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28.

So begann denn Ols, Gott zu bitten, daß er ihm seinen Willen kund tun möchte. Und nun wartete er auf eine Zeichen.

Da fiel ihm das Wort Gottes ein, daß man nicht wie Rosse und Maultiere sein soll, die nicht verständig sind, welchen man Zaum und Gebiß muß ins Maul legen. Nun glaubte er Gottes Schweigen zu verstehen. Er sollte seinen Verstand brauchen und nicht Zaum und Gebiß begehren, als wäre er ein Zugtier ohne Verstand. Was war denn das Zeichen, auf das er wartete, anders als Zaum und Gebiß?

Also fing er an, seinen Verstand zu brauchen. Der war ihm ja von Gott gegeben und durch Gottes Gnade erleuchtet! Mußte er sich dann fürchten, ihn zu brauchen?

Er prüfte seine Lage. Die Ungewißheit zehrte an ihm und ließ ihn machtlos an den Betten seiner Kranken und zerstreut vor den Bedürfnissen der Traurigen stehen. Seine eigenen Angelegenheiten nahmen ihn in Anspruch. Er mußte sie endlich in der einen oder anderen Richtung ordnen, damit er wieder frei für sein Amt unter den Leidtragenden wurde!

Er sah einen geraden und einfachen Weg zur Entscheidung, und der war, Helwig zu fragen, ob sie seine Frau werden wolle, und dann Gottes Antwort in der ihren zu sehen. Bei der Eigenart seines Charakters erschien ihm dieser Weg als der beste.

Aber ehe er ihn betrat, mußte er sich klar sein, ob er ihr die Entscheidung wirklich anheimstellen sollte. Sie brauchte nur zu wissen, ob sie seine Frau werden wollte oder nicht; aber nicht, ob ihre Verbindung Gottes Wille sei.

Konnte sie das sein?

»Traget das Joch nicht zusammen mit den Ungläubigen.«

War sie ungläubig? Hatte sie nicht nach dem Weg zum Leben gefragt? Hörte sie nicht gern zu, wenn er von Gott sprach? Hatte sie nicht mit innigem Verlangen gesagt, daß er sie zu einem ganzen Menschen machen könne?

Was sie damit meinte, war ihr vielleicht selbst nicht ganz klar gewesen, er konnte es aber nur auf eine Art verstehen. Er hatte sie auf die Liebe Gottes in Jesus Christus hingewiesen, und sie hatte seine Antwort mit dankbarem Schweigen aufgenommen, das wie eine Zustimmung gewirkt hatte.

Wie konnte er ihr helfen, ein ganzer Mensch zu werden, wenn sie sich trennten? Bei einem täglichen Beisammensein dagegen würde sie seinem Einfluß nicht widerstehen können, sondern würde ihm folgen. Und das mußte doch zu ihrem ewigen Heil werden, da er, wie er wußte, auf dem Weg des Lebens wandelte.

War es nicht geradezu seine köstliche Pflicht, sich ihrer ganz anzunehmen? Wenn sie nur zustimmte!

Ob sie das wollte?

Über die Frage brauchte er nicht zu grübeln.

Hierin konnte er nichts bestimmen, das mußte sie allein entscheiden. Er mußte sich nur klar darüber sein, ob er sie überhaupt fragen sollte oder nicht, denn er mußte zunächst wissen, ob Gott ihm erlaubte, alle Folgen ihres Jawortes auf sich zu nehmen.

Und er glaubte, es zu dürfen. Mochte sie auch in ihrem Wesen weltlich sein, so war der Geist in seinem Innern doch stärker als die Welt und würde sie von der Welt zu Gott ziehen. Sah er doch, wie Gottes Geist schon angefangen hatte, zu wirken. Und es würde nicht anders werden, wenn sie erst seine Frau war. Im Gegenteil, sie würde immer mehr umgewandelt werden.

Wenn sie jetzt seinen Sinn zerstreute und seine Geisteskraft lähmte, so war die Ungewißheit daran schuld. Wenn er die Gewißheit bekäme, daß sie sein eigen werden sollte, so würde sein Gemüt wieder fest und gesammelt werden.

Er würde schon dafür sorgen, daß sie ihm kein Hindernis würde, wie sie es zum Beispiel betreffs Jonas und Mons gewesen war. Er würde mit ihr darüber sprechen, und sie mußte einsehen, daß sie ihm nie ein Hindernis werden dürfe, weder in seinem Amt, noch in der Liebe. Verstand sie ihn nicht, dann stand die Sache freilich anders. Dann mußte er sich ein Auge ausreißen.

Soviel glaubte er aber jetzt zu wissen, daß er sie fragen mußte. Der nächste Schritt hing von ihrer Antwort ab. Und mehr als den einen Schritt brauchte er ja vorläufig nicht zu tun, das andere ging ihn noch nichts an. Zunächst wollte er überhaupt erst einmal anfangen, und das mit Gott.


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