Felix Dahn
Die Bataver
Felix Dahn

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XXII.

Einstweilen war der Geladene von den Sklaven der inneren Räume aus der Sänfte gehoben und – auf anderem Wege – durch einen sonst von niemand betretenen Gang in das Schreibgemach geführt worden. Tief verneigte er sich bei dem Eintritt vor dem Imperator.

Es war ein Krieger von etwa vierzig Jahren, in der Vollkraft der Mannheit; die reiche Tracht der Senatoren stand ihm vortrefflich; der Wuchs überragte nicht das Mittelmaß, aber die breite, an Ares oder Ajax gemahnende Brust, die mächtigen Schultern, die starken Arme machten den Eindruck wuchtiger Kraft. Etwas Stiermäßiges gab der kurze, fleischige Nacken der stämmigen, gedrungenen Gestalt; das mächtige Haupt bedeckte dicht das ganz kurz geschorene glänzend dunkelbraune Haar; die Stirn war flach, nicht bedeutend: aber unter tiefschwarzen, über der Nasenwurzel zusammengewachsenen Brauen sahen zwei feurige, blitzende Augen hervor; die vollen üppigen Lippen bekündeten ungezügelte, ungestillte Genußgier; jedoch das feste Kinn und die kurze geradlinige Nase gaben dem Gesicht den Ausdruck schonungslosester Entschlossenheit. Dieser Leib und diese Seele hatten viel mehr als andre erlebt, genossen, gar viele Stürme durchwettert: allein das Ergebnis war nur eine durch solche Übung auf das Höchste gesteigerte Fähigkeit, ja Notwendigkeit, noch immer mehr zu erleben, zu genießen, zu erkämpfen; unbändige Lebenskraft und Lebensgier, durch keine Rücksicht gezügelt, sprachen aus dem Mann: er strotzte von Kraft. Solchem Eindruck konnte sich auch der Kaiser nicht entziehen, als er den ihm lange und genau Bekannten geraume Zeit schweigend musterte.

»Ja,« sprach er zu sich selbst, »sie haben recht! Ein fürchterliches Werkzeug! Nicht nur dem Feinde: gefährlich auch der Hand des Meisters, verderblich der des Stümpers, der es zu brauchen wagen würde.« – Endlich winkte er ihm, näher zu treten: »Willkommen am Tiber, Petillius Cerialis,« sprach er, sehr ernsten Tones. »Kannst du dir wohl sagen, weshalb ich dich plötzlich abrief aus Afrika?«

»Ich kann mir's denken!« war die rasche, unverzagte Antwort, es klang ganz heiter. – »Nun, weshalb?« – »Sie werden mich wieder einmal verklagt haben, Imperator.« – »Und wessen?« – »Ach wessen nicht? Es ist nun einmal so. Das ist die vierte Provinz, in der ich – arbeite. Britannien – Spanien – Syrien – Afrika! Die Leute sind – in diesem Stück – überall gleich. Sie können's alle nicht begreifen, daß ich mehr an Wein und mehr an Weibern und was sonst noch das Leben allein lebenswert macht, brauche, als andre Menschen, viel, viel mehr als ich bezahlen kann mit meinem Erbe, mit meinem Sold, auch mit der – früheren! – Kaiser freigebigen Geschenken. Die Farbe deines Geldes, o Flavius Vespasianus, habe ich bisher noch nicht gesehen. Die Römer sagen: es sei ein seltener Anblick.« Er lachte, daß seine prächtigen weißen Zähne blitzten; auch der ernste, strenge Mann, sein Richter, mußte lächeln.

