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Vierte Familie: Springmäuse ( Dipodida)

Die Springmäuse, welche nach unserer Eintheilung eine Familie, nach Ansicht neuerer Forscher die Unterordnung ( Dipodida ) bilden, erinnern in ihrem Baue lebhaft an die Kängurus. Dasselbe Mißverhältnis des Leibes wie bei diesen, zeigt sich auch bei ihnen. Der hintere Theil des Körpers ist verstärkt, und die hinteren Beine überragen die vorderen wohl dreimal an Länge; der Schwanz ist verhältnismäßig ebenso lang, aber gewöhnlich am hinteren Ende zweizeilig bequastet. Dagegen unterscheidet die Springmäuse ihr Kopf wesentlich von den Springbeutelthieren. Er ist sehr dick und trägt die verhältnismäßig längsten Schnurren aller Säugethiere überhaupt: Schnurren, welche oft ebenso lang sind als der Körper selbst. Große Augen deuten auf nächtliches Leben, sind aber lebhaft und anmuthig wie bei wenig anderen Nachtthieren; mittelgroße, aufrechtstehende löffelförmige Ohren von ein Drittel bis zur ganzen Kopflänge bezeichnen das Gehör als nicht minder entwickelten Sinn. Der Hals ist sehr dick und unbeweglich, der Rumpf eigentlich schlank. An den kleinen Vorderpfoten finden sich gewöhnlich fünf Zehen, an den hinteren drei, zuweilen mit einer oder zwei Afterzehen. Der Pelz ist dicht und weich, bei den verschiedenen Arten und Sippen sehr übereinstimmend, nämlich dem Sande ähnlich gefärbt. Auch der innere Leibesbau hat manches ganz eigenthümliche. Das Gebiß ist nicht besonders auffällig gebildet. Die Nagezähne sind bei einigen glatt, bei anderen gefurcht; die Anzahl der Backenzähne beträgt drei oder vier für jede Reihe; auch findet sich oben ein stummelhafter Zahn vor den drei eigentlichen Backenzähnen. Den Schädel kennzeichnet der breite Hirnkasten und die ungeheuren Gehörblasen. Die Halswirbel, mit Ausnahme des Atlas, verwachsen oft in ein einziges Knochenstück. Die Wirbelsäule besteht aus elf bis zwölf Rückenwirbeln, sieben bis acht Lendenwirbeln und drei bis vier Kreuzwirbeln; die Anzahl der Schwanzwirbel steigt bis auf dreißig. Am Mittelfuße verschmelzen die verschiedenen, nebeneinander liegenden Knochen in einen einzigen, an dessen Ende die Gelenkköpfe für die einzelnen Zehen stehen.

siehe Bildunterschrift

Geripp des Pfeilspringers. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)

Die Springmäuse bewohnen vorzugsweise Afrika und Asien; einige Arten reichen aber auch nach Südeuropa herüber, und eine Sippe oder Unterfamilie ist Nordamerika eigen. Sie sind Bewohner des trockenen, freien Feldes, der grasreichen Steppe und der dürren Sandwüsten, also eigentliche Wüstenthiere, wie auch die Färbung augenblicklich erkennen läßt. Auf lehmigem oder sandigem Boden, in den Niederungen, seltener auf Anhöhen oder an dichten, buschigen Wiesensäumen und in der Nähe von Feldern, schlagen sie ihre Wohnsitze auf, selbstgegrabene, unterirdische Höhlen, mit vielen verzweigten, aber meist sehr seichten Gängen, welche immer mit zahlreichen Ausgängen münden. Bei Tage in ihren Bauen verborgen, erscheinen sie nach Sonnenuntergang und führen dann ein heiteres Leben. Ihre Nahrung besteht in Wurzeln, Zwiebeln, mancherlei Körnern und Samen, Früchten, Blättern, Gras und Kräutern. Einige verzehren auch Kerbthiere, ja selbst kleine Vögel, gehen sogar das Aas an und fressen unter Umständen einander auf. Die Nahrung nehmen sie zu sich, in halb aufrechter Stellung auf das Hintertheil und den Schwanz gestützt, das Futter mit den Vorderpfoten zum Munde führend.

Ihre Bewegungen sind eigenthümlicher Art. Der ruhige Gang unterscheidet sich von dem des Känguru insofern, als sie in rascher Folge ein Bein vor das andere setzen; bei eiligem Laufe aber fördern sie sich sprungweise, indem sie sich mit den kräftigen Hinterfüßen hoch emporschnellen, mit dem zweizeiligen Schwanze die Richtung regeln und so das Gleichgewicht des Körpers erhalten. Dabei legen sie die Vorderbeine entweder an das Kinn oder, wie ein schnelllaufender Mensch, gekreuzt an die Brust, scheinen dann auch wirklich nur zwei Beine zu besitzen. Die größeren Arten vermögen gewaltige Sätze auszuführen; denn man kann von allen sagen, daß diese das Zwanzigfache ihrer Leibeslänge betragen. Ein Sprung folgt unmittelbar auf den andern, und wenn sie in voller Flucht sind, sieht man eigentlich bloß einen gelben Gegenstand, welcher in seichten Bogen wie ein Pfeil die Luft durchschießt. Mit ebenso großer Behendigkeit graben sie im Boden, trotz der schwachen Vorderfüße, welche diese Arbeit hauptsächlich verrichten müssen. Während sie weiden, gehen sie, ebenfalls wieder wie Kängurus auf vier Beinen, jedoch sehr langsam und immer nur auf kurze Zeit. Im Sitzen ruhen sie auf den Sohlen der Hinterfüße.

Alle Arten sind scharfsinnig, namentlich feinhörig und fernsichtig, wissen daher drohenden Gefahren leicht zu entgehen. Aeußerst furchtsam, scheu und flüchtig, suchen sie sich bei jeder Störung so eilig als möglich nach ihrem Baue zu retten oder ergreifen, wenn ihnen dies nicht möglich wird, mit rasender Schnelligkeit die Flucht. Die größte Art vertheidigt sich im allerhöchsten Nothfalle nach Känguruart mit den Hinterbeinen, die kleineren dagegen machen, wenn sie ergriffen werden, nie von ihren natürlichen Waffen Gebrauch.

Ihre Stimme besteht in einer Art von Winseln, welches dem Geschreie junger Katzen ähnlich ist, bei anderen wohl auch in einem dumpfen Grunzen. Aber man hört nur selten überhaupt einen Ton von ihnen. Bei geringer Wärme verfallen sie in Winterschlaf oder erstarren wenigstens auf kurze Zeit, tragen aber nicht, wie andere Nager, Vorräthe für den Winter ein.

Gefangene Springmäuse sind überaus angenehme und anmuthige Gesellschafter des Menschen; ihre Gutmüthigkeit, Sanftmuth und Harmlosigkeit erwirbt ihnen Jedermann zum Freunde.

Fast alle Arten sind durchaus unschädlich. Die freie Wüste bietet ihnen soviel, daß sie nicht nöthig haben, das Besitzthum des Menschen zu plündern. Eine Art soll zwar auch die Pflanzungen und Felder besuchen und Schaden anrichten, diesen durch ihr schmackhaftes Wildpret und ihr Fell jedoch wieder aufwiegen.


Die Hüpfmaus ( Jaculus hudsonius, Jaculus americanus und labradorius, Dipus hudsonius, canadensis und americanus, Mus labradorius und longipes, Gerbillus labradorius, Meriones hudsonius, labradorius, microcephalus, acadicus), aus Nordamerika, Vertreter einer eigenen Sippe oder Unterfamilie, nach Ansicht einzelner Forscher, Familie ( Jaculina), mag die Reihe eröffnen. Sie schließt sich durch ihren Leibesbau altweltlichen Verwandten an, erinnert durch Gestaltung und Behaarung ihres Schwanzes aber auch noch an die Mäuse. In ihrer Größe kommt sie ungefähr mit der Waldmaus überein; ihre Leibeslänge beträgt etwa 8 Centim., die Schwanzlänge 13 Centim. Das Gebiß besteht aus achtzehn Zähnen, da im Oberkiefer jederseits vier, im Unterkiefer drei Backenzähne vorhanden sind; die oberen Nagezähne zeigen eine Längsfurche, unter den oberen Backenzähnen ist der vordere einwurzelige sehr klein, und nehmen die übrigen von vorn nach hinten an Länge ab. Der Leib ist gestreckt, nach hinten etwas dicker, der Hals mäßig lang und dick, der Kopf lang und schmal, die Schnauze mittellang und zugespitzt, der Mund klein und zurückgestellt; die mäßiggroßen Ohren sind eiförmig gestaltet, hoch und schmal und an der Spitze abgerundet, die Augen ziemlich klein, die Schnurren mäßig, aber doch nicht von mehr als Kopfeslänge. Die kurzen, dünnen Vorderfüße haben vier Zehen und eine Daumenwarze, die wohl dreimal längeren, verhältnismäßig schmächtigen, nacktsohligen Hinterfüße dagegen fünf Zehen, von denen die beiden äußeren beträchtlich kürzer als die drei mittleren sind. Alle Zehen, mit Ausnahme der Daumenwarze an den Vorderfüßen, welche einen Plattnagel trägt, werden durch kurze, gekrümmte, schmale und zusammengedrückte Krallen bewehrt. Der sehr lange, runde Schwanz ist schon an der Wurzel dünn, verschmächtigt sich immer mehr und endet in eine feine Spitze, ist geringelt und geschuppt und nur spärlich mit kurzen Haaren bedeckt. Die glatte, anliegende und dichte Behaarung ist auf der Oberseite dunkelleberbraun mit braungelber Mischung, an den Seiten braungelb mit schwacher, schwarzer Sprenkelung, an der Unterseite weiß gefärbt. Zuweilen nimmt die bräunlichgelbe Färbung der Seiten einen ebensogroßen Raum ein wie die Rückenfarbe; im Winterkleide dagegen wird sie gänzlich verdrängt, und das Dunkelbraun des Rückens verbreitet sich bis zur Unterseite. Die Ohren sind schwarz und gelb, die Mundränder weiß, die Hinterfüße oben graulich, die Vorderfüße weißlich behaart.

