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Sechzehntes Kapitel

Hubert Cherrell stand vor seines Vaters Klub in der Pall Mall; er war eine Vereinigung älterer Herren, der Hubert noch nicht angehörte. Er war ziemlich erregt, denn vor seinem Vater hatte er Respekt – eine Seltenheit in diesen Tagen, da Väter gewöhnlich wie jüngere Brüder behandelt oder ‹Der Alte› betitelt werden. Nervös trat er daher in das Gebäude, das mehr Standesdünkel und Vorurteile barg als vielleicht irgendein andres auf Erden. Doch an den Klubgästen in dem Raum, den Hubert nun betrat, konnte man nicht viel davon bemerken. Ein kleiner behender Mann mit blassem Gesicht und kurzgestutztem Schnurrbart nagte an seinem Federhalter und mühte sich, in einem Brief an die ‹Times› die Lage im Irak zu schildern. Ein bescheiden aussehender, kleiner Brigadegeneral mit kahlem Kopf und grauem Schnurrbart unterhielt sich mit einem hochgewachsnen Oberstleutnant von ebenso bescheidnem Aussehn über die Flora der Insel Zypern. Ein Mann von vierschrötiger Gestalt mit vorstehenden Backenknochen und rollenden Löwenaugen saß so still auf seinem Fensterplatz, als habe er eben seine Schwiegermutter begraben oder erwäge das Problem, ob er im nächsten Jahr den Ärmelkanal durchschwimmen solle. Und Sir Conway selbst blätterte in einem Amtskalender.

«Hallo, Hubert!» rief er, «dieses Zimmer ist zu eng, komm in die Halle.» Und auf einmal hatte Hubert das Gefühl, nicht er habe seinem Vater, sondern sein Vater habe ihm etwas zu sagen. Sie zogen sich in einen Erker zurück.

«Was hat dich hergeführt?»

«Ich möchte heiraten, Vater.»

«Heiraten, wen?»

«Jeanne Tasburgh.»

«Oh!»

«Wir wollen uns ohne Aufgebot in aller Stille trauen lassen.»

Der General schüttelte den Kopf. «Sie ist ein liebes Mädel, und ich freue mich über deine Wahl, Hubert, aber deine Lage gestaltet sich ausgesprochen schwierig. Eben ist mir etwas zu Ohren gekommen.»

Hubert gewahrte plötzlich den tiefbekümmerten Ausdruck in seines Vaters Miene. «Es dreht sich um den Kerl, den du erschossen hast. Man drängt auf deine Auslieferung wegen Mordanklage.» – «Was?»

«Ein ungeheuerliches Begehren, aber ich kann nicht glauben, daß man es aufrechterhalten wird, wenn du den Hergang darstellst. Zum Glück hast du noch die Narbe des Messerstichs am Arm. Doch die bolivianischen Zeitungen schlagen offenbar einen Höllenspektakel – und in derlei Dingen halten diese Mischlinge wie Kletten zusammen.»

«Ich muß augenblicklich zu Hallorsen.»

«Na, die Behörden werden sich vermutlich nicht allzusehr beeilen.»

Dann saßen die beiden schweigend in der großen Halle und starrten mit fast dem gleichen Ausdruck vor sich hin. Im Unterbewußtsein beider hatte die Angst vor dieser Entwicklung der Angelegenheit geschlummert, aber jeder hatte solche Angstvorstellungen zu unterdrücken versucht. Um so drohender standen sie nun vor ihnen. Den General peinigten sie noch mehr als Hubert. Der Gedanke, sein einziger Sohn könne unter Mordanklage um die halbe Welt gehetzt werden, lastete auf ihm wie ein Alptraum.

«Hubert, wir dürfen uns nicht davon erdrücken lassen», meinte er zuletzt. «Wenn es hierzuland noch gesunden Menschenverstand gibt, müssen wir die Sache zum Stillstand bringen. Hab eben drüber nachgedacht, wer die maßgebenden Persönlichkeiten bearbeiten könnte. Ich bin ein Kind in solchen Dingen. Andere wieder gibt es, die kennen jedermann und wissen genau, wie man mit jedem umgehn muß. Am besten, wir suchen jetzt Lawrence Mont auf; der kennt wenigstens Saxenden und wohl auch die Leute im Ministerium des Äußern. Topsham hat es mir erzählt, aber er selbst kann in der Sache nichts tun. Gehn wir zu Fuß, ja? Das wird uns gut tun.»

