Friedrich der Große
Gedichte
Friedrich der Große

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Ode an die Deutschen

(29. März 1760)

Ihr unsel'gen deutschen Stämme, stets in Bruderkampf entzweit,
Ihr beseßnen Unruhgeister, seid dem Untergang geweiht!
Ewig Wehgeschrei erschüttert eure Lüfte allerenden,
Langer Kämpfe Schreckensmale euren Heimatboden schänden,
Eure Fluren Wüsteneien, eure Städte Haufen Schuttes,
Unter eurer Waffen Wüten rinnen Ströme roten Blutes;
           Gottverflucht eure Triumphe!
           Denn sie stürzen unser Land
           Nur zurück in wüste, dumpfe
           Barbarei, wo doch dem Sumpfe
           Längst die Vorwelt sich entwand.

Ach, ein Unhold aus der Hölle, Zwietracht mit den wutentflammten
Funkelaugen, sie entfachte diesen Haß euch, den verdammten,
Diese Mordlust, euch zerstörend ineinander zu verbeißen,
Tempelschändrisch mit den Händen euch das Innre zu zerreißen,
Daß der Himmel, der gerechte, tief beleidigt, nur mit Grauen
Euren Totenfeiern leuchtend, so Unseliges mag schauen.
           Ja, aus Furcht, sich zu beflecken,
           Möcht' der reine Himmelsstrahl
           Sich am liebsten ganz verstecken,
           Wie vor jenem blut'gen Schrecken,
           Da Thyestes hielt sein Mahl.

Drunten in dem ewigen Abgrund, den kein Strahl von Reinheit lichtet,
Wo der Haß in Schmutz und Wüstheit sich den Schreckensthron errichtet,
Dort denkt man sich so gestaltet jene unbotmäß'gen Wesen,
Stets mit frechem Aufruhr drohend, stets bereit zu allem Bösen,
Stets bereit, obschon sie ew'ge Ohnmacht bannt, sich zu verschwören,
Alle Ordnung dieser Schöpfung umzuwerfen, zu zerstören;
           Ja, sie rotten sich und sprechen:
           Auf, und laßt uns mit Gewalt
           Alle Himmelsschranken brechen!
           Kehr' denn wieder, uns zu rächen,
           Du, des Chaos Ungestalt!

Niederträchtige, ihr bangt wohl, daß von euren blut'gen Klingen,
Rot von Bürgerblut, ein Tropfen könnt' auf rechten Boden springen,
Daß aus solcher Saat erwüchsen neue Streiter, wohlbewährte,
Aus der Art geschlagne Kinder, die die gleiche Mutter nährte;
Darum, euch in Schuld und Frevel selber noch zu überbieten,
Ruft ihr lieber in die Waffen fremde Söldner und Banditen!
           Nun, sie sind schon bei der Hand,
           Eure Helfer und Genossen,
           Jeden festen Rechtsbestand
           Uns im deutschen Reich und Land
           Blindlings wütend umzustoßen!

So hat Hellas einst die Flamme seiner Wildheit schlecht gehütet,
Hat im Irrsinn seiner Ehrsucht wider eignes Fleisch gewütet,
Hat in lauter Zwistigkeiten leer geblutet seine Adern,
Bis dann beide, tief zerrüttet und erschöpft vom ew'gen Hadern,
Das gebieterische Sparta und das herrische Athen,
Schmählich an den Bund Achajas sahn ihr Zepter übergehn;
           Was blieb von den freien Staaten.
           Die vom Bürgerstreit zersetzt.
           Ganz verblendet, schlimm beraten,
           Von den Konsuln Roms zuletzt
           Rettung aus der Not erbaten?

Doch gar bald vor ihren Schirmherrn wurde ihnen angst und bange,
Denn ein Joch ward ihre Hilfe – wer ertrüg' die Last noch lange?
Ach, zu spät! Von allen Seiten starrten Beile der Liktoren,
Und so lernten sie's mit Schrecken, lernten's fühlen, jene Toren,
Daß sie sich, von zügellosen Leidenschaften irr geleitet,
Statt des liebevollen Schutzes eine Zwingherrschaft bereitet.
           Also büßten diese freien
           Staaten durch den Neid allein,
           Stete Eifersüchteleien
           Und den Hader der Parteien
           Schmählich Macht und Freiheit ein.

