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IX.

Die Erde ist ganz weiß geworden; sie ist gealtert in dieser Nacht. Das kurze Gras der Brière, das Heidekraut, dieses wildverwachsene Zeug, die Disteln mit ihren Silbersternen sind über und über mit Reif bedeckt. Es ist der erste Frost, der sich einstellt, und gleichzeitig der Beginn der großen Torfernte auf den roten Hügeln. An diesem klaren Herbstmorgen geht es laut zu. Die ganze Luft ist erfüllt von Lärm. Hunde bellen; Kühe brüllen; Wagenräder kreischen, und mehr als zweitausend schwarze Torfstecher stapfen hinaus ins Moor. Ein ganzes Geschwader von großen Lastkähnen rückt aus, teils mit Segeln, teils mit Stangen. Auf allen Kanälen fahren die Boote, vollbeladen mit Menschen, wie wenn sich in jedem einzelnen Schiff eine ganze Hochzeitsgesellschaft zusammengefunden hätte, und speien ihre Fracht draußen auf der großen Heide aus. Auf den Feldwegen zwischen den Hügelkuppen kriechen die Ochsenkarren wie Schildkröten dahin. Alles hastet, um beim ersten Strahl der Sonne, die rot wie Klee am Himmel aufsteigt, an Ort und Stelle zu sein, überall wird es lebendig im Schilf, bei den Wassergräben, an den Weihern, so daß die Reiher, die Sumpfhühner und all die dort nistenden Vögel erschreckt aufflattern und ängstlich ihre Kreise ziehen.

Das ist der wichtigste Tag im ganzen Jahr. Wie federnd leicht ist da der Torfboden! Die Sonne steht flammend über den Gewässern, der Himmel ist klar und verspricht es auch noch längere Zeit zu bleiben. Nur eine einzige große Wolke ist daran sichtbar. Es sind die großen Schlote von Trignac, die da drunten ihre mächtigen Rauchfahnen aussenden wie eine riesige Schlachtflotte.

Aber dieses Jahr wird weder gelacht noch gesungen. Nur der Lärm plappernder Stimmen ist zu hören, die sich einander aus der Ferne zurufen und Antwort geben wie Möven auf der offenen See. Die Heideflächen im Norden, im Westen, im Osten wimmeln förmlich von Menschen. Die Leute aus St. Lyphard und St. André verteilen sich auf den Erdhügel und den Schädelberg, die vom anderen Ufer, von Crossac und St. Reine, haben das Birkengewann in Beschlag genommen. Die eigentlichen Inselbewohner aber gehen geradewegs auf die Mitte los, um da auf dem Bru ihren Torf zu stechen, der schon so oft ausgebeutet worden ist, aber eben doch das vorzüglichste Brennmaterial hergibt.

Der Zug geht immer tiefer in die Heide hinein, dann löst er sich auf. Einzelne Gruppen pendeln noch unschlüssig hin und her.

