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3. Starkadh's Tod.

Nach der Vernichtung der Söhne Swerting's Siehe oben die Sage von Ingeld, S. 209. hatte Starkadh Ingeld's Hof verlassen und war nach Schweden zurückgekehrt. Hier gieng er in die Dienste Regnwald's, welcher den König der Dänen, Ingwi, den Nachfolger Halfdan's, bekriegt und besiegt hatte. Aber dessen Sohn Sigward setzte den Kampf fort. Es kam auf Sælund zu einer Schlacht, und da in Beider Heere Krieger von grosser Tapferkeit waren, so dauerte sie drei Tage lang und war sehr blutig, ohne jedoch eine Entscheidung herbeizuführen. Da beschloss Othar, der Sigwald's Schwester, Sigrith, zur Gattin hatte, sei es nun, dass er des täglichen Kampfes müde war oder dass ihn Ruhmbegierde anreizte, der Sache ein Ende zu machen. Den Tod verachtend drang er in die dichtesten Schaaren der Feinde, erlegte den Regnwald mitten unter seinen tapfersten Kriegern, und gewann den Dänen auf diese Weise schnell den Sieg. Diese Schlacht ist besonders ausgezeichnet durch die Zagheit der berühmtesten Häuptlinge. Es sollen durch plötzlichen Schrecken erfasst vierzig der tapfersten schwedischen Häuptlinge geflohen sein und unter ihnen auch Starkadh, der, wie man weiss, keinen Grimm scheute und vor keiner Gefahr zurückwich. So weiss man nicht, wie ihn jetzt die Furcht überkam, so dass er lieber die Flucht seiner Genossen theilen, als sie hindern wollte. Einige glauben, dass ein Gott ihn hier in Furcht gesetzt habe, auf dass er nicht wähne, durch seine Tapferkeit alle menschliche Tapferkeit zu übertreffen. Später sammelte er die Trümmer des Heeres, welches Haki, der berühmteste der Seekönige gehabt hatte, um sich, und trat mit ihnen in Waffenbündniss.

Mehrere Jahre verschwindet er jetzt aus unsern Augen, wir begegnen ihm erst wieder, als er, im höchsten Alter stehend und zu ferneren Kämpfen untauglich, seinem Leben freiwillig ein Ende zu machen beschloss, und zwar auf eine Weise, dass ihn nicht die Schwäche des Greisenalters seines alten Ruhmes beraube. Eines unblutigen Todes zu sterben hielt er, der in so vielen Kämpfen geglänzt hatte, für seiner unwürdig, und so wollte er lieber von irgend einem freien Manne erschlagen werden, als auf seinem Lager sterben. Matt am Leibe und auch des Gesichtes beraubt nahm er alles Gold, welches ihm Ôli's Ermordung eingetragen hatte, auf seine Schulter, um, wenn es nöthig sein sollte, sich damit einen Tödter zu erkaufen, und er glaubte den Mord des Königes nicht besser sühnen zu können, als wenn dasselbe Gold, welches dem Ôli den Tod gebracht hatte, jetzt auch die Ursache seines Todes werde. Er umgürtete sich mit seinen beiden Schwertern, und nahm zwei Krücken, um seine wankenden Schritte zu unterstützen. Als ihn einer seiner Landsleute so erblickte und, weil er glaubte, dass der Greis zweier Schwerter nicht bedürfe, ihn spöttisch bat, ihm eines derselben zu schenken, so hiess ihn Starkadh näher treten, um das verlangte Schwert in Empfang zu nehmen. Als Jener darauf an ihn herantrat, riss er rasch das eine Schwert von der Seite und durchstach ihn. Diess sah ein gewisser Hadhar, dessen Vater, Hlenni, Starkadh einst, um den Tod eines Verwandten zu rächen, getödtet hatte. Hadhar war gerade beschäftigt mit seinen Hunden dem Wilde nachzuspüren, er gab aber, durch das, was er erblickte, bewogen, sofort seine Jagd auf und befahl zweien seiner Begleiter, ihren Rossen die Sporen zu geben und auf den Greis einzusprengen, um ihn in Furcht zu setzen. Sie sprengten an, aber Starkadh empfieng sie ruhig und schlug sie mit seinen Krücken todt. Als Hadhar diess erblickte, sprengte er rasch heran; er erkannte den Greis ohne von ihm erkannt zu werden, und fragte ihn, ob er nicht für eines seiner Schwerter einen Wagen eintauschen wolle. Starkadh erwiderte ihm, er sei früher stets gewohnt gewesen, Hohn zu bestrafen, und niemals habe er sich von Unverschämten ungestraft beleidigen lassen. Da er den Jüngling nicht an den Zügen des Gesichtes zu erkennen vermochte, begann er die Grösse seines Zornes auf folgende Weise kundzugeben:

Wie rückkehrlos die rauschende Fluth
      im Strombett vorwärts strömet;
so läuft dahin unser Leben auch,
      da schnell die Jahre schwinden.

