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Dreißigstes Kapitel.

Es zeigen sich glücklichere Aussichten. Laßt uns standhaft bleiben, so wird das Glück uns endlich wieder günstig sein.

Als ich meine Rede geendet und die Zuhörer sich entfernt hatten, sagte der Kerkermeister, der einer der menschlichsten seines Standes war, ich möge es ihm verzeihen, wenn seine Pflicht ihn nöthige, meinen Sohn in strengere Haft zu bringen. Es solle ihm indeß erlaubt fein, mich jeden Morgen zu besuchen. Ich dankte ihm für seine Güte, drückte meinem Sohne die Hand, nahm Abschied von ihm und erinnerte ihn, des großen Augenblicks eingedenk zu sein, dem er entgegengehe.

Dann legte ich mich wieder nieder, und einer von meinen Kleinen saß lesend neben meinem Bette, als Herr Jenkinson eintrat und mir sagte, daß Nachricht von meiner Tochter da sei. Vor zwei Stunden habe sie Jemand in Begleitung eines fremden Herrn gesehen, als sie in einem benachbarten Dorfe abgestiegen, um einige Erfrischungen einzunehmen. Dann wären sie wieder auf das Städtchen zu gefahren, wo wir uns befänden. Kaum hatte er diese Nachricht mitgetheilt, als auch der Kerkermeister eiligst und mit freudigem Gesicht eintrat und mir meldete, meine Tochter sei wiedergefunden. Gleich darauf kam Moses gelaufen und rief, seine Schwester Sophie sei unten und werde sogleich mit unserm alten Freunde Herrn Burchell heraufkommen.

Kaum hatte er diese Nachricht mitgetheilt, als auch meine geliebte Tochter eintrat und mit Blicken, die vor Freude strahlten, in meine Arme eilte. Ihre Mutter konnte vor Entzücken nur weinen und schweigen.

»Hier, lieber Vater,« rief das liebliche Mädchen, »hier ist der brave Mann, dem ich meine Rettung verdanke. Der Unerschrockenheit dieses Herrn bin ich mein Glück und mein Leben schuldig.« – Ein Kuß von Herrn Burchell, dessen Freude fast noch größer zu sein schien, als die ihrige, unterbrach hier, was sie noch weiter sagen wollte.

»Ach Herr Burchell,« rief ich, »Sie treffen uns in einer sehr elenden Wohnung. Unsere Lage hat sich sehr verändert, seit Sie uns zuletzt sahen. Sie waren stets unser Freund. Wir haben längst unsern Irrthum eingesehen und unsere Undankbarkeit gegen Sie bereut. Nach der unwürdigen Behandlung, die Sie von mir erfahren, schäme ich mich fast. Ihnen ins Gesicht zu sehen; doch hoffe ich, werden Sie mir verzeihen, da ich von einem niederträchtigen, schändlichen Buben getäuscht würde, der mich unter der Maske der Freundschaft ins Verderben stürzte.«

»Es ist unmöglich, Ihnen zu verzeihen,« erwiederte Herr Burchell, »da Sie meinen Unwillen niemals verdienten. Daß Sie sich täuschten, sah ich schon damals zum Theil ein, und da es nicht in meiner Macht stand, Sie von Ihrem Irrthum zu befreien, so konnte ich Sie nur bedauern.«

»Ich habe Ihre Gesinnung stets für edel gehalten,« erwiederte ich, »und sehe jetzt, daß ich mich darin nicht geirrt. Aber erzähle mir doch, mein Kind, wie Du gerettet worden, und wer die Schurken waren, die Dich entführten?«

