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Jens Peter Jacobsen

1847 – 1885

In seiner Jugend war Jacobsen sehr mager und lang aufgeschossen und pflegte immer ein wenig vornübergebeugt zu gehen. Wann seine Lungenkrankheit einsetzte, geht aus Theodor Wolff's biographischer Einleitung zu »Niels Lyhne« (Reclam) nicht hervor. Es ist aber bemerkenswert, daß Jacobsens Vater nie so recht an die Krankheit seines Sohnes glauben mochte, weil er selbst einmal in seiner Jugend brustkrank gewesen war – und davon geheilt wurde.

Während Jacobsen an »Marie Grubbe« schrieb, nagte bereits die totbringende Krankheit zerstörend in ihm (1874). So schrieb er am 1. Dezember 1873: »Gesundheitszustand nicht gut, Schmerzen keine, aber Arbeitskraft ebensowenig.« Daß er lungenkrank war, wußte er nicht oder – wollte es nicht wissen. In einem Brief aus dem Jahre 1874 meint er: »Es ist indessen nicht die Brust, es ist nur die Verdauung, und das wird schon besser werden.« Aber schon 1873, als er kurze Zeit nach Italien ging, wurde er in Florenz von einem Blutsturz befallen. (Jacobsens Briefe. Bd. I. Berlin 1919. S. 50.) Aber gerade in den letzten elf Jahren seines Lebens (1874–1885) sind unter den Qualen, die die schleichende Lungenkrankheit ihm bereitete, all seine größeren Arbeiten geschrieben. Ein nochmaliger Aufenthalt, der ihn 1877 über Montreux nach Italien führte, scheint den Verlauf seiner Krankheit nicht vorteilhaft beeinflußt zu haben. Am Anfang des Jahrs 1878 meldet er aus Montreux: »Ich bin mitten in einem Anfall von Husten.« Er schrieb gerade an »Niels Lyhne«, und hoffte, daß die Götter die Arbeit beschleunigen möchten. Als Jacobsen nach seiner Heimat (Thistedt, geboren 7. April 1847) zurückkehrte, und er trotz der Ermahnungen seines Arztes 27 Stunden lang ununterbrochen gereist war, stand es schon schlecht um ihn. Er erholte sich zwar noch für kurze Zeit, gewann neue Kräfte; aber als er nach Kopenhagen kam (Weihnachten 1884) verschlimmerte sich sein Leiden abermals. Eine ärztliche Untersuchung belehrte Jacobsen, daß er nun nichts mehr zu hoffen habe. In einer kleinen feuchten Studentenwohnung schloß er 1885 die Augen. Seine Mutter hatte ihn aufopfernd bis zuletzt gepflegt.

In Jacobsens Wesen war die Ironie vorherrschend, die sich gegen seine eigenen Leiden wandte. Das Ironische ließ Jacobsen »die Wirkung der eigenen Passionsgeschichte durch wehmütigen Spott vernichten und in das Gegenteil verwandeln.« Jacobsen scheint die Leiden seines Körpers ironisch zu belächeln. »Jacobsens Spott entspringt dem Stolz, einer gewissen vornehmen Eitelkeit – er will unter dem Spott nur sein Leiden verbergen.« (Th. Wolff.)

Als er in seiner letzten Krankheit in Kopenhagen, meist auf der Chaiselongue ruhend, von furchtbarem Husten gequält und von seinen Leiden gemartert wurde, klagte er niemals, war immer freundlich und liebenswürdig zu den ihn besuchenden Freunden.

Alle seine literarische Pläne, die seine kranke Brust verwahrte, suchte er – ehrgeizig wie er war – noch möglichst zur Ausführung zu bringen. Dazu gehörte »Doctor Faust«.

In seiner Krankheit war er niemals Hypochonder. Er hatte stets eine scherzhafte Wendung zur Hand, um zu erklären, auf welche neue Erfindung seine Krankheit jetzt verfallen war. Die Krankheit war für ihn Erkältung oder Kopfschmerz und schlechte Verdauung, nie aber war es Schwindsucht, niemals war es Tuberkulose, die an seinem feinen Organismus nagte.

Im März 1885 wurden die Atembeschwerden so groß, daß er fast nicht mehr schlafen konnte. Um Mitte April schwollen auch seine Beine an, und er war nicht mehr fähig, auszuhusten. (Briefe I, 72.) Der 30. April war sein letzter Tag.


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