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2. Wîkar und Starkadh.

König Hûnthiof herschte über Hördhaland Das Land der Haruden (Charudes Tacit.). Ein Theil des Volkes sass im kimbrischen Chersonnes, ein anderer in Norwegen.. Er war ein Sohn Fridthiof's des kühnen und der schönen Ingibiörg Beide bekannt aus der Fridthiofssage, wenigstens nach Tegner's Bearbeitung.. Er hatte drei Söhne; der älteste hiess Herthiof, der später über Hördhaland herschte, der andere hiess Geirthiof, der König der Upplendinge war, der dritte war Fridthiof, der König der Thelamärker. Sie waren alle mächtige Könige und grosse Heermänner, aber Herthiof übertraf die beiden anderen doch an Klugheit und Rath; er war lange Zeit auf Heerfahrten und ward dadurch sehr berühmt. Zu derselben Zeit herschte König Harald über die Agdhir, und er war ein mächtiger König; er hiess Harald der Egdhische. Sein Sohn hiess Wîkar und er war da jung und vielversprechend.

Stôrwirk war der Sohn Starkadh's des Wohlgesinnten. Starkadh war ein sehr kluger Riese und er hatte acht Hände. Er raubte aus Alfheim König Alf's Tochter, Alfhild. Alf rief da den Thôr um Hülfe an, auf dass Alfhild zurückkehre. Da erschlug Thôr den Starkadh und führte die Alfhild zu ihrem Vater heim, und sie gieng da mit einem Kinde. Sie gebar später einen Sohn, den sie Stôrwirk nannte, und er war schön von Angesicht aber doch schwarz von Haar, und grösser und stärker als andere Männer. Er war ein gewaltiger Wîking, trat in das Gefolge König Harald's zu Agdhir und ward sein Landwehrmann. König Harald gab ihm das Eiland Thruma bei Agdhir, und seitdem wohnte Stôrwirk daselbst. Er war häufig auf Heerfahrten, zuweilen aber auch bei König Harald. Stôrwirk raubte die Ani, die Tochter Freki's, des Iarls von Hâlogaland, und brachte sie in sein Gehöfte auf Thruma. Ihr Sohn hiess Starkadh.

Die Söhne Freki's des Iarls, Fiörwi und Fyrwi, kamen unerwartet in einer Nacht zu Stôrwirk's Gehöfte mit einem Heere, zündeten die Gebäude an und verbrannten darin Stôrwirk nebst Ani, ihrer Schwester, und alle Männer, die darin waren, denn sie wagten nicht eine Thür zu öffnen, weil sie fürchteten, Stôrwirk könnte herauskommen. Sie segelten darauf noch in der Nacht von dannen nordwärts am Lande hin, und am anderen Tage, als es Abend ward, überfiel sie ein Sturm, und sie segelten in der wogenden Fluth nach Stadh und es kam dabei alle ihre Schiffsmannschaft um. Starkadh, Stôrwirk's Sohn, war damals noch jung, als sein Vater starb, und König Harald erzog ihn bei seinem Gefolge, wie Starkadh selbst es sagt:

Ich war jung an Jahren noch,
als Feuer frass den Vater mir
samt der frischen Schaar, dem Volk' am Meere,
den Treuen Harald's auf Thruma's Boden.

Den Soldvertheiler die Sippen trogen,
Fiörwi und Fyrwi, Freki's Söhne,
der Unna Oben heisset sie Ani, wofür eine Handschrift Anna hat. Brüder, die mich auf erzog.


Herthiof, der König von Hördhaland, überfiel in einer Nacht unerwartet den König Harald, erschlug ihn im Frieden und führte dessen Sohn Wîkar als Geisel von dannen. König Herthiof unterwarf sich das ganze Reich, welches König Harald beherscht hatte, nahm die Söhne vieler angesehener Männer mit Gewalt als Geisel zu sich und forderte Steuer vom ganzen Reiche.

