Glauser, Friedrich
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Glauser, Friedrich

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Das Demonstrationsobjekt Pieterlen

»Lesen Sie das«, sagte Dr. Laduner und reichte Studer ein Blatt Papier über den kleinen runden Tisch. Dann sank er zurück, stützte den Ellbogen auf die Armlehne seines Stuhles, das Kinn auf die Fingerknöchel.

Die Lampe trug einen pergamentenen Schirm, auf welchem Blumen in durchscheinenden Farben gemalt waren. Studer beugte sich vor und las:

»Ld. Unterbricht die Ausfrage des Polizisten mit keinem Blick; wenn man ihn anschaut, zieht ein sonderbar unmotiviertes Lächeln über sein Gesicht. Man fragt ihn, was heute für ein Tag sei, er denkt nach und sagt mit einem seltsamen Vorbei: ›Donnerstag.‹ Er habe sich zuerst besinnen müssen. In Haft sei er seit dem Februar, er habe viel Fieber. Auf die Frage, seit wann, sagt er wieder in einem sonderbaren Vorbei: ›Seit vier Jahren‹, und meint damit, er habe seit vier Jahren stets im Frühling erhöhte Temperaturen. Gekommen sei er wegen Mord – auch dazu lächelt er, völlig unberührt, sicherlich ganz unbeteiligt. Er verabschiedet sich auch nicht vom Polizisten. Pupillen ohne Befund, Zunge belegt, Hände kein Tremor, Patellarreflex lebhaft…«

»Bis dahin«, sagte Dr. Laduner, und nahm Studer das Blatt aus der Hand.

»Halt, schauen Sie noch das Datum an…«

»16. V. 1923…«

Laduner schwieg eine Weile, dann sagte er:

»Dafür habe ich vom Chef den ersten Rüffel bekommen. Er fand, der Aufnahmestatus sei poetisch, nicht sachlich-wissenschaftlich. Sie haben die beiden Buchstaben zu Beginn des Absatzes gesehen? Ld.? Das war der Ernst Laduner, der damals 30 Jahre alt war, jung, sehr jung… Und damals machte der junge Laduner die Bekanntschaft des Pierre Pieterlen. Es war sein erstes Gutachten…«

Laduner zündete eine Zigarette an, dann hielt er das rote flache Zündholz zwischen Daumen und Zeigefinger und schwenkte es wie einen winzigen, farbigen Dirigentenstab.

»Pieterlen Pierre, damals 26 Jahre alt, angeklagt wegen Mordes, weil er sein Kind bei der Geburt erstickt hatte. Und die Fragen der Bezirksanwaltschaft lauteten (ich kann sie Ihnen aus dem Gedächtnis hersagen), sie lauteten in ihrem verzwickten Deutsch:

1. War die Geistestätigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt der Begehung der Tat in dem Maße gestört, daß er die Fähigkeit der Selbstbestimmung oder die zur Erkenntnis der Strafbarkeit der Tat erforderliche Urteilskraft nicht besaß?

2. Für den Fall der Verneinung dieser Frage, war der Angeklagte bei Begehung der Tat vermindert zurechnungsfähig und in welchem Grade?

– Zwei schöne Fragen… Glauben Sie, daß ich einmal von zehn Uhr abends bis ein Uhr früh über diesen Fragen gehockt bin, um ganz genau zu verstehen, was die Herrschaften eigentlich meinten? So dumm war ich damals… So dumm, daß ich nach diesem Fall die Psychiatrie an den Nagel hängen wollte. Aber man entgeht scheinbar nicht einer Auseinandersetzung. Ich sollte den Pieterlen nachher wieder treffen…

Unzurechnungsfähig und in welchem Grade?

Wie soll man so etwas wissen, Studer? Weiß ich, ob Sie Urteilskraft besitzen? Ich kann sehen, wie Sie arbeiten, wenn Sie ein Verbrechen aufdecken, ich kann mir vielleicht eine Meinung bilden, ob Sie logisch denken, wie Sie Fakten feststellen und aneinanderreihen… Aber Ihre Urteilskraft? Denken Sie, für die Herren Juristen muß man den Besitz oder den Nichtbesitz der Urteilskraft in Prozenten ausdrücken! ›Seine Urteilsfähigkeit betrug 25 Prozent oder 50 Prozent.‹ Genau, wie wenn man sagt, die Standard Oil stehen 20 Prozent oder 30 Prozent über oder unter pari… Die Welt ist komisch.«

Schweigen. Dann war Tellergeklapper aus der Küche zu hören, und der Chaschperli fragte laut, draußen im Gang, ob er dem Vatti gute Nacht sagen dürfe. Darauf antwortete Frau Laduners Stimme, er solle noch ein wenig warten. Der Arzt nahm ein zweites Blatt aus der Mappe, reichte es über den Tisch.

»Schauen Sie zuerst das Datum an…« Studer tat es.

»2. IX. 26. – Zweiter September Neunzehnhundertsechsundzwanzig

Und er las weiter:

»TW. Aufnahmestatus. Steht mit Vollbart und in Sträflingskleidung, die Mütze auf dem Rücken in der Hand haltend, steif da, kümmert sich aber um seine Effekten, interessiert sich speziell für seine Bleistifte, die wolle er nicht verlieren. Das Geld könne der Direktor von R. behalten, sagt er mit einem steifen Lächeln. Auf Befragen: Er habe sich über nichts zu beschweren, er habe allerdings einen Brief an seinen Vormund, Dr. L., geschrieben. Darüber möchte er sich nicht weiter auslassen. Gehemmt, steif, verweigert dem sich verabschiedenden Arzt von R. die Hand. Nach den Gründen gefragt: Nach seiner Auffassung sei das kein Arzt, das können auch Gefühlssachen sein.«

Studer legte das Blatt auf den Tisch. Er wartete. Laduner sagte und bewegte sich nicht, sein Gesicht war im Schatten:

»Es dreht sich alles um den 2. September. Merkwürdig. Am 2. September stirbt Pieterlens Kind, im nächsten Jahr wird Pieterlen am 2. September wegen Mordes zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Obwohl unser – das heißt mein Gutachten günstig war, nur weil er sich nach Ansicht des Bezirksanwaltes frech benommen hatte…

Gut. Ich habe versucht, dem Herrn Bezirksanwalt, der die Untersuchung führte, die Schlüsse, zu denen ich gekommen war, daß nämlich Pieterlen an einer latenten Geisteskrankheit laboriere, begreiflich zu machen. Wir haben tüchtige Staatsanwälte in der Schweiz, wir haben andere, bei denen ich, müßte ich sie einmal begutachten, ganz unvoreingenommen von moralischer Debilität sprechen würde. Leute, bei denen es klar auf der Hand liegt, daß sie sich mit Verbrechen nur deshalb beschäftigen, damit sie nicht selbst Verbrecher werden. Wir nennen das in unserer Fachsprache: abreagieren… Vielleicht kennen Sie auch derartige Typen. Nun, der Bezirksanwalt in jener Industriestadt gehörte zu dieser Sorte. Dick, mit gekräuselten Haaren auf einem spitz zulaufenden Schädel, die Haare eingefettet – ich rieche noch jetzt den Geruch von Brillantine – Sammler von Kupferstichen und erotisch tätiger als beruflich. Bei jedem Angeklagten, es mochte sich um einen Einbrecher, eine Ladendiebin, einen Taschendieb oder eine Hochstaplerin handeln, erkundigte er sich zuerst nach den Liebeserlebnissen der Vorgeführten. Dicke Lippen, immer feucht.

