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3. Hiarn, Fridlêf und Frôdhi IV.

Nach dem Tode Frôdhi's wähnten die Dänen fälschlich, Fridlêf, welcher in Russland erzogen ward, sei gestorben, und da also das Reich eines Erben zu ermangeln schien und nicht im königlichen Geschlechte erhalten werden zu können, erklärten sie denjenigen für den Würdigsten des Herscherstabes, der zur Verherlichung Frôdhi's an dem frischen Grabhügel desselben ein Lobgedicht anheften und den Ruhm des verstorbenen Königes den Nachkommen auf die beste Weise kund thun würde. Damals lebte ein gewisser Hiarn, der in der dänischen Dichtkunst sehr erfahren war. Diesen verlockte die Grösse des Lohnes, den Ruhm des Königes durch ein Gedicht zu verherlichen. Er dichtete also sein Gedicht, und die Dänen belohnten ihn dafür mit der Krone. Da Saxo selbst sagt, dass er nicht das Gedicht, sondern nur dessen Inhalt mittheile, so will ich seine Verse in dem von ihm gewählten Masse wiedergeben

Frôdhin, dem langes Leben die Dänen wünschten, ihn trugen,
      Als er gestorben war, lang' sie von Gau hin zu Gau.
Hier des erhabenen Königes Leib bedecket der Hügel,
      Heiter der Himmel bestrahlt ihm das errichtete Grab.