Grani hiess ein angesehener Mann in dem Heere König Herthiof's; man nannte ihn Hrosshârsgrani Grani ist ein Beiname Ôdhin's, und dieser ist auch wirklich unter dem Hrosshârsgrani verborgen, wie später offenbar wird.. Er wohnte auf Fenhring, einem Eilande bei Hördhaland, in dem Gehöfte, welches »zur Esche« hiess. Er bemächtigte sich bei dem Ueberfalle Starkadh's und flüchtete ihn nach Fenhring. Starkadh war damals drei Winter alt und blieb neun Winter auf Fenhring bei Hrosshârsgrani, wie er selbst sagt:

Als Herthiof dort Haralden erschlug,
in der Treuga ihn trog Treuga ist der feierlich beschworene Friede. Das Wort ist ein fränkisches, und entspricht dem altnordischen trygdh, dem deutschen Treue., der ihm trotzen konnte,
den Agdhirherscher des Athems beraubte,
und des Fürsten Söhne in Fesseln legte:

Mich Dreiwintrigen da von dannen führte
nach Hördhaland hin Hrosshârsgrani;
zur Esche dort ich auf erwuchs,
keinen Sippen ich sah der Sommer neune.

König Herthiof war ein grosser Heermann und lange Zeit auf Heerfahrten, und es war sein Reich feindlichen Anfällen sehr ausgesetzt. Er liess deshalb auf den Bergen Warten errichten und setzte Männer darauf, um aufzumerken und auf den Warten Zeichen zu geben, wenn Feinde kämen. Wîkar bewachte die Warte auf Fenhring selbdritter, und er sollte von da das erste Feuerzeichen geben, wenn ein Heer in Sicht käme, und dann jede Warte nach der anderen. Als aber Wîkar eine Zeit lang die Wache besorgt hatte, gieng er eines Morgens zur Esche, woselbst er Starkadh, seinen Fôstbruder Bruder durch Erziehung im gleichen Hause., fand, den Sohn Stôrwirk's. Er war erstaunlich gross, aber er war ein Aschenhocker und kohlschwarz und lag in der Stube bei dem Feuer. Damals war er zwölf Winter alt. Wîkar riss ihn empor und mass seinen Wuchs, denn er schien ihm wundersam emporgewachsen zu sein. Starkadh sagt selbst darüber:

Stark ich war, hatte stämmige Beine
zu langen Armen und leidem Antlitz.
Ein Ofenhocker bei der Asch' ich sass,
wenig hatt' ich Neugier in dem Winkel unten,

Bis Wîkar kam von der Warte herein,
Herthiof's Geisel in die Halle trat:
der erkannte mich, mich kommen hiess er,
aufrecht stehn und Antwort geben.

Mit der Hände Gespann umspannt' er mir
die harten Arme bis zum Handgelenke;
zwölfwintrig war ich, den Zahnwall hatt' ich
mit Haar umwachsen bis zum Haken Haken, Kinn. nieder.

Seitdem riss sich Starkadh empor, und Wîkar gab ihm Waffen und Kleider und sie giengen darauf zu Schiffe. Bald nachher sammelte Wîkar Volk um sich und bald waren sie ihrer zwölf. Alle waren Kämpen und Holmgangmänner Männer, die Zweikämpfe zu kämpfen wagen.; Starkadh sagt davon:

Es versammelte da den Sörkwi und Gretti
Harald's Erbe d. i. Wîkar. und den Hildigrîmi,
den Erp und Ulfi, Aur und Skumi,
den Hrôi und Hrotti, Herbrand's Söhne;

Den Styr und Steinthôri von Stadh im Norden,
auch kam der greise Gunnolf Blesi;
da waren wir dreizehn zusammen:
kaum sah man je kühnere Männer!