»Nun, und was folgt hieraus?«

»Hieraus folgt, daß ich, was mir zum Leben fehlt, mir nehme. Soll ich etwa nicht leben? Das Reich des Cerialis berauben? Wär' doch schade!«

»Woher nimmst du's?«

»Lieber den Feinden, bei Mars und Venus! Wahrlich lieber den Feinden Roms als seinen Provinzialen!« und er legte ehrlich beteuernd die nervige Rechte auf die Brust. »Aber, ihr guten Götter! Wir haben ja so ziemlich alles auf dem Erdkreis, was Eroberns irgend würdig war, erobert: unsere Nachbarn, das will sagen unsere Feinde, sind ja leider lauter bettelarme Schlucker. Was kann man den Briten nehmen, die sich mit Waid blau anstreichen und dann für angekleidet halten? Oder den Numidern, die sich nicht einmal anstreichen? Was ich an Beute erraffen konnte, – du kannst mir's kecklich glauben! – ward errafft. Aber – Bacchus weiß es! – nicht den Wein, den ich zum Bade brauche, könnte ich damit bezahlen. Was nun die Barbaren nicht geben, das müssen die Provinzialen leisten. Weshalb haben sie auch so schäbig arme Nachbarn? Und das sehen sie nicht ein, die Leutchen, an Themse und Nil, an Ebro und Orontes. Und kaum hab' ich angefangen, eine Provinz zu beschützen, verklagen sie mich in Rom wegen Erpressungen. So wird es denn schon wieder dort auf dem Schreibtisch liegen: – ich stand schon wiederholt davor, der Kaiser war schon oft ein andrer, der Citrustisch blieb! – das verfluchte dicke Bündel, das meine Schandthaten viel genauer kennt als ich.«

Vespasian nickte: »Richtig erraten. Dein Gewissen ist schlecht, aber wach.« – »Gewissen? Nicht daß ich wüßte, eins zu haben! Oder wenn – so ist es sehr, sehr gut: es hat mich noch nie gebissen.« – »Du hast, sagt man, aus ziemlich schmutzigen Dingen in Afrika Geld zu erpressen verstanden: den Mist der Pferde und Maulesel auf den Straßen der Städte hast du besteuert.« – »Was kann ich dafür, o Flavius Vespasianus, daß unter meinen wie unter König Midas' Händen alles zu Gold wird? Der Staat sollte mich selbst dafür in Gold fassen. Übrigens, wie sagte doch der Imperator Vespasian – das gute Wort wird in allen Bädern belacht! – als sein Sohn Titus ihm vorhielt, daß er sogar von den Kloaken Steuer erhebe? Er hielt ihm ein Goldstück vor die Nase und sprach: »es riecht nicht.« Glaube mir, das Gold aus dem Mist in Afrika riecht auch nicht. Die schönsten Weiber von Carthago schmunzelten, schüttete ich es haufenweis in ihren Schoß.«

»Aber,« forschte der Kaiser, nachdrucksam, »dein Gold – riecht es zuweilen nicht nach Blut?«

Da schwand das Lächeln von dem übermüt'gen Mund: »Ich habe nur der Barbaren Blut vergossen. – Oder das von Hochverrätern« beeilte er sich beizufügen, da er ein drohend Gewölk auf der Stirne seines Richters aufsteigen sah. – »Seltsam, daß alle diese Hochverräter reiche Leute waren.« – »Diese Seltsamkeit kam deinem Fiskus sehr zu statten.« – »Bis auf einen. Der war nicht reich. Er hatte aber ein schönes Weib! – Genug: du bist auf den Tod angeklagt, das Blut römischer Bürger vergossen zu haben, zu bösen Zwecken. Nein! leugne nicht. Die fröhliche Frechheit steht dir besser als die Lüge. Es liegen genug Beweise gegen dich vor!« fuhr er fort, ein paar Papyrusrollen drohend aufhebend, »daß ich dich zum Tod verurteilen lassen kann,«

Der Beschuldigte zuckte die Achseln: »Freilich kannst du das! Dafür bist du Imperator. Du kannst es ja ohne jeden Beweis. Und auch ohne Urteil kannst du mich töten lassen. Als ich in der geschlossenen cäsarischen Sänfte abgeholt wurde aus meinem Hause, fand ich sie einem Sarkophag unheimlich ähnlich. Schon mancher ward so in den Palast geholt und – nicht zurückgebracht.«

»Ich bin kein Mörder.«

»Deshalb überwand ich gar bald jene Anwandlung.«

»Leugnest du, daß du durch jene – Hinrichtungen in Afrika den Tod verdient hast? Ich rate dir: leugne nicht! Gestehst du alles, bin ich geneigt, dich zu begnadigen zu lebenslänglicher Verbannung auf eine Felseninsel.«