Der höhere Norden von Amerika ist die Heimat der Hüpfmaus. Sie findet sich von Missouri an bis Labrador in allen Pelzgegenden und von der Küste des Atlantischen bis zum Gestade des Stillen Meeres. Hier lebt sie an dicht bebuschten Wiesenrändern und in der Nähe von Wäldern, bei Tage verborgen, bei Nacht gesellig umherschweifend. Ihre Höhlen sind ungefähr 52 Centim. tief, in der kältern Jahreszeit auch noch tiefer. Vor Beginn des Winters baut sie eine Hohlkugel aus Lehm, rollt sich in ihr zusammen, schlingt den Schwanz um den Leib und liegt hier in vollkommener Erstarrung bis zum Eintritte des Frühlings. Es wird erzählt, daß ein Gärtner im März in dem von ihm bearbeiteten Boden einen Klumpen von der Größe eines Spielballes fand, welcher durch seine regelmäßige Form die Verwunderung des Mannes erregte. Als er ihn mit dem Spaten in zwei Stücke zerschlug, fand er ein Thierchen darin zusammengerollt, fast wie ein Küchlein im Ei. Es war unsere Hüpfmaus, welche hier ihre Winterherberge aufgeschlagen hatte. Im Sommer ist diese außerordentlich hurtig und hüpft ungemein gewandt und schnell auf den Hinterbeinen umher. Davis konnte eine Hüpfmaus, welche in der Nachbarschaft von Quebek aus dem Walde in ein weites Feld gerathen war, erst in der Zeit von einer Stunde fangen, obschon ihm noch drei Männer jagen halfen. Sie machte Sprünge von ein bis anderthalb Meter Weite und ließ sich erst ergreifen, nachdem sie vollständig abgehetzt und ermattet war. Im Walde soll die Hüpfmaus gar nicht zu fangen sein. Sie setzt hier mit Leichtigkeit über niedere Büsche weg, über welche ein Mann nicht so leicht springen kann, und weiß dann immer ein sicheres Plätzchen zu finden. Audubon bezweifelt, daß es noch ein Säugethier gäbe, welches ihr an Gewandtheit gleichkomme.

Nach den Berichten desselben Forschers läßt sich das schmucke Thierchen ohne Beschwerde erhalten. »Ich besaß ein Weibchen,« sagt er, »vom Frühling bis zum Herbste. Wenige Tage nach seiner Einkerkerung warf es zwei Junge, welche prächtig gediehen und im Herbste fast ausgewachsen waren. Wir schütteten ihnen einen Fuß hoch Erde in ihren Käfig; hier gruben sie sich einen Bau mit zwei Ausgängen. Gewöhnlich verhielten sie sich schweigsam; brachten wir aber eine andere Maus zu ihnen in den Käfig, so schrieen sie laut auf, wie ein junger Vogel aus Angst, zeigten sich überhaupt sehr furchtsam. Bei Tage ließen sie sich niemals außerhalb ihrer Baue sehen, nachts aber lärmten sie viel im Käfige herum. Alles, was wir in ihr Gefängnis legten, war am nächsten Morgen verschwunden und in die Höhlen geschleppt worden. Sie fraßen Weizen, Mais, am liebsten Buchweizen. Hatten sie mit diesem eine ihrer Kammern gefüllt, so gruben sie sich sofort eine neue. Sie entkamen durch einen unglücklichen Zufall.«

Ueber die Zeit der Paarung und die Fortpflanzung berichtet Audubon, daß er in allen Sommermonaten Junge gefunden habe, gewöhnlich drei, in einem aus feinem Grase erbauten, mit Federn, Haaren und Wolle ausgefütterten Neste. Er wiederholt die wenig glaubhafte Angabe älterer Forscher, daß die Jungen an den Zitzen ihrer Mutter sich fest ansaugen und von dieser allenthalben herumgetragen werden.

Die Hauptfeinde der Hüpfmaus sind die verschiedenen Raubthiere des Nordens, namentlich die Eulen. Die Indianer, welche sie Katse nennen, scheinen weder ihr Fleisch zu essen, noch ihr Fell zu benutzen.


Ueber die Springmäuse ( Dipodina), welche eine zweite Unterfamilie bilden, sind wir besser unterrichtet. Wir betrachten sie als Urbilder der Gesammtheit, denn sie zeigen alle Eigenthümlichkeiten derselben am vollständigsten. Hasselquist bemerkt nicht mit Unrecht, daß sie aussähen, als wären sie aus verschiedenen Thieren zusammengesetzt. »Man könnte sagen, das Thierchen habe den Kopf des Hasen, den Schnurrbart des Eichhörnchens, den Rüssel des Schweines, den Leib und die Vorderfüße der Maus, die Hinterfüße des Vogels und den Schwanz des Löwen.« Vor allem fällt der Kopf auf: er kennzeichnet die Springmäuse sogleich als echte Wüstenbewohner. Für alle Sinneswerkzeuge ist Raum vorhanden. Die Ohrmuscheln sind groß und häutig, wenigstens nur außerordentlich dünn behaart, die Augen groß und lebhaft, dabei aber mild im Ausdrucke wie bei allen Wüstenthieren, die Nasenlöcher weit und umfänglich, und damit auch der Sinn des Gefühls gehörig vertreten sei, umgeben ungeheuer lange Schnurren den Kopf zu beiden Seiten. Der Hals ist außerordentlich kurz und wenig beweglich, der Schwanz dagegen sehr lang, meist um etwas, zuweilen um vieles länger als der Leib, vorn rund behaart, hinten aber meist mit einer zweizeiligen Bürste besetzt, welche aus steifen, regelmäßig anders gefärbten Haaren besteht und dem Schwanze die größte Aehnlichkeit mit einem Pfeile verleiht. Die sehr verkürzten Vorderfüße, welche beim Springen so an den Leib herangezogen und theilweise im Pelze versteckt werden, daß die alte Benennung »Zweifuß« gerechtfertigt erscheint, haben bloß vier Zehen mit mäßig langen, gekrümmten und scharfen Krallen und eine benagelte oder nagellose Daumenwarze. Die Hinterfüße sind wohl sechsfach länger als die vorderen und zwar, weil sich ebensowohl der Unterschenkel als auch der Mittelfußknochen gestreckt hat. Dieser ist in der Regel einfach, während andere ähnliche Mäuse so viele Mittelknochen haben als Zehen. An diesen langen Knochengelenken sind unten drei Zehen eingefügt, von denen die mittlere etwas länger als die seitliche ist. Jede Zehe hat eine pfriemenförmige Kralle, welche rechtwinkelig zum Nagelglied steht und dadurch beim Springen nicht hinderlich wird. Ein steifes Borstenhaar, welches nach unten zu immer länger wird, bekleidet die Zehen. Der Pelz ist weich, seidenartig und auf dem Rücken am Grunde blaugrau, dann sandfarbig, an den Spitzen aber schwarz oder dunkelbraun, unten immer weiß mit seitlichen Längsstreifen. Die Schwanzwurzel ist ebenfalls weiß behaart, dann folgt eine dunklere Stelle vor der weißen Spitze.

