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Erwägungen.

Der Staatsmann muß sich mit diesen Vorgängen unmittelbar auseinandersetzen, der Philosoph kann nicht umhin, auf die letzten Gründe der Überzeugung zurückzugehen. Zunächst muß er zu dem uralten Problem einer sittlichen Ordnung der menschlichen Geschicke Stellung nehmen. Daß unsere äußeren Geschicke nicht dem inneren Verhalten entsprechen, daß Glück und Glückswürdigkeit oft weit auseinandergehen, das ist eine alte Erfahrung; aber wohl nie ist diese Erfahrung in so furchtbaren Zügen der Menschheit eingeprägt worden, wie es jetzt geschehen ist. Nicht nur schien eine dunkle Macht, ein blinder Zufall, über Leben und Wohlergehen Unzähliger zu entscheiden, noch schlimmer war es, daß diese gewaltigen Kämpfe keine sittliche Ordnung zeigten. Wir fanden eine erschütternde Bindung des Höheren an ein Niederes, eines Edlen an ein Gemeines, eines Wesenhaften an ein Nichtiges. Mag der Mensch in seinem Kreise eine gewisse Ausgleichung von Schicksal und Schuld suchen, ihm fehlt die Macht, um das durchzuführen; in unserem menschlichen Zusammensein siegt nicht das Ansichgute und Ansichwahre, sondern es siegt das, was auf die Menschen, wie sie einmal sind, wirkt, es siegt, was sich in greifbare Leistung umsetzt, es siegt die Kraft, die Gutes und Böses als gleichwertig behandelt, die auch schlechteste Mittel, wie List und Betrug, unbedenklich verwendet; die Hauptsache ist auf diesem Boden sich durchzusetzen, alles Halbwollen und alles Schwanken in den Zielen auszutreiben.

So müssen wir offen bekennen, daß unsere Welt, wie die Menschengeschichte sie bietet, kein Reich der Vernunft ist, eher kann sie als eine Mischung von Vernunft und Unvernunft erscheinen, als ein Kind von Vernunft und dunkler Notwendigkeit, um einen Ausdruck Platos zu gebrauchen. Die Menschheit hat sich zu diesem Problem in verschiedenen Zeiten verschieden verhalten. Das alte Christentum folgte dem Gedanken der Ohnmacht des Guten gegenüber feindlichen Mächten innerhalb unserer Erfahrung. Es fehlte ihm alle Hoffnung, daß der Lauf der Zeiten das bessere, daß etwa eine den Dingen innewohnende Ordnung die Weltgeschichte zu einem Weltgericht gestalte; der Verzicht auf diese Hoffnung war aber nur möglich bei dem felsenfesten Glauben an die Wirklichkeit einer höheren Welt. Die Neuzeit war anderer Überzeugung, ihr wurde die Welt zu einer Selbstentwicklung der Vernunft, an diese Selbstentwicklung hing sie alles Glauben und alle Hoffnung. Wir Kinder der Gegenwart kommen demgegenüber in eine ungeheure Verwicklung. Wir können nicht mit den alten Christen den Lauf der Welt gehen lassen, wie er geht, wir müssen mit allen Kräften für eine Hebung des Weltstandes wirken. Aber zugleich haben wir den Menschenglauben verloren, welcher frühere Zeiten, namentlich die Aufklärung, beseelte. Wir stehen jetzt vor einem unentrinnbaren Dilemma: entweder erstrebt die Menschheit etwas Unmögliches, indem sie sich auf die Kraft des bloßen Menschen stellt, oder wir müssen das Walten einer überlegenen Macht, eines schaffenden Weltwillens, anerkennen; nur von ihm getragen und gehoben, können wir als Soldaten Gottes einen Kampf gegen das Dunkle und Böse um uns und in uns aufnehmen. Nur von einem überlegenen Geistesleben aus kann sich uns der Blick auf die Wirklichkeit aufhellen: unsere Welt mit ihren schweren Hemmungen und Verwicklungen kann nicht das Ganze der Wirklichkeit bilden, sie muß eine besondere Art besitzen und eine besondere Stellung einnehmen; sie muß in einem weiteren Zusammenhange stehen, um irgendwelchen Sinn und die unentbehrliche Kraft zu erlangen. Das aber verlangt eine Umwälzung des gewöhnlichen Weltanblickes; wir müssen einerseits anerkennen, daß wir einer Welt des Kampfes und der Arbeit, nicht der Vollendung, angehören, andererseits aber müssen mir an einer überwindenden Geistigkeit als an einer Stufe des selbständigen Schaffens teilhaben. Eine solche Wendung ist tatsächlich erfolgt; sie erweist sich uns sowohl in der Bildung eines eignen weltüberlegenen und weltumfassenden persönlichen Lebens, als auch in der Eröffnung einer selbständigen Geisteswelt, ja eines Reiches Gottes, das alle politische und soziale Gesellschaft als eine bloß menschliche Gemeinschaft unvergleichlich überschreitet und ein inneres Gelingen des gemeinsamen Lebens erst möglich macht.