Gerührt darüber, wie sein Vater seine Sorgen zu den eignen machte, drückte Hubert ihn am Arm, und beide verließen den Klub. Als sie in die Piccadilly kamen, erklärte der General, sichtlich bestrebt, ein Gespräch in Gang zu bringen: «Die Veränderungen hier gefallen mir gar nicht.»

«Ich bemerke sie kaum.»

«Seltsam, wie stark doch die Atmosphäre der Piccadilly wirkt. Sie ist einfach unzerstörbar. Man sieht jetzt keinen Zylinder mehr, aber das tut nichts. Als ich nach dem Krieg wieder die Piccadilly betrat, hatte ich das gleiche Gefühl wie in meinen Jugendjahren nach der Heimkehr aus Indien, das Gefühl: Endlich wieder da!»

«Freilich, man spürt ein sonderbares Heimweh nach der Piccadilly. Mir erging es in Mesopotamien und Bolivien ebenso. Sobald ich die Augen schloß, tauchte die ganze Straße vor mir auf.»

«Der Pulsschlag des englischen Lebens», begann der General, hielt aber gleich wieder inne, offenbar über diesen bildhaften Ausdruck erstaunt.

«Das empfinden sogar die Amerikaner», meinte Hubert, als sie in die Half-Moon Street bogen. «Hallorsen sagte mir, so etwas hätten sie nicht. Ihnen fehle solch ein Brennpunkt des nationalen Machtwillens, wie er sich ausdrückte.»

«Und doch haben sie Macht», gab der General zurück.

«Zweifellos, Vater. Aber was verschafft ihnen diese Macht? Ihr rasendes Tempo?»

«Was erreichen sie durch dieses Tempo? Alles im allgemeinen, nichts im besondern. Nein, glaub mir, es ist nur ihr Geld.»

«Weißt du, Vater, in diesem Punkt werden die Amerikaner meist falsch beurteilt. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß ihnen am Geld als solchem meist sehr wenig liegt. Freilich möchten sie rasch Geld machen, aber lieber wollen sie es rasch verlieren, als langsam gewinnen.»

«Seltsam, ein Land ohne Zentrum», meinte der General.

«Dazu ist das Land viel zu groß, Vater. Aber ein gemeinsames Band umschlingt doch alle: der amerikanische Nationalstolz.»

Der General nickte. «Seltsame alte Gassen hier. Ich erinnere mich noch, wie ich im Jahre zweiundachtzig mit meinem Vater in dieser Gegend herumspazierte; es war der Tag, an dem ich nach Harrow aufs ‹College› kam. Hier ist alles beim alten geblieben.» Unter solchen Gesprächen, die jede Erwähnung ihrer Sorgen mieden, erreichten sie die Mount Street.

«Da kommt Tante Emily, sag ihr nichts.»

Knapp vor ihnen segelte Lady Mont heim. Einige hundert Schritt vor der Haustür holten die beiden sie ein.

«Conway», rief sie, «bist du aber mager!»

«Meine Liebe, ich war nie anders.»

«Allerdings. Da fällt mir ein, Hubert, ich wollte dich schon lang etwas fragen. Was war es nur? Aha, weiß schon. Dinny sagt, seit dem Krieg hast du dir keine neuen Reithosen angeschafft. Wie gefällt dir Jeanne? Wirkt sie nicht sehr anziehend?»

«Jawohl, Tante Emily.»

«Sie wurde nicht einmal aus der Schule ausgeschlossen.»

«Warum hätte man sie denn ausschließen sollen?»

«Was weiß ich? Mich hat sie nie terrorisiert. Wollt ihr zu Lawrence? Jetzt lebt er nur noch für Voltaire und Swift. Welch ein Unsinn! Über die ist doch schon so entsetzlich viel geschmiert worden. Aber Lawrence will auch über sie schmieren, weil sie so bissig sind. Wie war das nur mit den Maultieren, Hubert?»

«Was willst du wissen, Tante?»

«Ich weiß nie recht, ob der Esel der Vater oder die Mutter ist.»

«Der Esel ist der Vater, die Mutter ist eine Stute.»

