Friedrich der Große
Gedichte
Friedrich der Große

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Rede Catos von Atica an seine Freunde und seinen Sohn, bevor er sich den Tod gab

(8. Dezember 1761)

Des Unheils Maß ist voll! Sei, Tag, verflucht,
Der dich, o Rom, bestimmt zu sichrem Falle!
Ach, deine göttergleichen Taten alle,
Der Helden Blut, des zähen Ringens Frucht,
Die Weltmacht, die auf manch zerstörtem Thron
Begründet ward von deinen tapferen Söhnen,
Ja, deiner Mannheit, deiner Siege Lohn
Soll eines Räubers Glück und Frevel krönen!
Dein Sohn, entartet, aller Treue bar,
Stößt dir ins Herz das Vatermörderschwert,
Trifft mit dem Stahl, womit du ihn bewehrt,
Die Feinde nicht – das Land, das ihn gebar!
Zum Frevel nützt er seine hohen Gaben;
Der Held in Gallien wird in Rom Despot.
Die Freiheit hat er ruchlos untergraben;
Aufsässig wider des Senats Gebot,
Stürzt er den Staat und will ihn ganz verderben;
Und alles wankt und fällt und geht in Scherben!

Wir aber leben noch und sehn in aller Ruh,
Ohnmächtig, diesem Greul zu steuern, zu.
Roms Sache wollte Bürgersinn verfechten;
Das Recht war unser, sein der Siegespreis:
Dem Räuberschwert erlag der Erdenkreis.
Mag er denn Catilinas Sippe knechten,
Seines Triumphes würdige Genossen!

O Blut, das auf Pharsalus' Flur geflossen!
Der letzten Römer hochgesinnte Manen –
Aus euren Gräbern tönt ein dumpfes Mahnen:
»Verlaß, o Cato, die verhaßten Stätten,
Wo Frevelmut die Freiheit wagt zu ketten!
Unsel'ger Spielball unsres Bürgerzwistes,
Ins Grab der Freiheit eile dich zu betten!«

Ihr letzten Schirmer unsrer Rechte, wißt es:
Cato folgt euren Rufen in den Tod!
Doch gilt es erst, euch, Freunde, noch zu retten,
Vom Strande, wo Karthago einst gebot,
Vom Joch, mit dem euch Tyrannei bedroht;
Dann stehen mir des Schicksals Wege offen!

Auch du, mein Sohn, den ich, mein einzig Hoffen,
Sterbend im Bannkreis des Tyrannen lasse –
Flieh die entweihten Stätten, die ich hasse,
Wo jenes Siegers gift'ger Odem weht
Und sich des Zwingherrn ekler Dünkel bläht:
Such' Obdach dir in einem beßren Lande,
Wo frei du bleibst in dieser Zeit der Schande!
Gedenke an den Tugendglanz der Väter,
Doch soll dein frommer Sinn sich nicht empören:
Dem Zorn der Götter weih' die Missetäter,
Die unsern Staat und sein Gesetz zerstören.
Und weine nicht, entflieht des Vaters Leben:
Segne den Tag, der mich dem Gram entrückt!
Vom Erdenstaube will ich hochbeglückt
Empor zum Tempel unsrer Götter schweben.
In jener Freistatt schenkt Gerechtigkeit
Der Tugend Ruhm und höchste Seligkeit;
Pompejus treff ich dort und Scipio an
Und jeden Römer, der sich Ruhm gewann.
Du, Cäsar, sollst mein Ende noch beneiden!
Mein Leben krön' ich durch ein hehres Scheiden;
Ein echter Römer, wähl' ich lieber Tod
Als Leben unter deinem Machtgebot!

Genug der Worte! Reicht mir nun mein Schwert!
Noch hat es keinen Bürger Roms getötet:
Mein Blut nur ist's, von dem sein Stahl errötet.
Doch wie? Befolgt ihr nicht, was ich begehrt?
Verschwört ihr euch? Was soll's der Heimlichkeiten?
Ihr zagen Freunde, sprecht, was habt ihr vor?
Mich hindern, selbst den Tod mir zu bereiten?
's gibt tausend Wege zu dem dunklen Tor;
Frei stehn sie alle, und so will's mein Los.
Wollt ihr den Freund, den Vater, waffenlos
Dem Sieger liefern in die frechen Hände,
Dem Brecher der Gesetze ihren Wächter,
Den Freund der Republik ihrem Verächter,
Daß Cato beim Triumph als Sklave ende?

Das ist die Frucht von eurem blinden Tun!
Verabscheut euren Wahn, denkt edler nun:
Den Tod erträgt der Weise ohne Zagen;
Lobt meine Tat und hütet euch zu klagen.
Die Freunde und das Vaterland verderben –
Ein Feigling überlebt's, der Held muß sterben.

Cato, der sich aus Gram über das Schicksal seines Vaterlandes den Tod gegeben hat.


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