Zur selben Zeit starb Erik, welcher Schweden verwaltete, an einer Krankheit. Sein Sohn, Halfdan, der das väterliche Amt verwaltete, ward durch häufige Anfälle der zwölf norwegischen Brüder in Schrecken gesetzt; auf dass er nun nicht, wenn er besiegt sei, ihrer Rache verfalle, so bat er den Fridlêf, der damals in Russland lebte, um Hülfe. Er trat ihm also bittend entgegen und klagte über die Anfälle der auswärtigen Feinde. Fridlêf unterstützte ihn, nachdem er die Nachricht von dem Tode seines Vaters vernommen hatte, und trug dann seine Waffen nach Norwegen. Nun hatten die genannten Brüder, da sie von ihren Genossen verlassen worden waren, innerhalb der vom reissenden Strome umgebenen Insel einen sehr hohen Wall errichtet und die Erdbefestigung auch in der Ebene ausgedehnt; dieses Ortes bedienten sie sich als Zufluchtstätte, wenn sie die Nachbarn durch häufige Einbrüche beunruhigt hatten. Denn wenn sie das Eiland verliessen, so pflegten sie mittelst einer von ihnen errichteten Brücke das Festland zu betreten. Die Verbindung zwischen Thor und Befestigung pflegten sie durch Seile herzustellen und im Gange zu erhalten, dass die Thüre gleichsam an einem Angel sich herumdrehete und bald einen Weg über den Fluss bahnte, bald durch einen verborgenen Zug der Stricke geschlossen ward. Es waren aber diese Jünglinge kühnen Geistes, in der Kraft der Jugend, kampffähig nach der Beschaffenheit ihres Leibes, berühmt durch Siege über Riesen, gefeiert als Bezwinger vieler Völker, reich durch Kriegsbeute; die Namen einiger derselben waren: Biörn, Gêrbiörn, Gunbiörn, Arnbiörn, Stênbiörn, Îsbiörn und Thorbiörn; der übrigen Namen sind unbekannt. Biörn soll ein Ross gehabt haben, ausgezeichnet durch Stärke und so rasch durch Schnelligkeit, dass, wenn die andern den Strom zu überschwimmen nicht vermochten, dieses allein den widerstrebenden Wirbel unermüdet überwand. Die Strömung seiner Wogen aber war so rasch und so gewaltig, dass er Thiere, welche ihre Schwimmkraft verliess, meistens hinunterschlang. Denn entspringend auf den höchsten Gipfeln der Berge, ward er an den Abstürzen derselben durch Felsen aufgenommen und zerbrochen, und stürzte sich mit grossem Geräusch seiner Wogen in die Tiefe der Thäler; aber durch ununterbrochenen Widerstand der Felsen zurückgeschleudert, bewahrte er die Schnelligkeit seiner Strömung immer in gleichem Masse. Daher ist im ganzen Laufe des Flussbettes, da die Wellen stets gleichmässig gebrochen werden, überall der Schaum silberweiss. Aber wo er aus den Engen der Klippen gelöst, langsamer dahin strömt, bildet er aus einem entgegenstehenden Felsen ein Eiland. Ein von beiden Seiten abstürziger Berg ragt hier empor, von verschiedenen Bäumen bewachsen, deren Vortritt den Strom aus der Ferne zu überblicken nicht gestattet. Ausserdem hatte Biörn einen Hund von ungewöhnlicher Wildheit, der wegen seiner schrecklichen Bissigkeit jedem Menschen gefährlich war, und er hatte oft allein es mit zwölf Männern aufgenommen. Wie ich gehört habe, soll er einst die Heerden des Riesen Ôfôti auf der Weide beschützt haben. Ôfôti (der Fusslose) ist nach der Edda Snorri's ein Sturmriese (Riesen erregen die Stürme). Seine Herden sind die Wolken. Dass er, um diese zu bewachen, eines starken und raschen Hundes bedarf, ist selbstverständlich. Aber diese Jünglinge, gewöhnt die Nachbarschaft durch räuberische Anfälle zu belästigen, richteten oft grosse Niederlagen an. Die Wohnungen zu plündern, die Heerden niederzuwerfen, alles zu verwüsten, grosse Beute fortzuführen, die ausgeplünderten Gebäude zu verbrennen, die Männer zuweilen zugleich mit den Weibern umzubringen: das alles galt ihnen für rühmlich. Fridlêf nun stellte sich ihrem vorhergesehenen Einbruch entgegen und zwang sie, in ihre Befestigung sich zurückzuziehen, nachdem er ihnen das starke Ross abgenommen hatte, welches von Furcht betäubt der Reiter, um seine Flucht zu beschleunigen, diesseits des Stromes zurückgelassen hatte, da er nicht wagte, dasselbe mit sich über die Brücke zu nehmen. Auch hatte Fridlêf bekannt machen lassen, dass, wenn einer jener Brüder getödtet würde, er den Leib des Erschlagenen zum Lohne des Siegers mit Golde aufwägen wolle. Durch dieses Versprechen wurden einige der königlichen Kämpfer gereizt, aber nicht durch Habsucht, sondern nur durch den Drang der Tapferkeit, mit anerkennender Zustimmung Fridlêf's zu geloben, dass sie die That vollbringen wollten. Sie riefen alles Unheil auf sich herab, wenn sie nicht die abgeschnittenen Häupter der Räuber zurückbrächten. Fridlêf lobte ihre Tapferkeit und ihre Verheissung, befahl den Richtern aufzumerken, und begab sich mit einem einzigen Begleiter bei Nacht an den Strom; er beschloss nämlich, durch eigene Tapferkeit der fremden Hülfe zuvorzukommen, auf dass er nicht reicher an fremden als eigenen Kräften erschiene. Zunächst nun tödtete er seinen Begleiter durch häufige Schläge mit einem Kieselsteine und warf den Leichnam in die Wellen; die ihm abgezogene Rüstung legte er selbst an, nachdem er die seine jenem angezogen hatte, auf dass, wenn man den Leichnam erblicke, sein Wagniss um so glänzender erscheine. Auch das Ross, worauf er geritten war, verwundete er und bespritzte es mit Blut, auf dass, wenn dasselbe in das Lager zurückkomme, es seinen Tod bezeuge. Darauf gab er seinem Rosse die Sporen und trieb es mitten in die Strudel des Stromes. Nachdem er den Fluss so bewältigt hatte, stieg er ab und bemühte sich, den festen, sich vorstreckenden Wall vermittelst der an den Damm angelegten Leitern zu übersteigen. Als er oben angekommen die Schutzwehren mit der Hand ergreifen konnte, schwang er sich still hinüber und schritt mit leichten, leisen Schritten nach dem Gebäude, in welchem die Räuber sich zum Mahle niedergesetzt hatten, ohne dass die Wachen ihn entdeckt hätten. Als er das Zimmer erreicht hatte, blieb er unter einem an der Thüre angebrachten Dache stehen; die Jünglinge aber, überzeugt von der Festigkeit ihrer Schutzwehr, überliessen sich der Schwelgerei, indem sie meinten, die reissende Strömung mache ihren Schlupfwinkel unnahbar, da der Fluss weder üherschwommen, noch mittelst eines Schiffes überschritten werden könne. Biörn, durch des Gelages Heiterkeit hingerissen, versicherte, ihm habe in der Nacht geträumt, dass ein wildes Thier aus den Wellen emporgestiegen sei, das, Feuer hauchend, sofort alles in Brand gesetzt habe. Denn nichts sei durch seine Lage so fest, dass ihm der einfache Schutz seiner Beschaffenheit genüge, wenn es der menschlichen Nachhülfe entbehre. Uebrigens habe man sehr dafür besorgt zu sein, dass nicht eine traurige Niederlage seinen Traum als erfüllt darthue. So giengen denn alle aus der Festung, durchforschten eifrig den Umfang des ganzen Eilandes, fanden den Hengst und wähnten, Fridlêf sei durch die Wogen fortgerissen worden, das Ross aber sei nach dem Sturze des Reiters herübergeschwommen. Die Nachricht von dem Tode des Königes machte ihnen Freude; aber Biörn, noch erschreckt durch die Erinnerung an das nächtliche Gesicht, mahnte sie, Wachen auszustellen und sich nicht des Argwahns einer Gefahr in ihrer Sicherheit zu entschlagen. Er selbst aber suchte sein Lager auf, um auszuruhen, das Gesicht tief in seinem Herzen bewahrend. Inzwischen war das Ross, welches Fridlêf, um den Glauben an seinen Untergang zu verbreiten, mit Blute bespritzt hatte, in sein Heerlager gekommen. Sofort stürzten die Krieger nach dem Strome, fanden den Leichnam des Knechtes, den mit glänzender Rüstung angethan, der rauschende Strom an das Ufer geschwemmt hatte, und hielten ihn für den Leib des Königes. Vorzüglich die Aufschwellung des zerschlagenen Leichnams bestärkte sie in ihrem Irrthume, da die zerrissene und mit Kieselsteinen zerschlagene Haut des Gesichtes das Antlitz unkennbar machte. Durch diesen Anblick in Zorn versetzt, eilten die Kämpen, welche dem Fridlêf vor kurzem versprochen hatten, die Räuber zu vertilgen, nicht achtend der Gefahr, in das Wasser, auf dass sie nicht den Ruhm ihres Versprechens durch furchtsame Nachlässigkeit verminderten. Ihr Muth riss die Uebrigen mit sich fort, und sie stürzten sich in die Wogen mit dem Wunsche den Tod zu finden, wenn sie nicht den König rächen könnten. Als Fridlêf sie erblickte, eilte er die Brücke auf das Land hinüber zu schieben, und als er seine Kämpfer um sich gesammelt hatte, warf er die Wachen durch den ersten Anfall nieder. Dann griff er die Uebrigen muthig an und tödtete sie alle bis auf Biörn. Diesen nahm er, nachdem seine Wunden durch sorgfältige Pflege geheilt waren, und er ihm den Eid der Treue geleistet hatte, zu seinem Kampfgenossen an, und hielt es für besser, seines Beistandes sich zu versichern, als seines Todes sich zu rühmen. Es sei schimpflich, sagte er, dass ein so tapferer Jüngling in der ersten Jugendblüthe einen unzeitigen Untergang finde.