Mit dieser äußeren Leibesbeschaffenheit steht die innere Bildung vollständig im Einklange. Das Gebiß besteht aus sechszehn oder achtzehn Zähnen, da im Oberkiefer entweder drei oder vier, im Unterkiefer stets drei Backenzähne stehen; die Nagezähne sind glatt oder gefurcht. Die Backenzähne zeigen verschieden gewundene oder gebogene Schmelzfalten. Das Geripp hat im allgemeinen das weiter oben angedeutete Gepräge. Die Halswirbel sind bei einigen Arten ganz, bei den anderen größten Theils unter einander fest verwachsen, und hierdurch erhält der Hals hauptsächlich seine Verkürzung. Merkwürdig ist die Erscheinung, welche wir bei allen schnell laufenden Thieren und somit auch bei den Springmäusen finden, daß nämlich die Füße so einfach wie möglich gebildet und nur äußerst wenig beweglich sind. Die drei, vier oder fünf, ungemein kurzen Zehen der Springfüße haben in der Regel nur zwei Glieder, keine Seitenbewegung und können sich bloß gleichzeitig etwas von oben nach unten biegen. Beim Laufen berührt nur die äußerste Spitze des Nagelgliedes den Boden; sie aber ist durch eine federnde Knorpelmasse besonders geschützt. Das lange, steife Borstenhaar an den unteren Zehen dient augenscheinlich dazu, den Fuß beim Aufsetzen vor dem Ausgleiten zu bewahren und ihm somit einen viel sicherern Stand zu geben. Einige Arten der Springmäuse überhaupt haben am Mittelfußknochen noch eine oder zwei Afterzehen, welche aber ganz unwesentlich sind und niemals den Boden berühren. Gewaltige Muskeln bewegen diese festen Knochen, und hierdurch eben erscheint der hintere Theil des Leibes so auffällig gegen den vordern verdickt.

Gewöhnlich finden sich vier Zitzenpaare, zwei Paare auf der Brust, ein Paar am Bauche und ein Paar in den Weichen.


Die Sippe der Wüstenspringmäuse ( Dipus ) kennzeichnet sich dadurch, daß die oberen Schneidezähne eine mittlere Längsfurche zeigen, daß vor die drei regelmäßig vorhandenen Backenzähne des Oberkiefers zuweilen noch ein kleiner einwurzeliger tritt, und daß die Hinterfüße drei Zehen haben.

Als Vertreter der Gruppe erwähle ich die Wüstenspringmaus, Djerboa der Araber ( Dipus aegyptius, Mus und Haltomys aegyptius), ein allerliebstes Thierchen von 17 Centim. Leibes- und (ohne die Quaste) 21 Centim. Schwanzlänge, oberseits graulich sandfarben mit schwarzer Sprenkelung, unterseits weiß gefärbt, mit einem breiten weißen Schenkelstreifen, welcher von rückwärts über die Schenkel sich zieht, und oben blaßgelbem, unten weißlichem Schwanze, dessen Quaste weiß und pfeilartig schwarz gezeichnet ist.

Die Wüstenspringmäuse, und wahrscheinlich gerade die egyptischen, waren schon den Alten wohlbekannt. Wir finden sie häufig bei griechischen und römischen Schriftstellern erwähnt, immer unter dem Namen der zweibeinigen Mäuse, welche Benennung deshalb auch jetzt noch zur Bezeichnung der Sippe angewandt wird. Plinius sagt, daß es in Egypten Mäuse gibt, welche auf zwei Beinen gehen; Theophrast und Aelian erwähnen, daß diese großen zweibeinigen Mäuse ihre kürzeren Vorderfüße wie Hände gebrauchen, auf den Hinterfüßen aber aufrecht gehen und hüpfen, wenn sie verfolgt werden. Einen noch höhern Werth als diese Angaben haben die bildlichen Darstellungen auf Münzen und Tempelverzierungen, obwohl sie nicht treu genug sind. Auch in der Bibel werden die Thiere erwähnt: Jesaias droht denen, welche sie genießen, Strafe an. Die Araber sind natürlich vernünftiger als die Hebräer und betrachten sie nicht nur als reine Thiere, sondern beschreiben sie ihrem Werthe nach und erzählen viele hübsche Dinge von ihrer Lebensweise.

Die Wüstenspringmaus verbreitet sich über den größten Theil Nordostafrikas sowie das angrenzende westliche Asien und kommt nach Süden hin bis Mittelnubien vor, woselbst der Verbreitungskreis einer andern ähnlichen Art beginnt. Offene, trockene Ebenen, Steppen und Sandwüsten sind ihre Wohnplätze: sie bevölkert die dürrsten und ödesten Landschaften und bewohnt Orte, welche kaum die Möglichkeit zum Leben zu bieten scheinen. Auf jenen traurigen Flächen, welche mit dem scharfschneidigen Riedgrase, der Halfa ( Poa cynosuroides) bedeckt sind, findet man sie zuweilen in größeren Gesellschaften. Sie theilt diese Orte mit dem Wüstenhuhne, der kleinen Wüstenlerche und dem isabellfarbenen Läufer, und man begreift kaum, daß auch sie dort Nahrung findet, wo jene, welche neben dem Gesäme doch auch viele Kerbthiere fressen, sich nur dürftig ernähren. In dem harten Kiesboden gräbt sie sich viel verzweigte, aber ziemlich seichte Gänge, in welche sie sich bei der geringsten Gefahr zurückzieht. Nach den Versicherungen der Araber arbeitet der ganze Trupp an diesen unterirdischen Wohnungen. Die Thiere graben mit den scharfen Nägeln ihrer Vorderfüße und benutzen wohl auch die Nagezähne, wenn es gilt, den harten Kiesboden zu durchbrechen.

siehe Bildunterschrift

Wüstenspringmaus ( Dipus aegyptius). 1/2 natürl. Größe.

Trotz ihrer Häufigkeit gewahrt man die schmucken Geschöpfe ziemlich selten. Man kann nicht gerade sagen, das sie sehr scheu wären; aber sie sind unruhig und furchtsam und eilen bei dem geringstem Geräusche und beim Sichtbarwerden eines fremden Gegenstandes schleunigst nach ihren Löchern. Auch fallen sie nur in geringer Entfernung ins Auge, weil ihre Färbung der des Sandes vollständig gleicht, und man ziemlich nahe herankommen muß, ehe man sie bemerkt, während ihre scharfen Sinne ihnen die Ankunft des Menschen schon auf große Entfernungen hin wahrnehmen lassen. Wohl darf man sagen, daß es schwerlich ein anmuthigeres Geschöpf geben kann als diese Springmäuse. So sonderbar und scheinbar mißgestaltet sie aussehen, wenn man sie todt in der Hand hat oder regungslos sitzen sieht, so zierlich nehmen sie sich aus, wenn sie in Bewegung kommen. Erst dann zeigen sie sich als echte Kinder der Wüste, lassen sie ihre herrlichen Fähigkeiten erkennen. Ihre Bewegungen erfolgen mit einer Schnelligkeit, welche geradezu ans unglaubliche grenzt: sie scheinen zu Vögeln zu werden. Bei ruhigem Gange setzen sie ein Bein vor das andere und laufen sehr rasch dahin, bei großer Eile jagen sie in Sprungschritten davon, welche sie so schnell fördern, daß ihre Bewegung dann dem Fluge eines Vogels gleicht; denn ein Sprung folgt so rasch auf den anderen, daß man kaum den neuen Ansatz wahrnimmt. Dabei tragen die Springmäuse ihren Leib weniger nach vorn übergebeugt als sonst, die Hände mit den Krallen gegeneinander gelegt und nach vorn gestreckt, den Schwanz aber zur Erhaltung des Gleichgewichts gerade nach hinten gerichtet. Wenn man das Thier aus einiger Entfernung laufen sieht, glaubt man einen pfeilartig durch die Luft schießenden Gegenstand zu gewahren. Kein Mensch ist im Stande, einer im vollen Laufe begriffenen Springmaus nachzukommen, und der sicherste Schütze muß sich zusammennehmen, will er sie im Laufe erlegen. Sogar in einem eingeschlossenen Raume bewegt sich das zierliche Thierchen noch so schnell, daß ein Jagdhund es kaum einholen kann. Bruce erzählt, daß sein Windhund sich eine Viertelstunde abhetzen mußte, ehe er Herr über sein gewandtes und schnelles Opfer wurde.

Fühlt sich die Springmaus ungestört und sicher, so sitzt sie aufrecht auf dem Hintertheile wie ein Känguru, oft auf den Schwanz gestützt, die Vorderpfoten an die Brust gelegt, ganz wie Springbeutelthiere es auch zu thun pflegen. Sie weidet in ähnlicher Weise wie Kängurus; doch gräbt sie mehr als diese nach Knollen und Wurzeln, welche wohl ihre Hauptnahrung zu bilden scheinen. Außerdem verzehrt sie mancherlei Blätter, Früchte und Samen, ja sie soll selbst Aas angehen oder wenigstens den Kerbthieren gierig nachstellen. Dies behauptet neuerdings wieder Heuglin, welcher als trefflicher Beobachter bekannt ist.