Von hier aus ergibt sich ein eigentümliches Weltbild, das unsere Geschicke scharf beleuchtet. Unsere Wirklichkeit verläuft nicht auf einer einzigen Fläche, sondern sie enthält drei verschiedene Stufen geistigen Lebens; dieses Leben selbst hebt sich deutlich ab von dem bloßen Dasein, das die sinnliche Erfahrung an uns bringt, es erweist sich als eine Tatwelt, als ein Reich des Aktivismus. Aber dieses Reich selbst enthält eine innere Bewegung und einen durchgehenden Aufstieg: zunächst gilt es eine grundlegende Geistigkeit zu erringen, sie bildet ein eignes Leben gegenüber der Beziehungswelt der Natur, sie ist auch die Voraussetzung aller Erziehung und Bildung; sodann erscheint gegenüber den ungeheuren Verwicklungen unseres Weltstandes um uns und in uns eine kämpfende Geistigkeit, sie ist der Hauptplatz der menschlichen Tätigkeit, die Stätte unserer Arbeit; aber alle Arbeit kann uns auch beim Gelingen nicht genügen, dem Worte »Arbeiten und nicht verzweifeln« ist die Erwägung entgegenzusetzen, daß die bloße Arbeit ohne ein überlegenes Ziel den denkenden Menschen unvermeidlich zur Verzweiflung treibt; erst eine überwindende Geistigkeit eröffnet die Aussicht und verspricht die Kraft zur Vollendung, erst sie gewährt dem Menschenleben den unentbehrlichen Halt und ein festes Ziel. Die aus dem Zusammenwirken dieser Stufen und ihrer Auseinandersetzung entstehende Bewegung drchdringt die Weltgeschichte, an ihr muß auch der Einzelne teilnehmen, dem das Leben sich voll entfaltet und dem sich die Fülle seiner Erfahrung erschließt. Der Stand der Welt, der uns umfängt, mit seiner Unfertigkeit und mit seinen Widersprüchen, mit seinem Angewiesensein auf eine der Verwicklung überlegene Ordnung kann nicht das Ganze der Wirklichkeit sein und nicht in sich selbst den Abschluß tragen; er muß ein Ausschnitt einer weiteren Wirklichkeit, eine besondere Art des Lebens sein, die ursprünglicherer Gründe und Zusammenhänge bedarf, um überhaupt zu bestehen und einen Sinn zu ergeben. So sehr wir aber auf das Wirken einer selbständigen Geistigkeit angewiesen sind, ihre nähere Gestaltung fällt unter die Normen und Grenzen der Arbeitswelt; daher müssen unserem Leben für die höchsten Ziele Bilder und Umrisse genügen. Für die Gesinnung aber bedarf es eines Heroismus, der durch alles Nein hindurch zuversichtlich auf ein Ja gerichtet ist und dies allen Widerständen entgegenhält. Unser Leben behält auch dann einen Sinn und Wert, wenn es mehr ein inneres Vordringen als ein äußeres Überwinden, mehr ein Wecken und Sammeln der Kräfte als ein volles Erreichen des Zieles ist, wenn es in Zusammenhängen steht, die wir nicht klar durchschauen. So dachte auch Luther, wenn er sagte: »Es ist noch nicht getan und geschehen, es ist aber im Gange und Schwange, es ist nicht das Ende, aber der Weg. Es glühet und glänzet nicht alles, es feget sich aber alles«. Uns Menschen treibt aber eine solche Lage der Dinge dazu, alle Kraft für das Gute und Wahre aufzubieten, alle Unklarheit auszutreiben, die Dinge nicht gehen zu lassen, wie sie gehen, sondern ihnen ein Reich eines schaffenden Weltwillens mit seiner Ewigkeit, seiner Unendlichkeit, seinem Beisichselbstsein entgegenzusetzen. Von da aus müssen sich alle Größen und Werte wesentlich verändern, in dieser Gedanken- und Geisteswelt werden uns auch die Zweifel am Bestehen einer geistigen und sittlichen Ordnung bei aller Schwierigkeit nicht ungerüstet finden.

