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Simon Dach

1605 – 1659

Als Simon Dach, der am 29. Juni 1605 in Memel geboren war, im Jahre 1636 Kollaborator an der Domschule in Königsberg wurde, wäre er bei schwächlicher Gesundheit und anstrengender Schularbeit hier fast erlegen, wenn er nicht an dem Dichter Robert Roberthin einen Freund gefunden hätte, der ihn in sein Haus und an seinen Tisch nahm. 1639 wurde Dach Professor der Dichtkunst an der Universität Königsberg; als solcher starb er nach jahrelangem Leiden an der Schwindsucht (am 15. April 1659).

Es wird als Merkwürdigkeit angeführt, daß in der »Gesellschaft der Sterblichkeit Beflissener« sowohl Roberthin (1600–1648) als Dach und Albert (1604–1668) die Zeit ihres Ablebens ziemlich genau vorausgewußt haben (Erläutertes Preußen 1, 3 S. 191 aus Dachs Leben von Bayer). Gervinus bemerkt dazu (Geschichte der deutschen Dichtung Bd. 3. Leipzig 1872. S. 327): »Dies wird weniger wunderbar, wenn man sich merkt, wie krank und hypochonder diese Dichter waren. So schildert das Lied »Alles läuft mit mir zu Ende« den Simon Dach lange vor seinem Tode als schwindsüchtig und Roberthin beklagt ahnend in seinen melancholischen Liedern als das Schmerzlichste, was ihm selbst geschah, wenn einer aus der besten Lebensblüte ins finstere Grab getragen würde.« In seinem Lebensernst kann Dach soweit gehen, daß er seine gestorbene Schwester glücklich preist, ohne menschlich zu klagen.«

Dach's Porträt Johann Valentin Pietsch (1690–1733), Leibmedicus und Hofpoet machte »auf das Bild des berühmten preußischen Dichters Simon Dachen« (Gebundene Schriften, Königsberg 1740, S. 289.) ein Gedicht. nach einem Ölgemälde von Philipp Westphal bei Könnecke, Literaturatlas S. 50, läßt ihn nicht gerade krank erscheinen. Nach der Darstellung von Wilh. Müller trat bei Dach zu der anfänglichen Hypochondrie später die Schwindsucht, »deren Keime er vielleicht schon mit auf die Welt gebracht hatte. Wenigstens lassen uns die Ohnmachten und andere Krankheitsanfälle dieser Art in der Zeit seiner unglücklichen Lebensperiode als Kollaborator darauf schließen.« (W. Müller, Bibliothek deutscher Dichter Bd. 5. Leipzig 1823. S. XXIX.)

Simon Dachs schlichte Wahrheit und Ehrlichkeit rechnen wir ihm noch heute hoch an. So sprechen uns von seinen vielen Liedern besonders zwei ihrer einfachen Innigkeit wegen an: das »Anke von Tharau« und »Der Mensch hat nichts so eigen – So wohl steht ihm nichts an – Als daß er Treu erzeigen – Und Freundschaft halten kann.«

Daß Simon Dach – 54 Jahre alt – an der Schwindsucht starb, ist erwiesen. Besonders eindrucksvoll ist sein neunstrophiges Gedicht:

»Als er die ganze Nacht für Engbrüstigkeit nicht geschlaffen«, von dem hier nur die letzten vier Strophen wiedergegeben sein mögen.

Erbarmt euch meiner Schmerzen,
Ihr Ärzte, kommt zu Hauf,
Nehmt meine Not zu Herzen,
Schlagt eure Bücher auf.
Was euer Rat wird bringen,
Auch wär es Gassenkot,
Ich will ihn in mich schlingen,
So groß ist meine Not.

Ach, daß ich nur verdrossen
Mach eure Wissenschaft!
Ich hab umbsonst genossen
So manchen Trank und Saft,
Mein Leid ist nicht zu heben,
Es kriegt den Siegespreis,
Ich muß verlorengeben
Umbsonst ist Kunst und Fleiß.

Mein Fieber ist verschwunden,
Mich hungert allgemach,
Ich gebe den Gesunden
Fast nirgends etwas nach,
Mein Durst hat sich geleget,
Nur daß der zähe Wust
Die Atemkürz erreget
In meiner engen Brust.

Mein Amt muß ganz erliegen,
Vielleicht läßt manches Maul
Von mir ein Urteil fliegen,
Ich sei so arbeitfaul.
Gott lasse mich genesen,
So soll es kundbar sein,
Was hie die Schuld gewesen,
Die Krankheit oder Wein.

Ebenso wahr und schlicht klingt sein

»Klaggedicht bei seiner schmerzlichen Krankheit«

Wie, ist es denn nicht gnug, gern einmal sterben wollen?
Natur, Verhängnuss, Gott, was haltet ihr mich auf?
Kein Säumnus ist bei mir, vollendet ist mein Lauf,
Soll ich die Durchfahrt euch denn tausendmal verzollen?
Was kränkt es, fertig sein und sich verweilen sollen!
Ist Sterben mein Gewinn, o mir ein schwerer Kauf,
Mich töten soviel Jahr und Krankheiten zuhauf,
Ich lebe noch und bin wohl zehnmal tot erschollen.
Weib, Kinder, macht es ihr, verlängert ihr mein Licht?
Seht meinen Jammer an, ist dieses Liebespflicht,
Zu schlechtem Vorteil euch mein Vorteil mir nicht gönnen?
Ach, kränket mich nicht mehr durch euer Angesicht!
Die allerletzte Pein ist, glaub ich, ärger nicht,
Als leben müssen, sterben wollen und nicht können.«


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