Der Norne Gang, wenn auch Nebel sie hüllt,
      die Fussspur lässt uns finden;
nicht anders es ist: das Alter es lehrt,
      das alle Dinge endet.

Die Sehkraft es stumpft, das Gesicht es entstellt,
      dem Schritt es Schranken setzet;
den Muth es bricht den Männern fürwahr,
      und raubt den Glanz dem Ruhme.

Die gute That es vergessen macht,
      die steifen Füsse stolpern;
das Ohr es betäubt, den Athem es bricht,
      die Stimme macht es stocken.

Den munteren Geist es in Müde versenkt,
      den Hals auch quält der Husten;
zu reiben es zwingt die räudige Haut,
      das Mus beschwert den Magen.

Der Frass des Zahns nie Friede gewährt,
      es blich der Jugend Blüthe;
gewichen ist, ach, der Wangen Roth,
      die reich an schwarzen Runzeln.

Dem Alter erliegt der Ahnen Verdienst,
      es beugt der Kunst Gebilde;
den Denkstein es neigt, den Dank es verlescht,
      geweiht verdientem Wirken.

An mir ich ja selbst die Mängel erkenn',
      die Allen bringt das Alter;
was Freude mir war in früherer Zeit,
      als Leid ich's heut erlebe.

Die Stärke mir schwand, der Stütze bedarf
      mein Leib, so mehr je länger:
auf Krücken gestützt mein krankes Gebein,
      so schlepp' ich mich und schleiche.

Die Richte der Bahn die Ruthe mir zeigt,
      der Führerin ich folge;
denn ihr nur ich darf, nicht dem Auge vertrau'n,
      drum lass' ich sie mich leiten.

Mein Auge ward blind, mein Ohr mir versagt,
      die Stimme mir sich stumpfte;
denn klanglos ward, einst klingend, mein Wort,
      mein rauher Athem röchelt.

Kein Mensch in der Welt sich mein nun erbarmt,
      kein Kämp' um mich sich kümmert,
wenn Hadhar gerad' nicht im Heere verweilt,
      und freundlich hilft dem Freunde.

Denn wen er der Gunst für würdig erkennt,
      wem Huld er trägt im Herzen,
den treulich er pflegt und traut er ihm bleibt,
      sein Wort er immer wahret.

Die Recken er oft mit Ringen betheilt
      für kühne That in Kämpfen;
den Muth er erweckt, die Männer er ehrt,
      den Freund Geschenk' erfreuen.

Sein Gold er vergabt, den Gästen des Mahls
      er bietet stets das Beste;
so rüstig er wahrt sein rühmliches Lob:
      er ragt ob allen Reichen.

Nicht minder jedoch ist er muthig im Streit,
      den Ty verehrt der Tapfre;
zum Trotze bereit, stets träge zur Flucht
      beut Stolzen er die Stirne.

Doch mir auch, erwäg' ich meinen Beruf,
      nie Rast beschied die Norne;
seit kindlicher Zeit war Kämpfen mein Loos:
      im Sturm auch werd' ich sterben.

Nur blutige Tag' erblicken ich kann,
      so lang ich leb' im Leibe,
nur Lagergewühl, nur lärmenden Kampf;
      stets fremd war mir der Friede.

Bezeug' es mir du, Erzeuger des Streits,
      du Allverwüster, Ôdhin,
dass deinem Gebot ein Diener ich stets
      ergraut' im Kampfes Grausen!

Nie fühlt' ich je Furcht, und Fechten nur schien
      mir ruhmvoll, Schmach die Ruhe;
des Mordes Gewühl den Muth mir erhub,
      der Feinde stolze Fällung.