Das Ganze des menschlichen Lebens trägt vorwiegend die Signatur des Kampfes, aber der Kampf kann verschiedene Grade haben; es ist nicht zu bezweifeln, daß er heute eine besondere Höhe und Spannung erreicht hat. Wie wir früher sahen, vollzieht sich das weltgeschichtliche Leben auf seinen Höhen in großen Zusammenhängen, Syntagmen, wie wir sie nannten; nur diese Zusammenhänge verleihen ihm einen geistigen Charakter, ohne sie zerfällt es in lauter einzelne Bruchstücke. Solcher Lebenszusammenhänge zeigt bekanntlich unser westlicher Kulturkreis drei: die antike Welt mit ihrer Herrschaft der Gestaltung, die christlichreligiöse mit ihrer Seelenvertiefung, die moderne mit ihrer Kraftentwicklung; so sind Form, Gesinnung, Kraft die Hauptzüge der Bewegung. Die gegenwärtige Lage aber schwankt haltlos zwischen jenen verschiedenen Lösungen, sie empfindet stark das Bedürfnis eines neuen Lebenszusammenhanges, der den Wahrheitsgehalt aller früheren Leistungen in sich aufnehme und ihn zugleich einer neuen Höhe zuführe; aber sie findet einstweilen nicht einen sicheren Weg zum Ziele. Es ist namentlich das Zusammenwirken zweier großer Probleme, deren Zusammenstoß die ganze Menschheit fieberhaft bewegt und alles Wohlergehen zu zerstören droht. An erster Stelle fehlt dem modernen Leben seit Jahrhunderten ein fester Mittelpunkt und ein genügender Lebensinhalt. Gegenüber der zu engen und gebundenen mittelalterlichen Art erhob sich ein gewaltiges Streben, alle Kräfte zu entwickeln und diese Entwicklung zur Hauptaufgabe zu machen. Aber so Hervorragendes in diesem Streben geleistet wurde, ihm fehlt eine innere Einheit und damit ein volles Beisichselbstsein; das bloße Streben nach Leben kann unmöglich das Leben ausfüllen, es weist zwingend über sich selbst hinaus zu einem Reich der Inhalte. Mehr und mehr hat diese Lage allen inneren Zusammenhang aufgegeben, immer weniger können wir der sinnlichen Welt eine unsichtbare entgegensetzen. Und doch können wir von einer solchen nicht lassen, wenn nicht das Leben uns allen Sinn und Wert verlieren soll. So umfängt uns heute ein peinlicher Widerspruch. Dieser Widerspruch wird immer unerträglicher, er erschüttert immer mehr die elementaren Grundlagen des menschlichen Zusammenseins; alles was wir bisher als feste Stützen betrachteten und schätzten, ist wankend geworden; vieles, was bisher als selbstverständlich galt, ist jetzt zu einem schweren, kaum lösbaren Problem geworden; im besonderen erfahren wir in trauriger Weise einerseits eine Verweichlichung, andererseits eine Verwilderung des Lebens. So ist die geistige und moralische Kräftigung, ja Umwälzung das dringendste Problem; wir bedürfen einer gründlichen Erneuerung des Geisteslebens.