»Lieber Vater,« sagte sie, »wer der Schändliche war, der mich entführte, weiß ich nicht. Auf dem Spaziergange mit meiner Mutter kam er hinter uns her und schleppte mich, ehe ich noch um Hülfe rufen konnte, in die Postkutsche, welche dann schnell weiter fuhr. Ich sah mehrere Leute auf der Landstraße, die ich um Hülfe bat, doch sie achteten nicht darauf. Inzwischen wendete der Bösewicht alle möglichen Kunstgriffe an, mich vom Schreien abzuhalten. Bald schmeichelte, bald drohte er nur, und schwur, wenn ich nur schweige, solle mir nichts zu Leide geschehen. Indessen hatte ich den Fenstervorhang zerrissen, den er zugezogen, und erblickte in einiger Entfernung unsern alten Freund Herrn Burchell, der mit seiner gewöhnlichen Schnelligkeit auf der Landstraße wanderte, den großen Stock in der Hand, womit wir ihn so oft zu necken pflegten. Als wir ihm so nahe gekommen, daß er mich hören konnte, rief ich ihn beim Namen und bat ihn, mir zu Hülfe zu kommen. Ich wiederholte mein Geschrei mehrmals, worauf er dem Postillon mit lauter Stimme befahl, stillzuhalten. Doch der Bursche nahm keine Notiz davon und fuhr noch schneller als vorhin. Jetzt glaubte ich, er würde uns schwerlich einholen können, doch wenige Augenblicke darauf sah ich, wie Herr Burchell neben dem Wagen herlief und dem Postillon einen Schlag versetzte, der ihn zu Boden warf. Jetzt standen die Pferde still, und mein Entführer sprang mit Drohungen und Flüchen aus dem Wagen. Er zog den Degen und rief Herrn Burchell, sich sogleich zu entfernen, wenn ihm sein Leben lieb sei. Herr Burchell drang aber auf ihn ein, schlug seinen Degen in Stücke und verfolgte ihn dann einige hundert Schritt, worauf Jener entfloh. Ich war indeß herausgesprungen, um meinem Retter beizustehen, der jetzt schon siegreich zu mir zurückkehrte. Der Postillon, der wieder zu sich gekommen war, wollte ebenfalls entfliehen; doch Herr Burchell befahl ihm, sogleich in das Städtchen zurückzufahren. Er sah ein, daß jeder Widerstand vergebens sei, und gehorchte sogleich, wenn, auch ungern, da seine Wunde mir wenigstens gefährlich zu sein schien. Er klagte beständig über heftige Schmerzen, als wir weiter fuhren, so daß Herrn Burchells Mitleid rege wurde und er ihn auf meine Bitte in einem Wirthshause, wo wir anhielten, gegen einen andern Fuhrmann vertauschte.«

»So sei mir denn willkommen, mein Kind,« rief ich, »und Du, ihr wackerer Erretter, tausendmal willkommen! Obgleich unsere Bewirthung sehr ärmlich ist, so sind doch unsere Herzen zu Ihrem Empfange bereit. Und nun Herr Burchell, da Sie meine Tochter gerettet haben, so ist sie die Ihrige, wenn Sie sie für eine Belohnung halten. Wenn Sie sich zu einer Verbindung mit einer so armen Familie, wie die meinige, herablassen können, so nehmen Sie sie. Suchen Sie sich ihre Einwilligung zu verschaffen – ihr Herz haben Sie schon gewonnen, wie ich weiß – und Sie sollen auch die meinige haben. Ich muß Ihnen aber sagen, mein Herr, daß ich Ihnen keinen geringen Schatz gebe. Freilich ist sie ihrer Schönheit wegen gepriesen worden; doch das meine ich nicht – in ihrem Gemüthe liegt der wahre Schatz, den ich Ihnen gebe.«

»Vermuthlich aber sind Sie mit meinen Verhältnissen bekannt,« entgegnete Herr Burchell, »und wissen, daß ich nicht im Stande bin, so für sie zu sorgen, wie sie es verdient?«

»Wenn Ihr gegenwärtiger Einwurf eine Weigerung sein soll, so stehe ich davon ab,« erwiederte ich; »doch ich kenne keinen Mann, der ihrer so würdig ist, wie Sie, und wenn ich ihr Tausende mitgeben könnte, und Tausende hielten um sie an, so sollte doch mein wackerer Burchell meine liebste Wahl sein.«

Sein Schweigen schien eine kränkende Weigerung zu sein, und ohne ein Wort auf meinen Antrag zu erwiedern, fragte er, ob wir vielleicht Erfrischungen aus dem nächsten Wirthshause bekommen könnten? Als dies bejaht wurde, bestellte er ein so gutes Mittagsessen, als es nur in der kurzen Zeit könne bereitet werden. Er bestellte auch ein Dutzend Flaschen von dem besten Weine des Wirths, so wie auch einige Stärkungsmittel für mich, indem er lächelnd hinzusetzte, er wolle sich einmal etwas anstrengen, und obgleich im Gefängniß, sei er nie mehr zur Fröhlichkeit aufgelegt gewesen. Bald darauf trat der Aufwärter ein und traf Vorbereitungen zum Mittagsessen. Der Kerkermeister, welcher plötzlich außerordentlich dienstfertig geworden war, lieh uns einen Tisch; der Wein wurde gehörig aufgestellt und zwei sehr gut zubereitete Gerichte aufgetragen.