Jetzt erfuhren die Dänen, dass Fridlêf herannahe, dessen Tod ihnen früher ein falsches Gerücht gemeldet hatte. Sie schickten also Gesandte, die ihn herbeiführen sollten, und befahlen dem Hiarni die Herschaft aufzugeben, die er nur aus Gnade und ohne gegründeten Anspruch zu führen schien. Hiarni aber ertrug es nicht, einer so grossen Ehre sich beraubt zu sehen, und wollte lieber sein Leben für den Ruhm einsetzen, als mit dem dunklen Loosse eines gemeinen Mannes sich begnügen. Um also nicht, der königlichen Ehren beraubt, in den früheren Stand zurückkehren zu müssen, beschloss er seine jetzige Würde mit den Waffen zu schützen. So ward das ganze Reich zwiespältig: die einen schaarten sich um Hiarni, die andern fanden sich durch die grossen Verdienste Frôdhi's bewogen, den Ansprüchen Fridlêf's Geltung zuzuerkennen; das Reich war also zwiespältig, indem diese den gegenwärtigen Zustand, jene die Erinnerung an das Vergangene höher schätzten. Doch überwog die Erinnerung an Frôdhi, und dessen Milde verschaffte dem Fridlêf die Gunst des grösseren Theiles des Volkes, Denn die meisten, die ein höherer Sinn beseelte, waren der Meinung, dass ein Mann bäuerischer Herkunft, obgleich er die höchste Stelle im Staate unverhofft und gegen das Recht der Herkunft, nur durch die Gunst des Glückes erlangt hätte, von der Herschaft zu entfernen sei, auf dass nicht den wahren Erben der königlichen Würde ein unrechter Besitzer verdränge. Fridlêf aber hiess die Gesandten der Dänen zurückkehren, um zu verlangen, dass Hiarni entweder dem Reiche entsage, oder im Kampfe mit ihm sich messe. Aber Hiarni fand es für bitterer als den Tod, die Lust am Leben der Ehre vorzuziehen und sein Heil in der Aufopferung des Ruhmes zu suchen; er nahm also den Kampf an, ward jedoch besiegt und entfloh nach Jütland. Hier sammelte er ein neues Heer und griff den Sieger wiederum an, seine Anhänger aber fielen dem Schwerte und er musste ohne einen Begleiter die Flucht ergreifen. Diese Flucht bezeugt ein Eiland, dessen Benennung von seinem Namen hergenommen ist. Als er sich durch die doppelte Niederlage beinahe aller Anhänger beraubt sah, nahm er zur Hinterlist seine Zuflucht, entstellte sein Antlitz, gieng zu Fridlêf und suchte durch vertraulichen Umgang eine Gelegenheit, ihn hinterlistig zu tödten. Von ihm freundlich aufgenommen, verbarg er eine Zeit lang seinen Vorsatz und stellte sich sehr dienstbeflissen. Er hatte sich für einen Salzkocher ausgegeben und verrichtete unter den andern gemeinen Dienern alle niederen Obliegenheiten; auch beim Mittagessen pflegte er als der unterste Platz zu nehmen. Uebrigens enthielt er sich des Bades, dass ihn nicht sein nackter Leib durch seine zahlreichen Wundmaale verriethe. Als der König, um seinen Verdacht zu beseitigen, ihn nöthigte sich zu baden, erkannte er seinen Feind an den Narben. »Wohlan, schnöder Dieb, rief er, wie würdest du gegen mich verfahren, wenn du mich mit der Absicht, dich umzubringen, ertappt hättest?« Der bestürzte Hiarni antwortete hierauf: »Ich würde dich zum Kampfe herausfordern und, wenn du dich stelltest, dich bekämpfen, dass du Gelegenheit erhieltest, die Beschuldigung zu tilgen. « Fridlêf folgte seinem Ausspruche, forderte ihn heraus und erlegte ihn im Kampfe. Ueber den Leichnam erhob er einen Hügel, der des Erschlagenen Namen trägt. Bald darauf wurde er von den Seinen ermahnt, dass er sich, um sein Geschlecht fortzusetzen, vermähle; er aber sagte, er wolle nach dem Beispiele seines Vaters unvermählt bleiben, weil dem Frôdhi aus dem Leichtsinne der Gattin grosse Schmach erwachsen sei; endlich aber gab er den dringenden Bitten Aller nach, und liess durch Gesandte um die Tochter Âmund's, des Königes von Norwegen, werben. Einer derselben, Namens Frôki, kam auf der Fahrt durch die Wogen um und gab durch seinen Tod ein ungewöhnliches Anzeichen. Als ihn nämlich die zusammenströmende Gewalt der Wogen deckte, erhob sich mitten im Strudel ein Blutstrahl, welcher die ganze Oberfläche des Meeres mit einer ungewöhnlichen Röthe färbte, dass das kurz vorher schäumende und durch die Stürme weissliche Meer bald röthliche Wogen aufwarf, und eine nach seiner Beschaffenheit fremde Farbe annahm. Âmund aber wies das Gesuch des königlichen Werbers unerbittlich ab, behandelte die Gesandten unwürdig und führte die Herschsucht Frôdhi's, die Norwegen einst schwer bedroht habe, als den Grund an, weshalb er die Werbung zurückweise. Frôgerdh aber, die Tochter Âmund's, erwog nicht nur Fridlêf's edle Abkunft, sondern achtete auch den Ruhm seiner Thaten und begann ihren Vater mit Vorwürfen zu verfolgen, dass er einen Schwiegersohn verschmähe, dessen vollkommener Adel weder der Tapferkeit ermangle, noch dem Blute nach Bedenken errege. Sie fügte noch hinzu, was wohl jene vorbedeutende Farbe des Meeres, als sich die Wellen plötzlich in Blut verwandelt hätten, anderes anzeige, als die Niederlage Norwegens und den Sieg der Dänen? Als Fridlêf sie durch eine zweite Gesandtschaft forderte und den Abweis durch Ausdauer zu besiegen hoffte, ward Âmund zornig, dass die von ihm einmal abgelehnte Werbung hartnäckig erneuert würde, liess die Gesandten tödten und trat dem Eifer des rücksichtlosen Werbers durch Grausamkeit entgegen. Als Fridlêf diese Beleidigung erfuhr, beschickte er den Halfdan und Biörn und segelte mit ihnen nach Norwegen; Âmund dagegen, gestützt auf die Hülfe seines Vaters, schickte ihm seine Flotte entgegen. Frôkasunt heisst der Meerbusen, in welchem beide Flotten zusammentrafen. Als Fridlêf während der Nacht, um die Feinde zu erforschen, das Lager verlassen hatte und er ein ungewöhnliches Geräusch der bewegten Luft vernahm, hemmte er, umherblickend, seinen Schritt und vernahm folgenden Spruch, welchen drei Schwäne von oben herab sangen:

Indem Hythin durchbricht die hohen Wogen,
trinkt die Magd aus Golde und die Milch sie lecket;
gut ist Knechtes Stand; des Königes Sprössling,
der Erbherr gehorcht, ändernd die Loosse.

