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Hundertundneunundsechzigstes Capitel.
Von den zwölf Geboten, und wie man leben soll.

Trogus Pompejus erzählt von einem edlen Ritter, Namens Ligurius, der eine gewisse Stadt samt dem Volke zu einem Schwur veranlaßt hatte, daß sie gewisse und nützliche Gesetze, die freilich anfänglich drückend schienen, aufrecht erhalten wollten, bis er selbst von dem Gott Apollo, den er für den Verfasser der besagten Artikel ausgab, eine Antwort geholt hätte. Er begab sich hierauf nach Kreta und in eine ewige Verbannung. Wie er aber sterben sollte, befahl er, damit seine Gebeine nie wieder in jene Stadt zurück kommen könnten, sie ins Meer zu werfen, auf daß die Menschen nicht, indem sie dächten nun ihres Eides entbunden zu seyn, die Beobachtung jener Gesetze verletzen möchten. Es waren aber dieser Gesetze der Zahl nach zwölf. Durch das erste Gebot lehrte er das Volk Gehorsam gegen seine Fürsten, aber die Fürsten das Volk bewachen und die Gottlosen im Zaume halten. Durch das zweite Gesetz überredete er Alle sparsam und mäßig zu seyn, weil er meinte, daß man bei Mäßigkeit besser Krieg führen könne, als unter Schlemmerei. Durch das dritte Gebot befahl er jede Sache nicht nach dem Vermögen, sondern nach dem Verdienst zu schätzen. Durch das vierte zeigte er, wie Gold und Silber schlechter seyen, denn alle andern Stoffe. Durch das fünfte theilte er die Staatsverwaltung ordentlich ein, indem er dem König die Macht im Kriege verlieh, den Magistratspersonen die Gerichte und alle Vertheidigungen, dem Senat die Bewachung der Gesetze, und dem Volke die Gewalt Magistratspersonen zu wählen und einzusetzen. Durch das sechste theilte er den Grundbesitz an Alle auf gleiche Weise aus, so daß sich alle Erbgüter gleich waren, damit Keiner mächtiger werde als der Andere. Durch das siebente gebot er, daß Alle zusammen speisen sollten, auf daß Keiner dem Andern Grund zum Wohlleben geben könnte. In dem achten setzte er ein, daß die Jünglinge das ganze Jahr hindurch nur ein einziges Kleid tragen sollten. In dem neunten befahl er, daß die armen Kinder aufs Land, nicht auf den Markt gebracht würden, auf daß sie die ersten Jahre ihres Lebens in Arbeit, nicht in Leichtsinn zubrächten. Durch das zehnte Gesetz setzte er fest, daß die Jungfrauen ohne Mitgift heirathen sollten. In dem eilften Gesetze gebot er, es sollten die Weiber nicht des Geldes wegen gewählt werden, und im zwölften bestimmte er, daß die größte Ehre nicht den Reichen, sondern vielmehr denen, die auf einer hohen Stufe des Alters stünden, zu Theil werden solle. Alles aber, was er in seinen Gesetzen anordnete, hat er selbst zum Muster für Andere zuerst gehalten.


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