Obgleich die Wüstenmaus ein echtes Nachtthier ist und ihre Wanderungen erst nach Sonnenuntergang beginnt, sieht man sie doch auch zuweilen im hellsten Sonnenscheine, selbst während der größten Hitze vor ihrem Baue sitzen und spielen. Sie zeigt dann eine Gleichgiltigkeit gegen die Mittagsglut der afrikanischen Sonne, welche wahrhaft bewunderungswürdig ist; denn man muß wissen, daß kaum ein einziges anderes Thier um diese Zeit in der Wüste sich bewegt, weil die brennende Hitze selbst den eingeborenen Kindern jener erhabenen Landschaft geradezu unerträglich wird. Gegen Kälte und Nässe dagegen ist sie im höchsten Grade empfindlich, bleibt daher bei schlechtem Wetter stets in ihrem Baue verborgen und verfällt wohl auch zeitweilig in eine Erstarrung, welche an den Winterschlaf der nördlichen Thiere erinnert.

Ueber die Fortpflanzung der Wüstenspringmaus ist nichts sicheres bekannt. Die Araber erzählten mir, sie baue sich in einem tieferen Kessel ihrer Höhle ein Nest, kleide dasselbe wie Kaninchen mit Haaren ihres Unterleibes aus, und darin finde man zwei bis vier Junge: – ob dies richtig ist, wage ich nicht zu behaupten, obwohl ich anerkennen muß, daß jedenfalls die Araber diejenigen Leute sind, welche das Thier am besten kennen. Sie stellen ihm, weil sie das Fleisch genießen und ziemlich hochschätzen, eifrig nach und fangen es ohne sonderliche Mühe lebendig oder erschlagen es beim Herauskommen aus den Bauen. Ihre Jagdweise ist sehr einfach. Sie begeben sich mit einem langen und starken Stocke nach einer Ansiedelung der Springmäuse, verstopfen den größten Theil der Röhren und graben nun einen Gang nach dem andern auf, indem sie ihren starken Stock in den Gang stecken und dessen Decke aufbrechen. Die geängstigten Wüstenmäuse drängen sich nach dem innersten Kessel zurück oder fahren durch eine Fluchtröhre nach außen und dann in ein vorgestelltes Netz oder selbst einfach in den Aermel des Obergewandes, welches der Araber vorgelegt hat. So können zuweilen zehn bis zwanzig Stück auf ein Mal gefangen werden; wenigstens macht es gar keine Mühe, eine solche Anzahl lebend zu erhalten: jagdkundige Araber bringen auf Verlangen so viele Springmäuse, als man haben will.

Außer dem Menschen haben diese Thiere wenig andere Feinde. Fenek und Karakal, vielleicht auch eine oder die andere Eule sind die schlimmsten Räuber, welche ihnen auflauern; gefährlicher dürfte ihnen die egyptische Brillenschlange werden, jene bekannte Giftschlange Afrikas, welche auf allen egyptischen Tempeln sich zeigt, welche schon Moses zu seinen Gaukeleien gebrauchte, wie sie die heutigen egyptischen Gaukler noch zu allerlei Kunststückchen benutzen. Sie lebt an ähnlichen Orten wie die Springmäuse, dringt mit Leichtigkeit in die Gänge ein, welche letztere sich graben und tödtet viele von ihnen.

Die naturkundigen Europäer, welche in Egypten und Algerien wohnen, halten die Springmaus oft in der Gefangenschaft. Ich kann aus eigener Erfahrung versichern, daß das Thier im Käfige oder im Zimmer viele Freude mache. Während meines Aufenthalts in Afrika brachte man mir oft zehn bis zwölf Springmäuse zugleich. Ich räumte solchen Gesellschaften dann eine große Kammer ein, um ihre Bewegungen beobachten zu können. Vom ersten Augenblicke an zeigten sich die Gefangenen harmlos und zutraulich. Ohne Umstände ließen sie sich berühren, machten auch nicht Miene, dem Menschen auszuweichen. Beim Umhergehen in ihrem Zimmer mußte man sich in acht nehmen, sie nicht zu treten, so ruhig blieben sie sitzen, wenn man auf sie zukam.

Unter sich sind die Springmäuse auch in der Gefangenschaft bewunderungswürdig friedlich und gesellig. Sie schmiegen sich dicht aneinander und verschlingen sich zuweilen förmlich ineinander, namentlich wenn es am Morgen kühl ist; denn schon die geringste Abnahme der Wärme wird ihnen auffallend und lästig. Trockene Körner, Reis, Möhren, Rüben, andere Wurzeln und manche Früchte scheinen ihnen besonders zu behagen; auch Kohl und Kraut, selbst Blumen-, z. B. Rosenblätter, fressen sie gern: allein man kann sie mit ausschließlich saftigen Pflanzen nicht erhalten. Sie sind an dürftige und dürre Kost gewöhnt. Wenn ihnen trockene Nahrung gänzlich fehlt, werden sie traurig, verkümmern sichtlich und sterben endlich dahin. Gibt man ihnen Weizen, Reis, etwas Milch und dann und wann eine Weinbeere, ein Stückchen Apfel, eine Möhre oder sonst eine andere Frucht, so befinden sie sich wohl und halten sich sehr lange. Nach Europa kommen sie neuerdings nicht allzuselten. Ich habe auch in Deutschland viele erhalten und will versuchen, das Betragen dieser höchst liebenswürdigen und anmuthigen Geschöpfe so genau als möglich zu schildern, weil in den meisten Werken Bewegungen und Wesen der Springmäuse falsch beschrieben sind.

Die Springmäuse, welche Sonini in Egypten hielt, waren am muntersten, wenn die Sonne durchs Fenster schien, und sprangen dann oft an allen Wänden in die Höhe, »als wenn sie Gummi elasticum im Leibe hätten;« diejenigen, welche ich zahm hielt, waren allerdings auch zuweilen bei Tage in Bewegung, bewiesen aber schlagend genug, daß die Nacht die wahre Zeit ihres munteren Treibens ist. Jede Springmaus schläft den ganzen Tag, vom frühen Morgen an bis zum späten Abend, kommt, wenn man sie nicht stört, auch nicht einen Augenblick aus ihrem Neste hervor, sondern schläft gute zwölf Stunden in einem Zuge fort. Aber auch während der Nacht ruht sie noch mehrere Male halbe Stündchen aus. Wenn man sie bei Tage aus dem Neste nimmt, zeigt sie sich sehr schläfrig, fällt in der Hand hin und her und kann sich längere Zeit nicht ermuntern. Ihre Stellung beim Schlafen ist eigenthümlich. Gewöhnlich sitzt sie im Neste auf den ziemlich eng zusammengestellten Fersen so, daß die weiter auseinander stehenden Fußspitzen in der Luft schweben. Den Kopf biegt sie ganz herab, sodaß die Stirn unten auf dem Boden ruht und die Schnauze an den Unterleib angedrückt wird. Der Schwanz liegt in großem Bogen über die Fußspitzen weg. So gleicht das Thier einem Balle, über dessen Oberfläche bloß die übermäßig langen Beine hervorragen. Manchmal legt sich die Springmaus aber auch auf die Seite oder selbst auf den Rücken und streckt dann die Beine sonderbar nach oben; immer aber bleibt sie in dieser zusammengerollten Stellung. Die Ohren werden beim Schlafen dicht an den Kopf gedrückt und an ihrer Spitze theilweise eingerollt, sodaß sie faltig, gleichsam wie zerknittert aussehen. Bewegungslos liegt das Thier in dem warmen Nestchen, bis der Abend ordentlich hereingebrochen. Nunmehr macht sich ein leises Rascheln und Rühren im Neste bemerklich. Die Langschläferin putzt sich, glättet die Ohren, läßt einen leisen, wie schwacher Husten klingenden Ton vernehmen, springt plötzlich mit einem einzigen Satze durch die Nestöffnung hervor und beginnt nun ihr eigenthümliches Nachtleben. Das erste Geschäft, welches sie jetzt besorgt, ist das Putzen. In der Reinlichkeit übertrifft die Springmaus kein anderer Nager. Fast alle ihre freie Zeit wird verwandt, um das seidenweiche Fell in Ordnung zu halten. Härchen für Härchen wird durchgekämmt und durchgeleckt, jeder Theil des Körpers, selbst der Schwanz, gehörig besorgt. Einen wesentlichen Dienst leistet ihr dabei feiner Sand. Dieser ist ihr überhaupt ganz unentbehrlich; sie wälzt sich mit förmlicher Wollust in ihm herum, kratzt und wühlt in ihm und kann sich gar nicht von ihm trennen. Beim Putzen nimmt sie die verschiedensten Stellungen an. Gewöhnlich sitzt sie nur auf den Zehenspitzen und gewissermaßen auf dem Schwanze. Sie hebt die Fersen etwa 4 Centim. vom Boden auf, bildet mit dem Schwanze einen großen Bogen und stemmt ihn, mit dem letzten Viertel etwa, auf den Boden auf, trägt den Leib vorn nur ein wenig erhöht und legt die Hände mit den Handflächen gegeneinander, daß die Fingerspitzen oder besser die Krallen sich berühren. Dabei hält sie diese kurzen, stummelartigen Glieder gerade nach vorn gestreckt, so daß sie auf den ersten Blick hin als Zubehör zu ihrem Maule erscheinen. Wenn sie sich aber putzt, weiß sie die zierlichen Gliedmaßen vortrefflich zu gebrauchen. Ehe sie an das Glätten des Felles geht, scharrt und wühlt sie sich eine passende Vertiefung im Sande aus. Zu diesem Ende biegt sie sich vorn hernieder und schiebt nun mit vorgestreckten, auseinander gehaltenen Händen und der rüsselartigen Schnauze den Sand, oft große Mengen auf einmal, nach vorn, und scharrt ihn da, wo er sich nicht schieben läßt, durch rasche Bewegungen der Hände los. So geht es fort, bis sie endlich ihr Lager sich zurecht gemacht hat. Jetzt legt sie zuerst den Kopf in die entstandene Vertiefung und schiebt ihn, vorwärts sich streckend, auf dem Sande dahin, den obern Theil sowohl als den untern, die rechte wie die linke Seite, jedenfalls in der Absicht, das Fell zu glätten. Nachdem dies besorgt ist, wirft sie sich plötzlich der ganzen Länge nach in die Mulde und streckt und dehnt sich äußerst behaglich, die langen Springbeine bald gerade nach hinten, bald senkrecht vom Leibe ab oder endlich gerade nach vorne und zuletzt so ausstreckend, daß die Läufe hart an die Schnauze zu liegen kommen. Wenn sie sich in dieser Lage ordentlich eingewühlt hat, bleibt sie oft mehrere Minuten lang ruhig und zufrieden liegen, schließt die Augen halb, legt die Ohren an und streicht sich nur dann und wann einmal, als wolle sie sich dehnen, mit einem der kleinen Pfötchen über das Gesicht.