Wenn Sie sich über das Interesse gewundert hätten, das er den Leintuchgeheimnissen entgegenbrachte, so hätte er Ihnen geantwortet, er tue dies aus psychologischem Interesse. Von den Ergebnissen einer modernen Schule ist ja allerhand in die Laienwelt durchgesickert. Die Juristen besuchen jetzt auch psychiatrische Vorlesungen, was dabei herauskommt, kann man sich lebhaft vorstellen; zum Beispiel solch ein Bezirksanwalt. Er war schlecht auf den Pieterlen zu sprechen, das merkte ich gleich. Denn der Pieterlen hatte auf alle Alkovenfragen keine Antwort gegeben. Hingegen war der Herr Bezirksanwalt gut auf die Frau zu sprechen. Die hatte wahrscheinlich, verschüchtert wie sie war, weniger Widerstand geleistet und allerhand ausgepackt, was für den Herrn Bezirksanwalt interessanter war, als die Kaltschnauzigkeit des Mannes. Der Herr Bezirksanwalt sagte: ›Was wollen Sie, Herr Doktor, der Pieterlen ist ein frecher Kerl, den sollte man mürbe machen; wie er uns zuerst an der Nase herumgeführt hat! Natürlich sind Sie ihm auf den Leim gekrochen…‹ Was sollte ich sagen? Ich versuchte zu erklären, daß Pieterlen ein kranker Mensch sei, daß ich nach bestem Wissen und Gewissen nur sagen könne, daß eine Strafe, eine Zuchthausstrafe, in diesem Falle ungünstig wirken würde… Vergebene Liebesmüh.

Der Herr Bezirksanwalt lachte mich aus. Er werde es dem Pieterlen schon einsalzen, meinte er, und erzählte mir in einem Atemzug von einer besonders hübschen Kellnerin im Bahnhofbüffet zweiter Klasse und einer Sammlung legerer Gravüren vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts, die er um ein Spottgeld gekauft habe. Und dann sprach er von einer illustrierten Ausgabe der Memoiren des Marquis de Sade… Es paßte zu ihm… Ich will nicht verallgemeinern, es gibt hochanständige Leute auch unter den öffentlichen Anklägern, aber es gibt manchmal auch solche Bezirksanwälte… Was sagte mein alter Chef immer? ›Wollen Sie mich dafür verantwortlich machen, Laduner, daß es auf der Welt unvernünftig zugeht? Glauben Sie mir, auch das Verständnis entgegengesetzter Standpunkte vermag die Gegensätze nicht aufzuheben…‹ Er war klug, mein alter Chef…

Ich sagte Ihnen, es drehe sich alles um den 2. September. Drei Jahre später, auf den Tag, am zweiten September, wird Pieterlen verrückt aus der Strafanstalt in die Heil- und Pflegeanstalt jenes Kantons eingeliefert, in welchem er verurteilt worden war. Er hatte mir gesagt, noch vor der Verhandlung, er hoffe mit drei Jahren davonzukommen, und ich hoffte es auch. Mein Gutachten hatte auf Totschlag im Affekt gelautet… Und drei Jahre später… Ein anderer Arzt hat die Aufnahme gemacht. Aber ich spiele trotzdem noch mit, ich bin der Vormund geworden des Pierre Pieterlen, ja, ich war der Dr. L., dem er von R. geschrieben hatte…«

»Und heute ist auch der zweite September« sagte Studer.

Fünf und drei sind acht und ein Jahr Untersuchungshaft macht genau neun Jahre. Neun Jahre war er eingesperrt.«

Studer saß da, vorgeneigt, die Unterarme auf den Schenkeln. So konnte er Laduner von unten her ins Gesicht blicken, und er war erstaunt: die Maske war nämlich gefallen. Es saß auf dem Stuhle dort ein jugendlich aussehender Mann, mit einem weichen Mund, die Stimme tönte weder nach: ›Das Bataillon hört auf mein Kommando!‹ noch erinnerte sie an den Ton ›Liebes Kind.‹ Das Gesicht war weich, der Mund sanft geschwungen, die Stimme warm…

Und noch ausgeprägter war die Veränderung, als die Türe aufging und der Chaschperli gute Nacht sagen kam. Er gab auch Studer die Hand.

Dann war es wieder still im Zimmer, der Rauch schlängelte sich unter den Rand des Pergamentschirms und quoll dann oben heraus, wie aus einem Kamin.

Laduner sagte:

»Zuerst hat der Pieterlen in der Strafanstalt Schreinereiarbeiten verrichten müssen, er machte Särge in seiner Zelle. Glauben Sie nicht, daß ich erfinde, ich kann Ihnen alles in den Akten zeigen. Als er ein Jahr, ganz allein in der Zelle, Särge angefertigt hatte, durfte er an Militärmäntel die Knöpfe und die Knopflöcher nähen. Zwei Jahre lang. Und dann…«

Laduner suchte in der Aktenmappe nach einem Blatt; er las mit der gleichen weichen Stimme:

»Bericht der Strafanstalt, Nr. 76, Pieterlen… Auffallende Veränderungen in seinem Verhalten: Arbeiten, die er früher ganz schön gemacht hatte, macht er auf einmal nachlässig und unbrauchbar, zum Beispiel Knopflöcher an Mänteln, statt am linken Teil rechts. Bestandteile an Kleidungsstücken mit der deutlich abstechenden Querseite nach außen. Er erklärte auf Reklamationen hin, die Sachen ändern zu wollen, machte aber wieder den gleichen Fehler. Am Abend bettete er unter dem Arbeitstisch und schlief auf diesem Lager…«

Das Blatt raschelte. Laduner zündete eine frische Zigarette am Stummel der ausgerauchten an, stand auf, ging zum Fenster, sah in die Nacht, die schwer und schwül über dem Land lag.

»Er hat sich verkrochen, er hat Knopflöcher falsch genäht… Nach drei Jahren: Das ist zweimal zweiter September… Ich bin nicht gefühlvoll, Studer, glauben Sie mir, aber der Pierre Pieterlen, das ist… das ist… eben, ein Demonstrationsobjekt« und versuchte ein Lachen, das mißlang.

Studer lauschte, lauschte… Der Fall des Patienten Pieterlen interessierte ihn – wenn er ehrlich sein wollte – nicht so sehr, als der Ton, in dem er erzählt wurde.

