Theodor Fontane
Fünf Schlösser
Theodor Fontane

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13. Kapitel

Der Krautentochter Deszendenz

Als Frau von Arnstedt, verwitwete Baronin Knyphausen, geschiedene von Elliot, am 13. September 1819 gestorben war, hinterließ sie Kinder aus allen drei Ehen. Und zwar

Aus der Ehe mit Hugh Elliot

1) Luise Isabelle von Elliot. Dieselbe wurde wahrscheinlich 1779 geboren, da die Verheiratung ihrer Mutter mit Elliot im Jahre 1778 stattfand. Als Ende Juli 1783 die gerichtliche Trennung erfolgte, wurde nachstehende Festsetzung getroffen: »Madame Elliot, geborne Baronesse von Kraut, verspricht ihrer Tochter Luise Isabelle von Elliot ein Kapital von 25 000 Talern in Gold sicherzustellen, und zwar derart, daß an dem Tage, wo Madame Elliot in den Besitz des Bredowschen Erbes (Hoppenrade-Löwenberg) eintritt, obiges Kapital von 25 000 Talern auf der königlichen Bank deponiert werden muß.«

Gemäß dieser Anordnung wurde denn auch, als der vorgesehene Fall eintrat, verfahren. Zu welcher Zeit das Geld erhoben worden ist, ist aus den Aufzeichnungen nicht ersichtlich. Miß Elliot aber vermählte sich später mit einem Mr. Payne. Weitere Schicksale nicht bekannt.

Aus der Ehe mit Baron Knyphausen

2) Sophie Friederike Oriane Constanze, geboren 1785.Ein Jahr vorher, im Juni 1784, war ein Sohn geboren worden, Karl Wilhelm Tido. Derselbe starb vierjährig (1788) und ward in der Familiengruft zu West-Ekelbur in Ostfriesland beigesetzt. – Der oben im Text zitierte Name »Oriane«, der fünfzig Jahre vor Tennyson noch ein Fremdling in unserer Mark war, war augenscheinlich verwirrend für die damaligen Pastoren des Löwenberger Landes und findet sich deshalb als »Organe« in ihre Kirchenbücher eingetragen. Sie war zweimal verheiratet, in erster Ehe mit dem Landrat von Schwerin, in zweiter Ehe mit dem Rittmeister, späteren Major Freiherrn von Kettler auf Jeesch-Kittel. Aus beiden Ehen wurden je drei Kinder geboren.

Der Tod der Frau von Kettler kann nicht vor 1856 erfolgt sein, in welchem Jahre sie noch an weiterhin zu nennenden Erbschaftsverhandlungen teilnahm. Sie war eine kluge Dame, praktisch, energisch und in allen Stücken mehr ihres Vaters (Baron Knyphausens) als ihrer Mutter Tochter. Ihren zweiten Gatten, von Kettler, verlor sie auf tragische Weise. Kettler war 1830 aus dem preußischen in den russischen Dienst getreten und machte die gleich darauf ausbrechende Campagne gegen Polen mit. In der Schlacht bei Grochow wurd er erheblich verwundet und gefangengenommen. Als man ihn auf einem Wagen nach Warschau brachte, drängte sich der Pöbel heran und heulte und johlte; einer aber stieg auf das Wagenrad und spie ihm ins Gesicht. Ein Faustschlag war Kettlers Antwort. Aber freilich war es auch das Signal, um über ihn herzufallen und ihn buchstäblich zu zerreißen. – Auch seinem ältesten Sohn war ein jäher Tod vorbehalten. Ein herabstürzender schwerer Baumast erschlug ihn.

Aus der Ehe mit Rittmeister von Arnstedt

3) Henriette Sophie Rosalie. Verheiratete sich um das Jahr 20 (oder vielleicht auch schon zu Lebzeiten der Mutter) mit dem Baron von Wülknitz und starb 1861 im Bade zu Doberan. Auf dies von Wülknitzsche Paar komm ich am Schlusse des Kapitels zurück.

4) Mathilde Julie Friederike war 1802 geboren. Vermählte sich 1826 mit Hans von Oertzen auf Ankershagen, Schloßhauptmann und Kammerherr in Neustrelitz. † 1878.

5) Heinrich Adolf Friedrich von Arnstedt. Wahrscheinlich 1796 geboren. Er trat unter Major von Sohr ins brandenburgische Husarenregiment und machte die Kriege von 1813 bis 15 mit. An dem Unglückstage von Versailles (Juli 1815), an dem auch der junge Yorck fiel, war er mit unter den Verwundeten. In die Heimat zurückgekehrt, entschied er sich für Verbleib im Regiment und suchte durch ein Leben auf großem Fuß über die Langeweile des kleinen Dienstes und über die noch größere der kleinen Stadt (abwechselnd Beeskow, Düben, Kemberg) hinwegzukommen. Natürlich war er beliebt und ein »guter Kamerad«. Er überschätzte sein Vermögen sehr, weil er den Wert von Hoppenrade-Löwenberg, als deren eigentlichen Erben er sich trotz der Existenz seiner drei Schwestern betrachtete, viel zu hoch anschlug, und erschrak erst, als in der Mitte der dreißiger Jahre die Pachtsummen ausblieben und die helle Not vor der Tür stand. In persönliche Schulden verstrickt, nahm er als Major den Abschied und lebte zurückgezogen in Oranienburg oder in Nähe desselben. Anfang der vierziger Jahre befiel ihn eine Krankheit, und er starb unter traurigen Verhältnissen in der Charité.

Die letzten dreißiger Jahre waren überhaupt Unglücksjahre für das Haus Arnstedt, und wohin man um die genannte Zeit in Mark Brandenburg auch blicken mochte, mit vielleicht alleiniger Ausnahme des von Arnstedt auf Groß-Kreuz, überall sah man die Familie von Leid und schweren Schicksalsschlägen getroffen. Ob verschuldet oder nicht, änderte wenig. In Hakenberg, wie schon erwähnt, pflegte man einen alten von Arnstedt zu Tode, während in Oranienburg ein jüngerer (der Sohn jenes Alten) in Bitterkeit auf ein verfehltes Leben zurückblickte. Trauriger aber als alles war die Geschichte vom Fähnrich von Arnstedt, die sich um ebendiese Zeit, Winter 1836 auf 1837, in Frankfurt a. O. abspielte. Wir kommen am Schluß dieses Abschnittes ausführlicher darauf zurück, während es zunächst, in unsrem 14. Kapitel, uns obliegen wird, die Geschichte des Krautenerbes zum Abschluß zu bringen.


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