Nach dieser Streckung und Dehnung beginnt das eigentliche Putzen. Viele Mühe, Arbeit und Zeit kostet ihr das Reinigen des Mundes und der Wangen, namentlich des Theiles, wo die langen Schnurrenhaare sitzen, und erst nachdem sie hierauf zu Stande gekommen, setzt sie sich vollends auf und nimmt nun auch das übrige Fell ihres Leibes vor. Sie packt ein Stückchen Fell mit beiden Händen, kämmt es mit den Zähnen des Unterkiefers durch und leckt es dann mit der Zunge gehörig glatt. Recht nett sieht es aus, wenn sie den Unterleib putzt; denn sie muß dann die Fußwurzeln sehr breit voneinander biegen und den Leib kugelrund zusammenrollen. Die sonderbarste Stellung aber nimmt sie an, wenn sie sich in der Beugung zwischen Mittelfußknochen und Unterschenkel lecken oder überhaupt das lange Unterbein putzen will. Sie läßt dann das eine Bein wie gewöhnlich beim Sitzen auf den Fußwurzeln stehen und schiebt das andere um die ganze Länge des Mittelfußknochens vor. Der Schwanz wird immer gebraucht, um der Stellung Sicherheit zu geben. Das Kratzen besorgt sie mit den Hinterfüßen und bewegt dabei die langen Beine so außerordentlich schnell, daß man bloß einen Schatten des Fußes wahrnimmt. Weil sie sich aber dabei sehr auf die Seite biegen muß, stemmt sie sich, um das Gleichgewicht zu erhalten, auch vorn mit einer ihrer Hände auf. Am Vorderkopfe kratzt sie sich auch mit den Händen, bewegt diese aber weit langsamer als die Hinterbeine.

Der ruhige Gang des Thieres ist ein schneller Schritt. Die Beine werden beim Gehen am Fersengelenk gerade ausgestreckt und so gestellt, daß sie unter das dritte Fünftel oder unter die Hälfte des vorn etwas erhobenen Leibes, welcher durch den Schwanz im Gleichgewichte gehalten wird, zu stehen kommen. Nun setzt die Springmaus in rascher Folge ein Bein um das andere vor. Die Vorderhände werden, in der gewöhnlichen Weise zusammengelegt, unter dem Kinne getragen. Da sich die gefangene Springmaus an den Menschen gewöhnt, macht sie nur höchst selten einen größern Sprung, hauptsächlich dann, wenn es gilt, ein Hindernis zu überwinden, z. B. über ein großes ihr vorgehaltenes Buch zu springen. Dabei schwingt sie sich ohne den geringsten Ansatz durch bloßes Aufschnellen ihrer Hinterbeine fußhoch und noch mehr empor. Als ich eine bei ihren Nachtwandelungen durch eine plötzliche Bewegung erschreckte, sprang sie senkrecht über einen Meter in die Höhe. Wenn man sie auf den Tisch setzt, läuft sie rastlos umher und sieht sorgsam prüfend in die Tiefe hinab, um sich die beste Stelle zum Herunterspringen auszuwählen. Kommt sie an die Kante, so stemmt sie sich mit ihren beiden Vorderarmen auf, sonst aber nie. Die Angabe, daß sie bei jedem Sprunge einen Augenblick auf die Vorderfüße niederfalle und sich dann schnell wieder aufrichte, ist falsch. Sie kommt, selbst wenn sie aus Höhen von einen Meter und mehr zu Boden springt, immer auf die Hinterfüße zu stehen, und läuft dann, ohne sich nur nach vorne zu bücken, so ruhig weiter, als habe sie bloß einen gewöhnlichen Schritt gemacht. Stehend kann sie, dank der starken Hinterläufe und des stützenden Schwanzes, ihren Leib ebensowohl wagerecht wie senkrecht halten, vermag sich auch vorn bis auf die Erde niederzubeugen. Wie wichtig ihr der Schwanz zur Erhaltung des Gleichgewichts ist, sieht man deutlich, wenn man sie in der Hand hält und rasch herumdreht, sodaß sie mit dem Rücken nach unten zu liegen kommt. Dann beschreibt sie sofort Kreise mit dem Schwanze, sicher in der Absicht, ihren Leib wieder herumzuwerfen.

Beim Fressen setzt sie sich auf die ganzen Fußsohlen nieder, biegt aber den Leib vorn weit herab und nimmt nun die Nahrung mit einem raschen Griffe vom Boden auf. Aus einem Näpfchen mit Weizenkörnern holt sie sich in jeder Minute mehrere Körner. Sie verzehrt die erhobenen aber nicht ganz, sondern beißt bloß ein kleines Stückchen von ihnen ab und läßt sie dann wieder fallen. In einer Nacht nagt sie manchmal fünfzig bis hundert Körner an. Allerliebst sieht es aus, wenn man ihr eine Weinbeere oder ein Stückchen fein geschnittene Möhre, Apfel und dergleichen Früchte hingibt. Sie packt solche Nahrung sehr zierlich mit den Händen, dreht sie beständig hin und her und frißt sie auf, ohne sie fallen zu lassen. Bei weichen, saftigen Früchten, wie z. B. bei Weinbeeren, braucht sie sehr lange Zeit, ehe sie mit ihrer Mahlzeit zu Ende kommt. An einer Weinbeere fraß eine Gefangene von mir sieben Minuten lang. Sie öffnet die Beere bloß mit einem einzigen Bisse und taucht in diese Oeffnung fort und fort ihre unteren Nagezähne ein, um sie sodann wieder abzulecken. So fährt sie fort, bis der größte Theil des Inhalts entleert ist. Ein Kohlblatt nimmt sie mit beiden Händen, dreht es hin und her und schneidet dann am Rande in zierlicher Weise Stückchen nach Stückchen ab. Besonders hübsch ist auch ihre Weise, Milch zu trinken. Sie bedarf nur höchst wenig Getränk, und kann solches, falls man ihr nebenbei saftige Wurzeln reicht, monatelang entbehren; täglich ein halber Theelöffel voll Milch genügt ihr. Auch Flüssigkeiten muß sie mit den Händen zu sich nehmen, taucht daher in rascher Folge ihre Hände ein und leckt die Milch dann ab.

Sie ist mäßig, braucht aber viele Nahrung, weil sie von jedem Nährstoffe nur wenig frißt. Ihre Losung ähnelt der mancher Mäuse. Ihr Harn hinterläßt keinen üblen Geruch; seine Menge ist dazu auch viel zu gering. Im Sande bemerkt man überhaupt nichts von den natürlichen Ausleerungen des Thieres.