»Wie lange tragen Sie schon das Kummet, Studer? Zwanzig Jahre? Ja? Nun, bald winkt Ihnen die Pension… Aber in diesen zwanzig Jahren haben Sie viele Akten gelesen, nicht wahr? Viele Berichte verfaßt, nicht wahr? Jetzt werden Sie sich wundern, Studer, und ich weiß, daß Sie sich schon die ganze Zeit gewundert haben, warum ich so offen zu Ihnen bin, warum ich Sie zu mir eingeladen habe… Geben Sie es zu, es ist Ihnen reichlich sonderbar vorgekommen… Aber ich habe Ihre Laufbahn verfolgt, man hat mir von dem Kampfe erzählt, den Sie mit dem Obersten Caplaun ausgefochten haben, und dann habe ich fünf Rapporte von Ihnen gelesen, sie betrafen alle den gleichen Fall. Der Fall tut nichts zur Sache. Aber die Rapporte sind mir aufgefallen, ihr Ton, er war anders als der Ihrer Kollegen. Zwischen die Floskeln der Amtssprache hatte sich etwas eingeschlichen. Es klang, als ob Sie immer versuchen wollten, zu verstehen, und wenn Sie selber verstanden hatten, dann wollten Sie auch, daß der Leser verstehen sollte… Bin ich deutlich?… Und darum erzähle ich Ihnen vom Pieterlen Pierre, weil er für mich ein Demonstrationsobjekt ist, und weil ich weiß, daß Sie mich nicht auslachen werden… Früher, mein Gott, früher hat man mich auslachen können, mit Recht, und mein alter Chef hat es auch gründlich getan, damals beim ersten Gutachten. Er hat recht gehabt. Ich bildete mir nämlich ein, man könne den Herren von der Justiz etwas begreiflich machen, aber für sie kommt nur folgendes in Frage…«

Laduner nahm einen Bogen auf und las:

»Hierdurch hat sich der Angeklagte des Mordes im Sinne von Paragraph 130 des Strafgesetzbuches schuldig gemacht, denn er hat vorsätzlich und mit Vorbedacht sein am zweiten September 1923 in seiner Wohnung in Wülflingen von seiner Ehefrau, Klara Pieterlen, lebend zur Welt gebrachtes Kind rechtswidrig getötet, indem er ihm unmittelbar nach der Geburt ein Handtuch auf das Gesicht legte, mit der Hand drückte und es mit den Händen würgte, so daß es erstickte…«

Das Blatt flatterte zu Boden, Studer hob es auf, legte es auf den Tisch. Laduner verließ das Zimmer, sprach draußen leise mit seiner Frau, kam zurück, blieb in der offenen Türe stehen:

»Roten oder Weißen?«

»Weißen!« sagte Studer, ohne den Kopf zu heben. Er kam sich unhöflich vor, aber er konnte nicht anders…

»Haben Sie Schlaf, Studer?« fragte Laduner und schenkte die Gläser voll. Er stieß mit dem Wachtmeister an, zerstreut, wartete die Antwort gar nicht ab, sondern ging auf und ab: vom flachen Schreibtisch bis zur andern Ecke des Zimmers, wo der Bücherschrank stand.

»Die Frau war Kellnerin gewesen, Saaltochter, wie wir hier sagen. In Sitten. Der Pieterlen war damals Kondukteur an der Lötschbergbahn. Vier Jahre lang haben sich die beiden gekannt. Dann wollten sie heiraten. Aber der Pieterlen verlor seine Stelle. Er bekam einmal die Grippe; als es ihm besser ging, ist er mit seiner Braut z'Tanz, Kollegen haben ihn gesehen, ihn verrätscht, er wurde entlassen. Er war unbeliebt unter seinen Kollegen, der Pieterlen, man warf ihm seinen Stolz vor. Er ging dann in eine Industriestadt in der Ostschweiz und arbeitete als Handlanger in einer Maschinenfabrik. Vier Wochen vor der Geburt des Kindes heirateten die beiden…

Ich habe zwei Kinder, Studer. Der Pieterlen hat kein Kind gewollt. Das hat er offen und deutlich gesagt. Er hat es dem Bezirksanwalt gesagt, er hat es mir gesagt. ›Vorsätzlich und mit Vorbedacht‹… Das klingt doch schön? Finden Sie nicht?… Neunzehnhundertdreiundzwanzig… Fünf Jahre nach dem Krieg… Wieviel Menschen sind im Krieg umgekommen? Wissen Sie es? Rund ein Dutzend Millionen; nicht wahr? Und der Pieterlen wollte also kein Kind auf die Welt stellen… Nicht aus weltanschaulichen Gründen, obwohl der Pieterlen allerlei gelesen hatte… Lesen macht stolz, Studer, und Pieterlen war stolz. Das haben auch seine Kollegen behauptet und seine Vorgesetzten. Seine Kollegen lasen höchstens das Blättli, nicht einmal Detektivromane, sie jaßten; Pieterlen aber las Schopenhauer und Nietzsche und dachte über die Welt und die Menschen nach. Er zeichnete in seinen Freistunden… Er lernte Englisch, und Französisch konnte er schon… Sein Vater stammte aus Biel, dann war er Melker im Oberland, seine Mutter hat er nie gekannt, sie war an seiner Geburt gestorben…

Pieterlen wollte kein Kind auf die Welt stellen, weil er als Handlanger zuwenig verdiente. Er hatte eine Einzimmerwohnung mit Küche im Dorfe Wülflingen gemietet, weil die Wohnungen dort billiger waren als in der Stadt. Der Handlanger Pieterlen verdiente achtzig Rappen Stundenlohn…

Sie werden mir einwenden, es gäbe soundso viele Handlanger, die auch nicht mehr verdienen, und die doch Frau und Kinder haben… Sie werden mir einwenden, daß es in den umgebenden Ländern noch ärger zugeht als bei uns, denn wir haben Fürsorgestellen und Armendirektoren und Eheberatungsstellen und Trinkerheilanstalten und Gottesgnadasyle und Heil- und Pflegeanstalten und Armenanstalten und Trinkerfürsorge und Waisenhäuser… Wir sind sehr human. Wir haben auch Schwurgerichtssäle und Staatsanwälte und ein Bundesgericht und sogar der Völkerbund tagt bei uns, lieber Studer… Wir sind ein fortgeschrittenes Land. Warum also hat der Handlanger Pieterlen kein Kind gewollt?

Einfache Antwort: Weil er anormal war. Das sagt sich leicht. Ich habe in meinem Gutachten geschrieben…«

Laduner griff wieder nach einem Blatt und las:

»Seine Tat entspricht Motiven einer abnormen Charakteranlage. Er stand schon seit Monaten unter dem Einfluß einer heftigen Gemütsaufregung, die dann schließlich im gegebenen Moment den letzten Ansporn zum Verbrechen gab. Er kann keineswegs als eine Verbrechernatur bezeichnet werden. Vielmehr handelt es sich bei ihm um eine ausgesprochene, angeborene Charakterabnormität, nämlich um eine schizoide Psychopathie. Es wäre durchaus nicht verwunderlich, wenn später noch eine eigentliche Geisteskrankheit, nämlich eine Schizophrenie, bei ihm ausbräche…«

»Schizophrenie…« murmelte Studer. »Was heißt das?«

Die Worte kamen nur undeutlich, weil er das Kinn in die Hände gestützt hatte, und seine Finger den Mund verdeckten.

