie kam herein und riß sofort die Vorhänge herunter, warf eine Reisedecke darauf, und im Nu war das Feuer erstickt.

Prinzessin Helen schrieb einen langen Brief voll Lobens und Rühmens nach Brauneck. »Rosmaries Zustand hat sich entschieden gebessert, und, was mich besonders wunderte, als sie alles und jedes Recht gehabt hätte, in Ohnmacht zu fallen, tat sie dieses nicht, sondern rettete ihre Tante wie ein gelernter Feuerwehrmann!«

Aber die Zanzaris nehmen keine Vernunft an und bezeigen immer die gleiche Vorliebe für das Braunecker Blut, so verläßt Tante Helen das ungastliche Gestade, einen wohlgeordneten kleinen Staat hinterlassend, in dem jedes Glied feierlich hat versprechen müssen, niemals mit Kerzen hinter Vorhänge zu steigen. Es ist ja das beste, daß Rosmarie nun den Winter hier bleibt und über diese traurige Geschichte Gras wächst. –

Rosmarie und Charlotte müssen ja doch auseinander gehalten werden ... »Nur keine Katastrophen mehr!« rät Prinzessin Helen ihrem Bruder, dessen Zorn auch schon leise zu verrauchen beginnt.

Tante Helen hat das Hauswesen gut geordnet. Die Köchin stiehlt nicht mehr, als ihr Stand und ihre Nationalität es ihr als anständig gestatten, Miß Granger hat beim englischen Pfarrer Besuch gemacht, und der deutsche Pfarrer bei Rosmarie. Miß Granger hat eine alte Freundin aus England wieder getroffen, und ihr farbloses Wesen hat darüber wieder etwas Leben bekommen. Jeden Tag gehen Rosmarie und Miß Granger zum Capo, wo die uralte kleine Kirche steht, und sitzen an einer windgeschützten Mauer und sehen den Wellen zu, wie sie an die Felsen herankommen. Und als Rosmarie zum ersten Male sieht, wie die Wellen vom gestrigen Sturme aufgewühlt daherkommen, sich donnernd in die Höhe heben, daß blaukristallene Wundergrotten sich auftun, und dann wieder herabsinken und klirrende weiße Schaumschleppen nach sich ziehen, bis wieder neue Berge kommen, – da hat sie sich überfreut, und Miß Granger hat die größte Not, mit ihr nach Hause zu kommen.

Abends geht die Engländerin sehr früh zu Bett, eigentlich gleich nach dem gemeinsamen Diner, das die beiden Damen in einsamer Pracht und feierlichen Abendtoiletten miteinander einnehmen, – diese Gewohnheit hat sie bald nach Prinzessin Helens Abreise angenommen, und sie bleibt ihr treu. Auch mehren sich Miß Grangers englische Bekannte wie der Sand am Meer, und fast jeden Tag ist sie zu einem »afternoontea«, eingeladen, von dem sie erst kurz vor dem Diner zurückkommt. Rosmarie hat Zeit in Hülle und Fülle, zu grübeln und vor sich hinzustarren, es stört sie keine immer muntere und originelle Tante Helen darin.

Sie sitzt da den langen Nachmittag und sieht auf die verstaubten, sonnenmüden, zerschlissenen Palmen hinaus und auf den blauen Streifen Meer, der durch sie sichtbar wird. Sie nimmt langsam eine der Rosen nach der andern aus den Vasen und dreht sie zwischen den Händen und zieht an den feinen weichen Blättern, bis sie herunterfallen und das gelbe Herz der Rose herausscheint. Sie ist immer ganz umgeben von hingestreuten Rosenblattern. Manchmal hält sie die Blätter in Häufchen in der Hand, dann läßt sie vom Balkon aus eins nach dem andern herunterfallen auf die Mandarinenbäume darunter, und sieht ihnen nach, wie sie fallen, gleiten, sich drehen und daliegen wie offene kleine Schalen. Ihre kleine Stickschere, die sie in Berlin gekauft, liegt neben ihr, und sie nimmt sie zuweilen in die Hand und freut sich daran, wie spitz und scharf sie ist.

Es wohnen schlimme Gedanken hinter deiner weißen Stirn, Rosmarie!

Sie schreibt nun jede Woche ihrem Vater, sie erzählt vom Capo, von Palmen und Blumen, von Miß Granger, von dem italienischen Dienstmädchen, der Angelina, von allem, nur nie ein Wort von einer Rosmarie Brauneck.