Meine Tochter hatte noch nichts von der traurigen Lage ihres Bruders gehört, und alle schienen abgeneigt, durch den Bericht davon ihre Freude zu stören. Doch es war vergebens, daß ich freudig zu erscheinen versuchte, die Lage meines unglücklichen Sohnes vernichtete alle Bemühungen, mich zu verstellen, so daß ich endlich genöthigt war, durch die Erzählung seines Mißgeschicks unsere Fröhlichkeit zu dämpfen und den Wunsch auszusprechen, es möge ihm erlaubt sein, unser Mahl zu theilen. Als meine Gäste sich von der Bestürzung erholt hatten, die meine Erzählung hervorbrachte, bat ich auch meinen Mitgefangenen, Herrn Jenkinson, zuzulassen, und der Kerkermeister gewährte meine Bitte mit ungewohnter Unterwürfigkeit. Sobald die Ketten meines Sohnes im Gange klirrten, eilte ihm seine Schwester ungeduldig entgegen, während Herr Burchell mich fragte, ob der Name meines Sohnes nicht Georg sei. Ich bejahte es und er schwieg. Als mein Sohn ins Zimmer trat, bemerkte ich, daß er Herrn Burchell mit einem Blick des Erstaunens und der Verehrung ansah.– »Komm näher, mein Sohn,« rief ich; »obgleich wir sehr tief gefallen sind, hat uns doch die Vorsehung eine kleine Erholung von unserm Kummer gewährt. Deine Schwester ist uns wieder gegeben und hier ist ihr Retter. Diesem braven Manne verdanke ich es, daß ich noch eine Tochter habe. Reiche ihm die Hand der Freundschaft, mein Sohn – er verdient unsere wärmste Dankbarkeit.«

Mein Sohn schien durchaus nicht auf das zu achten, was ich sagte, und hielt sich noch immer in respectvoller Entfernung. »Mein lieber Bruder,« rief seine Schwester, »warum dankst Du nicht meinem edlen Retter? Die Braven sollten immer einander lieben.«

Sein Schweigen und Erstaunen dauerte noch immer fort, bis unser Gast endlich sah, daß er erkannt sei, und indem er all seine angeborne Würde annahm, meinen Sohn näher treten hieß. Nie habe ich etwas so wahrhaft Majestätisches gesehen, wie die Miene, die er bei dieser Gelegenheit annahm. Der größte Gegenstand im Weltall, sagt ein gewisser Philosoph, ist ein guter Mensch, der gegen das Mißgeschick ankämpft; doch giebt es einen noch größern: es ist der gute Mensch, welcher kommt, um das Unglück zu erleichtern. Nachdem er meinen Sohn eine Zeitlang mit vornehmer Miene angesehen, sagte er: »Schon wieder finde ich, unbesonnener Knabe, daß Sie desselben Verbrechens –« Hier wurde er durch einen Diener des Kerkermeisters unterbrochen, welcher ihm sagte, daß ein Mann von Stande, welcher mit mehreren Begleitern in das Städtchen gekommen sei, dem Herrn, der sich bei uns aufhalte, sein Compliment sende und zu wissen wünsche, wann er ihm seine Auswartung machen dürfe? »Er mag warten, bis ich Zeit habe, seinen Besuch anzunehmen,« rief unser Gast, und wendete sich dann mit folgenden Worten zu meinem Sohne: »Ich finde Sie wieder desselben Verbrechens schuldig, weshalb Sie schon einmal meinen Tadel erfahren haben und wofür das Gesetz Ihnen jetzt die gerechte Strafe zu Theil werden läßt. Sie glauben vielleicht, daß die Verachtung Ihres eigenen Lebens Ihnen ein Recht giebt, einem Andern das seinige zu rauben; doch wo liegt der Unterschied zwischen einem Duellanten, der ein werthloses Leben auf's Spiel setzt, und dem Mörder, der mit größerer Sicherheit handelt? Entschuldigt es den Betrug eines Spielers, wenn er angiebt, nur Marken eingesetzt zu haben?«