»Eigentlich heißt es: Spaltung, Gespaltensein«, sagte Laduner. »Eine geologische Angelegenheit. Sie haben einen Berg, er wirkt ruhig und geschlossen, er ragt aus der Ebene auf, er atmet Wolken und braut Regen, er bedeckt sich mit Gras und sprossenden Bäumen. Und dann kommt ein Erdbeben. Ein Riß geht durch den Berg, ein Abgrund klafft, er ist in zwei Teile zerfallen, er wirkt nicht mehr ruhig, geschlossen, er wirkt grauenhaft; man sieht in sein Inneres, ja, das Innere hat sich nach außen gestülpt… Denken Sie sich eine derartige Katastrophe in der Seele… Und wie der Geologe mit Bestimmtheit von den Ursachen spricht, die einen Berg gespalten haben, so sprechen wir mit Bestimmtheit von den psychischen Mechanismen, die eine Seele gespalten haben. Aber wir sind vorsichtig, lieber Studer, und wenn ich ›wir‹ sage, so denke ich an die paar Leute in unserer Zunft, die nicht meinen, daß mit einigen griechisch-lateinischen Sprachenmésalliancen das Rätsel der menschlichen Psyche gelöst sei…

Der Berg! Studer, denken Sie an den Berg! Sein Inneres ist plötzlich sichtbar… Ich werde Sie morgen ins U führen. Dort werden Sie manches verstehen. Unter anderem auch die merkwürdige Scheu, von der viele Menschen, auch die Gesundesten, befallen werden, sobald sie Geisteskranken gegenüberstehen.

Einer von uns hat einmal gesagt, das komme daher, daß man da buchstäblich bei dem Unbewußten zu Besuche sei… Unbewußt, Sie werden mich wieder fragen, was unbewußt ist. Unbewußt ist alles, was wir nicht an die Oberfläche gelangen lassen, was wir so schleunigst als möglich beiseiteschieben, sobald es nur den Versuch wagt, eine Ohrenspitze zu zeigen… Zeigen Sie mir einen einzigen Menschen, der nie in seinem Leben, sei es als Kind, sei es als Erwachsener, wenigstens in Gedanken einen Mord begangen hat, der nie im Traume getötet hat… Sie werden keinen finden… Glauben Sie, daß es sonst so ungeheuer leicht wäre, Menschen in den Krieg zu jagen? Bringen Sie mir den gütigsten Vater, die besorgteste Mutter, wenn sie ehrlich sind, werden sie beide mir zugeben müssen, daß sie nicht einmal, nein, oft gedacht haben: ›Wie leichter hätt' ich's ohne Kinder!‹ Aber wie wollen Sie Ihr schon vorhandenes Kind wegbringen, es sei denn, Sie brächten es um? Sie sind Vater, Studer, ehrlich, Hand aufs Herz: haben Sie früher nicht oft das Kind als eine Last empfunden, als eine Beschränkung Ihrer Freiheit? Nun?«

Studer grunzte. Es war ein böses Grunzen. Er liebte es nicht, daß man ihm so hart auf die Haut rückte. Natürlich hatte er solche Gedanken gehabt, als seine Tochter noch klein war, und er manchmal in der Nacht nicht schlafen konnte, weil das Kind schrie. Vielleicht hatte er sogar laut geäußert, der Teufel möge das verdammte Gof holen… Aber von einem solchen Ausspruch bis zu einem Kindsmord… Obwohl…

»Gedanken sind zollfrei«, sagte Laduner, und sein Lächeln war traurig. »Solange es Gedanken sind, solange es Wünsche sind und wir den Wünschen nicht nachgeben, ist alles recht und in Ordnung, und die Gesellschaft ist zufrieden…

Es darf einer in Büchern verkünden: ›Das Eigentum ist Diebstahl!‹ Es wird ihm wenig geschehen, wenigstens heutzutage. Aber leben Sie einmal nach dem Ausspruch, dann werden Sie sich selbst verhaften müssen, nicht? Schreiben Sie und verkünden Sie es in allen Zeitungen: ›Es ist ein Irrsinn, heutzutage Kinder auf die Welt zu stellen!‹ und schreiten Sie dann zur Tat. Sie brauchen kein Kind zu töten, nur einen verbotenen Eingriff zu machen. Dann können Sie ein paar Jahre in Thorberg darüber nachdenken, daß Sie irgendeinen Paragraphen übertreten haben. Pieterlen hat eben nicht an den Paragraphen gedacht. Er hat monatelang darüber nachgegrübelt, daß nun ein Kind zur Welt kommen solle, daß er das Kind mit seinen achtzig Rappen Stundenlohn nur schlecht werde erziehen können. Er schlug seiner Frau vor, nach Genf zu gehen… Sie wollte nicht…

Und dann kam er eines Nachts heim, er hatte Überstunden gemacht, es war kurz nach Mitternacht, und er sah Licht in seiner Wohnung…

Ich bin damals nach Wülflingen gefahren, das ist ein winziges Dorf, Hügel drum herum, und das Haus, in dem Pieterlen gewohnt hatte, lag etwas außerhalb des Dorfes. Ich mußte das Zimmer sehen, ich mußte die Frau sehen. Die Frau hätte ich mir ja kommen lassen können, aber ich wollte sie in der Umgebung sehen, in der sie gelebt hatte, vier Wochen lang, mit dem Pieterlen zusammen, ich wollte die Lampe sehen, die Lampe…«

Eifrig suchte Laduner nach einem Bogen, hielt ihn dann am unteren Rande, klopfte zweimal kurz mit der Hand auf das Blatt und las:.

»Die Frau konnte nicht in den Korb sehen, weil er die Lampe bis zum Boden heruntergezogen und mit Papier umwickelt hatte, so daß es im Zimmer sehr düster war. Nachher nahm er dann eine Pfannenschaufel und vergrub das Kind im Wald. Um sicher zu sein, daß es nicht lebend vergraben würde, hat er dem Kind eine Schnur um den Hals geknotet. Seine Frau wußte von alledem nichts…«

Pause.

Studer starrte auf den Lampenschirm. Er hatte beide Hände fest um die Armstützen seines Stuhles geschlossen. Es war ihm zumute, wie einmal bei einem Alpenflug: Das Flugzeug rutscht ab, unaufhaltsam, und dann kommt ein Gefühl in der Magengrube auf, nichts steht mehr sicher, alles ist schwankend… Auch damals hatte er sich verzweifelt mit beiden Händen festgehalten, obwohl er wußte, es nütze nichts… Schreibmaschinenbuchstaben auf weißem Papier… Worte, Worte, Sätze… Einer, der die Worte vorlas und die Sätze, und dann war das Zimmer da und die Frau im Bett und die Lampe an der langen Schnur und Pierre Pieterlen hatte einen Mord begangen: ›Vorsätzlich und mit Vorbedacht…‹

»Er hatte seine Frau dermaßen in der Gewalt«, las Laduner mit eintöniger Stimme, und doch war die Betonung so sonderbar, daß Studer ein wenig stutzte, »und er konnte so stark auf sie einwirken, daß sie nicht versuchte, sich seinem Willen zu widersetzen. Sie war damit einverstanden, weder eine Hebamme noch einen Geburtshelfer beizuziehen…«

Laduner räusperte sich trocken. Studer war zerstreut, ein paar Sätze verhallten, dann hörte er:

»…um es zu ersticken. Es gab nur einen kleinen Laut von sich, und er glaubte nicht, daß dieser von seiner Frau gehört werden könnte, weil er durch das Handtuch gedämpft war… Er zeigte ihr das Kind, ohne daß sie genau sehen konnte, ob es ein Mädchen oder ein Knabe war. In Wirklichkeit handelte es sich um ein lebend geborenes Mädchen, das vollständig ausgetragen war…«

Laduner versorgte das Blatt in der Mappe, klopfte die untere Kante auf den Tisch, um die Papiere zu ordnen, dann schob er die Mappe so lange zurecht, bis die Kante der Mappe mit der Tischkante parallel verlief. Er bedeckte die Augen mit der Hand und sprach weiter:

»Das Zimmer… Ein Doppelbett. Der Kalkverputz der Wände schmierig, stellenweise abgebröckelt. Drei Stühle; ein Tisch, mit einer giftiggrünen Decke, die mit Fransen gesäumt war… Die Frau sah müde aus, sie war ja auch verhaftet worden! Dann hatte man sie wieder laufen lassen, weil der Mann alles auf sich genommen hatte. Sie hockte am Tisch und spielte mit den grünen Fransen. Ich habe wenig mit ihr gesprochen. Ein einfacher Mensch, verstört. Sie hat mir nicht einmal in die Augen geblickt. Unter anderem sagte sie, daß ihr Mann eigentlich nur bei ihr glücklich gewesen und sehr selten aus sich herausgegangen sei, er habe keine Freunde gehabt… ›So 'ne Gschyter!‹ hat sie gesagt. Und als ich fortging, wußte ich, daß die Frau einverstanden gewesen war mit der Tat. Sie hat es ziemlich deutlich zu verstehen gegeben. Mir gegenüber. Vor dem Gericht hat sie alles geleugnet. Sie sagte: ›Mein Mann hat mich ganz in der Gewalt gehabt…‹ Was hätten Sie getan, Studer? Noch einen Menschen unglücklich gemacht? Es im Gutachten gesagt? Ich weiß, mein großer Kollege zum Beispiel, der aussieht wie der Schauspieler Bassermann, wenn er im Film ›Alraune‹einen geheimnisvollen Sanitätsrat zu spielen hat, mein großer Kollege ist jederzeit bereit, die Justiz zu unterstützen und ihr nach dem Mund zu reden. Er ist Richter und Arzt in einer Person. Schön! Wenn man so kumulieren kann… Ich kann es nicht. Ich bin ein bescheidener Mann, Studer, und wenn ich bescheiden sage, so ist das ein Zeichen, daß ich es eigentlich gar nicht bin. Aber ich glaube immer noch, daß jeder Schuster bei seinem Leisten bleiben soll. Schließlich, ich bin Arzt, Seelenarzt, wie man uns draußen mit einem ein wenig spöttischen Lächeln nennt, weil wir manchmal ein wenig komisch sind mit unsern Fremdwörtern. Aber das ist ja nebensächlich…

Laduner stand auf, ganz plötzlich; da er keinen Rock anhatte, hoben sich seine Hände, als er sie in die Seiten stützte, dunkel und braun vom weißen Stoffe des Hemdes ab.

»Vorbemerkung: Wir haben hier in der Anstalt drei Fälle von chronischem Alkoholismus. Der eine dieser Fälle, ein Mann, vierzigjährig jetzt, hat seine Stelle wegen Trunksucht verloren. Er hat sieben Kinder auf die Welt gestellt, die alle leben, der Staat muß die Kinder und die Frau erhalten, der Staat muß hier für den Mann zahlen. Der zweite Fall: Handlanger, mit den bekannten achtzig Rappen Stundenlohn, hat geheiratet, weil er auch etwas von dem wollte, was wir heutzutage Leben nennen; das heißt: einen Ort, wo er daheim war, eine Frau, die zu ihm gehörte. Mit achtzig Rappen Stundenlohn kann man nicht große Sprünge machen, der Mann war ordentlich, zuerst, die Frau auch. Drei Kinder. Es hat nicht gelangt. Der Mann ist saufen gegangen, die Frau hat gewaschen. Noch zwei Kinder. Am billigsten ist Schnaps. Bätziwasser kostet zwanzig Rappen das Glas. Kann man von dem Mann verlangen, er soll Waadtländer zu fünf Franken die Bouteille trinken? Nein, nicht wahr? Der Mann hat ein Heim gehabt. Die Last ist zu schwer geworden, er hat vergessen wollen… Kann man die Leute zwingen, immer ihr Elend vor Augen zu haben? Ich weiß es nicht. Die Herren vom Fürsorgeamt sind überzeugt davon, denn sie haben ja ihren Lohn… Ich möchte nicht so weit gehen… Aber Bätziwasser ist nicht gesund, es kann einmal ein wunderbares Alkoholdelirium geben, und das hat es auch gegeben. Resultat? Der Mann ist hier, die Frau bekommt eine kleine Unterstützung von der Gemeinde, die Kinder sind verkostgeldet… Und der dritte Fall ist noch trauriger… Wir wollen ihn beiseite lassen, denn er würde nur die beiden ersten wiederholen. Kurz, im dritten Fall fünf Kinder. Die Gemeinde, der Staat, sorgen für sie. Zählen Sie zusammen, Studer. sieben Kinder im ersten und fünf im zweiten und drei im dritten Fall. Macht fünfzehn Kinder, dazu sechs Erwachsene, für die auch gesorgt werden muß…

Und Pierre Pieterlen wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er vorsätzlich und mit Vorbedacht sein von seiner Frau lebend zur Welt gebrachtes Kind rechtswidrig getötet hat, indem er ihm unmittelbar nach der Geburt ein Handtuch auf das Gesicht legte, mit der Hand drückte und es mit den Händen würgte, so daß es erstickte…«

Laduner strich sich mit der flachen Hand über die Haare, preßte die abstehende Strähne gegen den Hinterkopf, aber sie erwies sich als widersetzlich, richtete sich auf und glich wieder dem Kopfschmuck eines Reihers… »Ich weiß, ich weiß, Studer«, sagte er nach einer Welle, »das sind müßige Gedanken, wir werden die Justiz nicht ändern, wir werden die Menschen nicht ändern, aber vielleicht können wir doch die Verhältnisse anders gestalten. Gerade bei den schizoiden Charakteren, und ich habe Pieterlen zu dieser Gruppe gezählt, obwohl ich zugeben muß, daß die Bezeichnung eine Ausflucht ist, eine Denkbequemlichkeit – gerade bei den schizoiden Charakteren besteht die Möglichkeit, daß die Krankheit überhaupt nicht ausbricht… Imponderabilien…«

Studer lächelte, dachte: ›Das heißt also Unwägbarkeiten…‹

»… Spielen da eine große Rolle. Und unter Imponderabilien verstehe ich eigentlich das, was man sonst das Schicksal nennt. Wäre es dem Manne gut gegangen, hätte er sein Auskommen gehabt, so wäre es möglich gewesen, daß er zeit seines Lebens unauffällig geblieben wäre. Vielleicht wäre er pedantisch geworden, vielleicht ein Sonderling, der schließlich Marken gesammelt hätte oder Weltanschauungen – man kann das nicht so genau sagen. Auf alle Fälle steht fest, daß er geheiratet hat, oder sagen wir noch vorsichtiger, daß er eine Frau gesucht hat, um der Einsamkeit zu entfliehen. Seine Frau hat ja gesagt, daß er nur bei ihr aus sich herausgegangen sei… Die Einsamkeit, Studer! Die Einsamkeit!…«