An dem Fürsten nagt das Heimweh, je mehr sein Zorn verraucht. Seine Tochter fehlt ihm überall. Niemand kennt wie sie seine Hoffnungen und Pläne, und versteht sie, kann so angenehme Morgenstunden bereiten, hat eine so feine, reine Luft um sich, als käme sie aus einem anderen Lande, wo die Menschen zarter und reiner fühlen und woraus das Gemeine auf ewig verbannt ist. Alles ist so schal ohne sie. Wenn sie nur ein Wort schriebe, ein einziges, noch so armes Wort: vergib mir, ich bin gereizt, gekränkt worden, ich wußte nicht, was ich tat, – irgend einen Grund angäbe, den fadenscheinigsten, – nur nicht dieses trotzige Schweigen.

Die Zanzari sind endgültig verschwunden unter Strömen von Regen, die die staubigen Palmen so schön reingewaschen haben. Dem Nordlandskind gehen die Augen auf für die Schönheit der Palmen, nun sie die im Regen sieht. Wie die Dattelpalme dort ausgerüstet ist, den köstlichen Regen zu empfangen. Die großen, mächtig breiten, gefalteten Blätter, die jeden Tropfen sorgsam in tiefen Rinnen entlang leiten, dann die Blattstiele, die die Wasseradern sammeln und an den Stamm leiten und dort in kleinen Bechern festhalten. An den Blättern die zarten braunen Fangschnüre, an denen jede Perle hängen bleibt. Dann die andern Palmen, die so verdrossen dastehen, wie müde Ballschönheiten, und doch nur auf ihren Freund, den Mond, warten. Wie gleitet das Mondlicht an ihnen herunter und zeigt ihren herrlichen Bau und das wundervolle Gegeneinander ihrer Fahnen! Da hat jede Form ihr eigenes Funkellicht, gegen den Himmel gesehen lösen sich die Massen in lauter unendlich schöne Formen auf. Da schießt der Stamm, der am Tage so überschlank aussieht, majestätisch in die Höhe und trägt stolz die feingefiederte Krone.

Ach, wenn man nur jemand hätte, mit dem man die Schönheit genießen könnte, all das allein, ach, das bedrückt noch das arme, so schwer beladene Herz. Und immer wieder wendet Rosmarie ihrer Tante Worte in ihrem Herzen, und eines tritt grell aus den andern heraus.

Im Angesicht des Todes lügt man nicht! – Das galt von ihrer Mutter, sollte das nicht auch von ihr gelten? Und eines Tages geht sie an ihre Truhe, die alle ihre geheimsten Schätze enthält. Seit sie zum zweiten Weihnachten – ihre Weihnachten zählen von der Waldweihnacht an – Harro einen Stuhl gestickt hat mit den Federnelken und bräunlichen Gräsern der lichten Eichen daran, hat sie diese Kunst immer betrieben. Seit sie nun von Harro getrennt ist und nicht mehr in seinen Farben herrschen kann, hat ihre leidenschaftliche Schönheitsliebe und ihr feines Kunstverständnis in diesen Stickereien seinen Ausdruck gefunden. Ganz ohne jede Anweisung, nur ihrem eigenen Formen- und Farbensinn folgend, hat sie gelernt, einen Natureindruck mit Nadel und Seidenfaden wiederzugeben. Niemand störte sie darin; wenn sie an ihrem Stickrahmen saß, so galt sie als geborgen und versorgt. Eine Zeitlang war das eiserne Verbotsystem auch daran gekommen; sie sollte nicht so viel über die Arbeit gebückt sitzen, dekretierte ihre Mutter, das verderbe die Haltung.

Sie hatte sich aber die einzige Freude nicht nehmen lassen und hatte es gelernt, die Arbeit nur lose in der Hand haltend, doch die feinsten Stiche zu ziehen; sie hatte wahre Feenhände.

Und nun holt sie sich ein weißes Atlasstück von zart bläulicher Tönung heraus und bedeckt das mit ihren Zeichen und Punkten. Als sie nun zu sticken anfängt, wird Miß Grangers Leben noch behaglicher.

Und Rosmarie ist sehr fleißig, auf ihren blassen Wangen steigen rote Flecken auf, und sie stickt, als gälte es ihr Leben.


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