Darauf zog Wîkar mit seiner Schaar wider König Herthiof; aber als er merkte, dass hier Unfriede hersche, hiess er sein Volk darnach sich richten und bereit sein. König Herthiof hatte ein grosses Gehöfte, und der Ort war trefflich zum Kampfe geeignet, denn das Gehöfte glich fast einer Burg. In ihm waren siebenzig streitbare Männer, das ganze Werkvolk und die Dienstmänner nicht gerechnet. Aber sobald die Wikinge herankamen, machten sie einen so gewaltigen Angriff, dass sie die Grendel Verzäunung durch starke Balken. und Thüren erschütterten, und sie schlugen so wider die Thürflügel, dass die Verschliesse und Schlagbalken zerbrachen, welche die Thüre von innen verschlossen; die Mannen des Königes jedoch entwichen und die Wikinge gewannen den Eingang. Hier nun erhub sich ein gewaltiger Kampf; Starkadh sagt davon:

So kamen wir zu des Königes Zaune,
stürzten die Grendel, zerstiessen das Thorwerk,
brachen den Burgverschluss, brauchten die Schwerter,
ob auch siebenzig sich da wehrten.

Die kühnen um den König stunden;
ungezählt doch sind alle Knechte,
das Werkvolk all und die Wasserschlepper.

König Herthiof wehrte sich lange mit seiner Menge, denn es waren darunter viele versuchte Männer; aber da Wîkar auserlesene Männer um sich hatte und berühmte Kämpen, so lichtete sich vor ihnen bald die Schaar König Herthiof's. Wîkar war seinen Mannen immer voraus, wie Starkadh sagt:

Nur wenige konnten Wîkare folgen,
weil zuvorderst er stets im Gefechte stund;
wir hieben auf Helme und Hauptes Giebel,
Brünnen wir schlitzten und brachen Schilde.

Starkadh drang mit Wîkar tapfer vor wider König Herthiof, und sie gaben ihm den Tod. Viele Männer fielen da, viele wurden auch verwundet; Starkadh sagt:

Wîkare war der Weg eröffnet
und dem Herthiof die Heerfahrt vergolten;
wir schlugen Männer und schlitzten manche;
nicht fern ich stund da wo fiel der König.

Wîkar hatte also gesiegt und mit König Herthiof waren dreissig Männer gefallen und viele zum Tode verwundet; doch Wîkar verlor keinen seiner Streiter. Hierauf nahm Wîkar alle Schiffe, so viele ihrer König Herthiof hatte, und alles Volk, das er fieng, und darauf fuhr er nach Osten dem Lande entlang mit allen denen, die ihm folgen wollten. Er kam nach Agdhir, und es kamen zu ihm alle, die seines Vaters Freunde gewesen waren; so hatte er bald zahlreiche Mannschaft. Er ward zum Könige über Agdhir und Iadhar angenommen und er brachte unter sich Hördhaland und Hardhanger und das ganze Reich, das König Herthiof gehabt hatte. König Wîkar ward bald mächtig und der grösseste Heermann; jeden Sommer war er auf der Heerfahrt. Er fuhr mit seinem Heere ostwärts nach Wîk und landete an der Ostseite des Fiördhs, überzog dann Gautland und heerte weit hin. Als er jedoch nach Wæni hinauf kam, da kam ihm König Sisar entgegen von Osten her aus Kœnugardh. Er war ein grosser Kämpe und hatte zahlreiches Volk. Wîkar und Sisar hatten da einen harten Kampf, und Sisar drang mit Ungestüm vor und tödtete viele Männer aus dem Heere Wîkar's. Aber Starkadh war auch bei Wîkar's Heere und er trat dem Könige Sisar entgegen, und sie hatten da einen langen Kampf und es dachte keiner daran, dem anderen grosse Schläge zu sparen. Sisar schlug Starkadhe den Schild durch und hieb ihm mit dem Schwerte zwo grosse Wunden in das Haupt, zugleich spaltete er ihm das Schlüsselbein; dazu empfieng Starkadh noch eine Wunde oberhalb der Hüfte in die Seite. Er selbst sagt davon also:

Mit Wîkar warst du im Wængau nicht
an jenem Morgen, im Osten dort,
als wir Sisarn suchten im Felde:
das war Kraftwerk: kühneres giebt's nicht!