Darauf fiel nach dem Gesange der Vögel ein Gürtel aus der Höhe, welcher das Lied geschrieben darbot; es hatte nämlich der Riese Hythin den Sohn des Königes von Thelamark, der als ein Knabe spielte, entführt, seine menschliche Gestalt verwandelt und sich dessen als Ruderknecht bedient, und so war er dem Fridlêf, der zufällig als Späher ausgezogen war, mit seinem Schiffe begegnet, indem er den Kahn an das nächste Ufer hinüberruderte. Der König wollte es nicht dulden, dass er sich der Hülfe des gefangenen Jünglinges bediene, und suchte dem Räuber die Beute zu entreissen. Der Jüngling ermahnte ihn, sich gegen denselben einer schärferen Angriffsart zu bedienen und sagte, ihm wäre leichter zu widerstehen, wenn er vorher gereizt würde. Da begann Fridlêf also:

Da du ein Durs Riese. bist, unbesiegt und dreileibig,
und an den hohen Himmel mit dem Haupte ragst,
was hängt dir an der Lende lächerliches Schwert?
und wes das Dickbein schmücket dir der kurze Dolch?
Wes schützest du mit stumpfem Stahl die starke Brust,
nicht ehrend deines Leibes langgestrecktes Maass?
Was soll dir schmeidigen Dolches jämmerlicher Schmuck?
Flugs, flugs vereitl' ich deinen Anfall unerschreckt,
der du mit stumpfem Stahle sinnst auf stolzen Kampf,
da ja du bist ein furchterfülltes Feldgescheuch,
ein Haufen Fleisch, den Schwäche bald zu flieh'n wohl zwingt.
Gleich einem flücht'gen Schatten hebst du scheu dich her,
gehüllt in einen stattlichen und auch stolzen Leib;
das Herz doch zagt dir und aus Furcht sich hebt es bang,
dass du zu sparen deine Glieder denkst, Gespenst!
Und deiner Werkstatt schnödes Werk dich selbst. erkenn ich leicht,
ein starkes Herz ja deiner stolzen Gestalt gebricht.
Als er dich schuf, vergriffen hat der Schöpfer sich;
kein Fünklein Ehre du gewinnst im argen Kampf,
noch wird man an der Sieger Platz dich jemals seh'n;
gemeinem Trosse ordnet jeder Mann dich ein!

Nach diesen Worten schlug er dem Riesen einen Fuss und eine Hand ab und trieb ihn, nachdem er den Gefangenen befreit hatte, in die Flucht. Geraden Weges gieng er nun an das Vorgebirge, wo der Riese seine Höhle hatte, nahm sein Gold und trug es davon. Erfreut über diese Beute verwandte er den befreiten Jüngling bei der Ueberschiffung des Meeres zum Rudern, er aber sang mit lauter Stimme folgendes Lied:

Die blanken Schwerter im Blute wir färbten,
und tauchten sie tief in des Trolden Busen,
dieweil, Âmund, du übel ruh'test,
deines Volkes Fall feig ertragend.

Verlassen hat dich das Licht des Geistes,
Finstre befängt dich, fern ist Muth dir;
doch wir beraubten den Wütherich
der Hand, des Fusses und des Hortes auch.

Als der Riese lag, da räumten wir aus
der Höhle Halle, den Hort wir raubten,
den er sorglich wahrte, in's Seeboot wir
die Goldlast trugen; so der Gier wir lohnten.

Die Ruder wir dann wohl rüstig schwangen,
des Meeres Fluth mit der Fläche wendend,
dass wir das Boot, das beutereiche,
durch Strudel und Strömung zum Strande trügen.

Zur Rückfahrt wir die Ruder hoben,
die Wogen durchbrach der Wellenspalter,
der muntere Meerkrebs Schiff.; mit Macht wir schlugen,
dass nicht dem Feind uns das Frühlicht melde.

Zur Flotte hin wir freudig strebten,
mit kühnem Schwunge den Kiel beflügelnd;
zum Lager wir zu gelangen suchten,
bevor Arwak und Alswidh ie beiden Rosse der Sonne. auf sich schwängen;

Dass, wenn der Ruf die Ruhmthat künde,
und Frôgerdh des Kampfes Frucht erkennet,
der Beute Reichthum rühmen höret,
die herliche Maid sich uns huldreich nahe.