Da erschrak der Bedrohte: das Blut schoß ihm ins Gesicht, er trat lebhaft einen Schritt näher. »O nur das nicht, Imperator! Jahrelang leben auf einem solchen Stein, ohne einen andern Tropfen als Cisternenwasser, nicht das Haar eines Weibes mehr von fern flattern sehn, und zur Mahlzeit immer Muscheln und an Feiertagen Krabben! Und vollends! – die Priester der Christianer, die alle solche Eilande aufsuchen, die Gefangenen zu trösten! Das heißt, ihnen einzureden, daß Schmerzen das einzig richtige Vergnügen auf Erden sind! Nein, sei gnädig, Vespasian! Lieber den Kopf, diesen heißen Kopf, herab auf einen Streich! In hundert Schlachten hab' ich ihn aufs Spiel gesetzt – und leider muß ja sogar ich einmal sterben. Aber – ich bemerke wieder einen mildern Zug in dem Antlitz des gewaltigen Löwen, der mit mir armem gefangenem Mäuslein spielt! – es wäre doch noch schade um diesen Kopf! Versuche, ob du nicht mehr Vorteil von ihm hast, wenn er unter einem Helme deine Feinde bedroht, als wenn er auf einer Mauerzinke deines Palastthores steckt. Gieb mir eine letzte Probefrist für kühne Thaten. Ich schulde dir ein Leben: – denn jene Anklagen sind nicht . . . nicht gerade erlogen: – ich will's für dich einsetzen tausendmal.«

Da trat auch Vespasian einen Schritt vor, so, daß nun die beiden Männer sich ganz nah Aug' in Auge sahen: »Es ist zu gefährlich,« sprach er, mit leisem Kopfschütteln. »Läßt der alte Löwe die Maus aus seiner Kralle, verwandelt sie sich da draußen in irgend einer Provinz in einen vielleicht ebenso starken, jüngern Löwen und beißt zum Danke den dummen alten Löwen tot. Im Ernst, Cerialis, ich bin vor dir gewarnt. Die erwähnten Anklagen sind die schwersten nicht: man schreibt mir, du trachtest nach dem Thron.« Und schärfer als je drangen die klugen, grauen Augen in die Seele des Verklagten.

Der aber brach in ein so laut schallendes herzliches ehrliches Gelächter aus, daß der Ausforscher ganz verdutzt stand: »Ich! nach dem Thron!« rief er, als er wieder zu Atem kam. »Nein, das ist zu, zu dumm! Nein, Imperator, den Angeber, der dir das geschrieben, den entlaß aus dem Späherdienst. An den verschwendest du Sparsamer dein Geld!«

»Nun,« erwiderte der Kaiser, »es war doch nicht undenkbar. Wahrlich, wir haben Empörer und Cäsaren gesehen, die viel weniger Beruf zu beidem hatten. Du bist ein ganz ausgezeichneter Feldherr, nach mir und neben Titus wohl der beste, den das Reich heute aufweist. Mut, Tollkühnheit, ja frevelhafte Verwegenheit hast du auch, dazu – bisher – ein nie versagend Glück und eine unersättliche Genußsucht: – was fehlt dir an allen Voraussetzungen zum Griff nach dem Purpur?«

»Nichts als das Verlangen danach.«

»Wer bürgt, daß es nicht erwache?«

»Jene meiner Tugenden, die du, scharfer Seelenergründer, zuletzt aufgezählt hast: die unersättliche Genußsucht. Sieh, Vespasian, ich rede ganz offen zu dir: hielte ich den Purpur für einen Genuß, die Herrschaft für eine Wollust, – nichts würde mich davon abhalten, auf Tod und Leben darum zu werben. Wär' es doch jenes Unerhörte, heißest Ersehnte, ein noch nie genossener Genuß, eine noch nie gekostete Lust. Ich würde dann meinem Bruder, ja meinem Vater die Rechte samt dem Scepter abschlagen, geschweige einem bloßen väterlichen Wohlthäter, wie du mir erst noch werden sollst.«