Mit dem Schwert' er mich schwer verletzte,
den Schild mir spaltend mit scharfer Klinge;
durch den Helm er das Haupt mir hart versehrte,
auch die Kinnlade zerklob er mir
und zerschlug mir links das Schlüsselbein.

Auch an der Seite sehr mich wundete
des Herben Schwert, an der Hüfte oben;
in die andere drang sein Eisengeer mir
mit kalter Spitze; kund dir giebt
die Telle der Narbe, wie tief er einstach.

Aber nun schlug Starkadh den Sisar quer über die Seite mit dem Schwerte, auch verwundete er ihn stark am Beine unterhalb des Knies und zum Schlusse hieb er ihm das andere Bein am Änkel durch, und da fiel König Sisar. Starkadh sagt darüber:

Von der linken Seite verletzt' ich ihn
mit bittrem Schwerte über'n Bauch quer hin;
mit Hassgrimm ich das Heerschwert führte,
und alle Kräfte auf ich wandte. Da die Erzählung mit den Versen sonst übereinstimmt, muss eine Strophe hier ausgefallen sein, welche die Verwundung der Beine und den Fall des Königes enthielt.

In diesem Kampfe fiel eine Menge Volkes und König Wîkar gewann den Sieg, die Kœnir aber, so viel ihrer noch übrig waren, wandten sich zur Flucht. Nach diesem Siege fuhr König Wîkar heim in sein Reich.

Nun aber brachte König Wîkar in Erfahrung, dass König Geirthiof in den Upplanden ein grosses Volk sammelte; mit diesem Heere wollte er gegen König Wîkar ziehen, um seinen Bruder, König Herthiof zu rächen. Da bot König Wîkar alles Volk in seinem Reiche auf und führte sein Heer nach den Upplanden gegen König Geirthiof. Sie schlugen eine grosse Schlacht und kämpften sieben Tage lang ohne Unterbruch; da fiel König Geirthiof und König Wîkar nahm den Sieg. Er legte nun unter sich die Upplande und auch die Thelamarken, weil Fridthiof, der König der Thiler, nicht daheim war in seinem Reiche. Des gedenket Starkadh, dass diess war der dritte Kampf, den König Wîkar in den Upplanden kämpfte. Er sagt:

Zum dritten Male der Dreistgesinnte
erhub der Hilda Hilda ist Walkyrie, ihr Spiel der Kampf. herbes Spiel,
bevor die Upplande ihm gehorchten
und Geirthiof ward der Gast der Hel.

Hierauf setzte Wîkar Häuptlinge über die Upplande, er selbst aber zog heim gen Agdhir und war nun mächtig über viele Männer. Er nahm ein Weib und hatte mit ihr zween Söhne; der ältere hiess Harald, der jüngere Neri. Dieser ward der klügste aller Männer, und alles, was er vorschlug, ward beschlossen; aber er war so habsüchtig, dass er nichts ohne Verdruss zu geben vermochte. Starkadh sagt darüber:

Der Sieggewohnte der Söhne zween,
zween Erbbewahrer erzeugt sich hatte;
der Herscher hiess Harald den älteren,
dem übergab er die Thelamarken.

Nach Golde, man sagt es, er gierig war,
Neri der Iarl, aber nütz' im Rathe,
Wîkar's Sohn, und welterfahren;
er beherschte die Upplandinge.