Am folgenden Tage schlug Fridlêf mit Âmund eine blutige Schlacht, bei der eine Menge Volkes zusammenströmte. Es ward auf dem Lande und auf dem Meere gestritten; denn nicht nur über die Fluren hin verbreiteten sich die Schlachtreihen, auch zu Schiffe griffen die Könige einander an. Da das Blut bereits in Strömen floss, löste Biörn, da er die Reihen der Seinigen wanken sah, seinen Hund von den Fesseln und hetzte ihn gegen den Feind, um durch Hundesbiss den Sieg zu erlangen, welchen er durch das Schwert nicht gewinnen konnte. Dieser Umstand trug den Feinden eine schimpfliche Niederlage ein, da die Schaar der Tapfersten sich in die Flucht warf. Man weiss nicht, ob ihre Flucht trauriger oder schimpflicher gewesen sei; denn das Heer der Normannen musste in der That erröthen, weil Biörn den Feind durch den Beistand eines Thieres zersprengt hatte. Den Fridlêf darf man jedoch des Truges nicht beschuldigen, dass er den wankenden Muth seiner Krieger durch den Beistand eines Hundes wieder zu heben suchte. In dieser Schlacht fiel Âmund; sein Schildträger, Âwi geheissen, ein Bogenschütze, forderte Fridlêfen zum Zweikampfe heraus. Er ward jedoch von Biörn, einem Manne niederen Ranges, welcher den König mit einem gemeinen Manne zu kämpfen hinderte, angegriffen. Als nun Biörn seinen Bogen gespannt hatte, ward durch einen plötzlich von Âwi abgeschossenen Pfeil dessen Bogenstrang oben durchbohrt; bald folgte ihm ein zweiter Pfeil, der zwischen den Gelenken der Finger haftete. Der folgende dritte drang in den auf den Strang gesetzten Pfeil; Âwi nämlich, der ein sehr geübter Schütze war, hatte mit Fleiss nur die Waffe des Feindes verletzt und wollte, indem er zeigte, dass dasselbe gegen ihn selbst ihm freistehe, den Kämpfer von seinem Vorhaben abbringen. Biörn jedoch verlor deshalb seinen Muth nicht, verachtete die Gefahr seines Leibes und trat gesetzten Geistes und mit ruhiger Miene in den Wettstreit ein, so dass er weder der Geschicklichkeit Âwi's etwas entziehen, noch nach gewohnter Tapferkeit etwas zugestehen wollte. So liess er sich ganz und gar nicht von seinem Vorsatze abbringen und trat unerschrocken in den Zweikampf. Beide wurden verwundet; ein Gleiches thaten sie beide bei Abdarnes mit wechselseitiger Begierde nach Lob. Nach Âmund's Tode überliess sich Fridlêf, von dem grimmigsten Feinde befreit und sicherer Musse sich erfreuend, seinen Wünschen und beugte seinen trotzigen Geist unter die Liebe. Er rüstete eine Flotte, um die ihm einst verweigerte Braut zu holen. Als er in See gegangen war und, da seinen Segeln der Wind fehlte, er in die Dörfer einbrach, um sich Lebensmittel zu verschaffen, ward er von einem gewissen Grubbi gastfreundlich aufgenommen, erhielt endlich dessen Tochter zum Weibe und erzeugte mit ihr einen Sohn, der Ôlâf geheissen ward. Einige Zeit darauf gewann er auch die Frôgerdh, worauf er, weil seine Schifffahrt wenig Glück hatte, in die Heimath zurückkehrte. An den Strand einer unbekannten Insel getrieben hiess ihn ein Mann Das ist Ôdhin., der ihm im Traume erschien, einen in die Erde versenkten Schatz ausgraben und den Wächter desselben, einen Drachen, auf dass er das Gift desselben vermeide, bedeckt mit einer Stierhaut angreifen; auch befahl er ihm die über den Schild gespannte Haut den giftigen Bissen seiner Zähne entgegenzuhalten. So griff er denn, um die Wahrheit seines Traumgesichtes zu erforschen, den aus den Wogen emportauchenden Drachen an und sandte, wiewohl vergeblich, seine Pfeile gegen die mit Schuppen bedeckte Seite des Unthieres; denn die harte Hülle des Leibes verhinderte den Eindrang der Spitzen. Der Drache selbst aber, der sich gewaltig ringelte, umschlang mit seinem gebogenen Schwanze die Bäume und riss sie mit den Wurzeln aus. Auch hatte er durch häufige Windungen seines Leibes den Boden bis auf den Grundfels ausgehöhlt und hie und da die Seiten abschüssig gemacht, wie wir an gewissen Oertern mitten im Thale uns entgegenstehende Hügel getrennt erblicken. Da nun Fridlêf sah, dass der Rücken des Thieres unverwundbar sei, griff er dasselbe unten am Bauche an, durchbohrte denselben mit den Eingeweiden, so dass dem sich Windenden Blut und Eiter entströmte. Nachdem er das Thier erlegt hatte, trug er den Schatz aus der Höhle und liess ihn auf Schiffen hinwegführen. Als das Jahr zu Ende gegangen war, versöhnte er mit grosser Mühe den Biörn und Âwi, welche sehr oft einander zum Kampfe herausgefordert und bestanden hatten, und drängte sie den Hass in Freundschaft umzuwandeln; auch übergab er ihnen seinen drei Jahre alten Sohn Ôlâf zur Erziehung. Sein Kebsweib Juritha aber, die Mutter Ôlâf's, vermählte er dem Âwi, nachdem er ihn in seine Kriegerschaar aufgenommen hatte; sie würde, glaubte er, die Scheidung mit um so leichterem Herzen ertragen, wenn sie mit einem so gewaltigen Kämpfer vermählt werde. Es war Sitte bei den Alten, über das zukünftige Geschick der Kinder die Nornen zu befragen; demnach wollte auch Fridlêf das Schicksal seines Sohnes Ôlâf erforschen. Er that feierlich Gelübde und gieng als Bittender in den Harug Harug ist Tempel. der Göttinnen, wo er drei Jungfrauen auf eben so vielen Sesseln fand. Die erste derselben verhiess milden Herzens dem Knaben schöne Leibesgestalt und Gunst bei den Menschen. Ebenso beschenkte ihn die zweite mit der Tugend der Freigebigkeit. Die dritte aber, die bösartig und neidisch war, verschmähete die Milde der Schwestern und suchte ihren Geschenken dadurch entgegenzuwirken, dass sie dem Knaben das Laster des Geizes anheftete. So wurden die Wohlthaten der anderen durch das Gift dieser zerstört Herkömmlich, wenn die Nornen beschenken., und es ereignete sich, dass Ôlâf des seiner Freigebigkeit beigemischten Geizes halber den Beinamen des Knickers erhielt.