«Ach ja, und sie kriegen keine Junge, welch ein Glück! Wo ist denn Dinny?»

«Irgendwo in der Stadt.»

«Sie sollte heiraten.»

«Warum denn?» fragte der General.

«Ach ja, Henry hat gemeint, sie müßte eine tadellose Hofdame sein – sie ist so selbstlos. Das ist ja eben die Gefahr.» Lady Mont zog einen Schlüssel aus der Handtasche und öffnete die Tür.

«Ich kann Lawrence nicht dazu bewegen, Tee zu trinken. Möchtest du Tee?»

«Nein, danke, Emily.»

«Ihr findet ihn gewiß in der Bibliothek über den Büchern hocken.» Sie küßte den Bruder und den Neffen und segelte treppauf. «Spaßig!» hörten die beiden sie beim Eintritt ins Arbeitszimmer sagen. Der General und sein Sohn fanden Sir Lawrence umgeben von den Werken Swifts und Voltaires; er beschäftigte sich gerade mit einem fingierten Zwiegespräch dieser beiden ernsthaften Männer. Nachdenklich lauschte er dem Bericht des Generals. Als sein Schwager geendet hatte, meinte er: «Hab schon bemerkt, daß Hallorsen seine Sünde bereut – dahinter steckt gewiß Dinny. Wir sollten mit ihm sprechen – nicht hier, wir führen keine ordentliche Küche; Emily macht noch immer ihre Abmagerungskur. Aber wir könnten alle im ‹Coffee House› dinieren.» Er langte nach dem Hörrohr.

Professor Hallorsen sei ausgegangen und komme um fünf Uhr zurück; man werde ihn dann gleich verständigen.

«Deine Sache, scheint mir, geht mehr das Auswärtige Amt an als die Polizei», fuhr Sir Lawrence fort. «Wir müssen den alten Shropshire aufsuchen. Ich glaube, er war ein guter Bekannter deines Vaters, Conway. Und sein Neffe, Bobby Ferrar, ist einer der bewährtesten Köpfe des Auswärtigen Amts. Gehn wir jetzt, der alte Shropshire ist immer zu Hause.»

Als sie in Shropshire-House ankamen, fragte Sir Lawrence: «Könnten wir den Marquis sehn?»

«Ich glaube, er nimmt jetzt seine Unterrichtsstunde, Sir Lawrence.»

«Stunde – was für eine denn?»

«Weinstein, so heißt er doch, Sir Lawrence?»

«Einstein! Also spielt hier ein Blinder den Blindenführer. Da ist's Zeit, daß wir ihn retten. Führen Sie uns zu ihm, sobald er frei ist.»

«Jawohl, Sir Lawrence.»

«Vierundachtzig Jahre und studiert noch Einstein! Wer darf da die Aristokratie dekadent schelten? Möcht wirklich den Kerl kennenlernen, der ihn da unterrichtet! Der muß eine ganz besondre Überredungsgabe entwickeln; der alte Shropshire ist schließlich auch nicht auf den Kopf gefallen.»

In diesem Augenblick trat ein Mann von asketischem Aussehn ein, mit kaltem, tiefem Blick und schütterm Haar. Er nahm Hut und Stock, die auf einem Stuhl lagen, und eilte davon.

«Schaut euch doch den Burschen an!» bemerkte Lawrence. «Möcht wissen, wieviel Honorar er verlangt. Einstein ist wie ein Vitamin oder ein Elektron – nicht zu fassen. Hier handelt es sich um die unverschämteste Geldprellerei, die mir je vorgekommen ist. Gehn wir hinein!»

Der Marquis von Shropshire schritt in seinem Arbeitszimmer auf und ab, sein Gesicht war rosig, er nickte mit dem graubärtigen Haupt wie im Selbstgespräch.

«Ah, junger Mont», rief er, «sind Sie jenem Mann begegnet? Wenn er Ihnen Lektionen in der Einsteintheorie anbietet, lehnen Sie ab. Er kann Ihnen den unendlichen und dennoch begrenzten Raum so wenig begreiflich machen wie ich.»

«Nicht einmal Einstein selbst kann es, Marquis.»

«Ich bin noch nicht alt genug», erklärte der Marquis, «mich mit etwas anderm als den exakten Wissenschaften abzugeben. Ich sagte ihm, er brauche nicht wiederzukommen. Mit wem habe ich das Vergnügen?»