War es verwunderlich, daß Studer an seinen Besuch in der leeren Wohnung im ersten Stock dachte? Auch dort war die Einsamkeit zum Greifen gewesen, die Einsamkeit eines alten Mannes, den seine Kinder verlassen hatten…

»Die Einsamkeit«, sagte Laduner zum drittenmal. »Sie ist auch da, wenn man Handlanger zu achtzig Rappen Stundenlohn ist, und sie ist genau so quälend, als wenn man besser gestellt ist… Pieterlen stand vor einem Gewissenskonflikt: Soll ich mit achtzig Rappen Stundenlohn ein Kind auf die Welt stellen? Die Leute in gesicherten Stellungen werden Ihnen erwidern: früher hätte er nur dreißig Rappen bekommen, und damals waren die Leute auch zufrieden. Gut und recht! Aber wir leben nicht damals, sondern heute. Es ist nicht unser Fehler, wenn die Ansprüche gewachsen sind… Und Pieterlen taugte nicht zum Handlanger mit achtzig Rappen und großer Familie. Vielleicht taugte er überhaupt nicht zum Familienvater. Wenn er dann meinte, er habe das Recht, sein Kind umzubringen, so ist diese Tat, wenn sie auch schwer verständlich ist und Entsetzen erregt, doch durch die Tatsachen bedingt: und die Tatsachen im gegebenen Falle waren eben der Charakter des Pieterlen, seine aus Büchern gewonnene, verschrobene Weltanschauung, seine Unfähigkeit, sich den Regeln einer Gesellschaft anzupassen und eine weniger tragische Lösung seines Konfliktes zu finden. Nur müssen Sie begreifen, Studer, daß mich das Schicksal dieses Mannes beschäftigt hat. Denn trotz dem schizoiden Charakter, den ich kraft meiner diagnostischen Weisheit feststellen mußte, war Pieterlen ein anständiger Mensch. Und als er verlangte, ich solle sein Vormund werden, habe ich angenommen. Vielleicht auch, weil ich damals einfach nicht begreifen konnte, warum eine Tat, deren Erklärung auf der Hand lag, die, wenn ich mich nicht schwer täuschte, so, wie ich sie mit meinen geringen Geisteskräften erklären konnte, auch den Herren Juristen einleuchten mußte – daß eine solche Tat (Sie erinnern sich, die Frau im Bett, die Lampe mit Papier umhüllt und bis zum Boden gezogen, das Handtuch) – daß eine solche Tat, begangen in einem Zeitabschnitt von ein paar Minuten, gesühnt werden soll mit einer Einsperrung in einer Zelle von zwei Meter auf drei, dauernd zehn Jahre… Ein gewisses Gefühl für Gleichgewicht wehrt sich in mir dagegen. Die Waagschale der Strafe sinkt herab, während die Waagschale, die die Tat trägt, in den Himmel schnellt… Strafe wofür? Daß Pieterlen ein von ihm gezeugtes Kind umgebracht hat, weil er vielleicht Angst vor der Verantwortung hatte? Weil er mehr an sich dachte und an sein Wohlergehen, als an seine Nachkommenschaft? – Und, Studer, gestatten Sie mir die Frage, wenn nun ein Süffel sein Kind so verprügelt, daß es stirbt, dann ist es nicht Mord, vorsätzlich und mit Vorbedacht, sondern Körperverletzung mit tödlichem Ausgang! Nicht wahr? Gefängnis bis zu zwei Jahren oder Korrektionsanstalt… Aber das Kind, das der Süffel totgeprügelt hat, das fühlte schon, das hatte Schmerzen, das hatte Angst, das litt… Wenn man so einen Menschen zehn Jahre oder lebenslänglich hinter Eisengitter sperren würde, ich hätte weiß Gott nichts dagegen, und auch der Einwand, den Sie wahrscheinlich machen werden, der Mann sei ein Opfer seines Charakters und seines Milieus, läßt mich kalt. Wir wollen nicht sentimental sein… Übrigens habe ich mich mit dem Falle Pieterlen abgefunden… Das dürfen Sie mir glauben… Abgefunden, bis heute abend, und da kommt alles wieder heraus…

Den zweiten Aufnahmestatus haben Sie gelesen… Nun, Pieterlen kam hierher, nach zwei Monaten, weil er als unheilbar in seinen Heimatkanton abgeschoben werden mußte. Er kam und ich sah ihn am Abend auf der Visite. Ich werde die Szene nie vergessen. Er erkannte mich, aber er grüßte mich nicht. Ein gefrorenes Lächeln hatte er um die Lippen, er saß auf einer Bank, im langen Gang des B, damals war der Aufenthaltsraum nicht gebaut, er saß da, starrte vor sich hin, dann stand ich vor ihm, er erhob sich, legte die Hände auf den Rücken und machte mir eine zeremoniöse Verbeugung. Er sah schlecht aus. Am nächsten Tag untersuchte ich ihn. Die Lungen waren leicht angegriffen, nichts Erhebliches. Er sprach während drei Tagen mit niemandem ein Wort. Er saß in seiner Ecke, blätterte in Illustrierten, starrte auf den Boden, und wenn ich auf die Visite kam, stand er auf, um sich, Hände auf dem Rücken, zu verbeugen… Am dritten Tage bekam er Krach mit einem Wärter, er wurde unglaublich massiv. Ich glaube, es war wegen ein Paar Socken, die nicht paßten… Am vierten Tage, am Morgen (da sind die Leute besonders reizbar), zertrümmerte er ein Fenster. Ich ließ ihn aufs U versetzen, die Nacht hindurch war er so aufgeregt, daß er ins Bad mußte… Wir haben keine Zwangsjacke, das wissen Sie, was sollen wir mit einem Aufgeregten tun? Laues Wasser ist beruhigend. Zwei Pfleger hielten bei ihm Wache, und sie wußten, daß ich scharf auf blaue Flecken sah… Das ist immer das erste, auf das ich sehe, wenn ich am Morgen Visite mache und weiß, daß ein Aufgeregter die Nacht im Bad hat verbringen müssen…

Ich muß noch einmal abschweifen, Studer, so leid es mir tut, aber haben Sie sich schon einmal folgende Überlegung gemacht: Wir, oder sagen wir richtiger: ich… kann die Seelenverfassung eines Mörders im Zeitpunkt der Tat in einem Gutachten darstellen, ich kann die Motive, die Regungen, die Mechanismen bloßlegen… Gut… Ich weiß, und habe es Ihnen auch gesagt, wir alle sind Mörder, in Träumen, in Gedanken, aber die Hemmung ist da… Wir gelangen nicht bis zur Tat… Wie aber, wenn wir die Schranke überschreiten und zum Mörder werden? Wirkt die Tat auf den Mörder so stark, daß sein Weltbild mit ihr zusammenbricht? Ich spreche jetzt nicht von Mord auf Befehl…«