Es scheint, daß alle Sinne des Thieres hoch entwickelt sind. Welchen unter den drei edleren ich als den höchsten ansehen soll, weiß ich nicht. Die Springmaus sieht und hört, wie die großen Augen und Ohren bekunden, sehr gut, riecht und fühlt aber auch fein. Denn wenn sie ein Korn oder ein Stückchen Möhre oder andere Nahrung zu Boden fallen läßt, sucht sie es immer vermittels des Geruchs, vielleicht auch der tastenden Schnurrhaare, und nimmt es dann mit größter Sicherheit wieder auf. Süße Früchte verzehrt sie mit so viel Vergnügen, daß man gar nicht in Zweifel bleiben kann, wie angenehm ihr Geschmacksinn gekitzelt wird. Das Gefühl offenbart sich als Empfindung und Tastsinn in jeder Weise. Die Springmaus tastet sehr fein mit den Schnurren auf den Lippen und dann noch mit ihren Vorderhänden, hauptsächlich wohl mit Hülfe der Fingerkrallen. Ihre geistigen Fähigkeiten will ich nicht eben hoch stellen; so viel aber ist zweifellos, daß sie sehr bald sich an einem bestimmten Orte eingewöhnt, Leute, welche sich mit ihr abgeben, gut kennen lernt und eine gewisse berechnende Kunstfertigkeit an den Tag legt. Der Bau ihres Nestes beschäftigt sie an jedem Morgen längere Zeit. Wenn man ihr Heu, Baumwolle und Haare gibt und den Grundbau des Nestes vorzeichnet, arbeitet sie verständig weiter, holt sich die Baumwollenklumpen herbei, zieht sie mit den Vorderhänden auseinander und legt sie sich zurecht, schiebt die Haare an den betreffenden Stellen ein und putzt und glättet die runde Nesthöhle, bis sie den erforderlichen Grad von Ordnung und Sauberkeit zu haben scheint. Hervorspringende

Halme werden dann auch wohl noch ausgezogen oder abgebissen, bis das Ganze in einen möglichst behaglichen Zustand versetzt worden ist.

Unter allen Nagern, welche ich bis jetzt in der Gefangenschaft hielt, hat mir die Springmaus das meiste Vergnügen gewährt. Ihrer Eigenschaften wegen muß sich jedermann mit ihr befreunden. Sie ist so außerordentlich harmlos, so freundlich, zahm, reinlich und, wenn einmal vom Schlafe erwacht, so munter und so lustig, jede ihrer Stellungen so eigenthümlich, und sie weiß so viel Abwechselung in dieselben zu bringen, daß man sich stundenlang mit ihr beschäftigen kann. Sonini beobachtete, daß seine gefangenen Springmäuse eifrig nagten, um sich aus ihrem Käfige zu befreien; ich habe dies nur dann bemerkt, wenn ich meine Gefangenen frei im Zimmer herumlaufen ließ. Hier versuchten sie wohl auch, ein Loch durch die Dielen zu schneiden; im Käfige aber dachten sie nie daran, ihre scharfen Nagezähne zu etwas anderem als zum Fressen zu gebrauchen.

Gegen ihren Pfleger benimmt sich die Springmaus sehr liebenswürdig. Niemals fällt es ihr ein, den zu beißen, welcher sie aufhebt. Man darf sie berühren, streicheln, umhertragen: sie läßt sich alles gefallen. Nur wenn man ihr abends den Finger durch das Gitter hält, faßt sie denselben zuweilen und schabt mit den Zähnen ein wenig an der Spitze, wahrscheinlich weil sie glaubt, daß man ihr irgend etwas zum Fressen reichen wolle; zu einem ernstlichen Beißen aber kommt es auch dann nicht. Man könnte, glaube ich, die Springmaus in jedem Putzzimmer halten, so groß ist ihre Gutmüthigkeit, Harmlosigkeit und Reinlichkeit. Ob sie ihren Pfleger von anderen Leuten unterscheiden lernt, steht dahin; eins aber ist sicher: gegen Liebkosungen zeigt sie sich sehr empfänglich. Nichts ist ihr unangenehmer, als wenn man sie in der Lust ihrer abendlichen Lustwandlungen außerhalb des Käfigs stört, und nur höchst ungern bleibt sie dann in der Hand. Setzt man sie aber auf die eine Hand und streichelt sie sanft mit dem Finger, so schließt sie wie verzückt die Augen zur Hälfte, rührt minutenlang kein Glied und vergißt Freiheit und alles andere.

Der Nutzen, welchen die Wüstenspringmäuse bringen, ist nicht unbedeutend. Die Araber essen ihr ziemlich schmackloses Fleisch sehr gern und bereiten sich wohl auch aus den glänzenden Fellen kleine Pelze für Kinder und Frauen oder verwenden sie sonst zur Verzierung von Sätteln, zum Besatz von Decken etc. Schaden bringen die Springmäuse natürlich nicht, sie nutzen höchstens diejenige Stelle der Wüste aus, welche sonst von keinem andern Geschöpfe besucht wird.


Der Bau des Schädels, des Gebisses und hauptsächlich der Hinterfüße unterscheiden die Sandspringer ( Scirtetes ) von den Wüstenspringmäusen. Der Schädel ist hinten schmäler und etwas gerundeter als bei den Verwandten; an der Vorderfläche der Nagezähne fehlt die Rinne; die Backenzähne, vier im Oberkiefer, drei im Unterkiefer, sind tiefer und vielfacher gefaltet. Noch ist ein langer und starker Mittelfußknochen vorhanden, aber zu seinen beiden Seiten liegen kleinere, welche Afterzehen tragen. Hierdurch wird der Hinterfuß eigentlich fünfzehig: der große Knochen trägt drei Zehen und jeder der beiden eine. Im übrigen ähneln die Sandspringer ihren Verwandten vollständig; theilweise bewohnen sie mit ihnen auch dasselbe Vaterland.

Durch die vorzüglichen Beschreibungen von Pallas, Brandt und anderen ist uns namentlich der Pferdespringer ( Scirtetes jaculus, Dipus jaculus und Alactaga, Mus saliens, Alactaga und Scirtetes spiculum, decumanus und vexillarius) bekannt geworden. Das Thier hat ungefähr die Größe eines Eichhörnchens: sein Leib ist 18 Centim., der Schwanz 26 Centim. lang; die Ohren haben Kopfeslänge. Der Kopf ist wahrhaft schön und trägt lebhafte, hervorragende Augen mit kreisrunden Sternen, große lange und schmale Ohren von mehr als Kopfeslänge und sehr lange, schwarzgraugespitzte Schnurren, welche sich zu beiden Seiten der Oberlippe in acht Längsreihen ordnen. Die Hinterbeine sind fast viermal so lang als die Vorderbeine. Die Mittelzehe ist am längsten; denn die beiden seitlichen reichen nur bis zum ersten Gliede derselben, und die noch übrigen kommen beim wirklichen Fuße kaum in Betracht, weil sie so hochgestellt und so kurz sind, daß sie beim Gehen nie den Boden berühren, können also mit Fug und Recht Afterzehen genannt werden. An den Hinterfüßen sind die Krallen kurz, stumpf und fast hufartig gestaltet, an den Vorderfüßen lang, gekrümmt und spitzig. Der Pelz ist auf der Oberseite röthlichgelb, mit schwach graulichem Anfluge, auf der Seite und den Oberschenkeln etwas heller, auf der Unterseite und an den Beinen innen weiß. Ein länglicher, fast streifenähnlicher weißer Flecken zieht sich von den oberen Schenkeln bis zum Schwanze, ein ähnlicher verläuft vorn über die Hinterbeine. Der Schwanz ist röthlich gelb bis zur Quaste, diese in der ersten Hälfte schwarz, in der zweiten Spitze weiß, deutlich pfeilartig gezeichnet.

siehe Bildunterschrift

Pferdespringer ( Scirtetes jaculus). [1/3] natürl. Größe.

Der Pferdespringer findet sich zwar auch im südöstlichen Europa, namentlich in den Steppen am Don und in der Krim, doch bleibt für ihn Asien die wahre Heimat. Nach Norden hin geht er nicht über den 52. Grad nördlicher Breite hinaus; dagegen erstreckt sich sein Verbreitungskreis nach Osten hin bis in die östliche Mongolei. Bei den Russen heißt er »Semljanoi-Saez« oder »Erdhase«, am Jaik »Tuschkantschick« oder »Häschen«; die Mongolen und Burjäten gaben ihm den Namen, welchen Cuvier zum Sippennamen erhob, »Alakdaga« oder »Alagdagen«, zu deutsch etwa »buntes einjähriges Füllen«; die Kalmücken nennen ihn »Morin-Jalma« oder »Pferdespringer« und die Tataren endlich »Tya-Jelman« oder »Kamelhase«.