Oft kämpfen ich sah der Könige Grimm,
      die Helm' und Schilde hauen;
die Brünnen zerbrach der breite Geer,
      in Blut die Felder blühten.

Es wühlte der Wolf, der Wälder Genoss',
      im Leibe der Erlegnen;
der Rabe zerriss mit rauhem Geschrei
      der Unbegrabnen Antlitz.

Der Eine vielleicht mit eifrigem Muth
      die Hand im Kampfe hebend,
in Streites Gewühl entstrickt er den Helm,
      zerhaut des Scheitels Haube; Die Kettelhaube, die man unter dem Helme trug, angelsächsisch Heafola, im spätern Mittelalter Hærsenir genannt.

Der Andre jedoch, noch eifriger traun,
      den Schlag vergilt mit Schlage;
nicht schurfet er nur, den Scheitel er ihm
      durchhaut zusammt dem Helme.


Hadhar erwiderte nun ihm darauf mit folgenden Worten:

Woher kommst du, wackrer Kämpe, alter Sagen Künder? Sprich!
Vaterländscher Sänger Führer, deiner Fahrt verwundert mich!
Stützest ja mit festem Stabe deiner stumpfen Füsse Tritt!
Wohin denkst du, Danlands Sänger? Wohin lenkst du deinen Schritt?
Deine Kraft ist hingeschwunden, ein sich krümmt dein kranker Leib,
farblos ist, gefurcht dein Antlitz, feindlich frohem Zeitvertreib.
Heiser, harsch ist deine Stimme, haarlos ist dein wankend Haupt;
nicht mehr bist du, der du warest, gleichst dem Baume, der entlaubt;
denn das Gift des Greisenalters hat dich ganz und gar entstellt,
hat die Stärke dir gebrochen, und dir die Gestalt zerschellt;
denn wie Sturm und Sturzfluth endlich auch das stärkste Schiff versenkt,
so das Alter sonder Irren dich zur Unterirdschen Die Hel ist gemeint. lenkt.
Sprich, wer sonst dich, Sänger, fortscheucht von der Jugend süsser Lust,
Baumerklimmung, Balleswurfe, kühnem Ringen Brust an Brust?
Weislich wirst du handeln, Waller, kaufst du Wagen dir und Ross,
für dein Schwert,– nicht Kämpe scheuet seinen Schwung mehr, noch der Tross.
Fahren oder reiten magst du dann mit Fug, wie dir's behagt:
wem die Füsse nicht mehr folgen, der soll fahren, Jeder sagt.
Willst du keck sein, nicht verkaufen dein im Kampfe nutzlos Schwert,
raubt's, entrissen, dir das Leben, röchelst dann, zu spät bekehrt.

Starkadh entgegnete darauf:

Frecher Schwätzer, frevle Worte streut dein frahner frahn = lose, spöttisch. Mund umher,
würdigem Manne widerwärtig; Widersinn ist dein Begehr.
Für die Leitung Lohn verlangst du, die zu leisten, traun, gebührt
ohn' Entgeltung jedem Guten? Goldsucht nur nach Gaben spürt!
Mag zu Fusse fürder wandern, kaufe fremde Hülfe nicht;
soll mein Schwert mit Schmach ich meiden, schmählich wäre der Verzicht.
Den du freundlich führen solltest, warum kränkt dein frecher Mund
den mit Hohn und herbem Spotte? warum thust du Hass ihm kund?
Meiner tüchtigen Jahre Thaten, die der Tugendhaften Lob
mir zum Ruhme rechnet, warum schmähest du sie rauh und grob?
Mein Verdienst ist mein Verbrechen: also denkst und deutest du,
schnöder Schwätzer? Aber büssen wirst die Schmach du mir im Nu!
Warum höhnst du greisen Kämpen, der einst hochgesinnt und kühn
reichen Ruhm erfocht in Streiten? Ruhmes Baum bleibt immer grün.
Und mein Schwert, wie magst du's heischen, weil zu schwach zum Kampf ich sei?
Keines Zagen Lende ziemt es, wer da zittert, lass' es frei!
Keines Rinderhirten Rechte soll es rühren, ob er auch
weiss ein ländlich Lied zu singen auf sein Liebchen und den Lauch.
Besser du die Heerde weidest, und besorgst des Hornviehs Mast,
sitzest schmunzelnd bei den Mägden, nah' dem Schmalztopf, als ihr Gast,
tränkst im Saft des süssen Ankens Anken = Butter. frische Semmeln eifervoll,
dass sie hähl den Hals durchschlüpfen, bist ein Held da Zoll für Zoll!
Schmierst auf schmeidige Weggen sorglich zarten Schmalz gehörig dick,
leckest heimlich dann die Finger, aber mit erhelltem Blick.
Bist geschickter, hinzubreiten deine Schaub' in Heerdes Schutz
und am Ofen einzuduseln, ungelenksam wie der Butz Vogelscheuche.,
als in Kämpfen keck zu streiten, Kühne zu besteh'n mit Muth,
und des Schwertes Durst zu stillen durch der düstern Feinde Blut.
Winkelhocker, Feind der Sonne, Wanstes Fröhner, gleich du bist
einem Farch, der faule Körner samt den Hülsen gierig frisst.
Traun, mein Schwert du nicht verlangtest, als ich Ôli's schwinden Sohn
mit Gefährdung meines Lebens feindlich angieng, wie gewohn;
dreimal fiel der kecke Dränger, dreimal sprang er dreist empor,
ich besiegt' ihn, aber sandt' ihn nicht durch Sigty's hohes Thor Das Thor Walhall's ist gemeint; Sigty ist Ôdhin. Er hat ihn also nicht im Kampfe getödtet.;
denn in jenem Kampfe, Jüngling, jauchzte selten, dem mein Schwert
hell erklang, denn Hände fielen, Häupter sanken, hoch an Werth.
Also stund ich dort im Streite; kühn ich drauf am Strande stritt
kecker Kuren, wo der Kämpfer über Keil' und Stacheln schritt.
Arglist voll die Gegner hatten Eisenangeln ausgestreut,
ihren Feinden, traun, sie machten jeden Fusstritt unerfreut;
doch ich lehrte listig wenden, was der Feinde List ersann:
Holzschuh' an die Füsse schnürten unsere Helden Mann für Mann.
Als zum Kampf es kam, bestritt ich kühn der Kuren wilde Schaar,
fällte Hama, der der Stärkste von dem ganzen Haufen war.
Bald zur Flucht die Kuren neigten, als mit Flêbak's Sohne schnell,
mit dem raschen Rîn ich andrang (war beim Rammel mir Gesell).
Dann den Uebermuth der Esthen hab' ich auch mit Ernst gedämpft,
habe Sâmlands wilde Horden siegreich mit dem Schwert bekämpft.
In die Thelamarken ferner wandt' ich mich aus Thatendrang,
doch mit blutigem Haupte kehrt' ich, hart auf ihm der Hammer klang;
mit den Schlägeln sie mich schlugen in der Schlacht da Mann für Mann,
dass der rothe Strom des Blutes strahlend mir vom Haupte rann.
Da zuerst ich lernte kennen, was das Amboswerk vermag,
wenn es muthiger Männer Arme mächtig schwingen Schlag um Schlag.

Drauf die Sachsen ich bezähmte, Swerting's Söhne, jung und keck,
rächend Frôdhi's, meines Königs, Frevelmord, bei Trunk und Schleck.
Minder, traun, nicht war der Mordkampf, als ich um die theure Maid
sieben Brüder siegreich fällte, voll zu sühnen all ihr Leid; In der Prosa sind es neun Brüder; die Maid ist Helga.
fielen all' in einem Kampfe, das bezeugt mir jener Ort,
wo kein Gras mehr grünt auf dürrem Rasen, der ergraute dort,
ganz zerfressen, als die Galle, mich befreiend, von mir gieng:
nie wird er sich neu beleben, der des Neidgrimms Saft empfieng. In der Prosa anders erzählt.
Dann bekämpft' ich Kers, des Fürsten, kampfbereite Flott' im Meer,
nahm sein Schiff, das wohlbemannte, fernhin scheucht' ich all sein Heer.
Waza'n In der Prosa Waske. schlug ich drauf, dann jenen wollustgieren, weichen Schmied,
ihm das Fütel spaltend nahm ich ihm zugleich das vordre Glied.
Wisin dann, der Waffen stumpfte ab dem Waldfels durch den Blick–
nichts ihm half sein Hexenkunststück, denn ich hieb ihn in's Genick.
Hlêrs vier Söhne drauf ich fällte, und es sanken meiner Hand
dann der Bjarmer stolze Kämpen; Beute bot der Iren Land
drauf, nur ihren König fieng ich; und die Kunde Jeder theilt,
was ich that im Brâwall-Kampfe; keine Zeit den Bruch verheilt. Die Trennung Schwedens von Dänemark.
Doch was zaudr' ich, und was zögr' ich? Meine Thaten zahllos sind,
nicht erwähnen kann ich alle, nie sie doch verweht der Wind.
Mehr sind wahrlich meiner Thaten, als kann melden Mannes Wort;
das Gerücht erliegt dem Ruhme, wie's auch raune fort und fort.