«Mein Schwager, General Conway Cherrell, und sein Sohn, Hauptmann Hubert Cherrell, Tapferkeitsmedaille. Sie erinnern sich gewiß noch an Conways Vater, Marquis – er war Gesandter in Madrid.»

«Ja, ja, das will ich meinen! Ihren Bruder Hilary kenn ich auch, der ist mit Energie geladen. Nehmen Sie Platz, nehmen Sie Platz, junger Mann! Hat es etwas mit Elektrizität zu tun?»

«Nicht ganz, Marquis, eher mit einem Auslieferungsbegehren.»

«Was Sie nicht sagen!» Der Marquis stellte den einen Fuß auf einen Stuhl, lehnte den Ellbogen aufs Knie und stützte das bärtige Kinn auf die Hand. Während ihm der General die Sache vortrug, blieb er unentwegt in derselben Haltung stehn und starrte Hubert an, der gesenkten Blicks mit zusammengepreßten Lippen dasaß. Als der General geendet hatte, ließ der Marquis sich vernehmen:

«Tapferkeitsmedaille, sagt Ihr Onkel? Im Weltkrieg?»

«Jawohl, Sir.»

«Will sehn, was ich tun kann. Könnten Sie mir die Narbe zeigen?»

Hubert schob den linken Ärmel empor, knöpfte die Manschette auf und entblößte eine lange, glänzende Narbe, die vom Handgelenk fast bis zum Ellbogen reichte.

Der Marquis pfiff leise durch die noch immer echten Zähne. «Da sind Sie um ein Haar davongekommen, junger Mann.»

«Stimmt, Sir. Als er zustach, hob ich instinktiv den Arm.»

«Und dann?»

«Sprang ich zurück und schoß ihn nieder, als er wieder mit dem Messer ausholte. Dann verlor ich das Bewußtsein.»

«Der Mensch erhielt also Prügel, weil er die Maultiere mißhandelt hatte?»

«Fortwährend mißhandelt.»

«Fortwährend?» wiederholte der Marquis. «Nun, das tun andre auch. Aber ich hab noch nie gehört, daß jemand ein Mitglied der Fleischhauerzunft oder der Zoologischen Gesellschaft mit Prügeln traktiert hätte. Der Geschmack ist natürlich verschieden. Na, was ließe sich da nur tun? Ist Bobbie Ferrar in London, junger Mont?»

«Ja, Marquis, gestern sah ich ihn im ‹Coffee House›-Klub.»

«Ich werd ihn zum Frühstück einladen. Wenn ich mich recht entsinne, erlaubt er seinen Kindern nicht, Kaninchen zu halten, und hat einen Hund, der jedermann beißt. Das scheint mir günstig. Ein Tierfreund ist immer geneigt, einen Menschen, der keiner ist, zu verprügeln. Doch eh Sie fortgehn, junger Mont, sagen Sie mir doch, was Sie von dem Ding da halten.» Und er setzte den Fuß auf den Boden, trat in einen Winkel, holte ein Gemälde hervor, das dort an die Wand gelehnt stand, und trug es ans Licht. Es stellte mit einem gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit ein junges Frauenzimmer im Evakostüm dar.

«Von Steinvitch», erläuterte der Marquis. «Wird sie unmoralisch wirken, wenn man sie an die Wand hängt?»

Sir Lawrence klemmte das Monokel ein. «Kubistische Schule. Das kommt davon, wenn man mit Weibern lebt, die so gebaut sind. Na, die Moral wird sie schwerlich verderben, eher den Appetit – meergrünes Fleisch, paradiesrotes Haar; Klecksstil. Haben Sie das Weib gekauft?»

«Gott bewahre!» erwiderte der Marquis. «Sie soll einen Haufen Geld wert sein. Möchten Sie die Dame nicht entführen?»

«Für Sie, Marquis, tu ich alles, nur das nicht, nein, nein, das nicht!» wiederholte Sir Lawrence und wich zurück.

