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Gestern hab' ich meinem Lieb gekündigt.
Lang schon war der einst so traute Umgang
Lau, ja unerträglich lau geworden.
Und so macht' ich froh fast dem ein Ende.
Ihr auch schien die Kündigung erfreulich,
Denn sie lachte, als ich damit vortrat,
Lacht' und blieb den ganzen Abend heiter.
Schrieb mir auch – auf Wunsch – ein »Abgangszeugnis,«
Worin sie mein liebevoll Betragen,
Meinen Fleiß (doch wohl im Küssen?) rühmte,
Und mich flink, anstellig, eifrig nannte –
Nicht vergessend, üblich-gute Wünsche
Für mein Weiterkommen beizufügen . . .
Mit dem Zeugnis – dessen war ich sicher –
Mußt' ich leicht 'ne andre »Herrschaft« finden,
Und getrost macht' ich mit dem Papier mich
Heute früh gleich auf die Stellungsuche.
Ach – wie sehr sollt' ich enttäuscht doch werden!
Überall zwar bei den hübschen Mädchen
(Denn bei häßlichen versucht' ich's gar nicht)
Ward ich gut, ja freundlich aufgenommen.
Aber gleich die erste, die mein Zeugnis
Ansah, frug: »Wo steht denn treu und ehrlich?«
Sieh' – da fanden sich die Worte nirgends!
Ganz umsonst war mein verlegnes Stammeln
Von »Versehen« – »wahrhaft unbegreiflich« –
Kühl bedauernd wies man mir die Thüre.
Und genau so ging's bei weitern Sechsen! –
O die Listige! – Nun sah ich's klärlich:
Wissentlich, den Weg mir zu verlegen,
Unterschlug sie die gewicht'gen Worte!
Und die List gelang. Was blieb mir übrig,
Als zu ihr zu gehn und sie zu bitten,
Das noch Fehlende hinzuzufügen.
»Kann ich das?« versetzte sie sehr ernsthaft.
»Und entspräch' solch Zeugnis dann der Wahrheit?
Hast du schon vergessen, wie du ehmals
Dich mit Irmgard, dann mit Hilda, Lisbeth,
Jüngst erst mit der Fremden hast benommen?
War das treu – ich frag' dich – war das ehrlich? –
Nein, ich kann's nicht und ich will's nicht schreiben.«
Notgedrungen legt' ich mich aufs Bitten
Und versprach auch, Ehrlichkeit und Treue
Künftighin gewissenhaft zu halten.
Und ich bat und bat, bis die Gestrenge
Endlich willig meinem Wunsch sich zeigte.
Doch da sprach sie plötzlich: »Willst du wirklich
Treu und ehrlich sein vom heut'gen Tage?
Gut! So darfst du auch nicht von mir gehen . . .
Andernteils bin ich alsdann erbötig,
Wiederum dich bei mir aufzunehmen,
Obgleich du – bedenk's – nicht ich gekündigt.«
Glaubt man's wohl, daß ich nach diesen schnöden
Worten wirklich mich dazu verstanden?
Nein, man glaubt es nicht. Und doch geschah es!
Und ich bin heut' in der alten Stellung. –
Schließlich hat ein Wechsel auch sein Schlimmes . . . |