Als Fridlêf, von Norwegen heimgekehrt, einen Zug durch Schweden unternahm, übernahm er freiwillig die Pflichten eines Gesandten und verschaffte dem noch unvermählten Halfdan Hythin's Tochter, welche er früher dem Riesen abgewonnen hatte. Inzwischen gebar seine Gattin Frôgerdh den Frôdhi, der durch seine ausgezeichnete Freigebigkeit den entsprechenden Beinamen sich erwarb. So ward Frôdhi wegen der Erinnerung an das glückliche Leben unter seinem Grossvater, an welches er durch seinen Namen erinnerte, von der Wiege an Allen so theuer, dass man nicht duldete, dass er auf dem Erdboden stand oder darauf einherschritt, sondern er ward von Allen auf den Armen getragen. So hatte er gleichsam auch nicht einen einzelnen Erzieher, sondern er war wie der Zögling Aller. Als sein Vater gestorben war und er das zwölfte Jahr seines Alters erreicht hatte, besiegte er den Swerting und Haneus, zwei Häuptlinge der Sachsen, welche vom Reiche abgefallen waren und sich offen des Aufruhres schuldig gemacht hatten, und legte den besiegten Völkern zum Zeichen der Knechtschaft die Strafe auf, dass jeder Mann für sein Haupt ein Geldstück darzureichen hatte. Er war übrigens so freigebig, dass er den alten Lohn für Kriegsdienste zwiefach auszahlte; auch ergab er sich nicht nach Art der Zwingherren den gemeinen Anlockungen der Laster, sondern was er als das Ehrbarste betrachtete, darnach strebte er eifrigst. Sein Reichthum war für Alle da, Alle suchte er durch Freigebigkeit zu übertreffen, Allen es durch Werke der Menschlichkeit zuvorzuthun und, was das Schwerste ist, den Neid durch Tugend zu besiegen. So erwarb er sich in kurzer Zeit so grossen Ruhm bei Allen, dass er als Jüngling schon nicht nur den Vorfahren durch seinen Ruf sich an die Seite stellte, sondern auch das Ansehen der ältesten Könige übertraf.

Zur selben Zeit ward Starkadh, der Sohn Stôrwerk's, dessen Gefährten im Schiffbruche umgekommen waren und der allein durch Kraft oder Glück sich gerettet hatte, wegen seiner unglaublichen Tüchtigkeit an Leib und Seele als Gast von Frôdhi aufgenommen. Als er eine Zeit lang sein Hausgenosse gewesen war, so gewann er von Tage zu Tage grösseres Ansehen, ward endlich mit einem stattlichen Schiffe beschenkt und beauftragt, Meerwacht zu halten und Wîkingszüge zu unternehmen. Wie er andere Menschen an Schönheit und Stärke des Leibes überragte, so entsprach die Grösse seines Muthes diesem in dem Masse, dass er keinem Sterblichen an Tapferkeit irgendwie nachstund. Sein Ruhm war so weit verbreitet, dass auch heute noch der Ruhm seiner Thaten und der Glanz seines Namens dauernd besteht. Denn nicht nur unter den Dänen leuchtete er durch seine rühmlichen Thaten hervor, sondern auch in allen Gauen der Schweden und Sachsen hatte er sich herliche Denkmale errichtet. Es ist überliefert, dass er in der Gegend, welche Schweden von Osten her umschliesst, obgleich jetzt der Esthen und anderer Völker zahlreiche Menge in ausgedehnten Sitzen dieselbe beherscht, seinen Ursprung genommen habe. Aber des Volkes Meinung hat über seine Herkunft Unschickliches und der Vernunft Widersprechendes erdichtet. Man erzählt nämlich, dass er, weil von Riesen entsprossen, diese Abkunft durch ungewöhnliche Zahl der Hände kundgegeben habe; und man fügt bei, dass der Gott Thôr viere derselben durch Lösung der Bänder weggerissen habe, so dass ihm nur zwei geblieben seien, und sein Leib, welcher zuvor zur Grösse der Riesen emporstrebte und durch entstellende Vielheit der Glieder, jener Ungestalt zu erkennen gab, später nach einem besseren Bilde gestaltet nur das Mass menschlicher Grösse gehabt habe.

Vor Alters nämlich begannen Thôr und Ôdhin und mehrere Andere, die sich trefflich auf Zauberei verstanden, die Gemüther der Einfältigen zu bethören und sich den Rang von Göttern anzumassen. So hatten sie Norwegen, Schweden und Dänemark mit den Banden der nichtswürdigsten Leichtgläubigkeit umgeben, und sie ihnen eifrigst Verehrung zu weihen verführt; ja, gerade diese Länder waren durch ihre Täuschungen und Betrügereien befleckt. So kam es, dass die einzelnen Wochentage bei uns mit ihren Namen bezeichnet wurden. Dieses genüge in Bezug auf die Gottheiten des alten Dänemark; ich wende mich wieder zu meinem Helden.