Jarl Neri war ein grosser Heermann, aber so habgierig, dass man alle, die geizig waren und ungern gaben, mit ihm zu vergleichen gewohnt war.– Als nun Fridthiof von dem Falle seiner Brüder Kunde erhielt, zog er in die Upplande und unterwarf sich das Reich, das Wîkar einst erobert hatte. Hierauf sandte er Boten an Wîkar mit der Forderung: entweder solle er von seinem Reiche Abgaben geben oder seines Heeres gewärtig sein. Starkadh sagt darüber:

Fehdebotschaft Fridthiof sandte
dem hohen Herscher, herbe Worte,
ob Schätzung wolle Wîkar zahlen
ihm, dem Herscher, oder Heergrimm dulden?

Auf diese Botschaft hin hielt er Volksversammlung und berieth sich mit seinen Rathgeben, was man antworten wolle, denn die Sache schien bedenklich. Sie riethen lange hin und her; Starkadh sagt:

Sie riethen lange, Rath war schwierig;
da kührte das Volk, der König solle
hochgesinnt zum Heerstreit ziehen.

Und so ward dem Könige Fridthiof entboten, dass König Wîkar sein Reich zu wehren gesonnen wäre.

Da erhub sich denn König Fridthiof mit seinem Heere und er war sehr begierig mit König Wîkar zu schlagen.– Ôlaf der scharfblickende war damals König über Nærîki in Swîthiodh. Er war mächtig und ein grosser Heermann. Er bot sein Volk auf in seinem Reiche und zog dem Könige Wîkar, seinem Freunde, zu Hülfe. Sie hatten nun ein gewaltiges Heer und zogen damit aus wider König Fridthiof, und gaben ihrem Heere die Aufstellung, die nach dem Eberhaupte benannt ist, als es zu dem Kampfe kam. Starkadh sagt:

Ostwärts kam Ôlaf Scharfaug',
ein Schwinger des Schwertes im Schwedenreiche;
all seine Heermacht der Herscher brachte,
zahlreich war der Zug des Fürsten.

Der Kampf ward hart, denn die Streiter Wîkar's drangen sehr heftig an, weil viele Kämpen unter ihnen waren. Starkadh sagt:

Wir kamen heran im Klange der Waffen,
des Königes Mannen des Kampfes froh,
da war Ulf und Erp der Kleine,
brünnlos ohne Brünne, ungerüstet. schlug ich mit beiden Händen.

Da nun Wîkar so kräftig eindrang mit seinen Kämpen, so lösten sich die Harste König Fridthiof's. Starkadh sagt:

Fridthiof beschloss Frieden zu suchen,
da Wîkar also wuthgrimm kämpfte,
und Starkadh auch, Stôrwirk's Sohn,
alle seine Obmacht zeigte.

Es war aber der gewaltigste und heftigste Streit, und es fiel ein grosser Theil des Volkes, das König Fridthiof herbei geführt hatte. Als er nun um Frieden bat, da hemmte König Wîkar sein Heer, und beide Könige traten zur Sühnung zusammen. König Ôlaf sollte den Vertrag zwischen ihnen festsetzen, und es lautete der Vertrag, dass König Fridthiof seine Herschaft in den Upplanden und Thelamarken aufgäbe und dass er aus dem Lande zöge. König Wîkar setzte seine Söhne über diese Reiche, er ernannte den Harald zum Könige über die Thelamarken, den Neri aber zum Iarl über die Upplande. Dieser schloss mit Gautrek, dem Könige von Gautland, Freundschaft, und man liest in einigen Büchern, dass Neri auch von Gautrek Herschaft erhalten habe über den Theil Gautlands, der ihm zunächst lag, und dass er auch ein Iarl König Gautrek's gewesen sei und sein Rathgebe, wenn des Noth war. Hierauf fuhr König Wîkar heim in sein Reich und ward durch diesen Sieg sehr berühmt. Ôlaf aber und Wîkar schieden in Freundschaft von einander und blieben seit dem immer Freunde.

