Georg Bötticher
Alfanzereien
Georg Bötticher

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Vier Moselweinlieder.

1.

      Die Gläser laßt klingen
In tönenden Reihn:
Ein Lied gilt's zu singen
Dem lieblichsten Wein,
Dem Trank, der die Kehlen
Am wonnigsten letzt,
Von durstigen Seelen
Vor allen geschätzt!

Wo gäb's einen zweiten
So süffig wie er?
In Nähen und Weiten
Wächst keiner so mehr!
So lind und so labend,
So lecker und fein:
Ein Morgen-, ein Abend-
Ein Allezeit-Wein!

Wie Leib er und Seele
So köstlich erfrischt –
Indes doch der Kehle
Der Durst nie erlischt:
Die Wonnen zu dehnen,
Als Meister vom Fach,
Stillt lind er das Sehnen
Und küßt's wieder wach!

Nicht rasend entfacht er
Zu Flammen das Blut:
Ins Herze dir lacht er
Die lieblichste Glut!
Den Geist macht er freier
Und heller den Blick
Und zieht uns den Schleier
Vom Schönen zurück!

Was Worte! Was Bilder!
Nimm klingenden Dank,
Du lieber, du milder,
Du wonniger Trank!
Zum Preis ihm und Ruhme
Stimmt voller jetzt ein:
Mög' ewig die Blume
Der Mosel gedeihn!

2.

        Wo immer tagt im Deutschen Reich
Ein Kreis verständ'ger Zecher,
Da singt und klingt es alsogleich
Und tönt zum Klang der Becher:
Der Rhein, der Rhein
Soll König sein,
Die Mosel – Königin!

Der Spruch hat guten Klang und gilt
Fürwahr in vollstem Sinne:
O Mosel, holdes Frauenbild,
Wir trinken deine Minne!
Der Rhein, der Rhein
Mag König sein –
Du bist die Königin!

Wer stillt so hold wie deine Flut
Des durst'gen Zechers Sehnen?
Wer weiß mit zärtlich-sanfter Glut
Die Wonnen so zu dehnen?
Der Rhein, der Rhein
Mag König sein –
Du bist die Königin!

Komm lieber milder Moselwein
Und woll' uns Frohsinn bringen!
Wir trinken aus, wir schenken ein,
Wir klingen an und singen:
Der Rhein, der Rhein
Soll König sein,
Die Mosel – Königin!

3.

        Mögen Tausend singen,
Preisend den vom Rhein –
Dieses Lied soll klingen
Dir, mein Moselwein!

Nicht so königsmächtig,
Würdevoll wie er,
Nicht so stolz und prächtig
Schreitest du einher.

Nahst im Schmuck des Goldes
Schämig, sanft und mild,
Recht ein liebes, holdes,
Zartes Frauenbild!

Und wem von den Zechern
Je du dich geschenkt,
Ewig der beim Bechern
Sehnend dein gedenkt!

Nicht zu Flammen schüret
Uns dein Kuß das Blut.
Wer dich minnt, der spüret
Eine sanfte Glut.

Keiner aller Weine
Stimmt so selig-froh,
Nimmer die vom Rheine,
Tokai und Bordeaux.

Und wer stillt das Sehnen
Durstgequälten Manns
So wie du? Von jenen
Keiner, keiner kann's.

Drum, ob Tausend singen
Preisend den vom Rhein –
Dieses Lied soll klingen
Dir, mein Moselwein!

4.
Moselwein - Durstmörder.

      Der Moselwein
Ist leicht und fein,
Doch lieblich ist er nimmer.
Er ist vielmehr
Von alters her
Ein Grimmer und Vielschlimmer.

Gar mörderlich
Bezeigt er sich:
Der Durst muß vor ihm sterben.
Doch Schritt vor Schritt –
Er eilt sich nit,
Läßt langsam ihn verderben.

Erst voller Lust
Stößt in die Brust
Er ihm viel scharfe Klingen:
Dann grausamlich
Bemüht er sich,
Ins Leben ihn zu bringen.

Wie Katzen thun,
So läßt er nun
Ihn zappeln lang und beben –
Um hoch ergötzt
Ihm ganz zuletzt
Den Todesstoß zu geben.

Der Moselwein
Ist leicht und fein,
Doch lieblich ist er nimmer.
Er ist vielmehr
Von alters her
Ein Grimmer und Vielschlimmer.


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