Dieses Problem ist latenter Art, es zieht sich durch die Jahrhunderte. Aber zu einem akuten ist es geworden durch das stürmische Auftreten und Vordringen der sozialen Frage. Diese Wendung begann mit dem Herrwerden des Menschen über die Naturkräfte; das dünkte mit Recht zunächst als ein großer und unbestreitbarer Gewinn. Aber diesem Gewinn sind ungeheure Verwicklungen entsprungen. Die Art der Arbeit wurde völlig verändert, es fiel das persönliche Verhältnis des Menschen zu seinem eigenen Werke weg, die Arbeit emanzipierte sich vom Menschen, sie schoß in unübersehbare Komplexe zusammen, die mehr und mehr eigene Kräfte erzeugten und eigenen Gesetzen folgten. Damit entstand ein schroffer Konflikt zwischen Arbeit und Seele, zwischen Objekt und Subjekt; das Subjekt gab sich als die Hauptsache, es wollte nicht ein bloßes Mittel und Werkzeug der Arbeit bleiben. Diese Entwicklung ergab schwerste Konflikte, deren Wirken und Walten uns unmittelbar umfängt. Unzweifelhaft ist dadurch manches im Stand der Menschheit dauernd verändert und gefördert; so haben wir z.B. das Selbständigwerden eines Arbeiterstandes als einen Gewinn der Menschheit zu begrüßen, so stehen wir weiter bei dem gewaltigen Problem der Schichtung der menschlichen Gesellschaft. Lange Jahrtausende haben die Menschheit in zwei Hauptschichten geschieden: die eine sollte führen, die andere folgen, die eine herrschen, die andere dienen; diese Scheidung nahm verschiedene Gestaltungen an, aber die Grundtatsache dünkte unantastbar. Nun aber ist das Problem in vollen Fluß geraten; immer stürmischer erhebt sich die Forderung einer vollen Gleichheit der Menschen, alle Ungleichheit wird von einem großen Zuge der Menschheit als eine Ungerechtigkeit verpönt, es wird eine klassenlose Gesellschaft als ein unbedingtes Recht gefordert. Dieser Wendung widersteht aber die Tatsache, daß nicht nur die Natur die Menschen verschieden ausstattet, sondern daß auch die Kultur zu ihrer Entwicklung deutlicher Abstände bedarf und eine Zerlegung des Zusammenlebens in eine höhere und eine niedere Schicht verlangt; verwerflich ist eine solche Scheidung nur, wenn sie bloß besonderen Klassen, nicht den Zwecken des Ganzen dient. Jene Zerlegung begründet sich aus der Notwendigkeit, einem begrenzten Lebenskreise die Hauptsorge für die geistige Selbsterhaltung der Menschheit zuzuweisen. Ein solcher Kreis kann nicht bestehen und gedeihen ohne ein gegenseitiges Ineinandergreifen und einen festen Zusammenhang des Wirkens über die Individuen hinaus, nicht ohne die Bildung einer Tradition, welche die Arbeit der Menschheit in sich aufnimmt und sie fortführt, auch nicht ohne eine Befreiung von der dringenden Not des physischen Daseins; auch fordert er durchgebildete Denkweisen und Methoden, nicht nur einzelne Leistungen und Handgriffe. Unmöglich können wir das alles wegwerfen, um dem Trugbild einer klassenlosen Gesellschaft anzuhangen, die sich bald als eine kultur- und geistlose erweisen müßte. Zugleich aber ist eine eigentümliche Lebensgestaltung entstanden, welche alles Gedeihen vom wirtschaftlichen Wohlergehen erwartet, damit alle selbständige und selbstwertige Geistigkeit leugnet und alles Schaffen auf den bloßen Menschen stellt; daraus erwächst ein schroffer Konflikt zwischen Mensch und Geist, eine Menschheitsvergötterung, bei welcher der Mensch in seiner eigenen Meinung zeitweilig vordringen mag, die aber in Wahrheit eine innere Zerstörung bedeutet.