Wieder war die merkwürdige Betonung festzustellen, wie früher, als Laduner gelesen hatte: ›er hatte die Frau ganz in der Gewalt‹…, aber dann fuhr er rasch fort, so, als wolle er etwas verwischen:

»… wie im Krieg, wie in der Revolution. Dort trägt der Führer, wer er sei, die Verantwortung… Ich rede vom einmaligen Mord, vom Mord aus Leidenschaft; glauben Sie nicht, daß nach der Tat der Mensch anders denkt, fühlt, handelt, sieht, hört, empfindet, als vor der Tat?… Abgesehen von der Reue, die eine viel seltenere Regung ist, als man gemeinhin meint… Sie liegt auf einer anderen Ebene, auf der religiösen, meinetwegen, und heutzutage sind die religiösen Menschen ebenso selten, wie die Menschen mit Verantwortlichkeitsgefühl. Was unter dem Namen Religion umgeht, ist bestenfalls, wie ich Ihnen in Wien schon sagte, etwas Ähnliches wie Lebertran. Man sagt, es kräftige, aber es ist unangenehm zu schlucken, und es hilft nicht viel. Auf alle Fälle herrscht der Ekel vor, und der Ekel ist sicher stärker als die gesundheitsfördernde Wirkung…

Zusammenbruch des Weltbildes!… Wir sprechen vom schizophrenen Weltuntergangsgefühl. Der Berg, der sich spaltet, eine Katastrophe für die Welt des Berges… Der Mord… eine Katastrophe für die Ganzheit des Menschen… Nun nehmen wir an, in unserer psychiatrischen Wissenschaft, und alles scheint darauf hinzuweisen, daß eine Schizophrenie einen organischen Ursprung hat. Unordnung im Drüsensystem, um laienhaft zu sprechen… In ihren Anfängen ist sie nicht zu erkennen, bestenfalls nur die Anlage dazu. Wir dürfen, wie im Falle Pieterlen, nicht weitergehen, als zu sagen, es werde wahrscheinlich später eine Geisteskrankheit ausbrechen. Weiter nichts. Aber wenn wir doch so g'merkig sind, dann sollten wir doch den Herren von der Justiz begreiflich machen können, daß sie es in einem Falle wie Pieterlen nicht mit einem Verbrecher, sondern mit einem Kranken zu tun haben; daß Pieterlen sein Kind getötet hat, aus Gründen, die wir psychologisch gerade noch verstehen können, aber die doch zeigen, daß jene Hemmung, von der ich sprach, nicht mehr vorhanden war…

Gut, ich habe versucht, dies dem Herrn Bezirksanwalt begreiflich zu machen… Der Herr Bezirksanwalt war also einesteils schuld, daß uns Pieterlen in so traurigem Zustande überwiesen wurde. Der Kindsmörder Pieterlen hatte sich in ein fremdes Reich geflüchtet, in das ich ihm nicht zu folgen vermochte, denn mein Gleichnis ist nur zum Teil richtig. Bei einer Schizophrenie denkt man nicht immer an einen gespaltenen Berg, manchmal denkt man an einen Teich, der von einer Quelle in ihm selbst gespeist wird, von außen aber hat der Teich keinen Zufluß. Manchmal sieht es aus, wie eine Flucht in ein fremdes Reich, an dessen Pforten wir pochen (poetisch! nicht wahr, lieber Studer?), und manchmal sieht es auch aus, wie eine gewöhnliche Besessenheit und man denkt an die Hexenprozesse des Mittelalters und an die Teufelsaustreibungen der Franziskaner und man wünscht eine Herde Säue bei der Hand zu haben, in die man die unsauberen Geister jagen könnte. Nun, bei Pieterlen war das Bild ziemlich bunt. Steifheit der Mimik, der Bewegungen, des affektiven Rapports, wenn Sie mich verstehen, das heißt, die Brücke zwischen ihm und mir war zerbrochen, nicht nur zwischen ihm und mir, zwischen der ganzen Wirklichkeitswelt und ihm. Was statt dieser Welt da war, kann ich heute nur erraten. Es waren Särge da, es war sein Kind da, es war der Bezirksanwalt da – und Pieterlen sagte, es röche nach Brillantine – es tauchten Sätze aus Büchern auf… Aber das alles existierte nicht wie eine Erinnerung, zu der wir Abstand zu wahren wissen, nein, diese Vergangenheit war jede Minute leibhaftig da, sie sprach zu ihm, sie lebte: Dann war ein Pfleger der Bezirksanwalt, und der Pieterlen tobte, dann war ein Patient seine Frau und der Pieterlen streichelte den Patienten… Dann war manchmal der Teufel da, und der Teufel ähnelte dem Goetheschen Mephistopheles, es war ein literarischer Teufel, und Pieterlen wehrte sich gegen die Sätze des Teufels, und manchmal lauschte er ihnen verzückt, und dann sah er aus, wie ein Säulenheiliger in Ekstase… Das war Unordnung, das war Krankheit… Ich bin Arzt. Ich dachte nicht daran, was mit dem Pieterlen geschehen würde, wenn ich ihn gesund machen konnte. Ich dachte nur, das will ich mit aller nötigen Demut gestehen, ich dachte nur als Arzt daran, den Pieterlen aus seinem Reich herauszuholen, die Stimmen, die ihn plagten, zum Schweigen zu bringen…

Eine sogenannte Schlafkur schien mir indiziert, obwohl verschiedene Überlegungen dagegen sprachen; aber ich versuchte es doch. Ich fütterte den Patienten Pieterlen mit Schlafmitteln und versenkte ihn in eine zehntägige Dauernarkose. Zweck: Abstoppen des Ablaufs der Bilder, der Stimmen. Die Bilder mußten im Schlafe ersäuft werden. Ich spreche ganz einfach zu Ihnen; Kollegen, die mich hören würden, hätten ihren Spaß an mir. Der einzige, der nicht grinsen würde, wäre vielleicht mein alter Chef. Er sah aus wie ein greisenhafter Gnom mit einem Rübezahlbart, und seine Arme waren so lang, daß seine Hände, wenn er gebückt daher lief, an die Kniee schlugen.

Während der Dauernarkose (Jutzeler hat mir dabei geholfen, wissen Sie, der Abteiliger vom B, die andern wären ja dazu unfähig gewesen, es herrschte damals in unserer Anstalt ein Chaos, wie vor der Trennung von Erde und Wasser) magerte mir mein Pieterlen ab. Das war vorauszusehen. Als er nach zehntägigem Schlaf erwachte, spuckte er dem Jutzeler ins Gesicht, und mich biß er in die Hand. Nicht stark. Er war zu schwach… Der Jutzeler mußte sich den ganzen Tag um ihn kümmern, immer um ihn sein, mit ihm spielen, mit ihm spazierengehen, ihn zum Zeichnen anhalten… Aufs Zeichnen hoffte ich… So eine Seele, die aus dem fremden Reich kommt, die aus dem Teiche auftaucht, sie sieht aus wie ein mißratenes Entlein. Schwimmstunden möchte man ihr geben…

Fiasko, um es kurz zu sagen. Ich fütterte ihn auf. Da verweigerte der gute Pieterlen das Essen. Sondenernährung, langweilig! Ich glaubte, er werde mir unter der Hand kaputt gehen.«

Ein Seufzer. Ein Streichholz flammte auf. Laduner nahm einen langen Zug aus der Zigarette.