König Wîkar hatte nun viele Kämpen um sich, und zwar die berühmtesten, doch war Starkadh unter allen der am meisten geachtete und er stund in grössester Gunst bei dem Könige. Er sass stäts auf dem Ehrensitze und war sein Rathgebe und Landwehrmann, und er erhielt viele Gaben von dem Könige. So gab er ihm einen Goldring, der drei Mark schwer war, aber Starkadh gab ihm dagegen das Eiland Thruma, das König Harald seinem Vater Stôrwirk geschenket hatte. Starkadh sagt selbst:

Mir gab Wîkar wälsches Gold,
den Ring, der meine Rechte schmücket;
drei Mark wiegt er, ich doch ihm Thruma gab.
Ich folgte dem Fürsten fünfzehn Sommer.

König Wîkar segelte von Agdhir nordwärts nach Hördhaland und hatte grosses Volk bei sich. Er lag lange vor einigen Holmen und hatte starken Widerwind. Sie warfen da den Spahn um guten Fahrwind Ein altheidnischer Brauch. Sie befragen den Ôdhin, was sie thun sollen, um Fahrwind zu erhalten, und zwar dadurch, dass sie Holzspähne (surculi, Tacit. Germ. 10; virgae vimineae, Amm. Marc. 31, 2) mit Zeichen versehen, sie in die Höhe werfen und, wenn sie wieder auf dem Boden liegen, deuten. Das Looss forderte hier die Tödtung eines Mannes. und er fiel so, dass Ôdhin aus dem Heere einen Mann haben wollte nach dem Loossfalle Sie sollten also loossen, wer dem Ôdhin geopfert, d. h. aufgehängt werden solle., und dass man diesen hängen sollte Die dem Ôdhin Geopferten wurden an Bäume gehängt, daher Ôdhin's Beiname: Hangatŷr, Hängegott., und das Looss traf den König Wîkar. Hierauf wurden alle still, und sie beschlossen, dass die Rathmänner am nächsten Tage wegen dieser schlimmen Geschichte sich besprechen sollten. Um Mitternacht weckte Hrosshârsgrani den Starkadh, seinen Ziehsohn, und verlangte von ihm, dass er ihn begleite. Sie nahmen ein kleines Boot, und ruderten zu einem Eilande zwischen den Holmen. Sie giengen an das Land und in einen Wald, und fanden da in dem Walde ein Gereute und darauf eine grosse Anzahl Leute, und es war da eine Versammlung anberaumt. Eilf Männer sassen da auf Stühlen, aber der zwölfte war leer; da gieng Hrosshârsgrani hin und setzte sich auf den zwölften Stuhl, und alle begrüssten ihn als Ôdhin Es sind die zwölf urtheilenden Âsen: Ôdhin, Thôr, Baldr, Hödh, Heimdall, Bragi, Forseti, Ty, Hermôd, Ull, Wali, Widhar, die jetzt hier versammelt sind. Vielleicht aber muss Baldr als todt gestrichen und dafür Niördh oder Frey gesetzt werden, welche beiden freilich keine Âsen sondern Wanen sind.. Er sagte da, dass sie als Richter das Geschick Starkadh's bestimmen sollten. Du nahm Thôr das Wort und sagte: »Alfhild, die Mutter von Starkadh's Vater, wählte zum Vater ihres Sohnes lieber den sehr weisen Iötun Siehe oben S. 393. als den Âsathôr, und so schaffe ich dem Starkadh, dass er weder Sohn noch Tochter haben, und dass er sein Geschlecht beschliessen soll.« Ôdhin erwiderte: »Ich schaffe ihm, dass er drei Mannesalter leben soll.« Thôr sagte: »Er soll in jedem Mannesalter eine Schandthat verüben.« Ôdhin erwiderte: »Er soll die besten Waffen und Kleider haben.« Thôr sagte: »Das schaffe ich ihm, dass er niemals Land noch Bauland haben soll.« Ôdhin erwiderte: »Das geb ich ihm, dass er Ueberfluss an fahrender Habe haben soll.« Thôr sagte: »Das lege ich auf ihn, dass er niemals genug zu haben wähnen soll.« Ôdhin erwiderte : »Ich gebe ihm Sieg und Tapferkeit in jeden Kampfe.« Thôr sagte: »Ich lege auf ihn, dass er in jedem Kampfe eine Leibwunde davon tragen soll.« Ôdhin erwiderte: »Ich gebe ihm Skaldschaft dichterische Befähigung., dass er nicht langsamer zum Worte als zum Werke sein soll.« Thôr sagte: »Er soll sich keiner That erinnern.« Ôdhin erwiderte: »Er soll den angesehensten und den besten Männern als der Höchste gelten.« Thôr sagte: »Allem niederen Volke soll er verhasst sein.« Da urtheilten die Richter, dass dem Starkadh alles das werden solle, was gesagt worden sei, und die Versammlung trennte sich; Hrosshârsgrani aber und Starkadh giengen zu ihrem Boote. Da sagte Hrosshârsgrani zu Starkadh: »Wirst du mir, Pflegesohn, nun auch wohl lohnen die Hülfe, die ich dir geleistet habe?« »Wohl! « sagte Starkadh. »Da sollst du nun den König Wîkar mir senden, sagte der Alte, aber ich werde selbst die Mittel dazu in deine Hand legen«, und er gab ihm einen Geer und sagte, dass er allen ein Rohrschoss zu sein scheinen werde.