Die Entwicklung, welche die Neuzeit und namentlich die neueste Zeit in dieser Dichtung nahm, sie ist nicht ohne Tragik. Die Menschheit der Gegenwart will – wenigstens will das ein großer Strom – alle inneren Zusammenhänge aufgeben und lediglich der eigenen Kraft vertrauen. Durch eine engere Verbindung der Elemente glaubt sie allen Aufgaben gewachsen zu sein, sie möchte in unablässigem Emporstreben einen Turm bis zum Himmel bauen. Über diese Denkweise muß mit ihrer Ablösung des Menschen von allen inneren Zusammenhängen die Bedingungen echter Größe zerstören, sie wird zugleich die Menschheit innerlich spalten und in eine volle Zerwerfung treiben, bis schließlich das Machtgebot eines Diktators alles unter sich zwingt. Solche Gefahren stehen vor Augen; es gilt eine Entscheidung zu treffen, ob die in der gegenwärtigen Menschheit wirkenden Kräfte stark genug sind, diese Wendung zu verhüten, den unverkennbaren Wahrheitsgehalt der sozialistischen Bewegung dem Ganzen des Lebens einzufügen und ihn zu assimilieren, oder ob unsere Kultur einer Auflösung entgegengeht. Es wäre ja möglich, daß erst eine krasse Verneinung alles selbständigen Innenlebens erforderlich wäre, um der Menschheit durch einen indirekten Beweis die Unentbehrlichkeit desselben nachdrücklich zum Bewußtsein zu bringen und dadurch dem gemeinsamen Leben wieder zu dem Wahrheitsgehalt zu verhelfen, den wir heute schmerzlich vermissen.

So stehen wir vor einer schweren Aufgabe. Eine glückliche Lösung jener Verwicklung ist nur möglich, wenn es gelingt, die beiden großen Zeitprobleme aneinander zu bringen. Es gilt, das Geistesproblem und das Menschenproblem miteinander zu verbinden und in eine fruchtbare Wechselwirkung zu setzen; das Geistesproblem muß dabei voranstehen, aber auch der Mensch fordert sein gutes Recht; ob eine Verständigung beider Bewegungen gefunden wird, das entscheidet über das Schicksal der nächsten Zeiten. Das verlangt aber sowohl ursprüngliche, ja große Menschen als aufhellende und erhöhende Geistesmächte; beides zusammen bedarf eines Wirkens der überlegenen Lebensmacht, die unser Leben und Wirken bedingt und trägt.

Diese Nöte und Wirren treffen namentlich hart das deutsche Volk mit seinem reichen Kulturbesitz, aber seiner gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Zerrüttung.

Bedenkliche Schwächen der deutschen Art sind unverkennbar. Wir Deutsche sind mehr Intelligenzmenschen als Willensmenschen, wir stellen uns zu sehr auf den freischwebenden Verstand, wir finden uns sehr schwer und nur in schlimmster Not zur Bildung eines gemeinsamen Willens, ferner entbehren wir eines festen nationalen und politischen Instinkts, wie ihn manche andere Völker besitzen. Aber unterschätzen wir auch das Große nicht, was in uns liegt und was die Geschichte bezeugt! Nirgends erscheint eine so große Ursprünglichkeit des geistigen Schaffens, ein solches Vordringen zu den letzten Wesenstiefen, ein solches Wirken aus dem ganzen und Innern des Lebens; zugleich dürfen wir unsere Leistung in Wissenschaft, Kunst und Technik den Leistungen aller anderen Völker zur Seite stellen; auch in den schließlich so traurigen Kriegsjahren hat das deutsche Volk eine hervorragende Kraft und Gesinnung erwiesen. Ein solches Volk hat sich noch nicht überlebt; es mag gegenwärtig krank sein, aber wir dürfen darauf vertrauen, daß es wieder gesunde; das ihm innewohnende Vermögen einer Lebenserweiterung und Lebensvertiefung ist dem Ganzen der Menschheit unentbehrlich.


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