»Ach, mein Herr!« rief ich, »wer Sie auch sein mögen, haben Sie Mitleid mit einem armen irre geleiteten Geschöpfe; denn was er gethan, geschah aus Gehorsam gegen eine getäuschte Mutter, die ihn in der Bitterkeit ihres Herzens bei ihrem mütterlichen Segen beschwur, ihre Sache zu rächen. Hier, mein Herr, ist der Brief, der dazu dienen wird. Sie von ihrer Unbesonnenheit zu überzeugen und seine Schuld zu mindern.«

Er nahm den Brief und las ihn eilig durch. – »Obgleich dies keine vollkommene Rechtfertigung ist,« sagte er, »so wird doch sein Vergehen dadurch so weit gemildert, daß ich ihm verzeihe. Ich sehe, mein Herr,« fuhr er fort, indem er freundlich die Hand meines Sohnes ergriff, »daß Sie sich wundern, mich hier zu sehen; doch ich habe oft Gefängnisse bei weit geringeren Veranlassungen besucht. Jetzt bin ich gekommen, einem würdigen Manne Recht zu verschaffen, für den ich stets die aufrichtigste Hochachtung empfunden. Lange Zeit habe ich unerkannt die Herzensgüte Ihres Vaters beobachtet. In seiner kleinen Wohnung habe ich eine Achtung genossen, die durch keine Schmeichelei befleckt wurde, und das Glück, welches an den Höfen der Fürsten nicht zu finden ist, boten mir die einfachen Freuden an seinem ländlichen Kamin. Mein Neffe weiß um meinen Vorsatz, hierher zu reisen, und wie ich höre, ist er ebenfalls hier angekommen. Ich würde ihm und Ihnen Unrecht thun, wollte ich ihn ungehört verurtheilen. Wenn er gefehlt hat, so soll er dafür büßen; denn ohne Eitelkeit darf ich wohl sagen, daß sich noch Niemand über Sir William Thornhills Ungerechtigkeit beklagt hat.«

Jetzt zeigte sich, daß der Mann, den wir so lange als einen harmlosen und unterhaltenden Gast bewirthet hatten, Niemand anders sei, als der berühmte Sir William Thornhill, dessen Tugenden und Seltsamkeiten so allgemein bekannt waren. Der arme Herr Burchell war wirklich ein Mann von beträchtlichem Vermögen und großem Einfluß; ein Mann, dem die Richter ihren Beifall zu geben und den die Parteien mit Ueberzeugung anzuhören pflegten. Er war der Freund seines Vaterlandes, aber zugleich ein treuer Unterthan seines Königs. Meine arme Frau, die sich ihrer frühern Dreistigkeit erinnerte, zitterte vor Angst, und Sophie, die ihn noch wenige Augenblicke zuvor als den Ihrigen betrachtet hatte, und sich jetzt durch eine ungeheure Kluft von ihm getrennt sah, welche die verschiedenen Glücksumstände zwischen ihn und sie gestellt, konnte ihre Thränen nicht verbergen.

»Ach, mein Herr!« rief meine Frau mit kläglicher Miene, »können Sie mir je verzeihen? Wie geringschätzend habe ich Sie behandelt, als ich das letzte Mal die Ehre hatte. Sie in unserm Hause zu sehen! Und die Scherze, die ich mir so keck erlaubte – ach, mein Herr, ich fürchte, Sie können mir nie verzeihen.«

»Liebe gute Dame,« erwiederte er lächelnd, »trieben Sie Ihren Scherz mit mir, so blieb ich Ihnen die Antwort darauf nicht schuldig. Die ganze Gesellschaft mag beurtheilen, ob mein Witz nicht eben so gut war, als der Ihrige. In Wahrheit ich wüßte Keinen, dem ich in diesem Augenblicke zürnen könnte, als dem Schurken, der meine liebe Kleine hier so erschreckt hat. Ich hatte nicht einmal so viel Zeit, den Burschen genau zu betrachten, um ihn in einem Steckbriefe beschreiben zu können. Sagen Sie mir, liebe Sophie, würden Sie ihn wohl wiedererkennen?«