Ist's was andres, wenn ihr heute, nur um das verhaßte Preußen
Zu erdrücken, hier den Franzmann, dort den Schweden, da den Reußen,
Den unbändigen Steppenwildling, in das Land gerufen habt
Und den Boden, ihr Unseligen, drauf ihr steht, selbst untergrabt?
Die verhängnisvolle Hilfe kommt euch teuer noch zu stehn:
Unterworfne meint der stolze Eindringling in euch zu sehn!
           Wartet nur, die schlimmen Horden
           Kosten Tränen noch einmal!
           Rühmt euch dann: aus West und Norden
           Riefen wir sie her zum Morden,
           Wir, wir schärften ihren Stahl!

Warum nicht den Arm euch waffnen, wie in eurer Väter Tagen,
Um den Hochmut starrer Gegner endlich auf das Haupt zu schlagen?
An der Donau, an dem Rheine stolze Landerobrer sind's,
Dort hat sich ihr Schwert erstritten manche blühende Provinz;
Nachbarn sind's, die ständig drohen, die nach Händeln mit euch dürsten,
Ew'ge Feinde eurer Freiheit, eurer Rechte, eurer Fürsten;
           Nun, und ihr? Die Furien riefen
           Eurem grimm'gen Aufgebot
           Beifall aus den Höllentiefen,
           Eure Mörderarme triefen
           Edlen Bruderblutes rot!

Schaut nach Flandern, seine Schanzen gilt's zu stürmen, zu gewinnen;
Mit dem Ungarn Seit' an Seite legt in Asche Belgrads Zinnen!
Muß beim Klange dieser Namen heißer nicht das Blut euch rollen?
Denkt ihr nicht der blutgetränkten Ehrenfelder, wo den vollen
Siegeskranz der edle Ritter Prinz Eugenius sich errungen,
Der Bewunderte, der jeden seiner Gegner hat bezwungen?
           Alles ruft bei solchem Wagen
           Eurem Mute zu: Glückauf!
           Alle Herzen mit euch schlagen,
           Die um Deutschland Sorge tragen,
           Folgen eurem Siegeslauf.

Doch ich pred'ge tauben Ohren! Es verdrießt euch wohl gewaltig?
Steht mir Rede, Unglückselige! – Doch sie schweigen hinterhaltig
Schmählich sind sie abgefallen von dem Manneswort, dem alten,
All ihr Freiheitssinn, von frecher Herrenfaust in Schach gehalten,
Hat gelernt, die Stirn zu beugen, sich ins Sklavenlos zu finden,
Unterm Fuße von Tyrannen sich zu schmiegen, sich zu winden!
           Ja, sie lassen sich bedrücken
           Ohne jede Gegenwehr!
           Ihre Feigheit wird sich bücken,
           Sich gewöhnen und sich schicken
           In der Kettenlast Beschwer.

Fort von hinnen, meine Preußen! Laßt den Wanderstab uns fassen
Bleib' denn allen Kriegesnöten, allem Elend überlassen
Dieses Land, wo alle Hirne eine böse Krankheit lähmt
In der ganzen Blutsverwandtschaft, wo der Deutsche sich nicht schämt,
Seine Schützer schnöd zu ächten, den Tyrannen zu gefallen,
Seine Freiheit zu verraten, sich zu fühlen als Vasallen.
           Kommt, wir wollen sie verlassen,
           Nichts wird die Verderbten retten:
           Hart wird ihr Tyrann sie fassen,
           Die der Ehre ganz vergaßen,
           Selbst sich schmiedend ihre Ketten!

Nein, ihr tapfren Freunde! Hätte je so klein gehandelt
Eine großgesinnte Seele? Ward sie einmal angewandelt
Von des Kleinmuts niedrer Regung, stets noch blieb sie ihrer Herr!
Trotzt dem Schicksal in das Auge! Und ist keine Rettung mehr,
Laßt uns doch die Ehre retten! und die Götter, die gerechten,
Des entweihten Friedens Rächer, werden uns zur Seite fechten.
           Vorwärts, laßt die Zügel schießen,
           Sturmgeschwader, meine raschen!
           Unsre Feinde sollen's büßen,
           Und ihr treulos Blut soll fließen,
           Alle Schmach uns abzuwaschen.

Seht die vielen Völker alle, die sich wider uns verschworen,
Die vor dünkelhafter Ehrsucht völlig den Verstand verloren,
Unverzagt nur, meine Helden! Trefft sie mit dem Wetterschlage
Eures Zornes, eurer Hiebe, daß die Menschheit künft'ger Tage
Diesem Sturmlauf ohnegleichen, diesem Sieg der Minderzahl
Wider eine Welt von Neidern türm' ein bleibend Ehrenmal.
           Rings von Not und Tod umgeben,
           Denkt in eurem Rachefest,
           Daß in diesem harten Leben
           Ohne Kampf und Fährnis eben
           Sich kein Ruhm gewinnen läßt.

Der Königliche Dichter im Quartier.


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