»Dann plötzlich begann er zu fressen wie ein Scheunendrescher, wurde dicker, hörte auf zu husten. In zehn Tagen nahm er acht Kilo zu. Sonst war seine Lieblingsbeschäftigung das Zertrümmern von Fenstern. Vielleicht dachte er in seiner Verstörtheit, er könne die gläserne Wand zerbrechen, die zwischen ihm und den Dingen und Menschen stand… Und die Stimmen plagten ihn weiter. Er hatte ein ganzes Repertoire von ausgefallenen, unanständigen Schimpfnamen, und sie galten alle dem Bezirksanwalt, und ich hatte die Ehre, diesen zu verkörpern.

Nach drei Wochen versuchte ich die zweite Schlafkur, denn Pieterlen glänzte feist, und die Rechnung für zerbrochene Fensterscheiben stieg trotz allen Vorsichtsmaßregeln. Der Schreiner, der hier die Scheiben einsetzt, arbeitete nur noch fürs B. Ich wollte den Pieterlen nicht ins Bad stecken, ich war eigentlich ganz zufrieden, daß er wenigstens Fensterscheiben zertrümmerte. Er tat immerhin etwas, wenn er auch nur zerstörte. Wie wollen Sie aufbauen, Studer, wenn Sie nicht zuerst zerstören? Fensterscheiben oder andere Hindernisse?

Und die Kur hatte Erfolg. Er erwachte, sah sich um, wie weiland Tannhäuser, als er aus dem Venusberge kam, aber es war ein wirkliches Erwachen, und er blieb wach… Nun sind es vier Jahre her…

Ich sehe, Studer, daß meine psychiatrischen Ausführungen nicht allzu einschläfernd gewirkt haben. Darum erlauben Sie mir noch eine bescheidene Zwischenfrage:

Ein Mörder ist von etlichen rechtschaffenen Männern, die auf Ehre und Gewissen geschworen haben, gerecht zu urteilen, auf zehn Jahre ins Zuchthaus geschickt worden.

Gut; dort ist besagter Mörder verrückt geworden. Einen Kranken straft man in unserer humanen Zeit nicht mehr. Er wird uns übergeben, wir machen ihn gesund, wenn wir geschickt sind. Gesund!… Sagen wir, wir versuchen, ihn wieder geradezubiegen. Er wird also unserer Gewalt unterstellt, der Gewalt der vielgelästerten Psychiater. Er ist im Gefängnis wirklich verrückt geworden, es ist also nicht mehr nur die Möglichkeit da, daß er verrückt werden könnte… Das Urteil ist kassiert worden… Gut. Wir verlästerten Psychiater halten ihn für sozial gesundet, das heißt, man könnte ihn in Freiheit lassen, die Wahrscheinlichkeit, daß er ein ähnliches Verbrechen begehen würde – in unserem Falle also einen Kindsmord – ist vielleicht, sagen wir, 1 Prozent; aber wir dürfen den Mann nicht entlassen. Wir können einen Antrag auf Entlassung erst dann stellen, wenn die Zeit, die er im Zuchthaus hätte verbringen müssen, abgelaufen ist. Wir müssen ihn so lange behalten. Logisch, nicht wahr?

Sie werden mir einwenden, Studer…«

Studer dachte gar nicht daran, etwas einzuwenden. Er hielt noch immer die Armlehnen seines Stuhles umklammert und dachte nur eines: Wann wird das Abrutschen aufhören?… Aber er hielt tapfer aus, er biß die Zähne zusammen, ihm war übel.

»Sie werden mir einwenden, daß es interessantere Menschen gibt, als zu Zuchthaus verurteilte Kindsmörder. Zugegeben. Wir helfen nicht all denen, die es verdienen. Wir sind nicht daran schuld. Wir tun unser mögliches. Aber die Umstände sind stärker – die Umstände: die Behörden, sollte ich sagen… Sie können mich nicht dafür verantwortlich machen, daß es auf der Welt unlogisch zugeht…

Nun, ich habe versucht, dem Pieterlen sein Schicksal zu erleichtern. Er durfte zeichnen, ich sprach oft mit ihm, manchmal lud ich ihn zu mir in die Wohnung ein. Ich lieh ihm Bücher. Als er nach Arbeit verlangte – das war vor einem Jahr nach unserem Silvesterball – und er gern zur Malergruppe gehen wollte, gab ich auch dazu meine Einwilligung, obwohl ich wußte, warum er gerade in diese Gruppe verlangte. Er hatte sich verliebt… Der Pieterlen Pierre, das Demonstrationsobjekt. Ja… Und obwohl ich seinen Geschmack nicht billigen konnte, Sie haben ja scheint's die Bekanntschaft der Pflegerin Wasem gemacht, und Sie werden mich verstehen, also, obwohl und obgleich: ich dachte, es wird ihm gut tun, und er desertiert mir nicht wieder in sein finsteres Reich oder inszeniert mir einen seelischen Bergrutsch…

Es war rührend, das Ganze. Ich wurde natürlich immer auf dem laufenden gehalten. Ordnung muß sein. Der Pfleger der Malergruppe rapportierte brav, die Abteilungsschwester auf dem B drückte beide Augen zu, und das Idyll nahm seinen Fortgang, Sagen Sie mir, warum sollen nicht auch wir einmal ein Idyll in unsern roten Mauern haben? Natürlich, ein paar Leute hatten zu reklamieren: ›Der Laduner unterstützt die Unsittlichkeit‹ und solche Bemerkungen mehr. Es waren die Bornierten, die solche Reden führten, die Stündeler besonders… Am Sonntag durfte der Pieterlen mit einem Pfleger spazierengehen. Ich gab ihm gewöhnlich den Gilgen mit. Den kennen Sie ja, den lustigen rothaarigen…«

Studers Stimme war ein wenig heiser, als er den Redefluß unterbrach mit einem »Deich woll!«

Laduner blickte auf seine Armbanduhr.

»Spät ist es. Wollen wir schlafen gehen?« Er gähnte.

Studer fragte:

»Der Pieterlen war wohl eifersüchtig auf den Direktor?«

»Offenbar… Die Frau des Pieterlen hatte sich von ihm scheiden lassen, während er im Zuchthaus saß. Es war sein erstes Liebeserlebnis seit seiner Krankheit…«

Wieder das Schweigen. Dann sagte Laduner, ganz nebenbei: »Vielleicht begreifen Sie, warum ich es bis jetzt versäumt habe, den Pieterlen ausschreiben zu lassen. Aber morgen will ich es sicher tun. Morgen? Besser gesagt: Heute… Es ist ein Uhr… Wollen wir die Sitzung aufheben, Studer? Oder wünschen Sie noch etwas?«

Studer räusperte sich. Es schien ihm, als sei sein Magen noch immer nicht ganz in Ordnung… Das Abrutschen!… Er versuchte, so trocken als möglich zu antworten, aber es gelang ihm nicht ganz:

»Ja, gern, Herr Doktor… Einen Kirsch…«


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