Sie fuhren nun zu dem Volke zurück, und der Tag begann anzubrechen. Am Morgen nun traten die Rathgeben des Königes wieder zusammen und sie wurden einig, dass sie das Opfer in Erinnerung bringen wollten, und Starkadh theilte ihnen mit, wie er es anstellen wolle. Nahe da bei ihnen stund eine Föhre und daneben ein hoher Stock, von der Föhre aber hieng ein dünner Ast nieder. Nun bereiteten die Diener den Männern die Mahlzeit, und es ward dazu ein Kalb geschlachtet und ausgeweidet. Starkadh nahm da die Därme, stieg auf den Stock und umwickelte den dünnen Ast mit denselben. Darauf gieng er und sagte dem Könige: »Nun ist der Galgen für dich hier bereit, und er wird dir nicht sehr gefährlich scheinen. Komm nun, ich will die Schnure dir um den Hals legen.« Als der König die Zurüstung sah, sagte er: »Möge diese Zurüstung nicht gefährlicher sein, als sie mir zu sein scheinet! Doch glaube ich, dass mir das nicht schaden werde; ist es aber anders, so mag das Glück walten, was auch unternommen wird.« Hierauf stieg er auf den Stock, Starkadh schlang ihm den Strick um den Hals, sprang dann vom Stocke herab und stach mit dem Rohrsprosse nach dem Könige, indem er sagte: »Nun gebe ich dich dem Ôdhin!« Zugleich liess er den Föhrenast los: da ward der Rohrspross zu einem Geere und ragte von dem Könige, der Stock fiel unter seinen Füssen um, aber der Zweig, der durch die Därme zu einem starken Seile geworden war, schnellte in die Höhe und hub den König bis an die Aeste empor. So starb der König, und die Holme heissen seitdem Wîkarsholme.

Durch diese That ward Starkadh dem gemeinen Volke sehr verhasst, und so ward er zuerst landflüchtig von Hördhaland, entwich aus Norwegen ostwärts nach Swîthiodh und weilte da lange bei den Uppsalkönigen Eirek und Alfrek, den Söhnen Agni's Skialfarbôndi's Skialf ist ein Name der Freyja. Der Beiname bedeutet also: Hauswirt der Freyja und hat Bezug auf den Freyjadienst zu Uppsala., und nahm an ihren Heerfahrten Theil. Einst fragte Alfrek den Starkadh, was er Neues von seinen Freunden zu sagen wisse, oder von sich selbst? Da fertigte Starkadh das Gedicht, welches das Wîkarslied heisset, und darin spricht er also von der Ermordung dieses Königes:

Ich folgte dem Fürsten, den ich als frömmsten Das alte fromm bedeutet thatkräftig. kannte,
sorgte da weislichst für mein Wohlergehn,
bevor der edle (die Unholde Er meint die Götter. wollten's!)
hin, und zurück nicht, nach Hördhaland fuhr.