Bald aber hört das unruhige Durcheinander auf. In zusammengeballten, dicht gedrängten Gruppen gehen die Menschen dem Boden zu Leibe. Der Spaten beginnt sein Werk, Schnitt um Schnitt, Stich um Stich. Jetzt aber vorwärts! Die erste Minute ist so kostbar wie die letzte, wenn man in acht Tagen fertig sein muß, eine so unsichere Zukunft vor sich und die gestrenge Obrigkeit hinter sich hat. Sechs Jahrhunderte lang haben die Einwohner ihren Torf unbehindert stechen dürfen. Der Drang nach dieser Betätigung ist ihnen dadurch in Fleisch und Blut übergegangen, was nunmehr durch die gegenwärtigen Gesetze so stark eingeschränkt ist. Um so nachhaltiger wirft man sich jetzt auf die Arbeit, um die Schätze zu heben. Bärtige Männer mit stechendem Blick, Frauen mit schwieligen Füßen in ihrem Arbeitskittel und den spitzen Kopftüchern, Mädchen mit schönen Augen, die keck unter der Haube hervorblitzen, Freunde, Familienmitglieder, Verwandte haben sich zusammengetan und nehmen etwa eine Fläche von fünfzig Fuß Durchmesser in Angriff. Sie beginnen damit, die obere, mit Gras bewachsene Erdschicht abzuheben, stechen dann die Rasenstücke ab, heben sie aus und schichten sie auf die Seite. Wenn dann die darunter befindliche Torfschicht nichts taugt, sei es, daß sie bröckelt oder zu sehr mit Moorholz durchsetzt ist, dann gibt man den Platz auf und fängt anderswo an. Nun ist die obere Erdschicht ganz abgehoben. Der Graben höhlt sich aus wie eine Abbaustrecke bei der Eisenbahn, und drinnen schuften kunterbunt die Männer und Frauen durcheinander; darunter befindet sich manche kräftige Vierzigerin, deren Ehering schon ganz am Finger eingewachsen ist, die aber den Spaten unter dem Gewicht ihrer breiten Hüften genau so gut zu handhaben versteht wie ein Mann. Immer breiter wird die schwarze Furche hinter der Reihe der Torfstecher. Der Spaten rastet nicht. Durch einen waagrechten Stich wird das schwere, feuchte Torfstück schließlich vom Boden gelöst, das dann von dem jungen Volk auf die Heide nebenan gebracht wird. Kleine Buben bedienen die Schubkarren und füllen die Torfstücke in die Traggestelle; denn außer den Hundertjährigen bleibt niemand zu Hause. Das ganze Ameisenvolk der Brière ist auf den Beinen. Sogar ihre Säuglinge haben die Mütter mitgebracht. Weinend liegen sie jetzt in ihren Weidenkörbchen am Boden. Ein paar fahlrote Hunde mit glasklaren Augen und hellhaarigen Schenkeln schnuppern daran herum.

»Nun, Augustin, stichst du nicht auch deinen Torf?«

»Später, später!«

»Er wird dann aber nicht mehr trocken.«

»Dann werde ich ihn eben feucht verbrennen.«

Der Alte drehte sich um und stapfte mit großen Schritten davon, die Holzhand fest an die Hosennaht gedrückt, sein Stöckchen unterm Arm. In früheren Jahren unterhielt er sich gern am Rand der Stichflächen mit den Leuten. Diesmal blieb er nirgendwo stehen.

»Nur flink, damit ihr etwas in die Scheuern bringt!« rief er denen zu, die er schon bis zur Hälfte in der Erde stecken sah, und fuchtelte dabei mit dem Stock herum. »Bald werden ja doch euere Spaten wieder ruhen und rosten dürfen.«

Am Morgen war er recht vergnügt bei diesem herrlichen Sonnenaufgang ins Moor hinausgewandert, – es war ja der Tag seiner erhabensten Amtsfunktion. Er hatte sogar Julie, die gekommen war, um ihm die Schuhriemen zuzuschnüren, im Scherz gesagt, nun fühle er sich wieder einmal ganz unter die Haiti-Insulaner zurückversetzt, mitten unter das Negervolk in seinem Busch. – Aber nun ist das alles wie weggeblasen. Jetzt kommt er sich eher vor wie mitten unter einer Horde von Teufeln, die in ihren Höllenlöchern herumhüpfen. Er hört das Knirschen der Spaten und das Keuchen der Torfstecher in den Gruben. Er sieht, wie sie die Rasenstücke abräumen und das edle, schwarze Gut zu ganzen Hügelketten auftürmen. Keiner redet ein Wort; ein jeder ist auf seinen Beuteanteil aus. Alles schuftet drauflos mit schwerem Fuß und heißem Kopf. Mit leidenschaftlichem Eifer gehen sie auf ihr Ziel los. So habgierig sind sie ihm noch nie vorgekommen. Noch nie haben sie mit solch zäher Verbissenheit ihre alten Rechte ausgenutzt.

Nur er allein geht untätig herum, ausrangiert wie ein lahmer Esel mit seiner zerschmetterten Hand und seiner unsichtbaren Bürde, die er mit sich schleppt. – – –

 

»Gib das Ding her! … Das gehört dir nicht! Wir brauchen ihn …«, schrie die Capable und zerrte an dem vollgeladenen Schubkarren, den Theotist vor sich herschob.

