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Annette von Droste-Hülshoff

1797 – 1848

wurde am 10. Januar 1797 auf ihrem väterlichen Gute bei Münster geboren. Es ist bekannt, daß sie schon früh kränklich war und 1818 und 1819 Bad Driburg aufsuchen mußte. 1826 verlor sie ihren Vater und 1829 ihren Bruder. So zog die Mutter mit ihren beiden Töchtern auf ihren Witwensitz Rüschhaus bei Münster, der auf alle Zeiten mit Annettens Andenken verbunden ist. Nach der Verheiratung von Annettens Schwester – Jenny – mit Freiherrn von Laßberg (1834), der später nach Schloß Meersburg am Bodensee zog, brachte Annette dort im südlichen Klima ihrer ewigen Kränklichkeit wegen die Jahre 1841-1844 zu. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Heimat ging Annette im September 1846 wieder dorthin an den Bodensee. Dort verlebte sie den Sommer 1847 in einem einigermaßen erträglichen Zustand. Indes im Frühjahr 1848 mehrten sich ihre Leiden, denen sie am 24. Mai 1848 erlag. Adolf Bartels läßt die Dichterin an Herzschlag sterben, und Otto Hamann, Biologie deutscher Dichter usw. (Amalthea-Verlag. 1923. S. 113 f) an Bluthusten und Herzschlag.

Zur Aufklärung des Krankheitsbildes Annettes hat jüngst Hulda Eggart wertvolle Beiträge geliefert (Süddeutsche Monatshefte, Januar u. Februar 1928). Danach erweist sich das Leben der zarten Dichterin so verschlungen, »daß man sich fragt, ob sie mit 51 Jahren der konstitutionellen Schwäche ihres Nervensystems oder einer frühzeitig auftretenden, bald akuten, bald schleichenden Form der Lungentuberkulose erlegen ist.«

Im Jahre 1814 schreibt Annette an Freund Sprickmann (1749-1833), der einst den Göttinger Bündlern des Hains nahe gestanden hatte: »Eine täglich zunehmende Magerkeit und Blässe, das Verschwinden meines Appetits, eine immerwährende Mattigkeit und die mit einem solchen Zustande unzertrennlich verbundene Niedergeschlagenheit, brachte mich auf den Gedanken der Auszehrung.« Von dieser Zeit, besonders seit 1817, womit ihr Driburger Badeaufenthalt in Zusammenhang stehen wird, mehren sich die Klagen über ihren Gesundheitszustand.

Wir hören, daß in Annettens nächster Verwandschaft mehrere Fälle von Schwindsucht auftraten und daß sie in späteren Jahren, selbst leidend und hinfällig, wochenlang eine lungenkranke Zofe pflegen mußte. 1828 wird Annette in einem schwindsuchtartigen Zustande von ihrem früheren Arzte einem Homöopathen überwiesen. So spricht Annette mit ihrer »elfenhaften« Figur, dem goldhellen reichen Haar, manchmal von ihrem »schwachen, miserablen Körper«, der sie z. B. im Winter 1815/16 garnicht vor die Tür kommen ließ. In den letzten Lebensjahren spann sie sich förmlich ein, weil sie »durch und durch krank, mutlos und müde geworden« war.

Aus ihrem elenden Leben flüchtet Annette in die Kunst, aber das intensive Schaffen treibt sie – besonders 1834/35 – aufs neue in schweres Siechtum. Damals verbot man ihr Lesen und Schreiben. Ein andermal bezeichnet sie ihre Krankheit als »kaltes Fieber« und Wechselfieber. Es war eine recht beliebte Diagnose, weil es damals in Deutschland noch viel Malaria gab. Im Jahre 1838 spricht Annette von ihrer Kurzatmigkeit, die sich in häufigen Beklemmungszuständen äußerte. Daneben bestand ein »böser, hartnäckiger Husten.«

Ehe Annette für immer Rüschhaus Lebewohl sagt, um als Totkranke und mutterseelenallein sich an den Bodensee aufzumachen, kommt sie sich vor »wie ein armer Soldat, der sich auf dem Schlachtfeld verblutet.« Dort ist sie fünf Monate ans Bett und dreiviertel Jahr ans Zimmer gefesselt. Sie »hustet sich halb zu Tode« und bereitet sich, ihr nahes Ende ahnend, gleichsam auf den Tod vor.

»O schlafen möcht ich, schlafen
bis meine Zeit herum!« –

Die unmittelbare Ursache ihres Todes war ein Blutsturz.

Hulda Eggart, die Verfasserin obiger Ausführungen, denen ich nur auszugsweise folgen konnte, legt sich zum Schlusse die Frage vor, ob Annette vielleicht ohne ihre Krankheit unvollkommener, etwas Armseliges, etwas Alltägliches und das Krankhafte, Ekstatische, das Asketische ihr wahres, ihr notwendiges Ich, ihre Weise gewesen sei, sich als Mensch und Dichterin zu erfüllen.

Wie mir mitgeteilt wird, enthält der amtliche Eintrag des Sterberegisters der Pfarrei Meersburg keine Angabe der Todesursache.

Ein Porträt der Droste findet sich bei Max Picard, Das Menschengesicht. München 1929. S. 166.


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