So sagte Starkadh. Endlich, als er sich mit Hadhar, dem Sohne Hlenni's, durch Wechselrede gemessen hatte und er den Jüngling von vornehmer Abkunft erkannte, bot er ihm seinen Hals zum Durchhauen dar, und ermahnte ihn, dass er sich nicht scheuen solle, an dem Tödter seines Vaters Rache zu nehmen. Wenn er diess thue, so solle ihm das Gold gehören, welches er einst von Hlenni empfangen habe. Und dass er ihn noch mehr gegen ihn aufreize, fuhr er also fort:

Hadhar, das auch musst du hören: deinen Vater Hlenn ich schlug:
diesen Dienst du mir erweise; traun, du dienst mir, bist du klug!
Stürz' ihn in den Staub doch nieder, diesen Greis, der sterben will,
hau' mein Haupt mir ab als Rächer, sieh', fürwahr, ich halte still.
Will berühmten Tödter haben, ich den reicher Ruhm bedeckt,
denn durch Halblings Hand zu sterben fühlt mein Herz sich abgeschreckt.
Fester Fügung des Geschickes vorzugreifen ist das Recht
freier Männer; frei zu sterben fürchtet fröstelnd nur der Knecht.
Was der Mensch, der Midgards-Bürger, zu vermeiden nicht vermag,
das zu fördern, wie ich fühle, hat er Fug jedweden Tag.

Jungen Baum soll auf man ziehen, alten fällen; wer das thut,
wer da stürzt, was nicht mehr stehn kann, der beweist Verstand und Muth.
Wenn den Tod man wünscht, am rechten Tage dann fürwahr er raubt,
wenn das Leben leid geworden, wenn das Grab man lichter glaubt.
Weiss man, dass der Stunden jede nur verstärket unsre Last,
ist, wenn treu die Pflicht wir übten, uns der Tod ein trauter Gast.


Indem er so sprach, nahm er das Gold aus dem hervorgezogenen Beutel. Hadhar jedoch, ergriffen von der Begierde sowohl des Goldes sich zu bemächtigen als auch seinen Vater zu rächen, versprach seinen Bitten nachzukommen. Starkadh reichte ihm sofort sein Schwert und bog dann seinen Nacken ihm entgegen, indem er ihn ermahnte, er solle weder des Tödters Amt verzagt verwalten noch des Schwertes sich weibisch bedienen. Zugleich sagte er ihm, dass, wenn er nach vollbrachter Tödtung, aber bevor sein Leib zu Boden falle, zwischen Haupt und Rumpf trete, so würde er allen Waffen unverletzbar werden. Es ist ungewiss, ob er dieses gesagt habe, um seinen Tödter zu belehren oder zu bestrafen; denn es konnte ja geschehen, dass die Wucht seines grossen Leibes den dazwischen Tretenden niederwerfe und tödte. So tödtete also Hadhar mit scharfem Schwerte den Greis, indem er ihm das Haupt abschlug. Man erzählt, dass das vom Leibe getrennte und auf die Erde geschleuderte Haupt in den Boden gebissen und dadurch die Wildheit seiner Seele beurkundet habe. Hadhar jedoch befürchtete, hinter den Versprechungen könne ein Trug lauern, und hütete sich kluger Weise, zwischen Haupt und Leib zu treten. Denn hätte er Starkadh's Rath thörichter Weise befolgt, so wäre er wahrscheinlich durch die Wucht des fallenden Rumpfes getödtet worden, und hätte durch seinen Tod für den Tod des Greises gebüsst. Er wollte jedoch nicht den Leib eines so gewaltigen Kämpen des Scheiterhaufens entbehren und unbegraben liegen lassen, und so trug er Sorge, dass der Leib desselben auf dem Felde Râliung verbrannt und dann bestattet ward.


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