Die Alten theilen mit, dass Starkadh im Dienste Wîkar's, des Königes von Norwegen, um die Gunst der Götter zu erhalten, seine ersten Thaten vollbracht habe. Die Sache wird auf folgende Weise erzählt. Ôdhin habe einst den Entschluss gefasst, den Wîkar mit einem traurigen Tode zu bestrafen; da er diess aber nicht offen ausführen wollte, so habe er dem, früher durch seine ungewöhnliche Leibesgrösse sich auszeichnenden Starkadh nicht allein grosse Tapferkeit, sondern auch die Gabe der Dichtkunst verliehen Wir haben noch Bruchstücke von Gedichten in altnordischer Sprache, die Starkadh's Namen tragen., auf dass er um so fähiger wäre, den Untergang des Königes herbeizuführen, und dass er diess um so bereitwilliger thun möge. Diess betrachtete er als den Dank für seine Gaben. Deshalb gab er ihm auch noch die dreifache Dauer des menschlichen Lebens, auf dass er in solchem Zeitraume eben so vieler abscheulichen Thaten Urheber würde. So hatte er ihm also zugetheilt, durch aufeinanderfolgende Verbrechen seines Lebens Dauer zu verlängern. Bald auch gieng wirklich Starkadh zu Wîkar, und nachdem er eine Zeit lang sein Hausgenosse gewesen war, begann er unter dem Scheine des treuesten Dienstes seine Nachstellungen ins Werk zu setzen. Zuletzt zog er mit ihm auf Seeraub aus. Da sie nun an einem gewissen Orte durch dauernden Grimm des Wetters aufgehalten wurden, indem die Stürme den Auslauf der Schiffe verhinderten, so dass sie die grössere Hälfte des Jahres müssig lagen, beschlossen sie die Götter durch menschliches Blut zu versöhnen. Als sie nun die Loosse in ein Gefäss zusammengeworfen hatten, so kam heraus, dass der Tod des Königes als Opfer verlangt werde. Jetzt umschlang Starkadh den König mit einem aus Zweigen geflochtenen Stricke; nur eine kleine Zeit, sagte er, solle er den Schein der Strafe auf sich nehmen; aber die Ungeschmeidigkeit des Knotens raubte dem Hangenden bald den letzten Athem. Den noch Zappelnden durchbohrte Starkadh mit dem Schwerte und zeigte so seine Treulosigkeit, da er ihm hätte helfen sollen; darauf nahm er das Schiff Wîkar's und schloss sich an einen gewissen Bêmon, der alle dänischen Wîkinge an Tapferkeit übertraf und gerade jetzt auf Seeraub auszog. Es hatte sich aber vor kurzem ein Genosse Bêmon's, Frack mit Namen, des Wîkinglebens überdrüssig, seiner Genossenschaft unter Hinterlegung einer Geldsumme entzogen. Starkadh und Bêmon waren aber so der Nüchternheit ergeben, dass sie niemals sich einen berauschenden Trank sollen gegönnt haben, auf dass nicht das vorzüglichste Band der Tapferkeit durch Schwelgerei zerrissen würde. Als sie nun die Gaue weithin niedergeworfen hatten und aus Herschsucht in Russland eingefallen waren, suchten sich die Einwohner, die auf ihre Mauern und Waffen sich wenig verliessen, ungeübt feindlichem Einfalle zu begegnen, durch Streuung spitziger Haken auf die Erde zu schützen, auf dass sie den Angriff derjenigen verzögerten, deren Einfall zurückzuweisen sie nicht vermochten, und dass der Erdgrund die Fusssohlen derer in der Stille verletze, denen offen zu widerstehn ihr Kriegsheer nicht wagte. Aber dieses Mittel die Feinde abzuhalten hatte keine Wirkung; denn die Dänen waren schlau genug, die Vorkehrungen der Ruthenen zu vereiteln. Sie banden nämlich sogleich hölzerne Sohlen unter die Füsse, und so traten sie unbeschädigt die Haken in den Boden. Es hat aber jeder solcher eiserne Haken vier Stachel und zwar so gerichtet, dass, auf welchen Theil immer er zu liegen komme, er immer gleichsam auf drei Füssen ruhe. Darauf drangen sie durch unwegsame Bergschluchten und dichte Wälder, und warfen den Fürsten der Ruthenen, Flock, aus den gebirgigen Schlupfwinkeln, in welche er gekrochen war. An diesem Orte bemächtigten sie sich so grosser Beute, dass man nicht Einen fand, der nicht mit Gold und Silber belastet auf die Flotte zurückkehrte.

Nach dem Tode Bêmon's ward Starkadh von den Königen Biarmelands berufen und gieng, nachdem er bei ihnen viele der Erinnerung werthe Thaten vollbracht hatte, nach Schweden. Hier verweilte er sieben Jahre lang bei den Söhnen Frô's Die Söhne Frô's sind die Verehrer dieses Gottes, die Schweden nämlich.; von ihnen aber wandte er sich schliesslich zu Hâkon, dem Beherscher Dänemarks, weil es ihn ekelte, zu Uppsala zur Zeit der Opfer die weibischen Bewegungen der Leiber und die Darstellungen der Schauspieler zu sehen und die weichen Klänge der Glocken zu hören. Man sieht hieraus, wie abhold aller Ueppigkeit sein Geist war, da er nicht einmal Zuschauer sein wollte. Bald darauf führte er mit Hâkon eine Flotte nach Irland, auf dass auch die äussersten Reiche der Menschen die Stärke der dänischen Waffen erführen. Zu dieser Zeit beherschte Irland der König Huglêk. Obgleich dieser nun ein volles Schatzhaus besass, war er doch dem Geize so sehr ergeben, dass, wenn er zuweilen Schuhe verschenkte, er die Bänder abriss und durch Entfernung der Riemen von ihrer Stelle das Geschenk zu einer Beleidigung machte. Durch dieses schmähliche Verfahren erwarb er sich aber Hass statt Gunst. Er war nicht gewöhnt achtbare Leute durch Freigebigkeit an sich zu ziehen, wohl aber bewies er sich gegen Schauspieler und Possenreisser freigebig. Dennoch hatte er einige Häuptlinge von anerkannter Tapferkeit, nämlich den Gêgadh und Swipdag, welche in der Gemeinschaft Weibischer, gleichsam wie auf den Mist gesetzte Edelsteine, durch den Glanz kriegerischer Thaten sich auszeichneten. Sie waren denn auch die einzigen Vertheidiger der königlichen Schätze. So haben denn auch im Kampfe zwischen Huglêk und Hâkon die Schaaren der Gaukler, deren leichter Sinn ihren Leib unfähig zum Widerstand machte, mit zitternden Schritten die Heerreihen verlassen und die Wohlthaten des Königes durch schmähliche Flucht vergolten. Damals also kämpften Gêgadh und Swipdag, die allein so vielen Tausenden der Feinde widerstunden, mit unglaublicher Tapferkeit, so dass sie nicht die Thaten zweier Krieger, sondern die eines ganzen Heeres zu verrichten schienen. Auch brachte Gêgadh dem Hâkon, der ihm hartnäckig zusetzte, eine so grosse Brustwunde bei, dass er den oberen Theil der Leber wegschlug. Hier empfieng auch Starkadh, indem er den Gêgadh mit dem Schwerte angriff, die bitterste Hauptwunde, weshalb er später in einem Gedichte sagte, nirgends sonst habe er einen so grimmigen Schlag erhalten, weil, obgleich die Theile des zerspaltenen Hauptes durch die äussere Umgebung der Haut zusammengehalten wurden, dennoch der in der Wunde verborgene Eiter die Masse der Fäulniss eingeschlossen verbarg. Als Huglêk besiegt und erschlagen war, aber auch die Iren sich zur Flucht gewendet hatten, liess Starkadh alle Possenreisser, so viele ihrer gefangen waren, mit Ruthen hauen, indem er es für besser hielt, gegen die Schaar der Gaukler eine lächerliche Strafe zum Schaden der Haut, als ernste Todesstrafe in Anwendung zu bringen. Während die Dänen bei der Stadt Dublin die dem Schatzhause entnommenen Kostbarkeiten dem öffentlichen Raube preis gaben, ward eine solche Menge Geldes gefunden, dass Niemand Sorge trug, gehörig zu theilen. Darauf ward Starkadh abgesandt zugleich mit Wîn, dem Fürsten der Slaven, um dem Abfalle der östlichen Völker Einhalt zu thun. Zugleich kämpften sie gegen die Kuren, Semden, Sangalen und andere Ostvölker, und erfochten weithin berühmte Siege. Ein Kämpe von grossem Rufe, mit Namen Wisinn, hatte nämlich an der Grenze Russlands einen Felsen, welcher Ânafial genannt ward, befestigt und zu seinem Sitze erwählt, und belästigte von hier aus die benachbarten und entfernten Gaue durch Drangsale aller Art. Er hatte die Gabe, die Spitze aller und jeder Wurfgeschosse durch seinen blossen Anblick stumpf zu machen; daher erzeugte das Bewusstsein, unverwundbar zu sein, in dem starken Manne eine solche Kühnheit, dass er sogar die Gattinnen berühmter Männer, die er geraubt hatte, vor den Augen derselben schändete. Starkadh ward durch das Gerücht solcher Schandthaten heftig aufgeregt und gieng nach Russland, um den Urheber derselben zu vertilgen. Da es nun für ihn nichts gab, was nicht mit Waffen zu erkämpfen war, so forderte er den Wisinn zum Kampfe heraus, machte seine Kunst unwirksam und tödtete ihn. Er bedeckte nämlich das Eisen des Geeres mit einer äusserst dünnen Haut, so dass es dem Zauberer unsichtbar blieb, und so nützte dem Wisinn weder die Kraft seines Zaubers noch die Grösse seiner Stärke: er fiel im Kampfe. Darauf überwand er bei Byzanz einen Riesen, der für unbezwingbar galt und den Namen Tanna trug, im Zweikampfe, und nöthigte ihn in unbekannte Wildnisse zu entweichen. Endlich besiegte er, den kein Grimm des Schicksals des Sieges zu berauben vermochte, in Polen einen gewaltigen Kämpfer, den wir Waske, die Deutschen aber Wilze nennen, im Kampfe. Wilze ist der mythische Stammvater der Wilzen, d. h. der Welataben, eines ostslavischen Volkes.