«Hab es ja geahnt», erklärte der Marquis, «und doch lautet das Urteil, sie sei von dynamischer Wirkung. Na schön! – Ihren Vater hab ich gern gehabt, General», fuhr er in ernsterem Tone fort. «Und wenn uns heute das Wort seines Enkels nicht mehr gilt als die Behauptung halbindianischer Maultiertreiber, dann haben wir Engländer solch einen hohen Grad von Altruismus erreicht, daß wir es wohl kaum noch lange machen werden. Ich werde Ihnen mitteilen, was mein Neffe sagt. Leben Sie wohl, General, leben Sie wohl, lieber, junger Mann – eine abscheuliche Narbe haben Sie da. Leben Sie wohl, junger Mont! Sie sind unverbesserlich.»

Im Treppenhaus sah Sir Lawrence auf die Uhr. «Bis jetzt», meinte er, «hat die Sache zwanzig Minuten in Anspruch genommen – genau fünfundzwanzig von einer Haustür zur andern. Da können die Amerikaner unmöglich mit uns Schritt halten. Und fast hätten wir noch ein kubistisches Frauenzimmer als Draufgabe bekommen. Jetzt auf ins ‹Coffee House› zu Hallorsen!» Und sie kehrten sich der St. James' Street zu. «Diese Straße», sagte er, «ist das Mekka des abendländischen Mannes, so wie die Rue de la Paix das Mekka der abendländischen Frau.» Und mit heiterer Ironie sah er seine Gefährten an. Was für treffliche Musterbeispiele waren sie doch für eine Menschengattung, um derentwillen jeder andre Staat England verlachte und zugleich beneidete! Überall im Britischen Weltreich wirkten Männer ihres Schlags für Englands Ziele, trugen seine Kämpfe aus. Über diesem Typ ging die Sonne nicht unter; die Geschichte hatte ihn geprüft und der Erhaltung wert befunden. Die Satire überschüttete ihn mit einem Schauer von Pfeilen, die aber prallten von seinem unsichtbaren Panzer ab. ‹Diese Männer›, dachte Sir Lawrence, ‹schreiten ruhig hin durch den Wandel der Zeiten, über alle Straßen und Plätze der Welt, ohne eigenbrötlerische Manieren, ohne mit ungewöhnlicher Bildung oder Körperkraft zu prunken; doch immer von der stillen Überzeugung ihrer Unfehlbarkeit durchdrungen.›

«Hier sind wir», sagte er an der Schwelle des ‹Coffee House›-Klubs. «Mögen andre vom Nordpol, von Rom oder dem Montmartre schwärmen, ich erkläre mich für das ‹Coffee House›, den ältesten Klub der Welt. Sollen wir uns jetzt waschen gehn oder diese Tätigkeit auf einen freudigeren Zeitpunkt verschieben? Abgemacht. Lassen wir uns also nieder, und warten wir auf Hallorsen. Ein fabelhaft fixer Kerl! Schade, daß wir zwischen ihm und dem alten Marquis keinen Match zustande bringen können. Ich würde auf den Alten wetten.»

«Da ist ja schon Hallorsen!» sagte Hubert, kurz nachdem sie im ‹Coffee House› Platz genommen hatten.

Riesengroß sah der Amerikaner aus, wie er jetzt aus dem niedrigen Vorraum des ‹Coffee House› trat. «Ah, Sir Lawrence Mont!» rief er. «Hauptmann! General Sir Conway Cherrell? Ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Sir. Womit kann ich Ihnen dienen, meine Herren?»

Er lauschte dem Bericht des Sir Lawrence mit stets wachsendem Ernst. «Das ist wahrhaftig unerhört! Dabei kann ich's nicht bewenden lassen. Ich geh jetzt schnurstracks zum bolivianischen Gesandten. Und noch etwas, Hauptmann! Ich hab mir die Adresse Ihres Dieners Manuel verschafft und werde sofort unserm Konsul in La Paz kabeln, er soll ihn unverzüglich vorladen; seine Aussage muß Ihre Darstellung bestätigen. Hat man je einen so gottverlassenen Blödsinn erlebt? Sie verzeihn schon, meine Herren, aber es läßt mir keine Ruhe, eh ich nicht sämtliche Drähte gezogen habe – einschließlich der Telegraphendrähte.» Ein Nicken zum Abschied, er schoß hinaus. Die drei Engländer nahmen wieder Platz.

«Eine scharfe Konkurrenz für den alten Shropshire!» erklärte Sir Lawrence.

«Das war also Hallorsen», sagte der General. «Der Mann sieht prächtig aus.»

Hubert schwieg. Er war gerührt.


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