Um diese That Thôr mir schuf
Neidings des Weltverhassten. Namen, Noth mancher Art;
ruhmlos musst' ich Ruchloses üben.


Wîkarn ich musste an Waldes Baume,
Geirthiof's Tödter, den Göttern weihen;
in des Königes Herz ich den Kampfgeer stiess:
harmreichst ist mir diess meiner Hände Werk.

Wilde Wege wallte seitdem ich,
den Hördhern verhasst und herzbeklommen,
der RingeRinge bezeichnen Geld und Gut. baar, des Ruhmes ledig,
herrenlos, ohne Huld und düster.

Nun suchte ich denn in Swîthiodh hier
der Ynglinge Sitz zu Uppsala;
hier lassen mich, so lang' ich will,
den schweigsamen Mann die Schwedenherscher.

Man sieht an diesen Worten Starkadh's, dass ihm unter allen seinen Thaten die Ermordung Wîkar's als die verruchteste und schnödeste erschien, und wir haben nicht gehöret, dass er seitdem je wieder in Norwegen heimisch ward.

Als nun aber Starkadh zu Uppsala weilte, da waren auch daselbst zwölf Berserke, für Sold dienende Männer, und sie waren gegen ihn sehr heftig und spottsüchtig, die wüthigsten darunter aber waren die beiden Brüder Ulf und Ôtrygg. Starkadh verhielt sich schweigsam, aber die Berserke nannten ihn einen wiedergeborenen Iötun und einen NeidingAllverhasster.. Er sagt selbst:

Man setzte mich hier zum Söldnertross,
mich haargreisen, hochberühmten;
die Spätlinge hier spotten mein,
und häufen Hohn auf des Herschers Sänger.

An mir zu sehen die Männer wähnen
der acht Arme Iötunzeichen Die Iötune (Riesen) werden als vielgliederig gedacht.,
deren Fiörgyn's SohnFiörgyn (goth. Fairguni, das Gebirge) ist Thôr's Mutter. am Fels des Nordens
den Hergrîmstödter aus Huld beraubteHergrîmstödter ist der Riese Starkadh, unsers Starkadh's Grossvater..

Die Männer lachen, wenn an mir sie schauen
der Lippen WülsteDie Narbenwülste von Wunden, die er erhielt, sind gemeint., die lange Nase, die
grossen Arme, das graue Haar,
den rauhen Hals, die Haut voll Rümpfe.

Da nun die Könige Eirek und Alfrek ruhig daheim sassen, so fuhr Starkadh auf Heerfahrt mit dem Schiffe, das ihm König Alfrek gegeben hatte, und er hatte es mit Normannen und Schweden bemannet. Er fuhr weit umher, bestund Schlachten und Einzelkämpfe und war stets sieghaft.


Anmerkung.

Diese Sage ist ohne Zweifel hervorgegangen aus einem Gedichte Starkadh's über seine Fahrten, Erlebnisse und Schicksale, und die in die Sage aufgenommenen Strophen sind wohl sicher Bruchstücke dieses Gedichtes, die freilich hie und da Veränderungen erlitten haben dürften, denn an einigen Stellen fehlt sogar der Stabreim. Andere Thaten unsers Helden sind oben S. 201; 210--234; 286--316 mitgetheilt worden, so dass wir wohl fast sein ganzes Leben überblicken können. In ihm haben wir das treue Bild eines rauhen nordischen Kämpen, der begreiflich von Ehre und Schicklichkeit andere Begriffe hat als wir heut zu Tage.



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