Inzwischen begannen die Sachsen ihren Abfall vorzubereiten und besonders darauf zu denken, wie sie den im Kriege unbesiegten Frôdhi ohne offenen Kampf beseitigen könnten. Da sie nun meinten, am besten wäre diess durch einen Zweikampf zu erreichen, so liessen sie den König herausfordern, wohlwissend, dass er auf jeden Kampf mit bereitem Herzen immer eingehe, und dass sein Hochsinn keiner Herausforderung jemals ausweiche. Gerade jetzt, glaubten sie, sei die rechte Zeit ihn anzugreifen, weil Starkadh, dessen Tapferkeit allen furchtbar war, in Geschäften abwesend sei. Da jedoch Frôdhi zögerte und sagte, er müsse sich mit seinen Freunden über die zu gebende Antwort berathen, so traf Starkadh zur rechten Zeit, von seinem Wikingszuge zurückkehrend, bei ihm ein. Dieser tadelte nun besonders deshalb die Herausforderung, weil, wie er sagte, Könige nur gegen Könige kämpfen dürften, nicht aber gegen gemeine Krieger; für ihn jedoch, der von niederer Herkunft sei, sei dieser Zweikampf ganz schicklich. Die Sachsen wandten sich daher an den Hama, der unter ihnen für den besten Kämpfer gehalten ward, und versprachen ihm, wenn er den Zweikampf übernehme, ihm so viel Gold zu geben, als er schwer sei, und führten den durch das Gold Verlockten auf das zum Kampfe auserwählte Feld mit aller möglichen kriegerischen Pracht. Auch die Dänen führten Starkadhen, der für seinen König eintrat, mit kriegerischer Zierde auf den Kampfplatz. Hama verachtete im Stolz auf seine Jugend den Altersschwachen, und zog es vor, den scheinbar kraftlosen Greis im Ringkampfe, statt mit Waffen zu bestehen. Als er ihn angriff, hätte er ihn fast zu Boden gebeugt, wenn nicht das Glück, welches den Greis unbesiegt erhalten wollte, dem entgegengetreten wäre; denn, wie man sagt, ward er von der Faust des angreifenden Hama so zum Wanken gebracht, dass er auf die Kniee fiel und mit dem Kinne den Boden berührte. Aber diesen Fall wog er durch glänzende Vergeltung auf; denn als er wieder auf den Füssen stund, gelang es ihm das Schwert zu ziehen und den Hama mitten durch zu spalten. Mehrere Ländereien und sechzig Sklaven standen als Kampfpreis aus; über die Sachsen aber ward nach Hama's Tode die Herschaft der Dänen so strenge, dass sie für jedes eine Elle grosses Glied zum Beweise der Knechtschaft jährlich einen Baumstamm liefern sollten. Diess ertrug Hanef mit Unwillen und beschloss den Krieg, aus Begierde diese Abgabe zu beseitigen. Da nun seine beständige Liebe zum Vaterlande sein Gemüth täglich der Unterdrückten sich anzunehmen trieb, wollte er sein Leben für die Freiheit seiner Landsleute wagen, und gab seinen Eifer sich aufzulehnen kund. Frôhdi aber gieng mit seinen Schaaren über die Elbe und erlegte ihn bei dem nach ihm benannten Dorfe Hannover. Swerting jedoch, obgleich ihn die Bedrängniss seiner Landsleute nicht minder aufregte, schien doch über die Schmach seines Vaterlandes hinwegzusehen, und fasste den Beschluss der Befreiung mit bedachterem Geiste als Hanef. Aber jede Schuld pflegt an ihrem Urheber sich zu rächen, und so ergieng es auch, wie die Sage will, dem Swerting. Denn als er den zu einem Gastmahle geladenen König durch Anzündung des Gebäudes zu tödten beschlossen hatte, ward er von diesem festgehalten und kam zugleich mit ihm um. So war die Frevelthat des Einen der Untergang Beider, und ob die List gegen den Feind auch wirksam war, so blieb doch ihr Urheber nicht unbestraft.


Erläuterungen als Fußnoten bzw. Anmerkungen eingepflegt. Re


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