»Siehst du, wie gefährlich du bist, Cerialis?«

»Nicht im allergeringsten. Denn ich sage dir: ich halte es nicht für Genuß und Wollust, Imperator sein, für den ganzen Erdkreis sorgen in Frieden und Krieg und jede Stunde der Nacht aufhorchen, ob nicht die lieben, treuen Prätorianer kommen, mich zu morden, weil ihnen ein anderer Narr hierfür ein Trinkgeld versprochen hat. Ja, ein Narr: – ich darf es sagen: denn du, man weiß es, hast den Purpur nicht gesucht, nicht erkauft. – Ein Narr: denn was erkauft er? Die Gewißheit, vergiftet, erstickt, oder erdolcht zu werden! Alle Imperatoren – aber auch alle, die guten wie die bösen: Cäsar und Augustus, Tiberius und Caligula, Claudius und Nero, Galba, Otho und Vitellius, sie alle starben durch Mord oder Selbstmord! Ich wünsche dir von Herzen, Vespasian, du mögest die erste Ausnahme an dir selbst erleben. Ich aber habe keine Lust zu dem Versuch. Nein! Zwar verfügt der Imperator über mehr Gold, als ich jemals zu erpressen verstände, – aber ich danke! Lieber einige Millionen weniger und ein Paar Jahrzehnte längeres Leben. Das bißchen, dessen ich zu meiner Notdurft bedarf, erhoffe ich von den Barbaren als Beute, von den Provinzialen als – Freudengeld, von meinem Imperator hier als Lohn der Tapferkeit!«

Zweifelnd betrachtete sich der Alte den Mann: »Ist es möglich? Also nur Genuß füllt all' dein Sinnen und Trachten?«

»Ja, bei der goldenen Aphrodite! Aber doch nicht bloß Küssen und Trinken. Auch das ist Genuß, – jene beiden allein höhlen zu rasch das Mark des Lebens aus! – auch das ist Wollust, beim Sturm auf die Perserburg der erste auf der Mauer sein, dem riesigen Germanen oder dem wilden Auerstier seiner Wälder – es ist dasselbe! – das kurze Schwert in die nackte Brust stoßen.«

»Aber,« warf der Herrscher ein, »das Reich, dies Römervolk? Kann es nicht geschehen, daß dich – aus edelm Antrieb – die Überzeugung fortreißt, – oder der Wahn! – der Staat geht unter einem unfähigen Cäsar zu Grunde und du bist der einzige, mögliche, der berufene Retter? Manch wackerer Mann hat deshalb sich empört,«

»Gewiß! Zum Beispiel Flavius Vespasianus. Aber Cerialis ist kein Vespasian. Du bist sicher vor meinem Patriotismus. Denn ich habe keinen.«

»Mensch! Bist du ein Römer?«

»Ja, aber nicht aus des Camillus Tagen. Diese teueren Römer, die ich um mich sehe, sie sind – wenige, aber nicht mich selbst, ausgenommen! – voll reif und voll wert, daß sie zu Grunde gehn. Kann ich Rom küssen, wie Lucretia, meine Freundin? Rom trinken wie Falerner? Rom ist mir nichts, Cerialis ist mir alles.«

Vespasian trat zurück von ihm mit einer ablehnenden Handbewegung, wie man wohl einen schmutzigen Gegenstand sich vom Leibe wehrt: »Das ist sehr brutal,« sagte er, »und sehr gemein.«

»Gewiß, Imperator! Aber für uns beide ist's gut so. Du entgehst dadurch meinen Empörungsgelüsten und ich deinem Argwohn.«

