Ernst Barlach
Fragmente aus früherer Zeit
Ernst Barlach

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Winterabend an der Seine

Auf der Seinebrücke, den 6. Februar 1896

Winterabend, fingerfrostig und frisch, es nebelt und dunstet. Bei den Werkstätten und Walzwerken scheint der Nebel zu schmelzen und in glühenden Wolken die Stätte zu bemänteln. Der Eiffelturm hat seinen kleinen Kopf in Nebel gehüllt; er ist dumm wie der Vogel Strauß und glaubt, man sieht ihn so nicht. Er glaubt, Paris ist flöten. Das Wasser rauscht kalt, wer da hineinspringt, hat gewiß Mordgedanken. Die Landungsboote mit ihren schwarzen Spitzen, dem Häuschen und dem Balken an langen Ketten. Überall sind Lichter; viele stehen still und rühren sich nicht vom Fleck, andre laufen von einem zum andern und so weiter, man sieht in der Ferne nichts als so ein laufendes Licht. Manche kommen schnell heran; sie sind rot und scheinen schlecht gemacht, denn sie verslieren immerfort und färben das Wasser. Alle dunklen Massen an den Ufern sind hohl, man sieht sie im Innern glänzen aus den Fenstern. Der starke Lichtstrahl aus einem Walzwerk klettert im Nebel hoch. Bei klarem Wetter sieht man ihn nicht, im Nebel wird er sichtbar.


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