Wie der Djerboa die Wüsten Afrikas, bewohnt der Alakdaga die offenen Ebenen der Steppen Südeuropas und Asiens, namentlich aber lehmigen Boden; den eigentlichen Rollsand vermeidet er, weil dieser nicht hinlängliche Festigkeit für seine Gänge und Höhlen bietet. Er lebt gesellig, wie seine Verwandten, doch nicht in großen Scharen. Bei Tage ruht er verborgen in seinem künstlichen Baue, nach Einbruch der Dämmerung streift er umher, kehrt jedoch, laut Radde, auch des Nachts wiederholt zu seiner Höhle zurück. In seinen Bewegungen ähnelt er den bereits beschriebenen Familiengenossen. Wenn er ruhig weidet, läuft er auf allen Vieren wie ein Känguru, flüchtig geworden, springt er nur auf den beiden Hinterfüßen davon. Die Sätze, welche er ausführt, sollen noch größer sein als die der Wüstenspringmäuse, und er in voller Flucht so schnell laufen, daß das beste Roß ihn nicht einholen kann. Scheu und furchtsam, ergreift er bei der geringsten Gefahr die Flucht; selbst wenn er ruhig weidet, richtet er sich beständig auf, um zu sichern. Wenn er verfolgt wird, hüpft er nicht in gerader Richtung fort, sondern läuft so viel wie möglich im Zickzack davon, bis er seinen Verfolger ermüdet oder irgend eine ihm passende Höhle gefunden hat, in welcher er sich augenblicklich verbirgt. Diese Höhlen rühren meistens von anderen seiner Art her und können ziemlich künstliche Baue genannt werden. Meist einfache, obwohl hin und her gekrümmte Röhren, führen von außen schief nach dem Hauptgange, welcher nicht selten in mehrere Aeste getheilt ist, und dieser zu dem geräumigen Kessel, welcher seinerseits wieder mit einigen Nebenkammern in Verbindung steht. Vom Kessel aus führt in entgegengesetzter Richtung nach oben bis dicht unter die Oberfläche des Bodens ein anderer Gang, die Fluchtröhre; sie wird bei Gefahr vollends durchbrochen und rettet das geängstete Thier auch fast regelmäßig, da keiner der verfolgenden Feinde es wissen kann, in welcher Richtung sie mündet. Eigenthümlich ist die Gewohnheit des Pferdespringers, alle Gänge des Baues zu verstopfen, sobald er denselben betreten hat; aber gerade hierdurch gibt er ein sicheres Merkzeichen seines Vorhandenseins. Denn niemals findet man in einem Baue, dessen Röhren unverschlossen sind, einen Bewohner. Vor der Mündung der Hauptröhre liegt regelmäßig ein größerer oder kleinerer Erdhaufen aufgeschichtet, wie wir dies ja auch bei den meisten Bauen unserer unterirdisch lebenden Thiere sehen. Gewöhnlich bewohnen zwei bis drei Paare einen und denselben Bau, und deshalb finden sich wohl auch die verschiedenen Nebenkammern im Kessel.

Der Alakdaga frißt Pflanzen aller Art und alle Pflanzentheile. Zwiebeln bilden seine Hauptnahrung, Kerbthiere verschmäht er übrigens auch nicht, und ab und zu mag er ebenso eine Steppenlerche oder wenigstens ihre Eier und Jungen verzehren. An Gesträuchen nagt er die Rinde ab, von den saftigen Steppenpflanzen aber frißt er nur die zartesten Triebe.

Das Weibchen wirft im Sommer bis acht, gewöhnlich aber nur fünf bis sechs Junge auf das warme, mit den eigenen Haaren ausgefütterte Lager im Baue. Wie lange diese Jungen bei der Mutter bleiben, weiß man nicht; es ist wahrscheinlich, daß sie bis gegen den Winter hin dieselbe Wohnung mit ihr theilen.

Beim Eintritte strenger Kälte fällt der Pferdespringer in Schlaf. Sein feines Gefühl kündet ihm im voraus kommende Witterung an; denn man bemerkt, daß er auch vor Regenwetter sich in seinem Neste einzuhüllen und zu verbergen sucht. Gegen den Winter hin schließt er nach außen seine Röhren sorgfältiger als gewöhnlich und rollt sich mit anderen seiner Art auf dem weich ausgepolsterten Kessel in einen Knäuel zusammen, um die unwirtliche Jahreszeit zu verschlafen. Obwohl er noch in kalten Nächten sich zeigt und weit mehr Kälte als seine Verwandten vertragen kann, legt er sich doch, laut Radde, bereits in den ersten Tagen des September zur Winterruhe nieder und erscheint vor der letzten Hälfte des April nicht wieder außerhalb seines Baues.

Der Alakdaga wird ziemlich lebhaft verfolgt, da die Steppenbewohner sein Fleisch besonders lieben. Am eifrigsten scheinen ihm die mongolischen Knaben nachzustellen. Sie unterscheiden die verlassenen und bewohnten Höhlen sehr genau und verstehen es vortrefflich, das behende Thier zu fangen. Zu diesem Ende umzäunen sie den ganzen Bau auf das engste und gießen Wasser in die Fallröhren oder brechen mit einem Pfahle die Gänge auf. Schon beim Beginn der Verfolgung verläßt der Alakdaga seinen Bau und sucht sich durch den verdeckten Gang ins Freie zu retten. Unterläßt man es also, das ganze mit einem Zaune zu umgeben, so ist er gerettet. Ja selbst dann, wenn man ihn schon in der Hand zu haben meint, entrinnt er noch öfters.

In manchen Gegenden glaubt man auch in dem getrockneten und gepulverten Thiere ein wichtiges Heilmittel bei gewissen körperlichen Leiden zu finden; im allgemeinen aber scheint man mit dem anmuthigen Geschöpfe eben nicht auf dem besten Fuße zu stehen. Man behauptet, daß der Pferdespringer den schlafenden Ziegen und Schafen die Milch aus dem Euter sauge, beschuldigt ihn der Feindschaft gegen die Schafe und versichert, daß er nachts die Herden aufsuche, um sie durch tolle Sprünge zu erschrecken, anderer Verleumdungen, welche man ihm aufbürdet, nicht zu gedenken. Nur höchst selten halten die Nomaden jener Steppen einen Alakdaga in Gefangenschaft, obgleich er diese recht gut erträgt. Man hat ihn schon mehrmals lebend in Europa gehabt, und zwar nicht bloß des Vergnügens halber. Sonderbarer Weise verdanken wir die besten Schilderungen seines Gefangenlebens nicht einem Naturkundigen, sondern dem Alterthumsforscher Haym. Um eine Goldmünze aus Cyrene, welche auf der einen Seite einen Reiter, auf der Rückseite aber das berühmte Kraut Sylphium und darunter einen Sandspringer zeigte, zu erklären, verschaffte sich Haym unser Thierchen, hielt es über ein Jahr lang gefangen, beobachtete es sorgfältig und theilte seine Beobachtungen mit.

»Bald setzt er alle vier Füße auf den Boden, bald steht er nur auf den hinteren, immer aber geht er bloß auf den letzteren. Er richtet sich hoch auf, wenn er erschreckt wird, und läuft sehr schnell, fast geradeaus und hüpfend wie die kleinen Vögel. Ich habe versucht, ihm verschiedene Speisen zu geben; die ersten drei oder vier Monate fraß er aber nichts als Mandeln, Pistacien und geschrotenes Korn, ohne jemals zu trinken. Man hatte mir nämlich gesagt, daß er dies nicht thue, und deshalb gab ich ihm auch kein Wasser. Nichtsdestoweniger ließ er viel Harn. Später fand ich, daß er auch Aepfel, Möhren und noch lieber Kräuter fraß, jedoch bloß solche, welche wenig Geruch haben, wie Spinat, Salat, Nesseln ec., niemals Rauten, Krausemünzen, Thymian und dergleichen, ja, er trank auch gern Wasser, obgleich nicht immer. Als er einmal unwohl war, wollte ich ihm Wasser mit Safran geben; das nahm er aber nicht an, obgleich ich ihn sehr nöthigte. Brod, Zucker und ähnliche Dinge fraß er gern, Käse und alle anderen Milchspeisen verschmähte er hartnäckig. Einmal stellte ich ihn auf den rohen Sand, und davon verschluckte er soviel, daß ich ihn wirklich schwerer fand, als ich ihn in die Hände nahm. Schließlich zog er allem übrigen Futter Hanfsamen vor. Er verbreitete gar keinen üblen Geruch wie ähnliche Thiere, als Mäuse, Eichhörnchen und Kaninchen, dabei war er so sanft, daß man ihn mit aller Sicherheit in die Hände nehmen konnte; denn er biß niemals. Furchtsam wie ein Hase, scheute er sich selbst vor kleineren, unschuldigen Thieren. In der kalten Jahreszeit litt er viel; deshalb mußte ich ihn im Winter immer in der Nähe des Feuers halten. Jedoch glaube ich, daß mein Thierchen lange gelebt haben würde, wäre es nicht zufällig getödtet worden.«