Der Kaiser nickte kurz und trat an den Schreibtisch; neben dem Ekel an solcher Gesinnung empfand er doch auch eine gewisse Beruhigung: dieser Mann war wirklich nicht gefährlich. Die Schamlosigkeit, mit welcher er sich jeden edeln Beweggrund, jeden höhern Trieb absprach, kam ihm offenbar von Herzen. »Man könnte dieser tapfern Bestie alle Legionen des Reiches anvertrauen,« dachte er, – »ich glaube wirklich, er führte sie nicht gegen Rom. – Und doch,« begann er laut, den Brief aufhebend, den er vorhin gelesen, »wird es dein Blut, – nicht des Römers also, aber doch des Kriegers – in Wallung bringen, was ich dir nun mitzuteilen habe, um deinen vielbewährten Rat als Feldherr zu vernehmen. Du kennst ja auch Gallien, ja selbst Germanien.« – »Wohl! Ich habe von Gallien aus Britannien erobern helfen und gegen Friesen und Chauken gefochten. Nie sah ich weißere Leiber als der gefangenen Friesinnen!« – »So wird es doch den Haudegen in dir ergrimmen, was er nun vernehmen soll. Du hast von den Unruhen in Gallien gehört?« – »Wenig. Es ist weit vom Rhein nach Afrika.« – »Wohlan: Gallien ist für Rom verloren. Ein Reich Großgallien ist ausgerufen worden. Die Bataver haben uns dreimal geschlagen und die Germanen fluten übern Rhein.«

Da fuhr der Starke auf: »Was? Wie? Bei Mars dem Rächer. Nein!«

»Ja, sag' ich dir. Deshalb hab' ich dich her beschieden. Ich selbst kenne jene Länder wenig. Dein Rat soll dem Feldherrn zu statten kommen, – den ich entsenden will.« – »Wem hast du diese Ehre, – diese große, blutige, beneidenswerte Wonne! – zugedacht?« – »Licinius Mucianus. Er liegt unbaß zu Hause. Sonst hätt' ich ihn selbstverständlich herbeschieden, deine Worte selbst zu hören.« – »Hm, meinem bissigen Übelgönner! dem langsamen alten Schleicher!« grollte Cerialis. »Aber freilich,« dachte er im stillen, »der zuerst hat ihn aufgestachelt gegen Vitellius. Er will ihn belohnen.«

»Der langsame alte Schleicher,« entgegnete Vespasian verweisend, »ist mir treu, auch an der Spitze siegreicher Legionen.« – »Das wären andre Leute auch.« – »Wie viele Legionen glaubst du sind erforderlich? Aber bedenke,« fügte er ängstlich bei: »der Schatz ist leer: viertausend Millionen Sesterzen fehlen mir, ihn zu füllen.« – »Der Geizhals!« dachte der andere. »Ich würde doch die Übernahme des Feldzugs an den Mindestfordernden versteigern,« lachte er laut. Vespasian sah ihn scharf an: »Ich thue so,« erwiderte er kurz, »in diesem Augenblick. – Mit wie vielen Legionen muß Mucian sich begnügen, nach deiner Schätzung?« – »Nun wartet, ihr beiden mißgünstigen kargen Knausergreise!« dachte Cerialis. »Ich will's euch einbrocken. – Je nun, ich dächte . . . –«

»Nicht so rasch, du Ungestüm! Willst du nicht erst die Lage in Gallien kennen lernen, bevor du die Kräfte schätzest, welche sie verlangt?« Cerialis biß sich auf die Lippen: »Vergieb meinem Eifer. Aber der Zorn über diese Barbaren . . .« – »Er wird noch wachsen, erfährst du alles. Und wären es nur die Barbaren! Aber unsere Legionen! Sie haben sich selbst geschändet! Unerhörte Schmach! Lies – hier – diese vielen Rollen. Aber lies laut – laß' die Anreden fort! – ich werde dir erklären, was du daraus nicht erfährst und doch wissen mußt. Claudius Civilis kennst du?« – »Gewiß! Ich habe neben ihm gefochten am schilfigen Severn wider die Siluren. Ein tapferer Mann und über Barbarenmaß hinaus begabt, ein treuer Freund der Römer.«

»Er ward das Haupt der Empörung,« – »Wie? Unmöglich!« – »Staune nachher. Jetzt lies!«

Der Alte setzte sich auf das Lager neben dem Tische und stützte das Haupt in die Hand. Cerialis aber trat an die Citrusplatte, nahm das bezeichnete Bündel von Rollen auf und hob an zu lesen, mit immer steigendem Eifer, mit immer wachsendem Ingrimm.

 


 


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