Friedrich der Große
Gedichte
Friedrich der Große

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Epistel auf meine Genesung

(3. April 1770)

         O hoffnungsvolle Stunden!
         Glückseliges Gesunden!
         Die böse Marterzeit
         Des Siechtums ist geschwunden.
         Nun fühl' ich mich befreit
         Und jag' den Schmerz von dannen,
         Den schrecklichen Tyrannen.
         O sonnige Heiterkeit!
Mich schienen hundert Dolche zu durchbohren,
Ich gab mich an den Tartarus verloren,
Und der Erinnyen bleicher Chor umstand
Mein hartes Bett und hielt mich festgebannt
Und folterte den schwachen Leib mit Qualen,
Wie sie nicht schlimmer rohe Henkershand
Für ihre Opfer grausam ausersehn.
         Kaum hielt ich den brutalen
Angriffen stand, ließ alle Greul geschehn
Und lag wie ein bejammernswerter Schächer
         Schon halb in Todeswehn.
         Der Atem wurde schwächer,
Jedwede Freude war von mir geflohn,
Mir half kein Tröster und kein Segensprecher,
In meine Hölle drang kein Mitleidston.
An vierzehnmal stieg über Wall und Dächer
Die Sonne und durchhuschte die Gemächer;
An vierzehnmal umschleierte die Nacht
Mit schwarzem Hang die goldne Sonnenpracht,
Und Ruhe brachte mir kein Schlummerbecher.
Die Augen irrten durch den dunkeln Raum,
Mein Hirn durchtobten wilde Wahngedanken,
Der Seele Gleichgewicht geriet ins Wanken,
         Ich träumte bösen Traum!
Ich sah, wie Charon schon anrudernd keuchte,
Mich abzuholen, als ein braver Sohn
Des Äskulap den lästigen Patron
         Mit kluger Wehr verscheuchte.

         Der kennt nicht die Gesundheit,
         Der sie, ein lockrer Tor,
Vergeudet in des Daseins lustiger Buntheit.
Der schätzt sie erst, der sie einmal verlor.

O Wonnetag! O Neugeburt der Seele!
         Ich kehr', o Welt, zurück!
Und wie ich mich zu neuer Hoffnung stähle,
Genieß' ich reicher nun das Erdenglück.

         Und wie ich dann erstarke,
         Kraft fühl' im frischen Marke,
Mein nächstes Ziel, o hehre Kunst, bist du!
         Ich steure meine Barke
Stolz deinen göttlichen Gefilden zu!

         Apolls Begleiterinnen,
         Ihr Holden, laßt mich ein,
         Begnadet mein Beginnen!
         Sanft soll die Weise sein:
         Nicht von erhöhten Zinnen
Bejubeln soll mein Lied das Morgenrot,
         Das hell am Himmel loht:
Begleiten soll mein Sang mit zarten Sinnen
Des scheidenden Gestirnes Flammentod.

         Wir malen nur die Bilder,
         Die unser Herz erschaut:
         Als mir der Lenz getaut,
Schlug ich die Leier feuriger und wilder.
Jetzt aber, längst ergraut, rühr' ich sie milder,
         Gedämpft in Sorg und Leid.
So ist's! Ein jedes Ding hat seine Zeit.
Nur soll man nicht trübselig Grillen fangen!
         Das Leben fuhrt nicht weit.
         Wo froh ein Tag vergangen,
         Bleibt keine Bitterkeit,
Und man vergesse unter Spiel und Lachen
         Charon und seinen Nachen.

         O süßer Träume Wahn,
         Auf meiner Erdenbahn
         Laß noch ein Blümchen sprießen!
Und Freudentränen sollen mir noch fließen,
         Steig' ich in Charons Kahn.

Kein Schreck wird meiner Seele angetan,
Wenn ich mit philosophischem Beharren
Des Lebenswinters drohendem Orkan
Entgegenzieh' und fühl' mein Herz erstarren.
         Und soll's ein Ende sein,
         Ich schaue furchtlos drein
         Und tausch' für Leid und Bürden
         Und Trug und eitle Würden
         Die ewige Ruhe ein!

Schloß Sanssouci mit der historischen Mühle.


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