»Das kann ich nicht bestimmt behaupten, mein Herr,« erwiederte sie. »So viel ich mich erinnere, hatte er eine tiefe Narbe über einer von seinen Augenbraunen.« – »Ich bitte um Verzeihung,« sagte Jenkinson, der dabei war, »sagen Sie mir doch gefälligst, ob der Kerl sein eigenes rothes Haar trug?« – »Ja, mich dünkt, so war es,« rief Sophie.– »Und haben Ew. Gnaden,« fuhr Jenkinson fort, indem er sich zu Sir William wandte, »wohl die Länge seiner Beine bemerkt?« – »Von ihrer Länge kann ich keine Rechenschaft geben,« sagte der Baronet; »doch von ihrer Schnelligkeit habe ich mich überzeugt, denn er entfloh sogar mir, was wohl nur wenigen Menschen in ganz England gelingen möchte.« – »Mit Ew. Gnaden Erlaubniß,« rief Jenkinson, »ich kenne meinen Mann. Er ist's sicher und kein Anderer. Es giebt keinen bessern Läufer in ganz England, denn er hat Pinwire von Newcastle im Schnelllaufen übertroffen. Timotheus Baxter ist sein Name. Ich kenne ihn sehr genau und weiß den Ort, wo er sich in diesem Augenblick aufhält. Wollen Ew. Gnaden dem Kerkermeister befehlen, mir zwei Leute mit zu geben, so mache ich mich verbindlich, ihn spätestens in einer Stunde Ew. Gnaden vorzustellen.« – Hierauf wurde der Kerkermeister gerufen, der sogleich erschien. Sir William fragte ihn, ob er ihn kenne? – »Aufzuwarten, Ew. Gnaden!« antwortete der Kerkermeister; »ich kenne Sir William Thornhill sehr wohl, und wer irgend Etwas von ihm gehört, wünscht mehr von ihm zu erfahren.« – »Gut,« sagte der Baron; »mein Gesuch besteht darin, daß Ihr diesem Manne mit zweien von Euren Leuten erlaubt, diesen Ort zu verlassen, um einige Aufträge für mich zu besorgen. Da ich Friedensrichter bin, nehme ich jede Verantwortlichkeit auf mich.« – »Ihr Versprechen ist hinreichend,« antwortete Jener, »und wenn ich es nur eine Minute vorher weiß, können ihn Ew. Gnaden nach Belieben durch ganz England schicken.«

Mit Bewilligung des Kerkermeisters wurde Jenkinson vorausgeschickt, um Timotheus Baxter nachzuspüren, während wir uns an unserm jüngsten Sohne Wilhelm ergötzten, der eben eintrat und an Sir William hinaufkletterte, um ihn zu küssen. Seine Mutter wollte ihn von dieser Vertraulichkeit zurückhalten, doch der würdige Mann kam ihr zuvor und nahm den Knaben, so zerlumpt er war, auf den Schooß. »Ei, Wilhelm, Du bausbäckiger Schelm!« rief er, »kennst Du Deinen alten Freund Burchell noch? Und Du, mein alter ehrlicher Richard, bist Du auch hier? Ihr sollt sehen, daß ich Euch nicht vergessen habe.« Bei diesen Worten gab er Jedem ein großes Stück Pfefferkuchen, welches die armen Jungen hastig verzehrten, da sie diesen Morgen nur ein sehr kärgliches Frühstück bekommen hatten.

Hierauf setzten wir uns zum Mittagsessen, welches beinahe kalt geworden war. Da mich mein Arm noch immer sehr schmerzte, so hatte mir Sir William schon vorher ein Recept verschrieben, denn er hatte zu seinem Vergnügen Medicin studirt und ziemliche Fortschritte in dieser Wissenschaft gemacht. Als das verschriebene Mittel aus der Apotheke des Ortes geholt und mein Arm gehörig verbunden worden war, fühlte ich fast augenblickliche Linderung. Bei Tische wartete uns der Kerkermeister selber auf, der unserm Gaste alle mögliche Ehre erweisen wollte. Noch ehe wir unsere Mahlzeit beendet hatten, kam Nachricht von seinem Neffen. Er ließ ihn um Erlaubniß bitten, erscheinen zu dürfen, um seine Ehre und Unschuld rechtfertigen zu können. Der Baronet bewilligte sein Gesuch und befahl, Herrn Thornhill einzulassen.


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