»Vater Algan hat ihn mir geliehen«, gab Theotist ruhig zur Antwort und setzte ihren Weg fort.

Wie alle anderen war auch Theotist zum Torfstechen ausgezogen. Es war bitter notwendig, denn auch sie mußten sich für den Winterbrand eindecken. Hier im Moor ging sie ganz bescheiden ihrer Arbeit nach, ohne den Kopf zu heben oder nach jemand zu sehen. Weil sie nicht selber Torf stechen konnte, hatte sie sich mit dem alten Algan zusammengetan, der ihr dafür, daß sie ihm den Torf heimbrachte, ein Viertel von dem Gesamtertrag überließ. Außerdem hatte er, da an Traggestellen – wie immer – Mangel war, ihr erlaubt, seinen Schubkarren zu benutzen. Sie hatte ihn geholt, denn sie konnte ja nicht wissen, daß der alte Algan ihn auch noch einer anderen Frau, die mit der Capable zusammenarbeitete, versprochen hatte. So hatte denn endlich die alte Hexe, die noch immer spinnefeind auf Theotist war, einen Anlaß gefunden, auf den sie schon lange lauerte. Ihr Haß war durch die letzten Ereignisse eher noch größer geworden. Sie war es ja, die Theotist angezeigt hatte. Aber diese Anzeige hatte nicht den gewünschten Erfolg gehabt, denn irgend jemand hatte an den Untersuchungsrichter einen Brief geschrieben – man sagte, der Mieter der Julie –, in dem darauf hingewiesen wurde, daß die Person, von deren Zeugnis die Anklage ausging, sich einmal einen Stich mit dem Gartenmesser beigebracht habe, um eine Nachbarin wegen Mordversuch anzeigen zu können. Und dies beruhte durchaus auf Wahrheit. Diese Bloßstellung hatte ihren Haß aufs äußerste gesteigert.

»Du Elsternbrut, du mißratene! … Du unverschämtes Ding! … Hast du hier etwa zu bestimmen?« schrie sie krebsrot vor Wut und riß ihr gewaltsam den Griff aus der Hand.

Der Schubkarren fiel um, und die Torfbrocken fielen heraus.

»So nehmt ihn halt«, sagte Theotist und wich ihr aus. »Ihr seid ein böses Weib.«

Da ließ die Capable alles liegen und stehen und ging wie eine Furie auf die Verhaßte los, überhäufte sie mit Schimpfworten, nannte sie eine Dirne, eine Zuchthäuslerin, eine Verbrecherin. Sie schrie ihr zu, für sie sei das Gefängnis gerade gut genug, um dort zu verrecken, und überschüttete sie förmlich mit einem Schwall von Gemeinheiten. Dabei kreischte sie so laut, daß man meinen konnte, sie würden einander umbringen auf dem Bru.

»Ihr seid ja immer nur neidisch gewesen«, gab ihr Theotist zurück.

Ein Faustschlag mitten ins Gesicht hätte nicht drastischer wirken können; denn damit hatte sie die wahre Gesinnung ihrer Gegnerin mit einem Wort bloßgestellt. Der Neid war wohl die erste lodernde Fackel gewesen, an der sich im Herzen der Capable dieser tödliche Haß entzündet hatte. Aus Neid war es ursprünglich zu diesem gespannten Verhältnis gekommen. Wozu mußte auch Theotist jeden Morgen ihr dunkles, langes Haar mit dem sonnenflimmernden, goldenen Schein beim Kämmen unter der Haustür zur Schau stellen, während man selber nur ein unscheinbares, wirres Schwänzchen aufweisen konnte; denn das war alles, was man unter seinem Haarnetz einzurollen hatte.

»Neidisch?! … Neidisch?!« zeterte die Capable wie von einer Natter gestochen. »Auf was soll ich denn neidisch sein? … Und auf wen? … Am Ende gar auf deinen schönen Liebhaber? … Deinen reizenden Liebhaber, der nichts mehr von dir wissen will!«

Theotist fuhr auf, nun ihrerseits getroffen, und sah ihrer Feindin unverwandt ins Gesicht, so daß die Capable an ihrem haßerfüllten Blick fühlte, daß sie an die richtige Stelle gerührt hatte, und ihr den Dolch noch tiefer in die Wunde stieß.

