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Dritte Familie: Rohrrüßler ( Macroselides)

Genauer, obgleich noch keineswegs hinlänglich, kennen wir die Rohrrüßler ( Macroselides), welche eine der bemerkenswerthesten Familien der Ordnung bilden. Während die Spitzhörnchen zum Theil den Schwanz der Springmäuse haben, besitzen die Rohrrüßler deren lange, dünne und fast haarlose Hinterbeine und dazu die längste Nase unter allen Spitzmäusen, eine Nase, welche zu einem förmlichen Rüssel geworden ist und ihnen auch den deutschen Namen verschafft hat, während der Sippenname soviel wie Langschenkel bedeutet. Der Rüssel zeigt in der Mitte nur einen dünnen Haaranflug und an der Wurzel einen ziemlich starken Haarkamm, die Spitze dagegen ist ganz nackt. Außerdem zeichnet sich der Kopf durch die großen Augen und die ansehnlichen, frei hervorragenden und mit inneren Läppchen versehenen Ohren sowie durch die langen Schnurren aus. Der ziemlich kurze dicke Leib ruht auf sehr verschiedenen Beinen. Das Hinterpaar ist auffallend verlängert und ganz wie bei den Wüstenmäusen gebaut, während die Vorderbeine verhältnismäßig länger als bei diesen sind; die drei mittleren Zehen der Vorderfüße sind gleich lang, der Daumen ist an ihnen weit hinaufgerückt; die Hinterpfoten haben fünf, ausnahmsweise vier, kurze feine Zehen, mit kurzen schwachen und stark gekrümmten Krallen. Die Verlängerung der Hinterbeine beruht hauptsächlich auf der ansehnlichen Länge des Schienbeines und des Mittelfußes, welche verhältnismäßig bei keinem anderen Raubthiere in gleicher Länge vorkommen. Der dünne, kurz behaarte Schwanz ist meistens etwas kürzer als der Körper. Der reichliche Pelz ist sehr dicht und weich. Das Gebiß besteht aus 40 Zähnen, welche Anzahl sich jedoch verringern kann, da bei einer Art und Sippe die oberen Schneidezähne im Alter auszufallen pflegen; in der Regel sind drei Schneidezähne, ein Eckzahn und sechs Backenzähne in jedem Kiefer vorhanden. Der Schädel kennzeichnet sich durch langen und dünnen, scharf abgesetzten Schnauzentheil, wohlentwickelten Jochbogen und mehrfache Durchlöcherung des knöchernen Gaumens. Die Wirbelsäule besteht außer den Halswirbeln aus 12 bis 13 rippentragenden, 7 rippenlosen, 2 bis 3 Kreuz- und 25 bis 28 Schwanzwirbeln. Die Unterschenkelknochen sind verwachsen. Unter den Weichtheilen verdient der lange Darm mit Blinddarm und außerdem eine unter der Schwanzwurzel gelegene Drüse Erwähnung.

siehe Bildunterschrift

Elefantenspitzmaus ( Macroselides typicus). ½ natürl. Größe.

Die Elefantenspitzmaus oder der gemeine Rohrrüßler ( Macroselides typicus, Rhinomys jaculus), Vertreter der artenreichsten, durch volles Gebiß und fünfzehige Füße sich kennzeichnenden gleichnamigen Sippe, ist 25 Centim. lang, wovon auf den Schwanz 11,5 Centim., auf den Rüssel fast 2 Centim. kommen, oberseits bald heller, bald dunkler, bald röthlichbraun oder mäusegrau, unterseits und an den Pfoten dagegen mehr oder weniger rein weiß gefärbt; über den rostbraunen, an der Spitze röthlichschwarzen Rüssel, und zwar von dessen Wurzel bis zur Stirne, verläuft ein röthlichbrauner Strich; die Ohren sind innen weiß.

Unsere Elefantenspitzmaus ähnelt in ihrer Lebensweise vollständig den übrigen Rohrrüßlern, welche ausnahmslos in Afrika, zumal in Südafrika, zu Hause sind und die sonnendurchglühten, kahlen Gelände beleben. Die Thiere bewohnen hier mit Vorliebe die steinigen Berge und finden in tiefen und schwer zugänglichen Löchern unter Steinen, in Felsenritzen und in Höhlen anderer Thiere Zuflucht bei jeder Gefahr, welche sie in der geringfügigsten Erscheinung zu erblicken vermeinen. Es sind echte Tag-, ja wahre Sonnenthiere, welche sich gerade während der glühendsten Mittagshitze am wohlsten befinden und dann auch am eifrigsten ihrer Jagd nachgehen. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Kerfen, welche sie geschickt zu fangen oder aus Ritzen und Spalten hervorzuziehen wissen. Wenn man sich gut versteckt, kann man ihr lebendiges Treiben beobachten; die geringste Bewegung aber scheucht sie augenblicklich in ihre Schlupfwinkel zurück, und dann vergeht eine ziemliche Zeit, bevor sie sich von neuem zeigen. Endlich kommt eins um das andere wieder hervor und hüpft nun in der auf unserer Abbildung ebenfalls wiedergegebenen Stellung außerordentlich hurtig und rasch umher, äugt und lauscht nach allen Seiten hin, hascht im Sprunge nach vorüberfliegenden Kerbthieren oder sucht und schnüffelt zwischen den Steinen umher, jeden Winkel, jede Ritze, jede Spalte mit der feinen Rüsselnase untersuchend. Oft setzt sich eins auf einen von der Sonne durchglühten Stein und gibt sich hier mit größtem Wohlbehagen der Wärme hin, nicht selten auch spielen zwei, vielleicht die Gatten eines gerade zusammenlebenden Paares, lustig miteinander. Ueber die Fortpflanzung weiß man bis jetzt noch nichts, und auch an Gefangenen scheinen noch keine Beobachtungen gemacht worden zu sein.


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