Der Springhase ( Pedetes caffer, Mus und Dipus caffer, Pedetes und Helamys capensis), welcher gegenwärtig ebenfalls als Vertreter einer eigenen Unterfamilie oder Familie ( Pedetina) angesehen wird, unterscheidet sich von den übrigen Springmäusen wesentlich durch sein Gebiß, da in jedem Kiefer vier zweilappige Backenzähne stehen, weicht aber auch außerdem merklich von den Verwandten ab. Der gestreckte Leib wird nach hinten allmählich dicker, der Hals ist ziemlich dick, jedoch abgesetzt vom Leibe und viel beweglicher als bei den Verwandten; die Vorderbeine sind noch sehr kurz, aber viel kräftiger als bei den Springmäusen, ihre fünf Zehen mit starken, langen, scharfgekrümmten Krallen bewehrt, während die Hinterglieder, lange, kräftige Sprungbeine, vier an besonderen Mittelfußknochen sitzende Zehen haben und diese mit starken und breiten, aber ziemlich kurzen, fast hufartigen Nägeln bewaffnet werden. Die Mittelzehe übertrifft die übrigen an Länge; die kurze Außenzehe ist so hoch gestellt, daß sie kaum den Boden berührt. Der sehr lange, kräftige und dichtbuschige, an der Wurzel noch dünne Schwanz wird durch die reichliche Behaarung nach der Spitze zu dicker und endet mit einem stumpfspitzigen Haarbüschel. Der Kopf ist ziemlich groß, am Hinterkopfe breit, an den Seiten zusammengedrückt, die Schnauze mäßig lang, ziemlich stumpf, die Mundspalte klein, die Oberlippe nicht gespalten. Große, hochgewölbte und deshalb hervortretende Augen, mittellange, schmale und spitzige Ohren erinnern an die übrigen Familienglieder; die Schnurren dagegen sind verhältnismäßig kurz. Das Weibchen trägt vier Zitzen auf der Brust.

Die lange, dichte, reichliche und weiche, in der Färbung dem Balge unseres Hasen auffallend ähnelnde Behaarung des Springhasen ist auf der Oberseite rostbräunlichfahlgelb mit schwarzer Beimischung, weil viele Haare mit schwarzen Spitzen endigen, auf der Unterseite dagegen weiß. In der Größe ähnelt das Thier ungefähr unserem Hasen: die Leibeslänge beträgt etwa 60 Centim., die des Schwanzes noch etwas mehr.

Der Springhase ist über einen größern Theil von Südafrika verbreitet, als man früher angenommen hat, und kommt im Südwesten mindestens bis Angola vor. Im Kaplande lebt er stellenweise recht häufig, ebensowohl in gebirgigen Gegenden wie in offenen Ebenen, manchmal in so großer Anzahl zusammen, daß er förmliche Ansiedelungen bildet. Nach Art seiner Verwandten gräbt auch er unterirdische Baue mit langen, gewöhnlich seicht verlaufenden und vielfach verzweigten, nach einem tiefern Kessel führenden Gängen. Meist bewohnen mehrere Paare, ja ganze Familien einen solchen Bau, und oft siedeln sich in manchen Gängen des bewohnten Baues wilde Bienen an, welche also friedlich mit dem Baubesitzer die Wohnung theilen. Die Hottentotten sagen, daß dieser beim Graben ebensowohl sein Gebiß wie die Vorderfüße brauche. Gustav Fritsch gibt an, daß er ebenso wie seine Verwandten die Röhren seines Baues über Tages sorgfältig verschlossen hält. Lichtenstein erfuhr, daß es nicht so leicht ist, ihn auszugraben. Seine Bemühungen waren erfolglos, obgleich er unzählige Löcher am Fuße des Berges entdeckte und eine Menge von Hottentotten anstellte, welche mit Schaufeln und Hacken helfen mußten, die seichten Gänge zu durchwühlen. Das Netz, welches diese Gänge bilden, war so vollständig, daß es ganz unmöglich wurde, dem Springhasen alle Wege abzuschneiden, und die Erzählung der Hottentotten, daß er schneller grübe, als man ihm mit dem Spaten folgen könne, erhielt wenigstens viel Wahrscheinlichkeit.

siehe Bildunterschrift

Geripp des Springhasen. (Aus dem Berliner anat. Museum.)

Wie seine Familienverwandten Nachtthier, beginnt erst mit der Abenddämmerung sein wahres Leben. Er kommt langsam aus seinem Baue hervor, kriecht mehr, als er geht, auf allen vier Füßen dahin und sucht sich Wurzeln, Blätter und Sämereien, welche seine Nahrung bilden. Fast jede Minute richtet er sich auf und lauscht; denn er ist beständig höchst unruhig. Wenn er nicht frißt, putzt er sich, und wenn er sich nicht putzt, zeigt er sich besorgt um seine Sicherheit. Bisweilen läßt er ein Grunzen oder Meckern hören, wahrscheinlich um seine verschiedenen Gefährten zusammenzurufen. Die Nahrung führt er, wie die Springmäuse, mit den kurzen Vorderfüßen zum Munde. So langsam er sich bewegt, wenn er auf allen vier Füßen dahingeht, so schnell ist sein aus rasch aufeinanderfolgenden Sätzen bestehender Lauf. Mit den langen Hinterbeinen schnellt er sich vom Boden in die Höhe und tritt mit den Hinterfüßen wieder auf, ohne sich nach vorn zu überstürzen. Die Vorderbeine bleiben über der Brust gefaltet. Gewöhnlich beträgt die Weite seiner Sprünge zwei bis drei Meter, wird er aber verfolgt, so steigert er seinen Lauf derartig, daß dann die durchschnittliche Weite zwischen sechs bis zehn Meter beträgt: so geben übereinstimmend Forster und Sparrman an. Dabei legt er eine Leichtigkeit an den Tag, daß es aussieht, als wäre er gar nicht im Stande, zu ermüden, und so entkommt er denn auch regelmäßig seinen Feinden. Nur die Nässe lähmt seine Behendigkeit. Die Hottentotten versicherten Lichtenstein, daß er bei Regenwetter niemals aus seinem Baue komme, und daß es bei heftigem Platzregen leicht wäre, ihn mit den Händen zu ergreifen, so matt würde er durch die Nässe. Und wenn man nun gar Wasser in die Baue leite, könne man so viele Springhasen fangen, als man wolle. Demungeachtet sei es noch immer nicht so leicht, sich des Thieres zu bemächtigen, denn es vertheidige sich tüchtig mit den Hinterbeinen, indem es damit nach vorn ausschlage und mit den langen, scharfen Zehen ernste Verwundungen beibringe.

Ueber die Fortpflanzung weiß man noch wenig. Das Weibchen wirft im Sommer drei bis vier Junge, welche längere Zeit von der Mutter gesäugt werden und dann mit ihr ausgehen, auch lange denselben Bau bewohnen. Beim Eintritte der Regenzeit soll die ganze Familie oft tagelang, in zusammengerollter Stellung eng an einander gerückt, im Inneren des Baues verweilen.

Die Gefangenschaft hält der Springhase bei guter Pflege leicht und dauernd aus, wird auch bald zahm und zutraulich gegen seinen Pfleger. Bloß wenn er arg gequält wird, versucht er es, die Unbill mit einem Bisse zu rächen. Seine Reinlichkeit macht ihn beliebt, und seine Fütterung verursacht eben keine Mühe: Weizen, Brod, Salat und Kohl genügen ihm vollständig. Er schläft sitzend, verbirgt den Kopf zwischen den Schenkeln und drückt mit den gekreuzten Vorderpfoten die Ohren über die Augen weg.

siehe Bildunterschrift

Springhase ( Pedetes caffer). [1/8] natürl. Größe.

Bei den holländischen Ansiedlern ist die Jagd des Thieres sehr beliebt; denn das Fleisch wird geschätzt und der Balg in ähnlicher Weise verwandt wie der unseres Hasen. Man jagt fast nur bei hellem Mondscheine, indem man sich da, wo es viele Löcher gibt, anstellt und lauert, bis ein Springhase in die Nähe kommt. Nach Fritsch soll man zuweilen in einer einzigen Mondscheinnacht gegen ein Dutzend dieser behenden Thiere erlegen. Im Vergleiche zu dem durch die Jagd erlangten Nutzen ist der Schaden, welchen der Springhase durch Unterwühlen mancher Felder und Gärten anrichtet, ein sehr geringer; es steht ja auch in jedes Hand, ihn zu vertreiben, sobald er lästig wird.


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