»Jawohl! … Der nichts mehr von dir wissen will … der dich satt hat … Glaubst du denn, daß sich der Bursche wirklich in dein Großmaul vergafft hat! Einen Besen fress' ich, wenn das wahr ist! … Ha, wer wird denn schon die Tochter Augustins heimführen wollen! Dann schon lieber dem Teufel seine Großmutter! … Allein, jetzt ist er nicht mehr so dumm … Eine, die im Gefängnis gesessen hat! Und so was soll man heiraten! … übrigens kannst du ihn ja fragen … Du brauchst ihn ja bloß zu besuchen … Geh, vielleicht findest du ihn da hinten auf dem Schatzhügel … Ruf ihm doch! Ruf ihn doch her! … Pack dich, du Dirne!« warf sie ihr verächtlich über die Schulter zu, ging aber langsam weiter, weil der alte Algan herbeilief, um Frieden zu stiften.

»Dirne!«

Theotist antwortete nicht. Eine flammende Röte flog über ihre hohlen Wangen; eine seltsame Glut flackerte in ihren Augen. Unverwandt starrte sie in die Ferne. Sie schien die weißen Möwen am Himmel zu betrachten, die der Wind über die Mole hinwehte. Dann streckte sie die Hände aus, als ob es dunkel würde vor ihren Augen. Schwankend wie eine Nachtwandlerin ging sie zwischen den Torfschollen dahin.

Den Rest des Tages arbeitete sie still für sich. Am folgenden Tag sah man sie nicht mehr.

Der Torfstich ging weiter. Es war wie ein lautloses, beständiges Krabbeln eines Insektenhaufens, der emsig bemüht ist, einen Kadaver zu vertilgen. Überall lagen die Torfziegel herum; sie türmten sich zu großen Haufen und bedeckten die Hügel. Sie bildeten ganze Mauern, Städte und Babylonische Türme. Der Rasen ist verschwunden, und auch vom Reif ist nichts mehr zu entdecken. Der umgewühlte Boden schaut aus wie ein schwammiger Filz, in den die Füße einsinken und eine schmutzige Wasserlache hinterlassen. Und dasselbe dunkle Moorwasser, von alten Verwesungsprodukten gesättigt, steigt allmählich aus den tieferen Schichten empor; undurchsichtig und bleiern wie ein Bahrtuch steht es auf dem Grund der Torfgruben, die so trostlos aussehen und überall wie klaffende Wunden aus dem Boden starren, und die sich nie wieder schließen werden auf der Brière.

Augustin stapfte und watete von einer Torfgrube zur andern; wohin er blickte, wohin er sich wandte, überall nur Torf, der zum Verbrennen dient: Edeltorf, der fast so hart ist wie Basalt, Torf vom Bru, mit dem weißen Wurzelwerk durchzogen, filziger, rauhhaariger Torf und das Gebrösel all der minderen Torfarten. Überall lag Torf. Der Torf kribbelte ihm auf der Haut, stieg ihm an den Beinen hoch, fraß sich in sein Inneres ein und nahm sein ganzes Denken in Beschlag. Er sah nichts anderes mehr als Torf. Mit Torfstaub war das Teufelsding an seinem Handgelenk überzogen und auch seine andere Hand, die ihn, an Körper und Geist völlig gebrochen, jetzt nach fünfundsechzig Jahren verraten und ganz im Stich gelassen hatte. Hatte er sich schon wegen seines Kahnes so manches graue Haar wachsen lassen, hatte ihn dieser Gedanke schon bis in seine Träume hinein verfolgt – das, was er jetzt empfand, hier auf den gänzlich ausgeplünderten Fluren, zermarterte seine Seele noch viel mehr. Nein, das hatte er nicht geahnt. Bisher hatte er es noch nie gewagt, dem furchtbaren Verdammungsurteil, das ihn hier auf der Heide unter freiem Himmel erwartete, ins Auge zu blicken. Niemals mehr wirst du am großen Festtag deines angestammten Handwerks Anteil haben.

