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Hundertundsiebenundfünfzigstes Capitel.
Von der Strafe der Sünder, welche in der Gegenwart für ihre Vergehungen nicht büßen.

Einst lebte ein Kaiser, der einen klugen Pförtner hatte, welcher einmal seinen Herrn inständig bat, daß er ihm erlauben möchte, einen Monat lang Thorwärter der Stadt zu seyn, um von einem jeden Buckligen, Einäugigen, Krätzigen, Grindkopfe und Brüchigen einen Denar einzufordern. Der Kaiser gestattete es ihm auch und bestätigte seine Erlaubniß durch sein Insiegel, worauf jener seinen Dienst übernahm, und sich an das Stadtthor stellte, um sich die Hinein- und Herausgehenden anzumerken und zuzusehen, ob er von dieser Stelle irgend einen Gewinn haben könnte. Eines Tages trat aber ein Buckliger, der eine Kappe trug, unter das Thor, und der Thorwärter trat ihm in den Weg und verlangte nach dem Gesetze und dem Gebote des Kaisers einen Denar von ihm, allein der Bucklige weigerte sich und wollte nichts geben. Darauf legte der Thorwärter Hand an ihn und wollte ihm seine Kappe nehmen, allein als er dieselbe in die Höhe zog, fand er auch, daß derselbe nur ein Auge hatte, und forderte alsbald zwei Denare von ihm. Aber auch diese wollte der Andere nicht zahlen, sondern schickte sich an ihm zu entlaufen: indessen zog ihn der Pförtner bei seiner Kappe, und siehe da, als sein Haupt entblößt war, erschien sein Grindkopf, worauf jener sogleich drei Denare verlangte. Als das der Bucklige merkte, fing er an sich ihm zu widersetzen, und da auf diese Weise auch seine Arme nackt wurden, zeigte er sich als voll von Krätze. Nun verlangte der Thorwärter ihm auch einen vierten Denar ab, und da sich jener gegen ihn vertheidigen wollte, riß er ihn an seiner Kappe, diese fiel herab, und es zeigte sich sogleich an seinem Leibe ein Bruch, weshalb jener nun auch den fünften Denar von ihm forderte, und es sich also begab, daß der, welcher dem Rechte nach nicht einen einzigen hatte zahlen wollen, jetzt gezwungen fünf erlegen mußte.


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