Und nichts konnte er dagegen tun. Das war jetzt wirklich das Zeichen des gänzlichen Verfalls; es war der Untergang. Auch mit aller Klugheit war da nichts mehr auszurichten. Steuerbord oder Backbord voraus, das bleibt sich gleich, wenn der Eimer kentert. Es geht ihm wie dem Kind, das von der Mutterbrust gerissen ist … Also muß dieses Kind in seiner alten Haut jetzt elend zugrunde gehen … Du warst da hineingeboren, ja geradezu wie geschaffen dafür. Das war dein Alles, Lust und Leid. Ha, was war das doch: eine Schnittfläche öffnen, eine Furche weiten, den Spaten sicher einstechen, den Stich ebenmäßig in der Waagrechten führen, die Torfstücke schneiden, als ob sie gegossen wären, sie herausnehmen; und wenn sie sich dann so recht fettig anfühlten und so frisch dufteten, dann sahst du schon ganz lebhaft die kleinen Flämmchen daraus hervorzüngeln, so blau wie die Vergißmeinnichte im Felde. Du warst hier zu Hause; du warst wie geschaffen dafür, um deine Ware in den Straßen der Städte auszurufen, die Säcke in die Häuser hinaufzubringen und dann vom Stadtfrack dir die runden, blanken Geldstücke in die rauhen Pratzen zählen zu lassen. Ja, was warst du doch für ein Kerl! Aber jetzt bist du nur noch ein armseliger Bettler; denn was ist das für ein Torf, den du nicht selber gestochen hast! Wie übel der riecht, wie schlecht er brennt, wie fremd er dir ist! Dein Lebenslicht ist ausgebrannt.

Rastlos ging er vom frühen Morgen bis zum späten Abend umher mit seinem Stöckchen unterm Arm. Er fluchte und spuckte, wenn ihm ein Altweibersommerfaden ins Gesicht wehte; denn überall flogen sie um diese Zeit in der Luft herum. Vom Bru angefangen bis zum Weißling durchmaß er alle die einzelnen Hügel dazwischen, den von Motet, von Graviere, von Valet, von Bonhomme. Ruhelos wie der ewige Jude irrte er in der ganzen Gegend herum, von Angle nach Crevy, von dort nach Noe-Cohar. überall begnügte er sich mit einem kurzen Blick und notierte ein paar Zahlen in sein Notizbuch. Manchmal, wenn niemand in der Nähe war, blieb er stehen, nahm einen Torfbrocken in die Hand und bohrte seinen Daumen hinein. Er tat dies wie unter einem geheimen Zwang. Er mußte den Torf fühlen, mit dem er groß geworden war.

 

Der Herbst ließ sich milde an in diesem Jahr. Lediglich ein paar Blätter hat er in die Teiche geweht und ein paar Schilfrohre abgeknickt. Die Wälder auf den fernen Hängen hat er vergoldet und an den Pappelreihen seine blauen Nebelschleier aufgehängt.

Der Torfstich ist zu Ende. Nun werden die Torfkuchen aufgeschichtet. Die Männer auf ihren Leitern errichten ganze Gebäude. Die Heide ist übersät mit Kuppeln, Würfeln, Säulen; und wie ein neuer First von einem Blumenstrauß mit silbernem Laubwerk gekrönt wird, so stecken manche einen grünen Strauß oben an die Spitze, ein Zeichen für die große Rolle, die der Torf in ihrem Leben spielt.

Von Tag zu Tag wird es stiller. Langsam verebbt der Lärm in den grauen Oktobertagen. Man hört jetzt nur noch das dumpfe Poltern der Torfziegel, wie sie auf die Karren geworfen werden.

Eine allgemeine Entspannung ist eingetreten; denn in diesem Jahr sind die Erträgnisse nicht eigentlich gebucht worden. Augustin hatte sich darauf beschränkt, nur eben vorbeizugehen, ohne viel aufzuschreiben … Auch sonst läßt er sich kaum mehr blicken. Allenfalls könnte er es sein da drüben, dieser schwarze Punkt weit draußen auf dem Steinhügel, immer auf dem gleichen Fleck, und unbeweglich wie die Seevögel, die sich auf einer Boje niedergelassen haben, und deren schwarze, regungslose Silhouette man tagelang dort sehen kann.


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